freundin Testbericht

Freundin
ab 24,85
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Summe aller Bewertungen
  • Informationsgehalt:  durchschnittlich
  • Qualität der Artikel & Reportagen:  gut
  • Qualität der Bilder und Fotos:  gut
  • Unterhaltungswert:  gut

Erfahrungsbericht von numibien

Küche, Konsum und Kommerz

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Beim Durchblättern der Frauenzeitschrift freundin wird mir der Eindruck vermittelt, daß redaktioneller und Werbungsteil kaum zu trennen sind. Immer wieder finden sich in der unmittelbaren Umgebung von Mode-, Schönheits- oder Haushaltsbeiträgen, die mit Kaufpreisen und Bezugsquellen versehen sind, die Werbebeiträge von Bekleidungs- und Kosmetikfirmen sowie über Haushaltsartikel. Natürlich finden sich auch Anzeigen, die nicht im redaktionellen Kontext stehen.

Bekanntermaßen sind Massenzeitschriften Werbeträger, die speziell für Produkte werben, die von Frauen gekauft werden. Daher kann ich feststellen, dass hier eine Verflachung und Anpassung des inhaltlichen, redaktionellen zum werblichen Umfeld erfolgt. Der realitätsferne Charakter der werblich gezeichneten Rollen-Leitbilder wird in spezifischer Weise am Frauenbild deutlich. Familiäre Beziehungen sind harmonisch und konfliktlos, Arbeitsrollen werden kaum dargestellt. Wenn die Frau allerdings im häuslichen Bereich gezeigt wird, dann in einem sogenannten modernisierten, kaum an Hausarbeit erinnernden Bild.

Schon durch den Titel freundin wird mir ein Freundinnen-Image vermittelt, bei dem ich in einer vertrauensvollen Form zu den Bereichen Mode, Haushalt und Schönheit angesprochen werde. Immer wieder ist es die Freundin, die hilfreiche Winke und Tipps gibt.

Mit der Zunahme der fortschreitenden Technik verringerten sich die im Hause anfallenden Arbeiten. Bei meiner Betrachtung der Inhaltsverzeichnisse der freundin fällt jedoch der verhältnismäßig hohe Anteil auf, der sich dem häuslichen Tätigkeitsfeld zuwendet. Die immer wieder neu zu erlernenden und mit neuem Arbeitsaufwand zu erstellenden Gerichte sollen wohl eher den Absatz der Konsumgüter fördern, denn diese ständigen Variationen von Rezepten könnten auch durch 1 bis 2 Kochbücher ersetzt werden.

Berufstätigen Frauen ist es schwer, wenn nicht gar überhaupt nicht möglich, eine perfekte Hausfrau zu sein. Das Bild der Hausfrau in der Zeitschrift freundin hingegen ist eine strahlende, muntere, jugendliche, attraktive Hausfrau und nicht die rastlose, geplagte.

Die Schaffung einer behaglichen Atmosphäre in der Familie liegt meines Erachtens thematisch im Vordergrund. Den damit zusammenhängenden weiteren Aufgaben der Kindererziehung ist wenig Raum gegeben. Die Institution Familie wird nicht kritisiert, sondern die Absicht der freundin besteht darin, diese zu stabilisieren. An der Pflicht der Frau zu der auch heute noch minderwertig beurteilten Hausarbeit wird keinerlei Kritik geübt.

So scheinen den Hausfrauen heutzutage neue, sogar noch differenziertere Funktionen zuzukommen. An dem Ideal, die Frau gehört ins Haus, wird nach meiner Auffassung nicht gerüttelt. Schlankheits-Diäten, Blumenpflege und das Einrichten der Wohnung: Der immer neu variierte Haushalt scheint das Ideale darzustellen, wenn sämtliche Ratschläge berücksichtigt werden. Die Hausfrau der heutigen Tage soll alles in der Wohnung neu erscheinen lassen, umgruppieren oder tatsächlich erneuern.

