Tattoo (VHS) Testbericht

Tattoo-vhs-thriller
ab 6,52
Paid Ads from eBay.de & Amazon.de
Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

5 Sterne
(1)
4 Sterne
(8)
3 Sterne
(1)
2 Sterne
(3)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)

Erfahrungsbericht von aldobar

Bloß nicht aus der Haut fahren!!!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Filmzitat und bestes Beispiel dafür, wie TATTOO etwas unentschlossen zwischen beabsichtigtem Zynismus und unfreiwilliger Komik hin und her schwankt.
Ich tue mich schwer damit, den Film als Ganzes zu loben oder zu verreißen, zu unausgegoren, zu uneinheitlich wirkt dieser Versuch eines deutschen Thrillers auf mich. Vielleicht wird man Regie-Neuling Robert Schwentke am ehesten gerecht, wenn man die Kritik so aufbaut, wie er seinen Film, nach dem Baukastenprinzip nämlich.


Was brauchen wir also für einen klassischen Thriller?

1.) Eine knallige Einstiegsszene.
Nacht. Strömender Regen. Anonyme Großstadtstraßen. Eine junge Frau torkelt ins Bild, nackt, blutüberströmt, offensichtlich unter Schock stehend, vielleicht auch unter Drogen. Die Kamera fährt einmal um sie herum. Ihr Rücken! Gehäutet!
Ein Bus rast heran und fegt sie mit Urgewalt aus dem Bild.

Ja, so muß ein Thriller beginnen: verstörend, verwirrend, schockierend. Wer sich hier über Geschmacklosigkeit beschwert (wie zum Beispiel meine Nachbarn im Kino), der ist im falschen Film. Geschmackvolles Thrillerkino ist ein Widerspruch in sich.

2.) Vorstellung der Helden.
Hauptpersonen in Filmen dieser Art sind gemeinhin selbst problembeladen, allerdings nur so stark, daß sie noch zu Identifikationsfiguren für den Zuschauer taugen.
So auch bei TATTOO: da haben wir zum einen Marc Schrader (August Diehl), Polizeischulabsolvent und schon in jungen Jahren ziemlich fertig mit der Welt. Nacht für Nacht taucht er in die Underground-Techno-Szene Berlins ab. Ecstasy. Tanzen. Vergessen.
Diese Freizeitgestaltung wird ihm zum Verhängnis, ein Drogenfund bei ihm stellt ihn vor die Wahl, entweder seine Karriere beendet zu sehen, bevor sie nur begonnen hat, oder Partner von Kommissar Minks (Christian Redl) zu werden und am Fall der gehäuteten Frau mitzuarbeiten.
Ja, dieser Kommissar Minks: einsamer Jäger, von zu vielen Schicksalsschlägen (seine Frau starb bei einem Autounfall, seine Tochter ist seit Jahren verschwunden) gebrochen. Knallharter Hund, so lange er seine Maske trägt, verletzlich wie ein Baby, wenn er sie ablegt oder sie ihm heruntergerissen wird.

3.) Die geheimnisvolle Frau.
Ganz wichtig – sowohl für die Hormone der Helden, als auch für die der männlichen Zuschauer, für die eigentliche Geschichte des Filmes meist eher hinderlich.
In TATTOO besetzt mit Nadeshda Brennicke. Keine ganz schlechte Wahl, aber auch keine wirklich gute. Frau Brennicke übertreibt doch ganz gewaltig. Sie ist dermaßen unnahbar, cool und rätselhaft, daß ihre Rolle im großen Spiel schneller klar wird, als der Spannung gut tun kann (daß mag vielleicht widersprüchlich klingen, aber wer den Film gesehen hat, der weiß, was ich meine).

4.) Weitere Morde.
Natürlich bleibt es nicht bei einem Toten. Da offensichtlich nicht genügend Geld da war, findet man der Einfachheit halber gleich einen ganzen Garten voller Leichen, die alle eines gemeinsam haben, ihnen fehlt ein Stück ihrer Haut.

5.) Ermittlungen.
Die Handlung nimmt ihren Lauf, der Täter mordet und häutet, die Polizisten ermitteln und kombinieren. Schnell wird klar, daß die Spur in die Tätowier-Szene führt. Irgendwer zahlt für die Arbeiten eines japanischen Meisters horrende Summen, ein anderer Irgendwer beschafft ihm diese und stört sich dabei wenig daran, wenn der unglückliche Träger zum Zeitpunkt der Häutung noch unter den Lebenden weilt.

