The Virgin Suicides (DVD) Testbericht

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The-virgin-suicides-dvd-drama
ab 24,27
Auf yopi.de gelistet seit 02/2012

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Erfahrungsbericht von Realjackass

Ein Selbstmord, oder nur eine Flucht aus dem Leben?

Pro:

Natürlich wirkende Darsteller, der Schluß bewegt einen ziemlich, gute musikalische Untermalung

Kontra:

Der Film wirkt unentschlossen

Empfehlung:

Ja

Der Film über den ich euch heute Berichten werde, hat ohne Frage auf eine höchst merkwürdige Art und Weise seinen Weg in meinen Player gefunden. Es war ein Blindkauf. Für alle, denen jetzt spontan die Kontaktlinsen rausgesprungen sind, schreibe ich es nochmal: BLINDKAUF. Die wohl interessanteste Frage, die es jetzt zu Beantworten gilt, wäre wohl die, wieso um alles in der Welt sich Realjackass einen Film zulegt, ohne zu wissen, um was es darin geht? Naja, ganz einfach: Ich fand das Cover, gerade durch seine schlichte und zurückhaltende Art sehr anspruchsvoll, gerade deshalb, weil es auch etwas verstecktes, fragiles hat. Zudem war ich vom Titel schwer beeindruckt, denn ein Name wie \"Die jungfräulichen Selbstmorde - Verlorene Jugend\" verspricht doch schonmal große Dramatik, Gefühle en maße und eine gratis Augenwäsche für den Zuschauer, in diesem Fall mich. Und wie meine geneigten (Stamm?)Leser vielleicht wissen sollten/dürften/müssten, habe ich seit geraumer Zeit meine Vorliebe für den dramatischen Film entdeckt und euch seitdem auch schon einige Werke dieser Gattung näher gebracht. Aber kommen wir jetzt zum Eigentlichen, dem Filmbericht.




Story
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Michigan, vor ungefähr 25 Jahren:
Der Film wird eingeleitet von einem der Jungs, welche später noch eine große Rolle spielen werden und rückblickend die Geschichte der Lisbon Mädchen erzählen, die sich allesamt selbst das Leben nahmen. Die Lisbon Mädchen sind: Cecilia, die jüngste, ist 13, Lux ist 14, Bonnie 15, Mary 16 und Therese, die älteste ist 17. Sie sind allesamt sehr hübsch und die Töchter von Mrs. Lisbon und dem Mathelehrer Mr. Lisbon. Gerade weil die Mädchen so hübsch sind, erwecken sie sehr schnell die Aufmerksamkeit besagter Jungs, aus deren Sicht die ganze Geschichte erzählt wird. Eines Tages geschieht dann aber etwas, womit niemand gerechnet hätte: Die kleine Cecilia versucht sich die Pulsadern aufzuschneiden, kann aber noch gerettet werden. Das ist natürlich ein Schock für die streng katholische Mutter, sowie für den leicht überforderten Vater, die daraufhin den Ratschlag eines Psychologen berücksichtigen, ihre Töchter fortan mehr aus dem Haus und unter die Leute zu lassen.

Die Eltern willigen sogar ein, eine Party in ihrem Haus zu organisieren, zu der ein paar Nachbarsjungen eingeladen werden. Und siehe da - obwohl die Fete im großen und ganzen etwas krampfhaft abläuft, beginnen einige der Jugendlichen, sich langsam näher zu kommen. Doch wieder überschattet ein grausames Ereignis die Feier, auch dieses mal wieder hat sich die kleine Cecilia versucht umzubringen.. Nur dieses mal mit Erfolg. Natürlich wirft das die familiären Verhältnisse für einige Zeit völlig aus der Bahn, was auch nicht gerade durch die Tatsache verbessert wird, dass landesweit die Medien auf den Fall aufmerksam wurden.

Obwohl das ganze natürlich sehr schrecklich und tragisch ist, geht das Leben weiter und nach den Sommerferien könnte man fast schon meinen, es wäre nie etwas gewesen. Die Lisbon Mädchen sind genau wie immer begehrte Objekte bei der Männerwelt, vor allem nach Lux dreht sich so gut wie jeder um. Doch nur einer schafft es tatsächlich, Lux´ Herz zu erobern und dass ist der charmante Frauenschwarm Trip Fontaine. Dieser bekommt Mr. Lisbon sogar dazu überredet, seine Töchter auf den bald anstehenden Schullball zu lassen. Dort kommt jedes der Mädchen einem Jungen näher, Lux hat sogar noch in der selben Nacht Sex mit Trip. Als sie jedoch am nächsten Morgen aufwacht, ist sie alleine und muss die Predigten ihrer Mutter anhören, wo sie gewesen sei usw.. Zur Strafe bekommen die Mädchen strikten Haussarrest und dürfen nicht einmal mehr zur Schule. Und genau da beginnt die eigentliche Tragödie der Lisbon Schwestern...




