Spiel mir das Lied vom Tod (DVD) Testbericht

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ab 8,81
Auf yopi.de gelistet seit 03/2010
5 Sterne
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  sehr viel
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  hoch
  • Humor:  durchschnittlich
  • Spannung:  sehr spannend

Erfahrungsbericht von Gemeinwesen

Grandioser Abgesang

Pro:

Für einen Film aus dem Jahre 1968 ist die Bildqualität überraschend gut, der Ton ist (besonders in der englischsprachigen Version) ebenfalls gut.

Kontra:

nichts

Empfehlung:

Ja

Im Grunde bin ich kein großer Fan von Westernfilmen, aber auch hier gibt es natürlich die sprichwörtliche Ausnahme, die angeblich die Regel bestätigt. Genauer gesagt gibt es deren mindestens zwei. Und in den zweien, die mir in der Regel ganz schnell einfallen, gibt es einige deutliche Parallelen. Bahngleise zum Beispiel.


Die gibt es in Frank Zinnemans Western „High Noon“ (1952), und in Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) gibt es sie auch. Bahnstationen gibt es natürlich auch in beiden Filmen. An der in „High Noon“ warten von Anbeginn des Films ab drei ziemlich verwegen wirkende Gestalten, und zwar auf eine Type namens Frank Miller. Am Anfang von „Spiel mir das Lied vom Tod“ warten ebenfalls dreie, und sie warten auf einen gewissen Frank. Wie der mit Nachnamen heißt, erfahren wir nicht, dafür bekommen wir schnell spitz, dass es dem Herrn schon unangenehm genug ist, dass man ihn vor Zeugen überhaupt mit Namen anspricht.

Und noch etwas fällt auf: Die extremen Nahaufnahmen, die vielen Genrefans als Markenzeichen der Western Leones gelten, finden wir auch in „High Noon“. Und mit Lee van Cleef begegnen wir in „High Noon“ auch einem Darsteller, den wir Jahre später im Italowestern wieder sehen werden. Kann das alles Zufall sein? Natürlich nicht: Mit „Spiel mir das Lied vom Tod“ zollt Leone einem von ihm geliebten Genre Tribut und stimmt gleichzeitig dessen Abgesang an. Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“, dessen Exposition deutlich erkennbar eine Hommage an Zinnemans „High Noon“ ist, setzt das fort, was Zinneman begonnen hatte: die Grablegung des klassischen US-Westernfilms, als dessen prominenteste Vertreter sicherlich die Werke der Regisseure John Ford („Der schwarze Falke“) und Howard Hawks („Rio Bravo“) gelten dürfen. Inhaltlich wie optisch ist Zinnemans Film eine Zäsur. „High Noon“ ist die Abkehr vom Hohelied auf den Sheriff, der sich den Outlaws furchtlos entgegenstellt. Gary Coopers Figur in „High Noon“ ist vielmehr eine, die vor allem dadurch zum Helden wird, dass sie sich ihrer Angst stellt. Und vor allem ist Coopers Held ein verdammt einsamer Held, denn im Augenblick der Gefahr sieht sich der Sheriff des kleinen Örtchens Hadleyville plötzlich von der gesamten Gemeinde im Stich gelassen. Wie hieß das doch gleich? „When the going gets tough, the tough get going?“ Von wegen: Als abzusehen ist, dass im Städtchen demnächst die Luft brennen dürfte, formiert sich nicht etwa eine Bürgerwehr, um sich einer Bande von Galgenvögeln mutig entgegenzustellen und gemeinsame Werte mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, sondern die braven Bürger schützen allerhand Gründe vor, aus denen sie ihrem Sheriff nicht zur Seite stehen können: When the going gets tough, everybody leaves. Allein ein in die Jahre gekommener Trunkenbold will Sheriff Kaine zur Seite stehen. Mit anderen Worten: Die Honoratioren verkrümeln sich, zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung findet sich nur einer bereit, der eh im sozialen Abseits steht.

In der nach Senator und Kommunistenfresser McCarthy benannten Ära galt so was als Nestbeschmutzung und Landesverrat; und wer an der Entstehung solcher Filme beteiligt war, landete auf Schwarzen Listen, die einem Berufsverbot gleichkamen. Erzreaktionär John Wayne wetterte, „High Noon“ sei so ziemlich das Unamerikanischste, das ihm je untergekommen sei, und tatsächlich ist der Edelwestern „Rio Bravo“, in dem Wayne 1959 unter der Regie von Howard Hawks den Sheriff geben durfte, eine trotzige Antwort auf „High Noon“, in der die amerikanische Westernwelt wieder in Ordnung ist. Zwar stehen dem Sheriff auch hier nur ein Säufer und ein alter Mann beiseite, aber wenigstens ist der „Duke“ nicht wie Kollege Kaine darauf angewiesen, dass ihm auf den letzten Filmmetern ausgerechnet ein schwaches Weib zu Hilfe eilt. Und Angst? Kennt eine Figur, die John Wayne spielt, natürlich auch nicht. Mit anderen Worten: Hier ist der Held wieder strahlender Held, und auch die Kulisse stimmt wieder, weil sie ordentlich Western-Romantik versprüht.