6.) Verwicklungen / Schicksalsschläge / Auflösung.
Da TATTOO leider für einen Thriller erstaunlich wenig komplex und überraschend ist, schweige ich hierzu, um nicht jegliche Spannung zu nehmen.

7.) Offenes Ende.
Spätestens seitdem Hannibal Lector nach dem eigentlichen Showdown in der letzten Szene von DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER auf der Suche nach Nahrung zu sehen war, ist klar: Thriller hören nicht so einfach auf, es muß eine Schlußpointe her.
Die ist bei TATTOO tatsächlich recht originell und insofern gelungen.


Üblicherweise unterlasse ich es, auf die Zuschauerreaktionen im Kino einzugehen – hier mache ich eine Ausnahme, weil sie für meine Begriffe bezeichnend sind:

"Uarg!!!"
Kollektives Aufstöhnen bei den Schockszenen. Die sind wirklich äußerst unangenehm, nicht weil sie blutiger wären als man das aus anderen Genrefilmen gewohnt ist, sondern weil sie unglaublich realistisch dargestellt sind. Man ist als Zuschauer kaum noch in der Lage Distanz zum Geschehen zu wahren – die äußerste Brutalität der Morde trifft einen wirklich. Ich sehe das ganz klar als Pluspunkt, Thriller dürfen, ja müssen, weh tun!

"Lach-Prust-HiHi"
Kollektives Gelächter bei so manchem Dialog. Wie schon eingangs erwähnt – die Grenze zwischen unfreiwilliger Komik und gewolltem Zynismus ist fließend. Ein Teil der aufgebauten Atmosphäre geht so leider direkt wieder den Bach runter.

"Es war...!"
Zwischenruf nach 30 Minuten, der die Auflösung vorweg nahm. Es folgten keineswegs tumultartige Lynchszenen auf diesen Geheimnis-Verrat, ganz einfach deswegen, weil schon zu diesem frühen Zeitpunkt gut 90% des Publikums mit ihren Gedanken an genau jenem Punkt angelangt waren.
Größter Minuspunkt: das Drehbuch ist einfach zu durchschaubar Schema F, wer nicht spätestens nach der Hälfte des Films den Namen des Täters weiß, war entweder eingeschlafen oder hat sich mehr um seine Begleitung als um die Handlung auf der Leinwand gekümmert!

"Ohne August Diehl wäre ich gegangen!"
Überlauter Zwischenruf beim Abspann, der mit reichlich Applaus quittiert wurde. Diehl wiederholt hier seine Leistung aus 23 und spielt die restliche Crew gnadenlos an die Wand. Der Mann ist der größte deutsche Schauspieler seit langer, langer Zeit! Ich hoffe inständig, daß er die Bretter die die Welt bedeuten (im Hauptberuf ist Diehl am Theater beschäftigt) verläßt, und in Zukunft öfter als aller 2 Jahre auf der Leinwand zu sehen ist.


Fazit:
Ein deutscher Thriller mit Höhen und Tiefen. Ob die positiven, oder die negativen Seiten überwiegen, muß jeder für sich selbst entscheiden.
Abschließend: trotz aller Schwächen des Films gehört der Mut Schwentkes, in diesem Land mal was anderes zu versuchen, als hirnamputierte Komödien für ein Publikum, das nur noch zum Popcorn mampfen und zur Anbahnung von Körperflüssigkeitsaustausch ins Kino geht definitiv unterstützt-

Findet jedenfalls aldobar!

Credits
Regie: Robert Schwentke
Darsteller: August Diehl, Christian Redl, Nadeshda Brennicke, Monica Bleibtreu
Verleih: Tobis
D / 2002

PS: Bin diesmal besonders gespannt auf Eure Kommentare, sowohl was den Film, als auch, was die Gliederung der Kritik angeht!

27 Bewertungen, 4 Kommentare

  • w.gruentjens

    26.11.2002, 00:19 Uhr von w.gruentjens
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich kenne den Film nicht. Zur Gliederung: Ich habe auch mal überstrukturiert; eine Gliederung Story, Qualität, Fazit, Empfehlung? reicht eigentlich.

  • filmfacts

    16.04.2002, 14:17 Uhr von filmfacts
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wirklich guter Bericht!

  • Schnecke999

    13.04.2002, 14:27 Uhr von Schnecke999
    Bewertung: sehr hilfreich

    ... der muß ja echt super-heftig sein... Gruß Schnecke999

  • Praetorianerin

    13.04.2002, 14:17 Uhr von Praetorianerin
    Bewertung: sehr hilfreich

    oh man, der war in der vorschau schon ekelig also guck ich ihn lieber nich *schwacheNervenhat