Whale Rider (DVD) Testbericht

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Erfahrungsbericht von Stepnwolf
It wasn't anybodys fault, just happened
Pro:
faszinierende Landschaftsaufnahmen, eine fantastisch agierende Keisha Castle-Hughes, die Filmmusik
Kontra:
nichts für Action- und Blockbusterfans
Empfehlung:
Ja
... und es gibt Filme wie WHALE RIDER ...
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INHALT
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MANCHMAL SIND DIE kleinen GESCHICHTEN GROSSES KINO
Die elfjährige Pai(kea) lebt bei ihren Großeltern in einem kleinen Dorf an der Ostküste Neuseelands. Ihr Großvater ist der Stammesführer eines Maoristamms und die Tradition will es, dass der Erstgeborene der Familie der zukünftige Anführer wird. Doch sein Sohn verlor bei Pais Geburt seine Frau und Pais Zwillingsbruder und verlässt darauf die Heimat. Die Erblinie ist unterbrochen, denn eine Frau kann nicht Anführer des Stammes werden. In seiner von traditionellen Riten blinden Arroganz will Großvater Koro nicht wahrhaben, dass aber gerade seine Enkelin Pai diejenige ist, die vom Schicksal auserkoren wurde, die Führung zu übernehmen. Er ist gefangen zwischen dem Festhalten an überlieferten Regeln und dem Ausbrechen aus den alten Konventionen. Können die Wale ihm die ersehnten Antworten bringen?
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DER FILM
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MANCHMAL ERZEUGEN kleine MOMENTE GROSSE GEFÜHLE
Niki Caros kleiner Film WHALE RIDER ist zu keiner Minute laut, bietet keine Spezialeffekte, große Schlachten sucht man hier vergebens. Was den Film zu einer cineastischen Perle macht ist gerade die Ruhe, diese erzählte Leichtigkeit des Seins. Im Vordergrund stehen die zwischenmenschlichen Beziehungen. Einerseits zwischen Vater und Sohn, andererseits zwischen Großvater und Enkelin. WHALE RIDER zeigt das Aufeinanderprallen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und wie schwer es manchmal sein kann, loszulassen.
Eine Geschichte vom Suchen:
Koro sucht einen neuen Anführer, der seine Rolle übernehmen soll. Er sucht nach den alten Tagen, nach den immer mehr verblassenden Geschichten eines in Auflösung befindlichen Stammes. Er sucht einen Ersatz für seinen widerspenstigen Sohn, der von Traditionen nicht viel wissen will und sich in der modernen Welt arrangiert hat.
Pai sucht nach Anerkennung. Sie hat als Frau im Stamm der Maori keinen Anspruch auf Führung, weiß aber im Inneren ihrer Seele, dass sie die legitime Nachfolgerin ist. Sie liebt ihren Großvater mehr als alles andere und versucht ihm ihre Qualifikation zu beweisen.
Eine Geschichte vom Finden:
Koro erscheint zu engstirnig, zu uneinsichtig und unnachgiebig, um das offensichtliche zu erkennen. Vielleicht will er es aber auch nur nicht wahr haben. Erst in der Tragödie findet er zu sich und gesteht seinen Fehler ein. Doch bis dahin ist es ein langer Weg.
Für Pai ist es das Finden zu sich selbst. Sie schwankt zwischen dem Gefühl mit ihrem Vater das Dorf zu verlassen und damit auch alle Traditionen hinter sich zu lassen – sowie ihre wichtigste Bezugsperson zu verlieren – oder sich ihrer Bestimmung zu stellen, egal wie gefährlich dieser Weg auch sein mag. Am Ende findet auch sie zu sich und somit auch zurück in das Herz ihres Großvaters.
WHALE RIDER strahlt eine durchweg ruhige Atmosphäre aus. Die Regisseurin Niki Caro arbeitet viel mit langsamen Kamerafahrten über die Küstenlandschaft Neuseelands, wechselt in Zeitlupenpassagen gedankenverlorener Magie und lässt dadurch die Bilder für sich selbst sprechen. Sobald die Reibungspunkte zwischen den Menschen vermittelt werden sollen, ist sie allerdings nah dran, veranschaulicht die Gefühle der Schauspieler viel durch Heranzoomen auf die Akteure und zeigt so deren Eindringlichkeit. Nicht die großen Worte machen den Film so besonders, sondern die unausgesprochenen gezeigten Gefühle. Neben den fantastisch fotografierten Bildern, trägt die Musik vom ehemaligen Dead Can Dance Mitglied Lisa Gerrard ungemein zur stillen und sanften Atmosphäre in den Szenen bei. Die transzendenten und ziemlich verträumt, manchmal aber auch extrem traurig klingenden Stücke passen in diese unberührte natürliche Umgebung. Doch letzten Endes wird ein kleiner Film, der von den Beziehungen zwischen den Personen lebt, erst durch die richtigen Schauspieler zu einem Erlebnis ...
