Sprich mit ihr (DVD) Testbericht

Na ja, wie ich auf den Film "Sprich mit ihr" aufmerksam geworden bin ist schnell gesagt, zumal mich vor längerer Zeit schon ein sehr guter Freund davon überzeugt hat, dass Filme von Petro Almodóvars nicht nur gut, sondern schon einmalig sind, wenngleich dieser Film "Sprich mit ihr" doch etwas aus dem gewöhnlichen Rahmen vom ihm fällt. Im Grunde bildet dieser einen Gegenpol zu all seinen früheren Werken, in welchem er gern das Chaos im Leben zeigt, wogegen dieser schon ausgesprochen elegant und klassisch in der Struktur wirkt. Irgendwie geordnet, auch wenn verschiedene Motive den Film durchlaufen. Na ja, auf jeden Fall hat mich dieser Film so sehr fasziniert, dass ich meinem Mann davon berichten musste, der mir dann wirklich zum Nikolaustag gleich die Edition Nr.3 von diesem grandiosen Regisseur schenkte, die mitunter den Film "Sprich mit ihr" enthält.

Nun zum Filminhalt

Der Film fängt mit einer wunderschönen und ausdruckstarken Tanz-Theater-Aufführung von Pina Bausch an, welcher zwei Männer aufmerksam folgen, die sich bis dato noch nicht kennen, wobei einem davon Tränen in den Augen stehen. In der Musik und im Tanz erkennt man schon um was es in "Sprich mit ihr" geht. Nämlich um Trauer und Einsamkeit, Verständigung jedoch auch die Unfähigkeit zum Gespräch, aber auch Freundschaft und die Sehnsucht nach Liebe.

Ja, und so fängt die Geschichte an, dass der etwas pummelige, junge, pflichtbewusste Mann Benigno Martín (Javier Cámera), der Krankenpfleger von Beruf ist, und auch noch Friseur, wie auch Masseur gelernt hat, freiwillig auf sein eigenes Leben verzichtet, damit er seine Mutter bis zu ihren Tod, zwanzig Jahre betreuen und pflegen kann. Ja, "kann", denn Benigno ist mit Leib und Seele Krankenpfleger.

Na ja, manche werden sagen, wie naiv, wobei es mir möglich ist, mit diesem Mann mitzufühlen. Das Leben zieht an einem vorbei, ohne dass man wirklich Notiz davon nimmt, weil eben ein Tag dem anderen gleicht.

Erst als seine Mutter verstorben ist, nimmt er bewusst wieder am Leben teil, indem er verträumt und in Gedankenversunken von seinem Fenster aus die Ballettschülerin Alicia (Leonor Watling) beim Tanz zuschaut. Ja, er hat sich in Alicia verliebt, ohne dass er überhaupt ein Wort mit ihr geredet hat. Die Gelegenheit dazu nimmt er wahr, als er sie mit ihrer Geldbörse verfolgt, die sie zuvor verloren hat, was er wiederum von seinem Fenster aus beobachtet hat. Na ja, gerade höflich ist sie anfangs nicht zu ihm, was er wiederum mit seiner natürlichen, unkomplizierten Art schnell wieder wettmacht bei ihr. Er darf sie bis nach Hause begleiten, was ihm eigentlich schon reicht, zumal er jetzt weiß wo sie wohnt und wie sie heißt und dass ihr Vater Psychiater ist.

Und als Alicia etliche Tage dem Ballettunterricht fern bleibt, macht er sich große Sorgen, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte. Einfach so bei ihr vorbeischauen, wie es ihr geht, dazu fehlt ihm der Mut. Deshalb ruft er in der Praxis ihres Vaters an, nicht um zu fragen was sie macht und wie es ihr geht, sondern nur um baldmöglichst einen Termin zu bekommen, obwohl ihm im Grunde überhaupt nichts fehlt. Na ja, etwas fehlt ihm schon, nämlich Alicia.

