Vier Brüder (DVD) Testbericht

****************************
Die Story:
****************************
Evelyn Mercer ist erschossen worden. Es sieht aus wie ein Zufallsverbrechen, sie scheint zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein – in einem kleinen Nachbarschaftsladen just zu der Zeit, als der überfallen wurde.
Evelyn Mercer hat vier erwachsene Söhne – zwei schwarze und zwei weiße, die alle adoptiert und alle zum Zeitpunkt ihrer Adoption so „vermurkst“ waren, dass niemand sonst sie aufnehmen wollte.
Bobby ist der erste, der Evelyns Mörder finden will. Seine Brüder haben größere Skrupel, aber nur Jeremiah, der selbst Familie hat, will die Sache am liebsten der Polizei überlassen. Schließlich wäre Evelyn die erste gewesen, die dem Mörder vergeben hätte.
Doch die Brüder nehmen ihren Feldzug auf, und bald finden sie heraus, dass Evelyn kein Zufallsopfer war. Im Gegenteil: Sie ist korrupten Politikern zuleibe gerückt und hat sie sich zu Feinden gemacht. Und das nicht ohne Grund, denn Jeremiah hat Probleme mit denselben Leuten.
Nachdem sich herausstellt, dass auch die Polizei korrupt ist und zwischen Polizei, Politikern und Gangsterbanden kaum unterschieden werden kann, nehmen die Brüder das Recht in die eigenen Hände ...



****************************
Anmerkungen zum Film:
****************************
Ich muss gestehen, in den ersten Minuten war ich fasziniert von dem Film. Zugegeben: Er war von Anfang an brutal. Aber es gab ein wohltuendes Gegengewicht dazu, nämlich die zutiefst menschliche Figur der Evelyn Mercer – einer Frau, die vier kriminelle Jungen adoptiert hat, die sonst keiner haben wollte, eine Frau, die ihren Mördern als erste vergeben hätte – so wird sie im Film charakterisiert. Und man ist geneigt, dieser Frau am liebsten alle kriminellen Kids der Welt zu geben, damit sie sie – ebenso wie ihre vier – zu anständigen Menschen erziehen kann.
Vor diesem Hintergrund konnte ich dann auch die gut geschnittenen Filmsequenzen genießen, die rhythmische Filmsprache, die guten darstellerischen Leistungen und den schönen Kontrast zwischen den Figuren der vier Brüder.
Aber leider stellte sich die anfängliche Botschaft des Films als trügerisch heraus. Denn immer mehr übernimmt Selbstjustiz und Rache, und zwar beides ohne jedes Maß, die Leitlinie des Films. Auch das könnte ich ja noch akzeptieren, wenn der Film sich davon an irgendeinem Punkt distanzieren würde – aber genau das Gegenteil geschieht: Die Welt des Films ist wieder in Ordnung, als die Brüder am Ende den Mörder ihrer Mutter umgebracht haben. Davon, dass sie auf dem Weg dorthin selbst zu Mördern geworden sind (und das nicht nur am großen Bösewicht, Evelyns Mörder, sondern auch an kleinen Lichtern im kriminellen Gefüge, deren größtes Verbrechen zum Teil einfach in Feigheit zu bestehen scheint).
Meine Frage an den Film bleibt daher: Wie hätte wohl Evelyn, so wie sie zu Beginn des Films charakterisiert wurde, auf dieses Ende reagiert? Ich wette, sie hätte es nicht als Erfolg angesehen, ihre Adoptivsöhne zu Männern zu erziehen, die Selbstjustiz üben und dabei noch jedes Maß überschreiben und so am Ende nicht besser sind als Evelyns Mörder!

Vor diesem Hintergrund halte ich die Altersfreigabe ab 16 Jahren (in Deutschland) für noch zu niedrig. In meinen Augen ist dieser Film eindeutig gewaltverherrlichend (im Gegensatz zu anderen Filmen, die brutal sein mögen, aber in ihrer Botschaft doch häufig Gewalt verurteilen) und sollte daher keine Jugendfreigabe erhalten.



****************************
Anmerkungen zur Filmcrew und den Darstellern:
****************************
Der farbige Regisseur John Singleton gilt als einer der Regie-Shootingstars in Amerika. Ich kann das ein Stück weit nachvollziehen – seine Bildsprache ist schon beeindruckend. Aber wenn er sein Talent in den Dienst von Filmen wie diesem stellt, die eine menschenverachtende Botschaft vermitteln, dann würde ich mir wünschen, er wäre weniger begabt!
Über die Hauptdarsteller, Mark Wahlberg, Tyrese Gibson, Andre Benjamin und Garrett Hedlund, die die vier Brüder spielen, kann ich euch relativ wenig sagen. Der vermutlich bekannteste von ihnen ist Mark Wahlberg, doch auch er hat in seiner schon recht umfangreichen Filmografie ganz überwiegend Filme stehen, von denen ich zwar gehört, die ich aber nicht gesehen habe.
Nichtsdestotrotz ist die darstellerischer Leistung aller vier Darsteller gut bis sehr gut, auch hier mit der Einschränkung, dass ich mir wünschen würde, dass sie ihr Talent nicht in den Dienst solcher Filme stellen sollten!