Neun Jahre nach „Rio Bravo“ und 16 Jahre nach „High Noon“ nimmt Sergio Leone Zinnemans Faden auf und strickt das Muster von „High Noon“ weiter. Bei Leone gibt es endgültig keine Helden mehr, schon gar keine strahlenden. Gleich zu Beginn des Films macht Leone das seinem Publikum mit einer Art filmischem Faustschlag ins Gesicht klar: Ausgerechnet Henry Fonda, der in seiner Karriere bis dato stets nur den Helden geben durfte, besetzt Leone als Bösewicht. Und was für ein Bösewicht das ist: Ein Auftragsmörder, der nicht einmal zögert, auch Frauen und Kinder zu erschießen. Und der, nachdem der Auftrag erledigt ist, auch noch den Auftraggeber killt, weil nämlich das letzte der auftragsgemäß gemeuchelten Opfer gerade noch Zeit dazu gehabt hat, wiederum einen Preis auszusetzen. Klare Sache: Für solche Typen sind „Gnade“ und „Erbarmen“ Fremdwörter.

Dass Killer Frank nicht einmal einen Nachnamen hat, ist symptomatisch für die Figuren, die uns in „Spiel mir das Lied vom Tod“ begegnen. Eine der Hauptfiguren hat nicht einmal einen Vornamen: „Mundharmonika“ (Charles Bronson) ist bis zuletzt ein namenloser Rächer. Alle in „Spiel mir das Lied vom Tod“ verfolgen ihre ganz eigenen Pläne – angefangen bei Hure Jill (Claudia Cardinale), der eine Heirat die Flucht in ein bürgerliches Leben ermöglichen soll und die, nachdem der prospektive Ehemann nebst Kindern von gedungenen Schurken erschossen worden ist, mit deren Killer ins Bett steigt. Für Heldentum bleibt da wenig Zeit. Nicht der Westen, das will Leone uns wahrscheinlich sagen, ist wild, sondern die, die hier leben, und unter denen gibt es keine edlen Wilden.


D i e _ D V D

Unter den Veröffentlichungen, die aus dem Hause Paramount Pictures stammen, nimmt die DVD-Version von „Spiel mir das Lied vom Tod“ eine Sonderstellung ein. Zum einen ist „Spiel mir das Lied vom Tod“ ein Lichtblick in einem Veröffentlichungskatalog, in dem wirklich sehenswerte Filme eher die Ausnahme als die Regel darstellen – abgesehen vom „Star Trek“-Pfund, mit dem man bei Paramount wuchert, fallen mir auf Anhieb nicht sonderlich viele Filme ein, die ich mit Begriffen wie „hochkarätig“ oder „Klassiker“ in Verbindung brächte. Und die wenigen (kurz hinter „Sunset Boulevard“ und „Die Reifeprüfung“ endet bei mir die Liste) Paramount-Titel, die in meinen Augen bestehen, sind mehrheitlich nicht unbedingt solche, die mit überzeugendem Bonusmaterial gesegnet wären.

Die DVD-Ausgabe von Sergio Leones Italowestern-Meilenstein ist jedoch über jeden Zweifel erhaben: Die so genannte „Digipack“-Pappschachtel, die den Film und die Zusatz-DVD beherbergt, gehört zu den gefälligeren ihrer Art, und neben den beiden Discs hat sogar noch ein informativer Beileger mit Informationen zum Film Platz darin gefunden. Das Menü des Films hebt sich ebenfalls auf sehr erfreuliche Art vom Gros der Paramount-Veröffentlichungen ab, und Bild und Ton des eigentlichen Films finde ich angesichts seines Alters wirklich spektakulär. Die Zahl der Filme, die nicht annähernd so viele Jahre auf dem Buckel haben wie „Spiel mir das Lied vom Tod“, dabei aber sehr viel verwaschener aussehen und flauer klingen, ist Legion. Im Gegensatz zum englischen Ton, den man im 5.1-Format aufbereitet hat, liegt die deutsche Sprachversion zwar nur in Mono vor, aber das empfinde ich als nicht weiter schlimm – Mono-Ton war 1968 eben Standard, und das ganze Dolby-hast-du-nicht-gesehen-Treiben der letzten Jahre empfinde ich ohnehin zunehmend als pubertäres Gehabe.

