Der Mandant (Blu-ray) Testbericht

"Gerichtsfilme", also Spielfilme, die sich szenisch großteils zumindest in einem Gerichtssaal abspielen, sind mit Sicherheit nicht jedermanns Sache. Wer also nicht zu den (zumindest gelegentlichen) Zuschauern eines solcherlei gestrickten Films gehört, darf diesen, meinen nun nachfolgenden Bericht ausdrücklich ÜBERSPRINGEN - ich nehme es dem Leser/ der Leserin ausdrücklich nicht übel, denn der 2011 unter der Regie von Brad Furman entstandene Spielfilm "Der Mandant" dreht sich - wie man schon aus dem Titel erkennen kann - eben rund um Anwalt und Co. Sehenswert oder nicht ?

=== Wie kam ich zur Bluray ? ===

Für sehr günstige 6,99 € kaufte ich die Bluray von "Der Mandant" bei Saturn. Irgendwie schaue ich, der gerne auch mal einen "Grisham" liest bzw. eine Verfilmung seiner Bücher anschaut, dann und wann man mal einen ausgesprochenen Film des "Gerichtsfilmgenres" an, zumal der sich auf dem Cover kurz vorgestellte Plot doch ganz interessant las.

== "Der Mandant" ==

=== Darum geht es ===

Mickey Haller ( _Matthew McConaughey_ ) ist Anwalt in Los Angeles - kein ganz "gewöhnlicher" Anwalt, denn Haller hat gar keine ausgesprochene "Kanzlei" und lediglich eine über ihr privates Telefon zu Hause kontaktierbare Sekretärin.
Sein "Büro", dass ist sein großräumiger Lincoln, an dessen Steuer Earl, sein Fahrer sitzt.
Eigentlich ist Haller eher ein Anwalt für die "kleinen Fische", eben Drogenkriminelle oder Einbrecher, bis er eines Tages einen Fall bekommt, der einen "großen Fisch" im Gepäck vorsieht. Der "große Fisch", das ist für Haller die Verteidigung von Louis Roulet ( _Ryan Phillippe_ ), dem Sohn einer reichen Maklerfamilie aus Beverly Hills. Des Nachts ist er als Playboy in den angesagtesten Clubs der Stadt unterwegs - und im Zuge dieses "Hobbies" bekommt er bald Ärger.
Roulet wird von einer Prostituierten beschuldigt, sie brutal niedergeschlagen zu haben. Ebenso soll er sie mit einem Messer bedroht und versucht haben, sie zu vergewaltigen.
Roulet bestreitet alle Vorwürfe - seine "Version" der Geschichte: die Frau soll ihn bewusstlos geschlagen und ihm das Messer, dessen Herkunft er nicht kennt, in die Hand gelegt haben, um ihn als Sohn reicher Eltern zu erpressen.

Bald jedoch scheint Roulets Version anhand neuer, aufgetauchter Beweise ins Wanken zu geraten und auch Haller, sein Anwalt, bekommt durch die Ermittlungen seines von ihm eingespannten Privatdetektivs und Freundes, Frank Levin ( _William H. Macy_ ), arge Zweifel am Wahrheitsgehalt von Roulets Geschichte. Schlimmer noch: bald hegt Haller den Verdacht, dass Roulet der "wahre" Mörder in einem Fall ist, den er vor Jahren seinem schließlich zu lebenslanger Haft verurteilten Mandanten Val Valenzuela ( _John Leguizamo_ ) zur Last gelegt hatte.

Als Frank Levin, der für Haller ermittelnde Privatdetektiv, von der Polizei kurz darauf tot in seinem Büro aufgefunden wird, scheint sich der "Fall Roulet" für Haller zu einem tödlichen Spiel um Leben und Tod zu entwickeln, der ihn in ein ungeahntes Netz aus Lügen und Verschwörungen zu verstricken scheint...

