Nicht auflegen! (DVD) Testbericht

"Nicht Auflegen!" ist kurz. Er ist sogar so kurz, dass man mit diesem Film definitiv keinen Abend füllen kann. Mit gerade einmal etwa 78 Minuten Laufzeit, wovon 4 dem Abspann gehören, gehört "Nicht Auflegen!" (Originaltitel: "Phone Booth") zu den Film-Erlebnissen, die man nicht lange genießen kann. Doch das muss ja nicht automatisch schlecht sein - ist es auch nicht. Der Film ist intensiv, geht unter die Haut und verschenkt keine Minute an Belanglosigkeiten. Es gibt keine ausführliche Einführung, die Charaktere werden auch nur flüchtig vorgestellt. Alles läuft sehr schnell ab, aber gerade das hilft dem Film enorm. Man wird, wie die Hauptperson, plötzlich in eine Situation geworfen, die sich keiner wirklich vorstellen kann. Aber sie erscheint trotzdem nicht unmöglich. Der Zuschauer fühlt sich - eben durch diese intensive Inszenierung - zeitweise schon fast in der Rolle des "Stu Shepard".


"Phone Booth" - Die Handlung


Stu Shepard (Colin Farrell) ist ein erfolgreicher und dynamischer PR-Berater. Um seine Karriereziele zu erreichen, geht er mit seinem Mitmenschen - ob geschäftlich oder privat - ziemlich gefühllos und falsch um. Auch bei seiner Frau Kelly (Radha Mitchell) macht er da keine Ausnahme.
Schon seit einiger Zeit betrügt er sie mit seiner heimlichen Geliebten, Pamela (Katie Holmes). Beide Frauen wissen natürlich nichts voneinander, aber Stu hat alles unter Kontrolle.
Damit seine Frau nichts von Pamela mitbekommt, hat er sich einen cleveren Plan einfallen lassen. Stu ruft Pamela täglich und immer zur gleichen Zeit, aus der selben Telefonzelle aus an.
Eines Tages, nachdem er ein solches Telefonat geführt hat, klingelt plötzlich kurz nach dem Auflegen das Telefon. Stu nimmt den Hörer ab - ein tödlicher Fehler. Am anderen Ende der Leitung, meldet sich ein Mann (Kiefer Sutherland), der Stus Leben gleich aus der Bahn werfen wird. Schon bald stellt sich heraus, dass der Anrufer Stu mit einem Scharfschützengewehr beobachtet. Was er will: Stu soll seine Sünden gestehen. Und schon bald macht er ihm klar: "Stu, wenn Du auflegst, werde ich Dich töten!"


"Phone Booth" - Meine Meinung zum Film


"Nicht Auflegen!" spielt die ganze Zeit an einem festen Ort - der Telefonzelle und auf der Straße, wo diese steht. Dadurch erzeugt der Film eine sehr beängstigende Atmosphäre. Wenn man Stu sieht, wie er in der Telefonzelle steht und nicht weg kann, dann bildet sich schon fast eine Stimmung der Klaustrophobie. Was die Atmosphäre noch mehr anzieht ist das Ungewisse. Wo befindet sich der Scharfschütze? In welchem Haus ist er? Dazu muss man noch sagen, dass der Film in New York spielt. Da gibt's viele Fenster, viele Möglichkeiten und Verstecke für solche Aktionen. Durch diese Punkte gelingt es "Phone Booth" den Zuschauer zu fesseln und in den Bann zu ziehen. Als Stu immer wieder die verschiedenen Fenster auf Bewegungen untersucht, schaut man als Zuschauer natürlich auch genau mit. Dabei denkt man sich immer wieder: "Vielleicht sehe ich ihn ja!"

Es gibt viele Leute, die eine Abneigung gegen Filme haben, die ausschließlich an einem Platz spielen. Das Prinzip von "Nicht Auflegen!" ist dabei aber etwas anders als beispielsweise bei "Open Water" oder "Frozen". Zwar befindet man sich auch hier fast nur an einem Platz, aber es passiert wesentlich mehr als es bei einem "Open Water" der Fall ist. Denn in "Nicht Auflegen!" sind auch andere Menschen mit von der Partie, die Stu und sein merkwürdiges Verhalten bemerken. Ob es die Prostituierten sind, die unbedingt telefonieren wollen oder - ohne jetzt zu viel verraten zu wollen - die Polizei, die sein Verhalten nicht versteht.
Der Zuschauer wird jede Sekunde mit sehr guten und - auch wenn der Film nur an einem Platz spielt - abwechslungsreichen Aufnahmen versorgt. Man verfolgt mit Spannung die Ereignisse. Ob es nun die von Stu in der Telefonzelle sind oder die, die auf der Straße passieren. Es ist zu jederzeit etwas los und man mekt dabei förmlich, wie tief Stu mehr und mehr in die Sache reingezogen wird. Denn die Ausmaße dessen was passiert, werden immer größer und man stellt sich oft die Frage, wie er aus der Sache wieder rauskommen soll - wie man selber aus so einer Situation wieder rauskommen könnte.