Das Bonusmaterial, das neben dem Film Platz gefunden hat, habe ich ebenfalls als sehr anständig in Erinnerung – ich bitte um Nachsicht, wenn ich nicht alle Details durchhechele, sondern mich diesbezüglich vor allem auf die folgende Anmerkung beschränke: Ob man sich die günstigere Einzel-DVD zulegt oder die Special Edition mit zwei DVDs, ist sicherlich auch hier eine Frage, die weniger die nach Notwendigkeiten berührt als nach Selbstverständnis und Sehgewohnheiten. Wenn die Angaben richtig sind, die ich beim Online-Händler des Vertrauens lese, fehlen der Einzel-Disc sowohl die englische Tonspur, als auch der filmbegleitende Audiokommentar. Angesichts der Tatsache, dass der Preisunterschied zwischen Einzel-DVD und Doppel-DVD sich in diesen Tagen auf schlappe 3 Euro beläuft, rate ich natürlich zum Kauf der „Special Edition“, die neben einem sehenswerten „Making of“ noch eine dreiteilige Dokumentation mit insgesamt 80 Minuten Laufzeit nebst anderen mehr oder minder sehenswerten Kleinigkeiten bietet. Wer solche DVD-typischen Mehrwerte schon immer entbehrlich fand und sich einen ausgezeichneten Western-Meilenstein ins Regal stellen möchte, darf aber natürlich auch einfach zur Einzel-DVD greifen. Dass beide Ausgaben empfehlenswert sind, dafür bürgt schon die Qualität des Hauptfilms, der sich auf der DVD mit beeindruckendem Bild und Ton präsentiert.

73 Bewertungen, 16 Kommentare

  • Jack100

    23.02.2010, 21:12 Uhr von Jack100
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toller Bericht. Ich muss aber gestehen, dass ich den Film noch nie gesehen habe. Werde ich aber sobald wie möglich nachholen.

  • Nick_Neschi

    03.01.2007, 11:51 Uhr von Nick_Neschi
    Bewertung: sehr hilfreich

    ...den film muß man einfach gut finden...auch wenn man western nicht unbedingt mag...ich bin mir aber sicher, wenn der heutzutage gedreht würde, wäre der der film ein flop...denn sage mir welche schauspieler von heute würden an die klasse von charles brons

  • indie_hh

    20.12.2006, 22:10 Uhr von indie_hh
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh + lg

  • krullinchen

    20.12.2006, 11:58 Uhr von krullinchen
    Bewertung: sehr hilfreich

    ☼ Ein sehr hilfreicher Bericht ☼ Liebe Grüße Bine

  • anonym

    26.11.2006, 17:24 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :o)

  • anonym

    05.11.2006, 07:31 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    stimme dir 100% zu...........lg eva

  • sudden23

    05.11.2006, 01:19 Uhr von sudden23
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg Martin

  • Estha

    06.06.2006, 18:22 Uhr von Estha
    Bewertung: sehr hilfreich

    .•:*¨¨*:•. ... sh ... .•:*¨¨*:•.

  • mikrosteff

    26.04.2006, 11:19 Uhr von mikrosteff
    Bewertung: sehr hilfreich

    Super Bericht!!!

  • doeter

    26.04.2006, 09:00 Uhr von doeter
    Bewertung: sehr hilfreich

    "[D]as ganze Dolby-hast-du-nicht-gesehen-Treiben der letzten Jahre empfinde ich ohnehin zunehmend als pubertäres Gehabe." --- Bin ich also nicht allein... <br/>

  • bodspy

    25.04.2006, 22:37 Uhr von bodspy
    Bewertung: sehr hilfreich

    wow, sehr ausführlich! weiter so.. lg erne

  • PhiZdou

    25.04.2006, 19:29 Uhr von PhiZdou
    Bewertung: sehr hilfreich

    fresher bericht ;D freu mich imme rüber gegenwertungen!

  • Manica

    25.04.2006, 16:04 Uhr von Manica
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH Liebe Grüße Manica <br/>

  • Django006

    25.04.2006, 14:35 Uhr von Django006
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh & *lg* Alan :>))))

  • anonym

    25.04.2006, 11:28 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    ***SH und LG***

  • frauohneahnung

    25.04.2006, 10:52 Uhr von frauohneahnung
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg+sh+ :0)