Equus - Blinde Pferde Testbericht

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ab 5,60
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  wenig
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von LilithIbi

„Das übliche Unübliche.“

4
  • Action:  wenig
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  spannend
  • Altersgruppe:  ab 16 Jahren
  • Meinung bezieht sich auf:  DVD-Version

Pro:

Darsteller, Inhalt an sich; Umsetzung

Kontra:

ist vielen Zuschauern vermutlich zu ruhig

Empfehlung:

Ja

Ein Theaterstück auf die Filmleinwand umzudichten fällt sicherlich nicht immer leicht ~ ein Aspekt, den man sich hinsichtlich des im Jahre 1977 unter der Regie von Sidney Lumet entstandenen Psycho-Dramas ähnlich vor Augen halten mag wie die Entstehungszeit an sich.

bdquo;Equus – Blinde Pferde&ldquo mag vor rund 35 Jahren deutlich mehr Zuschauer verstört oder gar entsetzt haben, als es das 132minütige Leinwandspektakel heutzutage Dank der stetig voranschreitenen Abstumpfung der Menschheit noch zu erreichen schafft. Möglich auch, dass ein Gross der Zuschauer die etwaige Anstößigkeit durch Sodomie wie Blasphemie gar nicht erst als solche erkennt.

Andeutungen, Bildgewalten, Metaphern wie tiefschürfende Phrasen finden sich in dem psychologisch hochgradig ansprechenden wie nicht minder interessanten Film zuhauf, während Fans von profanen Action- respektive Unterhaltungsfilmen eher enttäuscht werden dürften.

Die zentrale Tat seitens des 17jährigen Stallbuschen Alan Strang (Peter Firth), der diesen in die Obhut des Psychiaters Martin Dysart (Richard Burton) befördert, stellt im Grunde genommen zwar den Dreh- und Angelpunkt der Ereignisse darf, spielt jedoch im gesamtergebnis eher eine untergeordnete Rolle. Überraschend fies erschienen mir persönlich umso nachwirkender die wenigen Sekunden inmitten der Rückblende, in denen tatsächlich zu sehen ist, wie Alan diversen Pferden mit einer Sichel die Augen aussticht.

Bemerkenswert de facto an „Equus“ die Erzählweise des Szenarios:
Martin Dysart selbst ist es, der das Wort an den Zuschauer höchstpersönlich richtet, hierfür direkt in die Kamera spricht und bereits in den ersten Sekunden ob der Natur des Monologs meine höchste Aufmerksamkeit genießen konnte. Worte wie

„Welchen Nutzen hat Trauer... für ein Pferd? Sie sehen, ich bin verloren.“

irritieren zunächst, alldieweil sie sich im direkt folgenden Verlauf nach und nach aufklären, erklären, unter die Haut gehen und wieder und wieder gehört werden möchten, um sie vollends (be-) greifen zu können.
Nur wenige Momente später beginnt „Equus“ wie ein herkömmlicher Spielfilm, verlagert seine Handlungsplätze jedoch nur selten außerhalb der psychiatrischen Anstalt. Mittels eines Tonbands, therapeutischen Gesprächen nebst Hypnose blickt der Filmgucker oftmals zeitgleich mit Dr. Dysart in die Vergangenheit Alans, während wenige Besuche in dessen Elternhaus (Colin Blakely sowie Joan Plowright) und Arbeitsplatz weitere Lücken zu schließen versuchen.

Dass, was sich hier Stück für Stück zusammenfügt, ist einerseits starker Tobak und durchweg anspruchsvoll; andererseits gibt sich „Equus“ offenkundig keine große Mühe, dem Zuschauer Analysen, Erklärungen und Denkanstöße förmlich in den Schoss zu werfen. Die Verbindungen, die es hier zu knüpfen gilt, werden vielmehr lediglich angedeutet; wenngleich ich mich doch sehr täuschen müsste, sollte die sexuelle Komponente von mehr als einer handvoll uninteressierter Gucker übersehen werden.

„Equus“ nimmt weder ein Blatt vor den Mund, noch geizt es mit diversen Sinn(lichen)Bildern der Natürlichkeit. Der Besuch eines Pornokinos wird hier in Bezug auf die jugendlichen Besucher Alan und Jill Mason (Jenny Agutter) genauso harmlos dargeboten, wie es zugleich auf der Hand liegt, mit welcher (falschen) Scham Erwachsene sich in die gleiche Kino-Vorstellung schleichen. Nackte Haut hält „Equus“ ebenfalls parat ~ und wirkt trotz der grausigen wie psychisch krankhaften Ereignisse keineswegs beschämend oder gar nur verurteilend.