Was mir außerdem positiv aufgefallen ist, ist das der Film nicht völlig ohne Sinn und Verstand daherkommt. Doch dabei hat Joel Schumacher ("Falling Down") noch nie enttäuscht. "Nicht Auflegen!" hätte auch ein einfacher Film sein können, bei dem ein verrückter Serienkiller einen PR-Berater anruft und am Ende sich alles zum Guten wendet. Doch so funktioniert "Phone Booth" nicht und das freut mich. Ich will nicht zu viel verraten, aber man hat es hier nicht mit einem einfachen Verrückten zu tun, der aus Freude mordet - ihm gar langweilig ist. Stu soll einfach die Wahrheit sagen, seine Sünden gestehen. Das Scharfschützengewehr ist hier eher ein Mittel zur Demonstration. Der Anrufer ist Gott, kann alles mit Stu machen - damit demonstriert er es. Die Auflösung gegen Ende ist dann mehr als grandios und das Ende ist einfach - ich sag's mal so - "krass".

Ein weiter Pluspunkt des Films ist sein Bild. Nein, damit meine ich nicht die allgemeine Bildqualität und die Schärfe, sondern den Farbstil. Alle Farben sind in einem kühlen Blauton gehalten. Dieser Farbeffekt ist zwar nicht wirklich ausschlaggebend für die Qualität des Films und dessen Atmosphäre, aber der Film wirkt dadurch noch einmal um einiges kühler und - so würde ich jedenfalls behaupten - ernster.

Wo mich der Film etwas enttäuscht hat - ich habe es schon weiter oben angesprochen - ist die Laufzeit. Mit mageren 78 Minuten ist der Film schon arg kurz geraten. Doch als wirklichen Kritikpunkt, kann ich die Filmlänge nicht auflisten. Denn alle Fragen wurden geklärt, das Ende kam nicht plötzlich und - das ist das Wichtigste - er kann unterhalten. Es gibt doch nichts blöderes, wenn ein Film um die drei Stunden dauert und man sich 2 Stunden davon auf's Schlimmste langweilt.
Trotzdem sollte man "Nicht Auflegen!" nicht als phänomenale Filmperle sehen. Obwohl er so ziemlich alles richtig macht, ist er doch nichts weiter als ein kurzweiliger Film. Nach dem Ende, kann man noch kurz darüber diskutieren, aber dann war es das auch schon. Dabei sei aber noch einmal gesagt, dass "Phone Booth" kein hirnloses Popcorn-Kino ist.

Die Schauspieler, die den Film tragen, sind alle positiv zu erwähnen. Besonders überzeugen kann hier natürlich der Hauptdarsteller, Colin Farrell. Die Wandlung, die er im Film durchmachen muss, spielt er grandios. In seiner Person spührt man die Angst und das Ungewisse, vor dem was noch kommen mag. Ebenfalls sehr nett zu beobachten, ist die Wandlung der Person auf den Zuschauer. Während Stu, also Colin Farrell, am Anfang noch als unsympathisches und eingebildetes Ekel auftritt, verfliegt doch dieser Eindruck im Laufe des Films. Der Zuschauer hat mit jeder Minute ab dem Telefonat mehr Mitleid mit der Person.
Die anderen großen Schauspieler in dem Film sind Forest Whitaker und Kiefer Sutherland. Beide Schauspieler haben erst im Laufe des Films ihre Auftritte und sind nicht von Anfang an mit dabei. Forest Whitaker spielt einen New Yorker Polizeibeamten und Kiefer Sutherland beeindruckt den Zuschauer mit seiner Stimme, denn er ist der Anrufer. Beide liefern - soweit man das von Sutherland in der Rolle behaupten kann - eine sichere und gewohnt gute Darstellung ab. Sutherland kann hier zwar nicht - wie erwähnt - als Darsteller groß punkten, aber dafür spielt er den Anrufer fantastisch - seine Aussprache und Betonung ist klasse. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir der Ausschnitt: "This is exciting. You get to choose between them. Kelly. Pam. Kelly. Pam. BAM BAM!" Grandios gesprochen.
Trotzdem sind Whitaker und Sutherland aber nicht ganz auf dem Niveau von Farrell. Dies liegt jedoch auch daran, dass sie keine so großen Entfaltungsmöglichkeiten haben - Farrell kann ja besonders durch seine ganzen Sünden, die er gestehen muss, punkten.