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DIE SCHAUSPIELER
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MANCHMAL SIND kleine MÄDCHEN GROSSE HELDEN
Um die Leistung der damals 12jährigen KEISHA CASTLE-HUGHES in der Rolle der PAIKEA zu erklären, bedarf es eigentlich nur zwei Worte: unglaublich gut! WHALE RIDER ist ihre erste Filmrolle überhaupt und sie strahlt in jeder Szene eine derartige Präsenz aus, dass sie die alten Hasen neben sich mal locker in die Tasche steckt. Von unsagbarer Traurigkeit (exemplarisch sei der emotionale Höhepunkt des Filmes genannt: ihre Dankesrede an ihren Opa während der Schulaufführung, der den Griff zum Taschentuch auch bei manch Exemplar der männlichen Gattung hervorruft), über engagiertes, forsches Auftreten bis zu Momenten der Freude schafft es KEISHA CASTLE-HUGHES ihre Gefühle extrem offen und extrem nah zu zeigen. Als Zuschauer ist man mittendrin und kann den Schmerz förmlich spüren. Diese junge Dame allein macht den Film zu etwas ganz Besonderem.
Den Part des Großvaters übernimmt RAWIRI PARATENE. Er schafft es vor allem durch seine Mimik und Gestik diesen strengen, verknöcherten, unnachgiebigen und harten Anführer des Stammes darzustellen. Und doch wird bei ihm die große Schauspielkunst erst in den kleinen Szenen zum Aha-Moment für uns Zuschauer (Exemplarisch hierzu die Abschiedsszene als Pai mit ihrem Vater das Dorf verlässt und er mit versteinerter Miene hinterher schaut und dabei ohne eine Körperregung ein unbeschreibbares Gefühl der Trauer vermittelt).
Koros Frau wird gespielt von VICKY HAUGHTON. Sie ist das typische Beispiel einer Frau großer Anführer: in Wahrheit hat sie das Sagen. Dementsprechend ist ihre Figur im Auftreten zwar emanzipiert und autoritär, gegenüber ihrem Mann aber nie aufmüpfig. (In einer Szene mit Pai sagt sie auch treffend: „Lass ihn im Glauben, er hätte die Macht.“) Sie versucht ihm auf ihre Art klar zu machen, dass es nur Pai sein kann, die er als Nachfolgerin auserwählen muss.
CLIFF CURTIS als Vater von Pai hat zwar nur eine kleinere Rolle, aber eine für die Geschichte nicht unwesentliche. Er verkörpert den modernen Menschen, der zwar die alten Traditionen respektiert, aber sich nicht für sie aufopfern will, sondern lieber seinen eigenen Weg geht. Auch er stößt dadurch bei seinem Vater auf Ablehnung, da der von seinem Sohn herb enttäuscht ist. Somit teilen Vater und Tochter, jeder auf seine/ihre Art, das gleiche Los: vom Vater/Großvater als nicht (oder nicht mehr) würdig betrachtet zu werden, die Nachfolge anzutreten.
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HINTERGRUND
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MANCHMAL STELLEN kleine ORTE GROSSE KULISSEN DAR
WHALE RIDER ist die Verfilmung des gleichnamigen Buches von WITI IHIMAERA und gleichzeitig die Verfilmung einer Maori-Legende: Einst verließen die Maori ihre Heimat Hawaiiki und fuhren über das Meer nach Neuseeland. Auf der Überfahrt kenterte das Kanu von Paikea, der in seiner Not die Götter anrief, ihm zu helfen. Sie sandten ihm Wale, auf deren Rücken er die gefährliche Überfahrt vollendete. Alle Erstgeborenen männlichen Nachkommen jenes Paikea, dem Walreiter, sind deshalb die legitimen Stammesführer ihres Volkes.
WHALE RIDER wurde direkt an dem Ort gedreht, wo laut Legende Paikea landete: in Whangara. Alle im Film auftauchenden Nebendarsteller sind Einwohner dieses Ortes und somit direkte Nachfahren von Paikea, dem Walreiter. Der Umstand des Originalschauplatzes als Drehort, sowie die Authenzität der Bewohner lassen den Film noch realer und tiefsinniger erscheinen. Die männlichen Hauptdarsteller im Film sind Angehörige des Maori-Stammes, nur Keisha Castle-Hughes und Vicky Haughton, sowie Regisseurin Niki Caro sind keine Maori, aber Neuseeländerinnen.
Kleine Anekdote am Rande: Da für Frauen das Betreten von heilige Stätten wie dem waka (dem Kriegskanu) verboten ist, mussten Hauptdarstellerin Keisha und Regisseurin Niki Caro in einer Art Schutzzeremonie gegen die bösen Geister immunisiert werden. Dies und noch einiges mehr verrät das Zusatzmaterial auf der DVD ...