Schauspieler
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Das ist ein Aspekt, bei dem man im Voraus sehr vorsichtig sein muss, vor allem deshalb, weil überwiegend jugendliche Schauspieler in dem Film zu sehen sind. Allerdings kann ich im Falle von \"The Virgin Suicides\" eine Entwarnung geben: Sogar Josh Hartnett, den ich an und für sich nicht unbedingt mag und der hier eine sehr wichtige Rolle als Herzensbrecher Trip Fontaine spielt, kommt von Zeit zu Zeit symphatisch rüber. Dies liegt vor allem an der überraschenden Doppelbödigkeit seiner Figur: Eigentlich ist er es gewohnt, von allen Mädchen geliebt zu werden, doch bei Lux beißt er sich die Zähne aus, scheint sich sogar in sie zu verlieben. Um so überraschender ist es dann, dass er Lux nach einer gemeinsamen Nacht einfach allein liegen lässt. Selbstredend ist es nicht diese Aktion die ihn symphatisch macht, vielmehr das ganze Auftreten, was man ohne Frage auch von Kirsten Dunst sagen kann.
Diese ist seit \"Spider-Man\" weltberühmt, war aber auch davor schon in etlichen anderen Filmen wie zum Beispiel \"Jumanji\" oder auch \"The Crow 3\" zu sehen, meist beschränkten sich ihre Rollen auf eher unwichtige Nebenparts, in denen sie nie so richtig zeigen konnte, was in ihr steckt. Dies ist aber bei diesem Film hier anders, da Dunst gewissermaßen im Mittelpunkt steht. Zwar ist sie nicht die Hauptdarstellerin und doch ist es sie, um die sich die Lovestory mit Trip dreht, ein sehr wichtiger Part des Films. Und Kirsten Dunst weiß hier glücklicherweise zu überzeugen und sollte sie dem einen oder anderen zu emotionslos erscheinen, dann liegt dass daran, dass das Drehbuch dieses auch vorschreibt.
Wen hätten wir da noch? Nebenrollenjunkie James Woods als schusseligen Vater und gleichzeitig Mathelehrer, der ebenso zu überzeugen weiß wie seine Filmgattin Kathleen Turner.
Auch die weiteren Darsteller kommen meist sehr natürlich rüber, was vor allem für die Töchter gilt. Und achja, bevor ich es vergesse, in einer kleinen, aber lustigen Nebenrolle ist kurz Danny DeVito als Psychiater zu begutachten.




Daten zum Film
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Originaltitel: The Virgin Suicides
Alternativtitel: The Lisbon Sisters, Verlorene Jugend
Land: USA (1999)
Regie: Sofia Coppola
Länge: 92:46 min.
Freigabe: FSK 12
Indiziert: Nein
@ Realjackass




Die Deutsche DVD
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Erstaunlicherweise gibt es gleich 2 DVDs dieses Films, einmal die Version, welche von dem Label Capelight veröffentlicht wurde und recht ansehliches Bonusmaterial bietet und desweiteren gibt es noch eine DVD von Mediacs, welche an und für sich gleich viel Extras aufführt und sogar noch mit einem roten Pappschuber glänzen kann. Für welche DVD man sich entscheidet ist also jedem selbst überlassen, dürfte aber keinen all zu großen Unterschied machen.




Kritik
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Wie weiter oben schon 2 mal aufgeführt, war dieser Film ein purer und spontaner Blindkauf, den ich zwar nicht direkt bereue, aber auch nicht unbedingt wiederholen würde. Und um eins mal vorneweg klarzustellen: Bei aller Liebe zu Filmverissen und dem damit verbundenen Sarkasmus, aber wenn es etwas gibt, das ich nicht gerne tue, dann ist das das kritisieren von Filmen, die ich irgendwie mochte. Genau so ein Fall ist das hier. Obwohl \"The Virgin Suicides\" nämlich nicht DER Knaller schlechthin ist, so bietet er doch viele interessante Ansätze, die aber leider falsch oder gar überhaupt nicht umgesetzt wurden. Auf das gehe ich jetzt mal näher ein.