=== Darsteller und Charaktere ===

_Matthew McConaughey_ bringt seinen Charakter der Hauptfigur "Mickey Haller" als einen überaus abgezockten wie gewieften Advokaten herüber. Zunächst entstand bei mir der Eindruck, es doch mit einem eher "berechnenden" Typen zu tun zu haben, denn als einer seiner Mandanten , der als Mitglied einer Rockergang "mal wieder" etwas ausgefressen hat, kein Geld für ihn hat, beschließt Haller kurzerhand, ihn erst einmal ein wenig länger in seiner U-Haft sitzen zu lassen, bis sein Mandant wieder "flüssig" ist. Nunja, so ganz ohne Profit will Haller andererseits eben auch nicht arbeiten. Kurios fand ich zunächst auch seine beruflichen Aktivitäten außerhalb des Gerichtssaals, die er - anstatt eines echten Büros - einfach von der Rückbank seines Lincoln bestreitet. Haller ist wirklich ein "abgezockter" Typ. Als die Kumpels seines "knapp bei Kasse" im Gefängnis sitzenden Mandanten - eine richtige Rockergang also - mit ihren Motorrädern den Wagen von Haller stoppen, ist dieser absolut cool und handelt für sich sogar noch ein paar extra Spesen mit dem Bandenchef der Gang aus.
Brisanterweise zeigt sich, dass Haller mit Maggie McPherson, einer Staatsanwältin, eine gemeinsame Tochter hat. Die Beziehung der beiden schwankt irgendwo zwischen beruflichen und privaten Konflikten hin und her und scheint sich während des Films zusehends ein wenig zu stabilisieren. Über Frank Levin ( _gespielt von William H. Macy_ ), seinen Freund und Privatdetektiv, hat er dazu gute Connections zu den Büros von Staatsanwälten und kommt so schon einmal ein wenig schneller an Gerichtsakten als mancher seiner Berufskollegen.
Irgendwie schafft es Haller - für mich ein wenig uneinsichtig - nicht durch die Tatsache, dass er eher "kleine Fische" vor Gericht vertritt (und dabei oberhalb der Tarife eines reinen Pflichtverteidigers liegt) am Ende "draufzuzahlen". Ob das an den sonstigen Kosteneinsparungen wie Verzicht auf ein festes Anwaltsbüro oder der "Halbtagsbezahlung" seiner Sekretärin liegt, die - günstigerweise - ihren Job über ihren privaten Anschluß zu Hause erledigt oder ob Haller nicht doch irgendwie hintergründig zu Geld kommt, das bleibt freilich für mich ein Rätsel.
Dennoch: die Tatsache, dass er mit Louis Roulet bald einen "dicken, weil reichen" Fisch als Mandant an der Angel hat, die erfreut ihn weder noch scheint es ihn zu überraschen, und das , obwohl die reiche, im Immobiliengeschäft agierende Familie natürlich so etwas wie einen "Hausanwalt" beschäftigt, der sich interessanterweise im Prozess gegen Roulet eher im Hintergrund hält.
Louis Roulet ( _gespielt von Ryan Philippe_ ) scheint zunächst sehr glaubwürdig seine Version der Geschichte vorzutragen - aus seiner Sicht wurde er Opfer einer Intrige einer Prostituierten und ihres vermeintlichen Zuhälters und nichts scheint zunächst in eine andere Richtung zu deuten. Die "dunkle" Seite von Roulet soll sich jedoch bald zeigen und die scheint letztlich auch ganz gut in das Charakterbild des Sohns reicher Eltern zu passen...

=== Das macht diesen Film aus ===

Wie ich zu Beginn meines Reports schon andeutete, gibt es in "Der Mandant" recht viele Szenen, die sich in einem Gerichtssaal abspielen. Doch diese Szenen machen etwa 40-50 % des Films aus. Viel spielt sich auch in Hallers "Büro", sprich: seinem Lincoln ab, ferner wechselt die Szenerie auch mal in Hallers bzw. Maggies Privathaus und der eine oder andere Besuch von Haller im Gefängnis, wo er sich mit seinen dort einsitzenden Mandanten trifft, ist auch mal zu sehen. Dennoch: die "entscheidenden" Szenen spielen sich in "Der Mandant" klarerweise innerhalb des Gerichtssaals ab. Die Geschichte um den - zunächst - anscheinend unschuldigen "Jungreichen" Mr. Roulet bekommt allerdings zur Mitte des Filmes hin schon einen ziemlichen "Twist" verpasst und der sonst so abgezockte Haller erkennt, dass er selbst für ein Fehlurteil durch seine anwaltliche Vertretung seines zu lebenslanger Haft verurteilten Mandanten Val Valenzuela sorgte , indem er seinem Mandanten riet, einen "Deal" der Staatsanwaltschaft anzunehmen. So wird auch schnell klar, warum die Familie Roulet extra Haller als "Anwalt der eher kleinen Fische" für die Verteidigung von Louis einsetzte - er ist eben in gewisser Weise "persönlich befangen" und muss nun, ob er will oder nicht, seinen Mandanten Roulet beistehen, obwohl er schnell weiß, dass er der eigentlich den Mord beging, für den Valenzuela nun einsitzt.
Durch diese Ereignisse wird der - für mich zumindest - emotional ein wenig an der Oberfläche vor sich hinplätschernde Film doch ein wenig mitnehmender, ohne mich dabei allerdings ganz zu "packen". Irgendwie ist der gute Mr. Haller bei allen Vorfällen, die ihn bald auch ganz persönlich angehen, bis zu einem gewissen Punkt doch stets recht "abgekocht" und es scheint für mich eher so, als habe er trotz allem Schlamassel, welchem er im Film bald begegnet, seine Situation doch stets im Griff.