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FACTS AND FIGURES
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MANCHMAL HABEN kleine INFOS GROSSE WIRKUNG
Zuerst einige unablässige Informationen:
Ja, die DVD ist rund und erschien am 23. März 2004. Ja, die DVD hat Kapitelauswahl und Ja, die DVD bietet den Film in Deutsch (Dolby Digital 5.1) und Englisch (Dolby Digital 5.1), jeweils mit Zusatzoption des deutschen Untertitels. Dazu gleich noch ein Hinweis: Wer des Englischen mächtig ist, sollte sich den Film unbedingt im Original anschauen, da bei der Synchronisation gerade in den wenigen starken Dialogen (oder auch Monologen) die Emotionalität der Figuren nicht so gut rüber kommt. Neben der Sprachauswahl gibt es zusätzlich noch die Option des AUDIOKOMMENTARS von Regisseurin NIKI CARO.
BONUSMATERIAL
Zwei eher unwichtige Gimmicks sind der TRAILER (deutsch und englisch) und die zu kurz geratene FOTOGALERIE. Dagegen zeigt unsere junge Hauptdarstellerin im Menüpunkt PROBEN MIT KEISHA CASTLE-HUGHES schon ihr schauspielerisches Talent.
Die interessanten Menüpunkte sind:
BEHIND THE SCENES-Footage (mit Infos zu den Charakteren, den Drehorten und der filmischen Umsetzung der Walstrandung im Finale des Films), ca. 27 min.
GESCHNITTENE SZENEN (mit einem zusätzlichen Audiokommentar von Niki Caro), insgesamt 8:30 min.
TE WAKA-Featurette (Hier wird das Bauen des Kriegskanus waka gezeigt und man erfährt nebenbei ein wenig über die Traditionen des Maori-Stammes aus Whangara.), ca. 11 min.
FILM-CREDITS
Whale Rider
Neuseeland/ Deutschland 2002
101 Minuten
Regie: Niki Caro
Drehbuch: Niki Caro (basierend auf dem Buch "The whale rider" von Witi Ihimaera)
Kamera: Leon Narbey
Musik: Lisa Gerrard
Schnitt: David Coulson
Produktion: South Pacific Production, Pandora Filmproduktion GmbH
Produzent: John Barnett, Reinhard Brundig
Mit: Keisha Castle-Hughes (Paikea), Rawiri Paratene (Koro), Vicky Haughton (Nanny Flowers), Cliff Curtis (Porourangi), Grant Roa (Uncle Rawiri) u.a.
FSK: Freigegeben ab 6 Jahren
Preise: 2002 beim Filmfestival in Toronto, 2003 beim Sundance Filmfestival u.a.; Außerdem war Keisha Castle-Hughes für den Oscar 2004 als "Best Female in a Leading Role" nominiert.
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FAZIT
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OFT SIND ES DIE kleinen DINGE DIE EINEN FILM GROSS MACHEN
Wenn ein Film hauptsächlich von seinen überzeugenden Darstellern getragen wird ... Wenn ein Film mit einer kleinen Geschichte über das Kollidieren von Tradition und Veränderung große Gefühle auslöst ... Wenn ein Film in leisen Zwischentönen von lauten Konflikten zwischenmenschlicher Art erzählt ... Wenn ein Film dabei bezaubernde Naturkulissen und kleine übernatürliche Zaubereien in Form einer Legende zeigt ... Dann sollte man sich solch einen Film nicht entgehen lassen ...
... WHALE RIDER ist so ein Film!
37 Bewertungen, 13 Kommentare
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06.04.2006, 20:39 Uhr von Oli33DUI
Bewertung: sehr hilfreichAuch ein sehr schöner Bericht . Oliver
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06.04.2006, 20:34 Uhr von henna82
Bewertung: sehr hilfreichsh, greetz henna82!
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16.03.2006, 01:14 Uhr von Doro1975
Bewertung: sehr hilfreichsh+LG Doro
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15.03.2006, 21:58 Uhr von topware2002
Bewertung: sehr hilfreich(((( sh ))))
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15.03.2006, 17:44 Uhr von jenny123
Bewertung: sehr hilfreichsh & lg , jenny123
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15.03.2006, 17:26 Uhr von moniseiki
Bewertung: sehr hilfreichLiebe grüße moniseiki
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15.03.2006, 17:12 Uhr von Naffy
Bewertung: sehr hilfreichGruß Naffy
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15.03.2006, 17:08 Uhr von Django006
Bewertung: sehr hilfreichTop Bericht. lg Alan
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15.03.2006, 16:56 Uhr von Vojvodinac
Bewertung: sehr hilfreichSehr guter Bericht! ;-)
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15.03.2006, 16:55 Uhr von morla
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich <br/>
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15.03.2006, 16:53 Uhr von franjanina
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich
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15.03.2006, 16:53 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreich*** sh & lg *** Christina
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15.03.2006, 16:51 Uhr von steinchen512
Bewertung: sehr hilfreichSEHR HILFREICH! <br/>LG steinchen512
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