Und jetzt, so langsam erkennt man erst, dass Benigno "krank" ist. Ja, richtig "krank". Seelisch krank. Denn gleich nachdem er das Sprechzimmer von Alicias Vater verlassen hat, schleicht er durch die Wohnräume der Arztfamilie, nur um Alicia irgendwo zu entdecken. Und als er dann in Alicias Zimmer gelangt, musste ich an den "Kranken" in "Lolita" denken, dem es auch ausreichte, irgendetwas von ihr zu erhaschen. Okay, Benigno aalt sich nicht in ihrer Wasche, sondern ihm reicht lediglich eine Haarspange von ihr, mit welcher er sich zufrieden gibt.

- - - VIER JAHRE SPÄTER - - -

Alicia liegt nach einem schweren Autounfall bereits schon vier Jahre im Koma in einem Krankenhaus, in welchem Benigno als Krankenpfleger angestellt ist. Ihn hat Alicias Vater zum persönlichen Pfleger beauftragt, weil ihm zu Ohren gekommen ist, was er für Qualifikationen vorzuweisen hat. Friseur, Masseur, und natürlich auch Erfahrung, was langjährige Pflege anbelangt. Er nimmt sich sehr viel Zeit für seine geliebte Alicia, welcher er alles erzählt, was um ihn herum passiert, was er fühlt, was er denkt, einfach alles. Es kommt einem so vor, als ob er Alicias "Gedanken" lesen könnte, denn auf alle Fragen die er ihr stellt, weiß er ganz genau wie sie darauf reagieren würde. Nichts, so hat es den Anschein ist ihm verborgen oder ein Rätsel, bei Alicia. Liebevoll und mit sehr viel Gefühl massiert er ihr schönes Gesicht und ihren Körper, wobei er ihr von Stummfilmen erzählt, die er NUR für sie angeschaut hat, weil er damals in ihrem Zimmer Bilder von Stummfilmen gesehen hat. Nur für die Ärzte liegt Alicia im Koma, für Benigno nicht. Okay, ihr physischer Körper liegt im Tiefschlaf, jedoch ist er der vollen Überzeugung, dass sie ihm trotzdem geistig folgen kann, auch wenn er nur mehr wenig Hoffnung hat, dass Alicia eines Tages die Augen aufmacht und das Bett verlässt.

Ein paar Türen weiter, indem gleichen Krankenhaus, in welchem Alicia liegt, liegt Lydia González (Rosario Flores) im Koma, welche sich in der Arena beim Stierkampf schwer verletzt hat.
Nun, auch bei Lydia gibt es eine kleine "Vorgeschichte".

Der Journalist Marco Zuluaga (Dario Grandinetti) verfolgt zuhause auf dem Bildschirm ein Interviewe mit Lydia, die bezüglich auf eine persönliche Frage hin, aufgebracht und wütenden das Studio verlässt. Na ja, ob Marco auf solch temperamentvolle Frauen steht, das kann ich nicht beantworten. Jedenfalls bekommt er den Auftrag Lydia zu interviewen, wobei er mitbekommt, dass sie wahnsinnige, ja schon panische Angst vor Schlagen hat. Eine Stierkämpferin die es mit einem wilden Stier aufnimmt, aber Angst vor Schlagen hat, haben, so vermute ich, wenn ich Lydias Gestik richtig deute, viele schon zum Lachen gebracht. Marco nicht. Marco lacht sie deshalb nicht aus, weil er selber schon mal eine Freundin gehabt hat, welche sich vor Schlagen gefürchtet hat. Sie erzählt ihm, dass sie sich von ihrem Liebhaber Niño de Valencia (Adolfo Fernández), auch ein Stierkämpfer getrennt hat, worauf er ihr gesteht, dass auch er solo ist. Na ja, zwischen den beiden entwickelt sich eine Freundschaft, die so weit geht, dass auch er mit zum Stierkampf kommt, und zuschaut, wie Lydia den Stier auf die Hörner nimmt. Nur bei diesem Kampf ist es der Stier, der Lydia auf die Hörner nimmt.

Ja, und da wären wir nun wieder im Krankenhaus angelangt, wo beinahe Tür an Tür, zwei schöne, junge Frauen im Koma liegen.

