Die Jagd (DVD) Testbericht

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Die-jagd-dvd
ab 14,00
Auf yopi.de gelistet seit 09/2013
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  anspruchsvoll
  • Romantik:  niedrig
  • Humor:  kein Humor
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von LilithIbi

"Es hat nicht den Anschein... oder?"

5
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  anspruchsvoll
  • Romantik:  niedrig
  • Humor:  kein Humor
  • Spannung:  spannend
  • Altersgruppe:  ab 12 Jahren
  • Meinung bezieht sich auf:  DVD-Version

Pro:

hohe Authentizität, überzeugende Darsteller, Intensität, regt sehr zum Nachdenken an

Kontra:

viel zu viele Zuschauer, die gegen die Aussage immun bleiben (wollen)

Empfehlung:

Ja

Es gibt Filme, über die man lange Zeit diskutieren, grübeln oder schlicht und ergreifend unaufhörliche Tränen vergießen kann. Allzu oft mag man eingreifen, die Leute fragen, was zur Hölle in ihnen vorgeht, derartig zu agieren, wie sie es eben tun ~ und sich dennoch selbst nicht sonderlich sicher ist, wie man sich eigentlich selbst verhalten würde.

Die Jagd


ist ein dänischer Spielfilm von Thomas Vinterberg aus dem Jahr 2012, der tief unter die Haut geht, verstört, nachhallt und manchen Zuschauern die Chance gibt, endlich zu erkennen, wie falsch (insbesondere vorschnelle wie totalitär kopflose) Verurteilung, Selbstjustiz wie Verleumdung seit jeher waren, sind und fatalerweise wohl auch bleiben.

Allzu große Hoffnungen hege ich offen gestanden diesbezüglich jedoch nicht, könnte ich persönlich ad hoc mindestens 4 Personen benennen, die die ersten währen, die mit (metaphorisch oder gar tatsächlich) brennenden Fackeln vor der Tür eines vermeintlichen Kinderschänders stünden.

Lucas (Mads Mikkelsen) erlebt in November eines unbestimmten Jahres diesen Alptraum am eigenen Leib. Noch bis November fühlt sich der Protagonist von „Die Jagd“ in seinem Job als Kindergärtner wohl, kommt mit der Trennung von Frau und Sohn Marcus (Lasse Fogelstrøm) Dank seiner stets zu ihm haltenden Freunde zurecht und kann sich stets auf seinen besten Kumpel Theo (Thomas Bo Larsen) verlassen.
Doch nur wenige Tage später kippt die Idylle Dank der zaghaften Anschuldigung der fünfjährigen Klara (Annika Wedderkopp), Lucas hätte ihr sein Geschlechtsteil gezeigt, welches „nach oben“ ragte.

Dem aufmerksamen Filmgucker ist bereits an dieser Stelle klar, welche Details für diese erfundene Anklage ihren Dienst taten, warum Klara Lucas auf einmal „doof“ findet, was dahinter steckt und warum Klara sich auf eben jenes Bild berief. Im Film selbst hingegen macht sich niemand die Mühe, Lucas selbst zu befragen oder gar nur darüber zu informieren, was genau ihm vorgeworfen wird.
Kindergartenleiterin Grethe (Susse Wold) mag es nur gut gemeint haben, in dem sie hypersensibel reagierte, hierbei jedoch einen „Fehler“ nach dem anderen begeht. Schon bei der Befragung, die der spontan herbeigerufene und keinesfalls als Spezialist auf diesem Gebiet agierende Ole wird Klara - wenn auch - versehentlich immerfort in die „gewünschte“ Richtung gedrängt, die sie die Anschuldigung schließlich wiederholen lässt, um endlich den Raum verlassen zu dürfen.

Man mag darüber geteilter Meinung sein, wie richtig oder doch eher rufmordend es sein mag, im direkten Anschluss sämtliche Eltern über den eventuellen Missbrauch zu informieren. Mit der Entscheidung, dass Lucas ein paar Tage Urlaub nehmen sollte, gehe ich konform ~ den alamierenden Anruf bei Lucas' Exfrau hingegen, welche daraufhin den Kontakt zu dem gemeinsamen Sohn verbietet, stelle ich hingegen überaus in Frage.

„Die Jagd“ hebt sich meiner bisherigen Filmkenntnis von diversen Vergleichswerken, in denen einem resozialisierten einstigen Täter keinerlei Chance mehr gegeben wird, irgendwo Fuß zu fassen, dahingehend ab, dass er deutlich beweisführt, dass es für manche Mitmenschen im Grunde genommen gar keine Rolle zu spielen scheint, ob jemand schuldig oder unschuldig ist. Oder gar niemand so recht weiß, was sich überhaupt ereignet haben soll.
Getreu dem Motto „Im Zweifel gegen den Angeklagten“ wandeln sich die besten Freunde von gestern in die brutalen Schläger von morgen ~ Szenen von überraschend brutaler Gewalt finden in „Die Jagd“ ebenfalls ihren Platz wie emotionale Zusammenbrüche diverser Personen.

Zugegeben ~ die Reaktion auf die Offenbarung Grethes, das Lucas von einem Schutzbefohlenen eines sexuellen Übergriffs beschuldigt wird, wirkte auch auf mich nicht sonderlich überzeugend in seiner Unschuld. Knackpunkt an eben jenem Aspekt jedoch die große Gretchenfrage: ist es überhaupt möglich, in solch einer Situation glaubhaft unschuldig zu wirken?