Dabei wird es ihm von der "Gegenseite" im Gerichtssaal, sprich: der Staatsanwaltschaft, auch nicht zu schwer gemacht - Staatsanwalt Minton ( _Josh Lucas_ ) erschien mir einfach nicht recht "ebenbürtig" zu dem trickreichen Haller zu sein - das geht schon damit los, dass er so etwas wie ein "Pokerface" nicht zu beherrschen scheint und Haller so stets zu ahnen scheint, was so kommen wird.

Der Film an sich ist somit zwar von der Geschichte und dem Fall her ganz interessant, allerdings ist die Umsetzung irgendwie - wie ich finde - eher "lau" gelungen. Der Film ist so eher "kopfbasiert", gibt sich aber durch "Figuren" wie die angesprochene Rockergang bzw. dem irgendwie ein wenig "abgerissen" ausschauendem Privatdetektiv Frank Levin schon bemüht, einige emotionalere Akzente zu setzen, was nur teilweise aufgeht.

== Zur Bluray ==

=== Bonusmaterial ===

Im Kern des "Bonusteils" der Bluray steht für mich klarerweise das Interview zwischen Regisseur Brad Furman mit seinem Hauptdarsteller in diesem Film, Matthew McConaughey. Das Interview bietet nochmals eine Zusammenfassung in eigenen Worten McConaugheys, was seine Rolle des gerissenen Anwalts der "kleinen Leute", Mickey Haller, so ausmacht. Er lässt dabei erkennen, dass er schon öfters die Rolle von Anwälten spielte, aber - seiner Aussage zufolge - sich nie mit diesen Rollen so intensiv auseinander setzte wie eben in diesem Film. Dazu gibt es einige "Deleted Scenes", die aus meiner Sicht allerdings zu recht nicht im Film berücksichtigt wurden - es hätte nur zusätzliche Längen ergeben - und der Film ist immerhin schon knapp 2 Stunden lang !

=== Bild und Tonqualität ===

Der im Breitbildformat (21:9) gedrehte Film erscheint auf meinem HD-Fernseher ganz "Full HD"-würdig mit detailreich gezeichneten Bildern bei hoher Farb- und Kontrasttreue, auch in dunkleren Filmszenen. Die Tonqualität der deutschen DTS 5.1 HD-Tonspur weist auch eine eher leichte, aber dafür durchgehend groß genug bemessene Raumklangdynamik aus. Sogar die "Gerichtsszenen", die einen Schwerpunkt des Filmes bieten, wirken akustisch so, als säße ich beim Prozess irgendwo in Reihe 1 oder 2. Dabei ist die Sprachverständlichkeit durchgehend gut gegeben.

=== Auf einen Blick ===

* Titel: Der Mandant
* Genre: Thriller & Krimi
* Erstveröffentlichung: 2.12.2011 / Produktionsjahr: 2011
* FSK: ab 12 Jahren / Laufzeit: 118 Min.
* Bildformat: Widescreen; 2,35:1; HD; 1080p / Tonformat: DTS HD 5.1: Deutsch, Englisch
* Darsteller: William H. Macy, Ryan Phillippe, Matthew McConaughey, Marisa Tomei
* Regie: Brad Furman
* Bonus: Making Of; Featurettes; Interview mit Cast & Crew; Deleted Scenes; Trailer;

_ Darsteller und ihre Rollen _

* Mick Haller - Matthew McConaughey / Louis Roulet - Ryan Phillippe / Maggie McPherson - Marisa Tomei
* Frank Levin - William H. Macy / Ted Minton - Josh Lucas / Val Valenzuela - John Leguizamo

=== Fazit ===

Unterm Strich ist "Der Mandant" ein etwas unspektakuläreres Gerichtskino mit einer allerdings recht interessanten Story, die - für meinen Geschmack - nicht durchgehend gut umgesetzt wurde. Mickey Haller ist dafür in jeder. auch noch so kritischer Szene, einfach zu dominant und weiß scheinbar, komme, was wolle, was er zu tun hat. Irgendwie geht einfach alles zu glatt und die Tricks und Winkelzüge,die Mr. Haller da aufführt, erscheinen unter diesem Eindruck auf mich eher so, als habe er diese eigentlich nicht nötig, weil er eh immer so etwas wie einen "Plan B" im Hintergrund hegt. Da hilft mir auch der gute 70s Klassiker "Ain´t No Love In The Heart Of The City" von der Bobby Blues Band nicht weiter, der die Intromusik zu "Der Mandant", der im englischen Original - wie ich finde passender, weil "griffiger" - "The Lincoln Lawyer" heisst, darstellt - die Geschichte riss mich dafür zu wenig mit. "Der Mandant" ist für mich einfach eine Prise zu routiniert vorgetragen und erinnert dann und wann an eine "Langversion" einer Episode aus der 1980´er Anwaltsserie "Matlock". Insgesamt ist mein Eindruck also eher durchwachsen, es gibt drei Sternchen und ein "unentschieden" als Empfehlung. Es wäre mehr drin gewesen in der Geschichte wenn....