Alicia wird wie oben schon erwähnt, fortwährend von Benigno umsorgt, wobei an Lydias Bett Marco sitzt, welcher sich verdammt überflüssig und hilflos vorkommt, weil er nicht weiß, wie er mit ihr umgehen soll. Einfühlsam ist er, aber er findet es abartig mit einer Person zu sprechen die im Koma liegt. Genauso sie zu streicheln, oder einfach nur die Hand zu halten. In Marcos Augen ist Lydia schon tot, die keine Empfindungen mehr wahrnehmen kann.

Na ja, medizinisch oder wissenschaftlich gesehen mag das wohl richtig sein, jedoch Benigno ist der Meinung, und das sagt er auch Marco, dass das Gehirn einer Frau ein Geheimnis ist, und in diesem "Zustand" bezüglich des Komas noch mehr. Den Frauen muss man Beachtung schenken, mit ihnen sprechen, hin und wieder eine Aufmerksamkeit zukommen lassen. Zärtlich zu ihnen sein, sie daran erinnern, dass sie noch existieren, das sie leben und für uns wichtig sind. Das ist die einzige Therapie.

Schwer ist es für Marco sich so zu öffnen wie Benigno, der seine Gefühle und Empfindungen für eine Person zeigen kann, die er liebt, auch wenn er davon ausgehen muss, dass sie es gar nicht registriert, sprich wahrnimmt.

Aber Marco ist lernfähig, wobei er Benigno durch einen Türspalt hindurch immer wieder beobachtet, wie liebevoll er mit Alicia spricht. Man kann schon sagen er bewundert und beneidet ihn für diese "Gabe". Ja, das kann wirklich nicht jede/r, wobei ich bei Benigno seinen Beruf nicht allein als Beruf sehe, sondern es für ihn schon eine Berufung ist. Und obwohl Marco und Benigno ganz verschiedene Wesenszüge haben, verbindet sie dennoch das gemeinsame Schicksal das sie zu tragen haben, aus welchem sich eine tiefe, vertrauensvolle Männer-Freundschaft entwickelt. Für Benigno ist Marco nicht nur ein Seelenverwandten, sondern auch seine bester Freund, welchem er anvertraut, dass er Alicia nicht nur liebe, sondern sogar heiraten wolle. Na ja, wie dieser darauf reagiert, kann sich jeder denken, zumal Marco eher als Realist zu bezeichnen ist, wogegen Benigno so gesehen eher ein Utopist, ein Traumtänzer ist.

Und jetzt, kurze Zeit später taucht Lydias Ex-Liebhaber im Krankenhaus auf, der Marco in Kenntnis setzt, dass sie noch vor dem Unfall in der Arena zu ihm zurückkehren wollte, zumal die Tränen in ihren Augen, bei jener Hochzeitzeremonie der sie beiwohnten, ihm, und nicht wie Marco vermutete, ihm gegolten haben. Marco sieht sich von diesem Moment für überflüssig an, zumal ihr Ex ihm beteuert, dass er sich nun um Lydia kümmern wird. Enttäuscht, wie auch sehr betroffen geht er ins Ausland, wo er ein paar Monaten später aus den Schlagzeilen einer Zeitung erfährt, dass Lydia gestorben ist. Jetzt hält ihn nichts mehr, er muss mehr über Lydia erfahren, woraufhin er das Krankenhaus aufsucht, in welchem sie gelegen hat. Und dort erfährt er, dass sein bester Freund Benigno sich in Untersuchungshaft befindet, weil er angeblich die noch immer im Koma liegende Alicia geschwängert habe. Er, als einziger Freund eilt zu ihm ins Gefängnis, welcher sich schon mit dem Schicksal abgefunden hat, dass er NIE wieder ein freier Mensch sein würde. Deshalb hat er auch in Gedanken schon lange den Schlussstrich gezogen, seinem Leben ein Ende zu setzten. Davor kann ihn keiner auf der Welt mehr zurückhalten, zumal er darin seine Erfüllung sieht, mit seiner großen Liebe endlich vereint zu sein. Nie mehr hat er erfahren, dass Alicia wohl eine Todgeburt hatte, aber dafür sie aus dem Koma aufgewacht ist.