Die stilisierte psychoanalytische Theatervorlage seitens Peter Shaffer unterscheidet sich zweifelsfrei von den üblichen Filmproduktionen, agiert vor allem ruhig, behände und ohne erkennbare Höhepunkte. In der Tat bleibt die Spannung konstant, gipfelt hier und dort naturgemäß in weiteren Bekenntnissen, Informationen wie Einsichten sämtlicher Beteiligter ~ die Frage, wer schlussendlich den eigentlichen erstrebenswerten Gemütstzustand inneträgt, lässt mich als Zuschauer auch Tage nach der Sichtung nicht mehr los.

So befremdlich vieles, was Alan umgibt, sich anfühlen mag, so sehr kann ich mich dennoch in gewisse Gefühlsebenen hineinversetzen ~ ein Verdienst, der sicherlich der Umsetzung zu verdanken ist.

Kleinere humorvolle Zwiegespräche wie

~ „Der Staat bezahlt Ihnen 50 Pfund die Stunde dafür, dass Sie sich mit mir abgeben, hab ich unten gehört.“
~ „Dann geh doch wieder runter. Vielleicht hörst du noch etwas anderes.“

lockern die Atmosphäre hier und dort auf; was meines Erachtens nach auch dringend notwendig wurd, um den Betrachter des Dramas nicht zu sehr zu fordern. „Equus“ stellt meines Eindrucks nach sicherlich keinen Beitrag dar, den man sich wieder und wieder und darüber hinaus in kurzen Zeitabständen erneut ansehen wollen wird. Die Wirkung, die Intensität, die geistige Beanspruchung ist hierfür viel zu gewaltig, um als bloßes Unterhaltungsprogramm dienen zu können.

Ebenso wenig eignet sich die Publikation für zuschauerliche Stimmungen mitsamt des bloßen berieseln-lassen-Wunsches. „Equus“ zieht einen jeden, der sich auf das Werk einlässt, automatisch vollends in seinen Bann ~ das, oder aber der Zuschauer langweilt sich in den Schlaf hinein.

===Die DVD an sich=== bietet das, was man von in Bezug auf die Erstveröffentlichungszeit erwarten sollte; sprich: keinerlei Bonusmaterial. Ausschließlich der '''trailer''' ist bei Bedarf zu bewundern; Punkte sammelt die Silberscheibe immerhin durch die überraschend große Sprachauswahl in deutsch, englisch, französisch, italienisch und spanisch ~ allesamt in Mono zwar, doch der Qualität tut dies meines Empfindens nach keinerlei Abbruch.

Den kleinen Druckfehler auf der DVD-Rückseite („Französisc“) verzeihe ich durchaus, besticht die Ausstattung weiterhin durch insgesamt 9 wählbare Untertitel.

Die Frage, warum aus dem gesprochenen Wort „Klinkelkankel“ im gleichsprachigen Untertitel ein „Klingeldiklongel“ werden musste, wird mir indes vermutlich niemand mehr beantworten können.

Vermutbare Abstriche in der Bildqualität konnte ich persönlich nicht feststellen ~ brillant sich zwar durchweg etwas anderes, doch in Anbetracht des Alters kann hier niemand ernsthaft Kritik üben wollen.

Mit der FSK16 Einstufung gehe ich erneut absolut konform.

===Summa summarum=== bin ich absolut zufällig auf „Equus“ aufmerksam geworden, hatte kurz vor der Anforderung über Tauschticket.de noch nie etwas von dem Werk gehört, gesehen oder gelesen. Ad hoc bewusst war mir ob des Inhalts, dass ich mir einen innerlich wie äußerlich ruhigen Abend auserkoren wollen würde, um mir das profunde Werk zu Gemüte zu führen.
Nicht zuletzt die Darsteller sind es, die „Equus“ so authentisch, nachvollzieh- wie fühlbar machen, während der Erzählstil an sich direkt ins Mark des Zuschauers frisst.

Obschon an eigentlicher Handlung nicht viel geboten wird, überzeugt die unnachahmliche Poesie umso mehr, um mich zu einer vollen Punktevergabe zu bewegen. Die Entscheidung, sich die DVD einmalig zu leihen oder stattdessen direkt ins heimische Regal ordern zu wollen, kann, will und werde ich dessen ungeachtet niemanden abnehmen wollen.

12 Bewertungen, 3 Kommentare

  • Lucky130

    04.04.2013, 10:51 Uhr von Lucky130
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH & viele Grüße!

  • Golf1Susy

    03.04.2013, 23:37 Uhr von Golf1Susy
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH & LG Susy

  • mausi1972

    03.04.2013, 13:20 Uhr von mausi1972
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele Grüße Marion