Über den weiteren Verlauf der Handlungsreihe mag ich an dieser Stelle nichts mehr offenbaren, lebt das Drama vorrangig durch den absoluten Überraschungseffekt, wenngleich ein jeder sich wird ausmalen können, ob und wie in etwa Lucas Stück für Stück zerstört wird.

„Die Jagd“ geht von Anfang bis Ende tief unter die Haut, lässt eine Gänsehaut nach der anderen entstehen, den Zuschauer vereinzelt zusammenzucken oder gar vor Mitgefühl innerlich zerreißen.

Spätestens in der ungefähren 50.ten Spielminute renkte ich mir überdies beinahe den Unterkiefer aus, war, bin und bleibe ich vollumfänglich fassungslos über die mütterliche Reaktion, welche ich hier erleben durfte.

„Massenhysterie“ ist nur eines der Schlagworte, mit denen der Zuschauer hier ohne Zurückhaltung konfrontiert wird. So sehr auch ich die Angst der Eltern nachvollziehen kann, schockiert mich die überbordende, kopflose Reaktion der Gemeindemitglieder. Gleichwohl zeigt „Die Jagd“ auf, wie schmal der Grad zwischen Sensibilisierung und einem gewissen „Übereifer“ sein kann, während das für mich erschreckendste an der authentischen Umsetzung ist, wie rasch der Mensch zu Gunsten seiner Gewaltbereitschaft respektive Hass seine bisherigen ausschließlich positiven Gefühle für einen Mitmenschen begräbt.

Nur wenige beteiligen sich nicht an der Hetzjagd, halten (sehr) vereinzelt nach wie vor zu Lucas, während sich die Ereignisse immer weiter zuspitzen. Auf perverse psychologische Betrachtungsweise mag es durchaus interessant wie faszinierend sein, wie rasch Menschen sich „gegen“ etwas vereinigen, wie vehement sie gemeinschaftlich „gegen“ etwas oder jemanden vorgehen, während im Umkehrfall hingegen allzu oft jemand für sich alleine kämpfen muss.

„Die Jagd“ brilliert nicht zuletzt Dank der grandiosen Darstellerleistungen, so dass man die ganze Zeit über vergisst, einer quasi erfundenen, auf einem Drehbauch basierenden Abfilmung gegenüberzusitzen. Der Realismus ist meines Erachtens nach höchstmöglich, gleichwohl ich persönlich Dank der

DVD Ausstattung

die ein oder andere entfernte Szene ein noch besseres Verständnis für die finale Wendung bekam. Insgesamt vier Szenen wurden schlussendlich entfernt, während ich persönlich definitiv „Theos schwere Stunde“ im Hauptfilm belassen hätte. Erahnbar bleibt, dass jene Szene nicht zuletzt Dank des dortig stattfindenden Monologs darüber, das Lucas im Gefängnis blühen könnte, aus der Befürchtung heraus, eine höhere FSK-Einstufung erhalten zu können, entfernt wurde.

Das alternative Ende unterscheidet sich zugleich nur geringfügig wie im Resultat doch gravierend von demjenigen, für welches sich die Macher schließlich entschieden. Man könnte sagen, dass das tatsächlich verwendete eher psychisch, das andere eher physischer Natur ist ~ gewaltig in jedweder interpretierbarer Hinsicht sind de facto beide für sich.

Zu guter Letzt bietet die DVD Interviews mit dem Regisseur wie auch dem Hauptdarsteller sowie einer Trailershow, während man in Bezug auf Bild und Tonqualität zu keiner Zeit klagen kann. Lediglich der ausschließlich auf deutsch vorliegende Untertitel wurde wie so oft recht freizügig dargeboten, so dass man hier und dort sogar kleine Sinn-Unterschiede in den getroffenen Aussagen vorfinden kann.

So oder so: die DVD erhielt ich als Leihgabe über Lovefilm, werde sie mir bei nächster Gelegenheit jedoch umgehend „nach“kaufen.

Summa summarum


wurde ich auf „Die Jagd“ dank deines gesichteten Trailers aufmerksam und war bereits bei jenem Filmauszug völlig gebannt, erstarrt wie von einem ungemütlichen Beklemmungsgefühl erfüllt. Dieser Zustand sollte sich während der erfolgten Sichtung des knapp 115 minütigen Dramas noch intensivieren, so dass ich förmlich Zeit und Raum um mich herum vergaß.

Erwähnenswert durchaus, dass ich mit dem Verlauf der letzten Minuten, dem Ist-Zustand des Neujahres, im ersten Augenblick durch die Bank konsterniert gestimmt wurde. Wie bereits erwähnt gibt es zwei verschiedene Enden, während man sich über den ausgewählten weiterhin streiten mag, ob die Schlussszene womöglich auf greifbarer Paranoia basiert. Alle drei Varianten sind meines Erachtens nach stichhaltig; dessen ungeachtet die versuchte Schwamm-drüber-Mentalität ohnehin kaum zufriedenstellend hätte sein können.

12 Bewertungen, 3 Kommentare

  • Miraculix1967

    09.09.2013, 19:07 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: besonders wertvoll

    Eindeutig BW! WWW = Wundervolle Wochenstarts-Wünsche! LG aus dem gallischen Dorf Miraculix1967:-)

  • bella.17@live.de

    09.09.2013, 14:13 Uhr von [email protected]
    Bewertung: sehr hilfreich

    Grüße Annabelle.

  • Little-Peach

    09.09.2013, 12:42 Uhr von Little-Peach
    Bewertung: besonders wertvoll

    bw :))