Marco sieht und begegnet Alicia, wobei sie den Eindruck macht, als ob sie Marco von irgendwoher kenne, was ihn sehr, sehr nachdenklich stimmt.

Nun zur eigenen Meinung

Na ja, als ich den Film "Sprich mit ihr" zum ersten Mal sah, war ich hinterher so überwältigt, dass mir wirklich die Worte fehlten, zumal mich dieser stellenweise sehr stark berührte, weil ich mich in der Person des Pflegers teilweise wiedererkannte, welcher sich beinahe schon aufopfernd um seine Mutter gekümmert hat. Für ihn hat nur seine Mutter existiert, für welche er Tag und Nacht da war. Nicht das diese auf seine "Pflege" angewiesen war, sondern er fand, dass sie sich zu stark gehen lässt. Und er will eine schöne Mutter haben. Im Grunde, sozusagen im "Unterbewusstsein" macht ER sich zum Sklaven seiner Mutter, weil er sich selber unentbehrlich für sie macht. Ich will gar nicht daran denken, was dieser junge Mann durchgemacht haben muss, als seine Mutter gestorben ist. Eine Person, für welche ER gelebt hat. Im gewissen Sinne kennt man solch ein handeln ausschließlich von weiblichen Personen, die sich so fürsorglich und aufopfernd geben können. Ist er deshalb vom "anderen Ufer", nur weil er ausgeprägt "mitfühlend" ist, sozusagen weiß, was Frauen wollen? Ich bin der Meinung, dass sich dies unwillkürlich so entwickelt hat, weil seine Mutter ihn zu stark an sich gebunden hat, dass sie ihn beinahe mit ihrer "Mutterliebe" erstickte.

Ist er nun "gestört", weil er sich mit einer Haarspange begnügt, die einem Mädchen gehört, dass er liebt, obwohl er es nur vom Sehen her kennt, und nur einmal ein paar Worte mit ihm geredet hat? Na ja, wenn man ganz ehrlich ist, "normal" ist so etwas ja nicht. Aber was ist schon normal.

Ist es normal mit einer Person, die im Koma liegt, so umzugehen, als wenn sie bei vollem Bewusstsein wär? Ist das normal?

Ich glaub, da streiten sich die Geister, zumal ich selber einer Person, die mir sehr nahe stand, die Hand hielt und mit ihr geredet habe, obwohl diese ohne Bewusstsein war. Mir persönlich tat es gut, ihr von zuhause zu erzählen, was die Kinder so machen, weil ich wusste, dass diese Person sehr an den Kindern hing. Ob das erzählte natürlich von dieser Person wahrgenommen und registriert wurde, das weiß ich nicht. Und so in etwa stelle ich es mir auch bei Benigno vor. Er weiß es nicht, aber ihm tut es gut, wenn er mit ihr spricht. Nur Benigno steigert sich in was hinein, was nicht real ist. Er fängt an zu träumen, erträumt sich, dass Alicia ihn genauso liebt wie er sie. Und dann als ihn sein einziger und bester Freund aus seinem Traum wachrüttelt, und erklärt, dass eine Heirat nicht möglich ist, weil sie ihm kein Zeichen ihrer Einwilligung dafür geben kann, schaut er ihn mit großen Augen an.
Ja, das sind die Unterschiede, zwischen den beiden. Marco und Benigno.

Marco, ist ein Realist und Benigno ein Traumtänzer. Und so gibt sich auch Marco. Für ihn reicht ein wissenschaftlich-medizinischer Beweis aus, dass Lydias Gehirn schon so gut wie tot ist, wobei er es dann überflüssig findet, mit ihr zu sprechen oder in ihrer Nähe zu sein. In ihrem jetzigen Zustand ist ihm seine Lydia fremd, die er noch vor ihrem Unfall sehr geliebt hat. Er ist dieser Situation (noch) gar nicht gewachsen, wobei ich es zumindest mit "Fassungslosigkeit" interpretiere. Fassungslos, dass dies Lydia geschehen musste. Fassungslos, warum es ihn immer nur trifft. Warum ER gerade wieder ein Mädchen verlieren muss, das er liebt. Warum, warum, warum. Tausend "Warum", der keine Antwort folgt.