"Phone Booth" - Die DVD, das Bild, der Ton und das dazugehörige Bonusmaterial


Bild- und Tonqualität:
Die DVD kann bildtechnisch absolut überzeugen. Die Bilder und Aufnahmen sind die ganze Zeit über scharf. Es wäre auch wirklich schade gewesen, wenn die sehr gute Optik des Films, mit einer schlechten Qualität ausgestattet wurden wäre. So kann man sich auf einen optimalen Sehgenuss freuen.
Auch die Tonqualität überzeugt. Die Gespräche sind die ganze Zeit über klar und deutlich zu hören. Der Film wurde entsprechend deutsch vertont. Die Synchronisation ist sehr gut und der Film ist mit bekannten Sprechern ausgestattet. Ich empfehle aber trotzdem die englische Tonspur, denn besonders bei diesem Film lohnt es sich. Kiefer Sutherland klingt hier im Originalton einfach teuflisch gut! Der Soundtrack hat mir auch gefallen! Dafür gibt's ein dickes Lob an Harry Gregson-Williams.


Das Bonusmaterial:


Die Extras sind bei "Nicht Auflegen!" recht dünn gehalten. Fans dürfte es sicher stören, denn außer einem 28 Minuten langen "Making of", gibt es nichts zu sehen. Zur hören gibt's aber noch was. So kann man den kompletten Film mit einem Audio-Kommentar von Joel Schumacher ansehen.
Das "Making Of" ist eine ganz sichere Sache und man bekommt in einer knappen halben Stunde noch einiges an Hintergrundwissen zum Film. Dabei kommen verschiedene mitwirkende Leute, wie etwa Joel Schumacher zum Wort. Das gute "Making Of" ist mit seiner Länge noch eine einigermaßen annehmbare Entschuldigung dafür, dass es hier sonst nichts gibt.


"Phone Booth" - Allgemeine Daten zum Film


Originaltitel: Phone Booth
Deutscher Titel: Nicht Auflegen!
Entstehungsland: USA
Entstehungsjahr: 2002
Laufzeit: ca. 78 Minuten
FSK: ab 16 Jahren

Regisseur: Joel Schumacher
Musik: Harry Gregson-Williams
Drehbuch: Larry Cohen
Producer: David Zucker, Gil Netter
Kamera: Matthew J. Libatique
Schnitt: Mark Stevens

Stu Shepard: Colin Farrell
Der Anrufer: Kiefer Sutherland
Captain Ramey: Forest Whitaker
Kelly Shapard: Radha Mitchell
Pamela: Katie Holmes


"Phone Booth" - Mein Fazit zu dem Film


Der Film ist schnell, intensiv und enorm spannend. "Nicht Auflegen!" ist dadurch perfekt für einen DVD-Abend geeignet. Dazu kommt, dass Joel Schumachers Film nicht völlig ohne Sinn und Verstand daherkommt und es steckt - auch wenn es stellenweise etwas überzeichnet ist - eine Botschaft dahinter. Doch das kennt der Zuschauer nicht anders von Joel Schumacher. Bereits in "Falling Down" hat er mit ähnlichen Mitteln gearbeitet.
Leider ist der Film mit 78 Minuten recht kurz geraten, auch wenn am Ende alles gut enthüllt wird - gilt deswegen auch nicht als richtiger Kritikpunkt. Die DVD an sich ist sehr enttäuschend. Die Extras sind nicht umfangreich und die allgemeine Aufmachung der ganzen DVD ist alles andere als gut. Es wirkt wie ein Film, der lieblos auf den Markt geworfen wurde - einzig Bild und Ton können überzeugen.
Am Ende kann man nur sagen, dass der Film beim ersten und auch zweiten Anschauen wirklich unterhalten kann. Erwartet aber - wie bereits erwähnt - keine Offenbarung an Filmkunst.


8 von 10 Punkten -> 4 Sterne


Dieser Bericht wurde von mir bereits am 30.01.2011 auf ciao.de veröffentlicht.