Immer wieder ist hierbei aber auch die Ausrichtung auf den Mann zu sehen. Die freundin hat für alle auftretenden Probleme ihre Antworten parat. Besonderes Gewicht bekommen diese Beiträge durch neutrale Psychologen-Aussagen oder Statistiken von Umfrage-Instituten. Nach meinem Standpunkt entgeht die Zeitschrift somit der Notwendigkeit, zu offenkundigen Konflikten der Frau Stellung zu nehmen und gegebenenfalls traditionelle und allgemein anerkannte Normen infrage zu stellen.

Wie auch in anderen Themenbereichen kann den Leserinnen eingeredet werden, Probleme seien grundsätzlich lösbar, und sei es nur durch den Rat, eine angepaßtere Haltung einzunehmen. Daß Liebe- und Eheprobleme in allen Problemstellungen einen solch breiten Raum einnehmen, steht mit der Grundhaltung der Zeitschrift im Einklang, nämlich das Ziel des Frauenlebens vor allem in einer glücklichen Ehe zu sehen. So wird für mich hier ein durchgehendes Bild erkennbar, dass sich darin äußert, Antwort auf Fragen zu erhalten, wie man eine Ehefrau wird (durch einen – errungenen – Mann!) und wie man es bleibt (durch einen – richtig behandelten – Mann!).

Die einzelnen Themenstellungen sind hierzu unerschöpflich. So werden allgemeine Probleme zum Umgang mit dem anderen Geschlecht und zur Frage der Partnerwahl, dazu das Verhalten in der Ehe, Ehekrisen, schließlich noch Fragen der Sexualität und Empfängnisverhütung behandelt.

Die Berufssphäre wird in immer noch erstaunlich geringem Maße als Identifikationsbasis für die weiblichen Leserinnen herangezogen. An der Doppelbelastung, der Mütter ausgesetzt sind, wird keinerlei Kritik geübt, im Gegenteil! Jede Leserin, der es nicht gelingt, mühelos Beruf und Familie zu verbinden wie die dargestellten Vorbildfrauen, wird ihr Versagen als subjektiv und nicht als objektiv Bedingtes auffassen.

So wird der Arbeitsplatz zum Männereroberungsplatz, und die Vorteile der Berufstätigkeit für Frauen erschöpfen sich in der Möglichkeit, mehr Kosmetik, Kleidung etc. kaufen zu können. Das Arbeitslosenproblem wird in der freundin nicht als generelles Problem dargestellt, da die Rolle der Frau hier in erster Linie durch ihren Platz in der Familie bestimmt wird.

Die neue Rolle der Frau als Konsumentin ist für mich auch in dieser Zeitschrift offensichtlich, wenngleich in unserem Wirtschaftssystem jeder dem Konsum unterworfen ist. Doch ist die Meinungsführer-Position der Frauen im Konsum unbestreitbar, insbesondere für die Bereiche von Haus und Haushalt, aber auch für Mode, Schönheit, Nahrungsmittel etc. Dies wiederum bewirkt einen erhöhten Zeitschriftenbedarf, und somit auch der Frauenzeitschrift freundin.

Die Auflagenentwicklung der freundin zeigt, daß sie die von ihr erwarteten Funktionen erfüllt. Sie bezieht sich meiner Meinung nach auf bereits vorhandene, anerkannte Grundmuster von Rollen und sozialen Vorurteilen. Die Emanzipation der Frau erscheint mit Hilfe bestimmter Waren realisierbar bzw. bestimmte Waren lassen den Eindruck verwirklichter Emanzipation erscheinen.

Ich meine, daß Berufstätigkeit nicht mit Emanzipation gleichgesetzt werden soll, sie bedeutet nur wirtschaftliche Unabhängigkeit und Stärkung des Selbstbewusstseins. Aber speziell die Berufstätigkeit der Frau sollte thematisch in einer Frauenzeitschrift an vorrangiger Stelle stehen, damit Teile der Gesellschaft – bildlich gesprochen - nicht außer Trott fallen.

26 Bewertungen, 3 Kommentare

  • morla

    11.12.2005, 00:17 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • DrDuke

    20.05.2002, 13:01 Uhr von DrDuke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Dafür das es dein erster Bericht ist wirklich gut

  • woman

    18.05.2002, 01:37 Uhr von woman
    Bewertung: sehr hilfreich

    Glückwunsch zum erfolgreichen Start :-)