Marco bewundert Benigno wie er mit dieser Situation klar kommt, obwohl er ihn vielleicht für einen "Spinner" hält, der in einer ganz anderen Welt zuhause ist. Von Benigno lernt Marco, das Leben immer von der schönsten Seite zu sehen. Deshalb empfiehlt er ihm auch, ihr von schönen, glücklichen Momenten, Stunden usw. zu erzählen, die sie zusammen erlebt haben. Und das hilft auch Marco, obwohl man ihn nicht mit Lydia reden sieht, lässt er vielleicht in Gedanken diese glücklichen Momente zu zweit, nochmals Revue passieren.

Im gewissen Sinn ergänzen sich Marco und Benigno. Marco versucht, Benigno in die reale Welt zurückzuführen, wobei Marco von Benigno eine Menge lernt.

Und wenn ich zu Benignos Beruf komme, was man schon als "Berufung" sehen kann, wie er darin aufgeht, und darin seine Erfüllung findet, hat er im Grunde keine Zeit, um ein wirkliches Privatleben zu finden. Er ist, so kann man schon sagen, mit seinem Beruf verheiratet.

Und diesen übt er mit so viel Hingabe und Liebe aus, die er jedoch nicht nur einer Patientin zuteilwerden lässt. Ganz sachlich geht er mit der Körperwaschung bei Alicia ans Werk, sodass nichts erotisch oder anstößig wirkt. Auch als er bei ihr die Monatsbinde wechselt, wird kein Blut oder sonstiges gezeigt. Wo man merkt, dass Benignos etwas für Alicia empfindet, ist, als er sich ihren Händen zuwendet. Sie cremt und streichelt. Ganz sachte und liebevoll geht er dabei vor, wobei man in seinem Gesicht erkennt, dass es auch ihm gut tut.

Na ja, wie die Jungfrau zum Kinde kommt/kam, das wird nun nicht in einem Geschlechtsakt oder gar Vergewaltigung gezeigt, sondern wird ganz diskret mit einem kleinen Ausschnitt eines s/w Stummfilms versinnbildlicht, indem ein kleines geschrumpftes Männchen die übergroß dargestellte Vagina zunächst untersucht und dann darin verschwindet. Auf nimmer wiedersehn.

Sehr, sehr schön wird diese Szene meiner Meinung dargestellt, wobei dieses Daumengroße Männchen nicht gleich die Vagina ansteuert, sondern zuerst ihren Körper erkundet, sprich, sanft über ihre Brüste turnt und gleitet, was ihr sichtlich gut tut. Eine wirklich sehr schöne, sanfte romantisch-erotische Szene, wie ich finde.

Na ja, alle Filme von Pedro Almodóvars habe ich noch nicht gesehen, wobei mir eigentlich an diesem Film, diesem Melodrama aufgefallen ist, dass es nicht Frauen sind die im Mittelpunkt stehen, sondern Männer, die über ihr Schicksal ihrer beider Frauen, zunächst eine tiefe, innige Freundschaft verbindet, die dann in einer Tragödie endet. Und dennoch steht eine Beziehung im Vordergrund, eine Beziehung zwischen den Geschlechtern, die in ergreifenden-beeindruckenden Momentaufnahmen die Suche nach Liebe und Geborgenheit ausdrücken, auch wenn man im ersten Moment den Anschein hat, dass die Frauen allen Situationen gewachsen sind, weil sie ein unheimliches Selbstbewusstsein ausstrahlen, zu welcher Männer hochsehen, sie bewundern. Alicia wegen ihrer Grazie und Schönheit, und die Lydia wegen ihres Muts und Könnens.

Was wirklich für mich einzigartig an diesem Film ist, dass der Regisseur zeigt, dass Männer auch Gefühle haben. Da heißt es nicht: "Ein Indianer kennt keinen Schmerz" sondern in diesem Film dürfen Männer auch weinen. Nicht weil ihnen körperliche Schmerzen zugeführt werden, sondern weil sie, wenn sie gerührt, irgendetwas stark berührt, auch so wie Frauen gern, auf Hochzeiten den Tränen nah sein dürfen.