Was mir gleich am Anfang sehr zugesagt hat, war der einzigartige Look des ganzen. Saubere Vorgärten, lächelnde Menschen, Sonnenschein. Anscheinend der Amerikanische Traum in Vollendung, eine Vorstadt wie man sie sich klischeehaft von Postkarten vorstellt. Und dazu noch die naiv-freundliche Machart des Films: Es wird der Titel \"The Virgin Suicides\" in Tagebuch-Style eingeblendet, überdeckt mit dem strahlenden und süßen Lächeln Kirsten Dunst´s. Doch irgend etwas stimmt hier nicht, das wird einem auch sogleich von einem der Jungs erklärt, der irgendwas in der Richtung: \"Dies ist die Geschichte der Lisbon Mädchen, wie wir sie erlebt haben. Wir verstehen bis heute nicht, wieso sie starben.\" von sich gibt. Ein Film, an den ich bei diesen Szenen sofort dachte, ist \"American Beauty\", einer meiner absoluten Lieblingsfilme, was natürlich schonmal ein sehr gutes Zeichen ist. Doch leider geht es nach dem vielversprechenden Anfang rabiat bergab: Außer dem traurigen und tragischen Selbstmord der kleinen Cecilia bietet der Film irgendwie nichts, dass es in dieser Form nicht schon gab.. Das Thema Suicid wird immer mehr in den Hintergrund gedrängt, um so mehr Platz für die Liebesgeschichte zwischen Lux und Trip einzuräumen. Aber jetzt moment mal, Frau Coppola. Das ganze erscheint mir persönlich nämlich etwas suspekt: Man wird als Zuschauer schon fast mit dem Vorschlaghammer darauf hingewiesen, dass es im Film um das Thema Freitod der 5 Mädchen geht. Von Anfang an macht der Film kein Geheimniss darum, dass diese am Ende Tot sein werden. Und während dadurch eine merkwürdige Atmosphäre beim Betrachter entsteht, wird ganz plötzlich eine Liebesgeschichte eingespannt, die genausogut aus irgend einem Teenie-Liebesfilm stammen könnte. Immerhin sind verklemmte und ZU besorgte Eltern nichts seltenes, nur das besondere daran ist, dass noch die Ramenhandlung des Freitods besteht, in meinen Augen ein merkwürdiger Kontext. Was nämlich den Hauptknackpunkt darstellt: Wieso sich die Mädchen letzten Endes das Leben nehmen, wird nicht erklärt.

Den Film jetzt aber \"nur\" wegen eben besprochener Tatsache gleich in den Müll zu schmeißen, wäre allerdings ein großer Fehler, da er vor allem eins bietet: Charme. Die Ende 70er, Anfang 80er in denen der Film spielt bieten all das, was ein netter, kleiner Unterhaltungsfilm für langweilige Stunden braucht. Klischees en maße (Das typische Schul-Footballteam, in dem jeder Junge blendend aussieht, die doof-naiven Mädchen mit Zahnspange, Zopf und Brille, die der Ober-Sportskanone hinterherschauen, als diese in Zeitlupe und mit Musik unterlegt über den plötzlich wie ausgestorbenen Gang schlendert und, und und..) Das alles sind kleine, aber feine Dinge, die einen die traurigen Tatsachen, um die es in dem Film geht, schon fast vergessen lassen. Auch sehr gut gelungen ist die häufig vorhandene, musikalische Untermalung, teils fetzig, teils traurig und melancholisch, dafür aber immer passend und nie zu penetrant.

Was man dem Film auch zusagen könnte, wäre eine klare Aussage gegen den Selbstmord. Hier möchte ich mal ein kleines Zitat einbringen.

\"Es spielte im Grunde keine Rolle wie alt sie waren. Oder dass sie Mädchen waren. Wichtig war nur, dass wir sie geliebt hatten und dass sie uns nicht hörten, als wir sie riefen. Sie hören uns noch immer nicht, wenn wir sie jetzt aus diesen Zimmern herausrufen, in die sie sich zurückzogen, um für alle Zeiten allein zu sein und in denen sie uns nie wieder Antworten auf unsere Fragen geben werden.\"

Ich denke, eine Erklärung zu diesem Zitat und meiner Meinung dazu dürfte sich erübrigen.




Fazit
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Hier treffen 2, sich nicht vertragende Dinge aufeinander: Zum einen ein Film, der sich irgendwie nicht entscheiden kann was er sein will und zum anderen ein Filmkonsument, Ich, der nicht weiß, was er letztendlich gesehen hat. Ein Drama? Wenn ja, dann war mir das alles viel zu \"undramatisch\". Zugegeben: Der Schluß hat es in sich und da bekam selbst ich eine gehörige Gänsehaut, aber der Rest war einfach nur.. Durchschnittlich. Ein typisches Beispiel dafür, wie sehr viel Potenziel verschenkt werden kann. Das ist sehr schade, reicht aber immer noch um den Film empfehlen zu können. Vor allem für Leute, die meinen, alles zum Thema Freitod gesehen haben zu müssen, dürfte dieser Film einen Blick wert sein, richtige Dramafans hingegen werden mit \"The Virgin Suicides\" nichts wirklich Neues bekommen - leider.

Mfg
Realjackass

30 Bewertungen