****************************
Die DVD-Ausstattung:
****************************
Technische Daten:
Bildformat: 16:9
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Spieldauer: 104 min.
FSK 16


Der Film liegt auf der DVD in englischer Originalsprachfassung sowie deutscher und türkischer Synchronfassung vor. Untertitel gibt es außer für Englisch, Englisch für Hörgeschädigte, Deutsch und Türkisch auch noch für Arabisch, Dänisch, Finnisch, Holländisch, Norwegisch und Schwedisch.


„Special Features“:
Die “Special Features” sind alle auf Englisch, bieten allerdings deutsche Untertitel an.

„Kommentar von Regisseur John Singleton“:
Das ist der Audiokommentar zum Film. Er ist natürlich auf Englisch, noch dazu in einem Englisch, das vielleicht für Leute mit geringen Englischkenntnissen nicht so leicht zu verstehen ist, da John Singleton sich zwar bemüht, deutlich zu sprechen, aber gelegentlich kommt Slang und (vom Schulenglisch her) ungewohnte Aussprache durch. Außerdem spricht er immer wieder schnell und verschluckt dabei auch Silben.
Untertitel stehen für Deutsch und Englisch zur Verfügung.
Der Kommentar ist eigentlich erstaunlich gut, John Singleton spricht über alles, was interessant ist, etwa über die Gründe für die Auswahl der Besetzung und der Locations, über dramaturgische Aspekte und über sein Herangehen an die Regiearbeit, und er erzählt auch Anekdoten über den Dreh. Trotzdem habe ich damit meine Schwierigkeiten, weil der Regisseur offenbar auch nach mehrmaligen Ansehen nicht bemerkt, wie sehr er in seinem Film Gewalt verherrlicht – und wie sehr er damit dem Geist von „Miss Evelyn“, der Übermutter der Hauptfiguren, unrecht tut!

“Das Design von ,Vier Brüder’” (10’06):
Die Themen, um die es hier geht, gehören nicht zu meinem Fachgebiet: Location- und Kostümdesign. Es geht also um den Look des Films. Trotzdem fällt mir auf, dass ich einige der Aussagen schlicht nicht nachvollziehen kann, etwa die, dass der Film an einen Western erinnern sollte, was er für mich an keiner Stelle tut. Mal ganz abgesehen davon, dass die meisten Western trotz aller Gewalt, die darin vorkommt, meistens doch keine so gewaltverherrlichende Botschaft haben. Im Gegenteil: Ziemlich häufig ist es in Western so, dass der Held der Gewalt zu Beginn der Geschichte abgeschworen hat und erst durch die „Bösen“ aufs Brutalste dazu gezwungen werden muss, wieder zur Waffe zu greifen. Die Mittel des Helden sind dort in der Regel erheblich weniger brutal als die seiner Gegner. Und das wird hier auf den Kopf gestellt.

„Die Herstellung von ,Vier Brüder’“ (10’54):
Diesmal geht es – trotz des irreführenden Titels – im Kern um mein Fachgebiet, nämlich um das Drehbuch. Dabei fällt auf, dass die beiden Autoren viel übers Drehbuchschreiben und Dramaturgie wissen und das auch gut umgesetzt haben. Umso erschreckender, dass trotzdem ein derart menschenverachtender Film daraus geworden ist. Und noch erschreckender, dass er Regisseur in diesem Feature sagt, dass Gewalt zwar im richtigen Leben niemals akzeptabel ist, im Film aber viel bewirken kann. Damit verleugnet er, dass es gerade Jugendliche geben kann, die diesen Film als Vorbild nehmen und die Gewalt ins richtige Leben übertragen. Und gerade das macht den Film wiederum absolut jugendgefährdend und gewaltverherrlichend für mich.

„Hinter der Bruderschaft“ (9’30):
Hier geht es vor allem um die Figuren der vier Brüder und die Schauspieler, die sie darstellen, und ihre Meinung über ihre Figuren und die anderen Darsteller. Wer sich für den einen oder anderen interessiert, findet hier ein wenig Hintergründe.

„Schießerei im Mercer Haus“ (4’16):
In diesem Feature geht es schließlich um die wichtigste Actionszene des Films, es ist quasi ein Mini-Making Of zu dieser Szene.

„Entfernte Szenen“ (11’31):
Hier finden sich neun Szenen, die im endgültigen Film nicht oder erheblich kürzer enthalten sind. Obwohl auch diese Szenen keinesfalls den Film hätten retten können, finde ich es teilweise schade, dass man sie gestrichen hat, denn es sind immerhin Szenen, die die Brüder und ihren jeweiligen Hintergrund viel stärker charakterisieren, als das der übrige Film tut. Es würde also wenigstens der übrigen Brutalität etwas entgegen setzen.

„Original Kinotrailer“ (2’28):
Wie der Titel sagt: Der amerikanische Originaltrailer zum Film. Hier wird die brutale Philosophie des Films nur angedeutet, so dass ich immerhin noch eine akzeptable Gesamtaussage des Films oder einen Lerneffekt für die Brüder angenommen habe, als ich ihn (vor dem Film selbst) sah – leider erfüllt der Film nur die im Trailer gezeigte Brutalität und bietet keine weiteren Erkenntnisse.



****************************
Fazit:
****************************
„Vier Brüder“ ist ein Film, der mich mit seiner menschenverachtenden, gewaltverherrlichenden Botschaft entsetzt hat. Da lehne ich dann auch die gute Regie und Darstellung ab!
Die DVD ist günstig erhältlich (unter 10 Euro) und bietet dafür relativ umfangreiche Extras. Trotzdem kann ich sie definitiv nicht empfehlen!