Von einer wunderschönen, der doch zahlreichen Szenen, bei welcher auch mir Tränen in den Augen standen, war die, als Marco Benigno im Gefängnis besucht, er aber Benigno nur hinter einer Glasscheibe begegnen kann. Sie sehen diese Glasscheibe wohl als Hindernis, aber kein Hindernis, dass sie trennen kann. Deshalb pressen sie ganz fest ihre Handflächen gegen die Glasscheibe, woraufhin Benigno zu erzählen beginnt, dass er all seine Reiseführer gelesen hat, und somit mit ihm all die wunderschönen Reisen unternommen hat, auf welchen er ihm alles gezeigt und erklärt hat. Nicht nur Tränen stehen in ihren Augen, sondern sie weinen, dürfen und können weinen, weil sie sich sehr nahe stehen. Man spürt förmlich im Ausdruck von Marco und Benigno wie nahe. Deshalb wirkt aber die Szene nicht zu sentimental, sondern einfach nur wahnsinnig eindringlich, wunderschön wie auch zärtlich.

Hat dieser Film deshalb den Titel "Sprich mit ihr", weil trotz der Schranke, der Glasscheibe zwischen ihnen, ein Verständigung, ein Gespräch stattfinden kann? Oder soll jener uns ermutigen soll, niemals die Hoffnung aufzugeben, auch wenn aus wissenschaftlich-medizinischer Sicht keine Hoffnung mehr besteht. Oder aber, dass man über den Film spricht, auch wenn einem bei Leibe nach diesem sehr stark zu Herzen gehenden Film die Worte fehlen?

Meiner Meinung nach ist dieser Film nicht nur ruhig und strahlt menschliche Wärme aus, sondern erzählt auch von der Suche nach Liebe und Geborgenheit, dem Verlust, und die Einsamkeit, sowie das Weibliche im Männlichen, und das Männliche im Weiblichen.

Daten zum Film "Sprich mit ihr"

Originaltitel: Hable con ella
Darsteller: Javier Cámara, Dario Grandinetti, Leonor Watling
Regisseur(e): Pedro Almodóvar
Komponist: Alberto Iglesias
Format: Dolby, DTS, PAL, Surround Sound
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Spanisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte, Spanisch
Region: Region 2
Bildseitenformat: 16:9 - 2.35:1
Anzahl Disks: 1
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: Universum Film GmbH
Erscheinungstermin: 2. Juni 2003
Produktionsjahr: 2002
Laufzeit Hauptfilm: ca. 109 Minuten
Laufzeit Bonusmaterial: ca. 36 Minuten
Extras: Audiokommentar von Petro Almodóvar und Geraldine Chaplin
Interviews mit dem Regisseur und den Darstellern
Videoclip Cucurrucucú Paloma
Hinter den Kulissen
Featuerette
Kinotrailer
Kinopaket-Entwürfe
Bildergalerie

Ich persönlich hab mir dieses Melodrama "Sprich mit ihr", das schon beinahe etwas Poetisches an sich hat, bereits das zweite Mal angeschaut, weil es wahnsinnig unter die Haut geht, und wunderbar schön ist zugleich. Nachdenklich stimmt er allemal, zumal dieser Film einen psychologischen Hintergrund hat, der jedoch mit solch einer nüchternen Leichtigkeit erzählt wird, sodass jede/r ihm folgen kann.

Dieser Film "Sprich mit ihr" ist bis jetzt der wunder-wunderschönste Almodovar-Film, den ich bis jetzt von diesem grandiosen Regisseur Petro Almodóvar gesehen habe. Klar, fällt dieser Film gegenüber seinen vorherigen Werken aus dem Rahmen, weil er sich selber in diesem Werk widerspiegelt. Er sieht sich in der Figur des Benigons und des Marcos. Sozusagen lebt er in diesen Figuren, gibt ihnen Ausdruck, was ja am Ende nur ein Meisterwerk des Regisseurs werden kann.

Fazit: Ein Film eines großartigen Regisseurs, den man einfach unbedingt gesehen haben sollte