Lost in Translation (DVD) Testbericht

ab 8,14
Auf yopi.de gelistet seit 05/2008

Erfahrungsbericht von LilithIbi

Abgeschiedenheit. Entfremdung. Verlorenheit.

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Ohne das Zutun von LoloMay wäre ich auf den Sofia Coppolas Regiewerk

===Lost in Translation=== vermutlich niemals aufmerksam geworden. Die _Handlung_ ist nur schwerlich als solche zu benennen: im Grunde geht es lediglich um den Schauspieler Bob Harris (Bill Murray), der seinen Aufenthalt in Tokio wie folgt beschreibt:

_„Ich nehme eine Pause von meiner Frau, vergessen den Geburtstag meines Sohnes und drehe für 2 Millionen Dollar einen Werbespot, obwohl ich Theater spielen könnte.“_

Dort begegnet er der halb so alten Charlotte (Scarlett Johansson), die ihren Mann auf dessen Reise als Fotograf begleitet und mehr oder minder genötigt ist, die Zeit alleine zu verbringen.

Beide begegnen sich im Hotel, nähern sich auf freundliche und seelische Art an ~ bis Bob wieder abreisen muss.

Und das war's dann im Grunde auch, wohlweislich verteilt auf knapp 100Minuten Spielzeit.

===In der Umsetzung=== fühlt man sich tatsächlich besser versorgt als mit der bloßen Betrachtung der vermeintlichen story. Murray, dem die Tom Hanks-Synchronstimme verliehen wurde, wirkt von der zweiten Szene an recht verloren in Tokio. Situationskomik, die eigentlich nicht witzig ist, findet bei „Lost in Translation“ an vielerlei Stellen ihren Platz ~ man weiß oft nicht, ob man schmunzeln oder doch vor lauter Mitgefühl, respektive Fremdschämen, zu Boden schauen soll.

Skurril vor allem die Szenerie, in denen der Werbespot-Regisseur minutenlang auf Bob einmeckert; während die Dolmetscherin lediglich einen Halbsatz übersetzt.
Der Filmtitel ist also durchaus wörtlich zu nehmen; überdies im mehrfachen Sinne.

In vielerlei Szenen, Kleinigkeiten oder ausschließlich gar lediglich Gesten wie körpersprachliche Ausdrücke erkennt der Zuschauer, wie viel beide Protagonisten in ihrer Ehe bereits verloren haben. Der Kontrast zwischen Bob, der über zwei Jahrzehnte und Charlotte, die erst seit zwei Jahren verheiratet ist, sticht immer weniger deutlich heraus ~ eben weil es scheint, als ob beide mit den gleichen Dämonen zu kämpfen hätten.

'''Kluge Dialoge, die Erkenntnisse vermitteln''', welche lediglich im ersten Moment bedrohlich klingen, versöhnen den Zuschauer mit winzigen Langamtigkeiten oder gar Darstellungen, von denen man nicht so recht wissen kann, was diese überhaupt sollen ~ und man an diesen Stellen zumindest aufs brachialste nachempfinden kann, wie insbesondere Bob sich vereinzelt fühlen muss.
Die Ausführung

_„Der furchtbarste Tag ist der, wenn dein erstes Kind geboren wird ~ denn dann hört alles auf, was zuvor gewesen ist.“_

verursacht bei dem ein oder anderen sicherlich eine Gänsehaut (oder sorgt gar für Empörung), öffnet den Blick für einen anderen Winkel, liefert eine Betrachtungsweise, die man zuvor womöglich noch nicht begegnet ist.

Leider jedoch finden solcherlei philosophische Ansätze nur sehr spärlich ihren Platz; während die Bitterkeit wie Ernüchterung, die ebenfalls Bob während seiner Telefonate mit seiner Frau verspüren mag, sich mehr und mehr ausbreitet. Nicht, dass „Lost in Translation“ absolut belastend und schwermütig wirkt ~ doch eine definitive Aussage, Moral oder gar Warnung kann und darf man hier nicht erwarten.

==Summa summarum==
besticht der Film nicht zuletzt durch seine wunderbare Eingangsmusik, die ein wenig an den „Twin Peaks“ Titelsong erinnert. Wer Yorrik mit „At supper“ liebt, wird jene Untermalung zu schätzen wissen; wenngleich der eigentliche Funke in dem gesamten Film nicht so recht überzuspringen vermag.

Ich kann nicht einmal genau sagen, woran das liegt ~ doch schlussendlich kommt es mir vor, als hätte man gewisse Details noch ein wenig ausfeilen müssen, um den Zuschauer absolut ergriffen zu stimmen.

'''Die Einsamkeit tropft aus allen Poren ~ eine Lösung wird wie gesagt nicht angeboten.''' Obschon ich persönlich an für sich solcherlei „alles wird gut“ Enden nicht unbedingt „brauche“, so fehlt mir hier eben doch ein wenig mehr Tiefgründigkeit, um wenigstens so richtig schön heulen zu können.

Bobs Aussage

_„Je mehr man von sich selbst weiß, was man will, desto weniger lässt man an sich heran“_

wirkt unabstreitbar in mir nach; und doch läuft meine Bewertung schlussendlich lediglich auf solide 4 Sterne hinaus. Die Darsteller überzeugen allesamt, Bill Murray beherrscht definitiv, dem Zuschauer seine innerliche Gefühlslage, die er äußerlich unter sarkastischen Bemerkungen zu vertuschen versucht, zu übermitteln ~ wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass er somit quasi zwei Rollen in einem spielt. Momente, in denen er für den Whiskeywerbespot posieren soll, wirken dank den Anweisungen des asiatischen Fotografens auch für mich recht befremdlich; insgesamt wird Stimmung, Gefühlslage wie Verzweiflung in „Lost in Translation“ sehr gut einfangen und rübergebracht.

'''Doch irgendwas fehlt.'''

Tatsächlich fehlen mir persönlich bei der „Süddeutschen Zeitung-DVD-Version“ wahrlich einmal gewisse Bonusmaterialien; zwar war die „reine Film-Ausgabe“ seit Erscheinungsdatum im Jahre 2006 somit vergünstigt zu erhalten, aber wie gesagt ~ ein paar aufklärende Worte seitens der Macher, ein paar Zusatzinfos etc. wären hier einmal recht nett gewesen.

Ergo des Ergos: ein Film für die ruhigeren Stimmungslagen; für Freunde der leichten (!!!) Melancholie und der Nachdenklichkeit. Jene hingegen, die es verabscheuen, mit einem bitteren Nach- und insgesamten Beigeschmack überdies mit einem recht offenen Ende zurückgelassen zu werden, sollten vermutlich die Augen auf etwas anderes richten.

29 Bewertungen, 8 Kommentare

  • Powerdiddl

    08.11.2010, 09:56 Uhr von Powerdiddl
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen guten Start in die Woche wünsche ich, lg

  • KaTaRaGiRl

    07.11.2010, 18:20 Uhr von KaTaRaGiRl
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich würde mich wirklich über Gegenlesungen freuen. glg Laura

  • morla

    07.11.2010, 17:58 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    schönen sonntag lg. petra

  • anonym

    07.11.2010, 17:30 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Prima beschrieben - LG und einen schönen Restsonntag :)

  • knoopiwahn

    07.11.2010, 16:56 Uhr von knoopiwahn
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele Grüße von knoopiwahn!

  • XXLALF

    07.11.2010, 15:02 Uhr von XXLALF
    Bewertung: sehr hilfreich

    und einen wunderschönen sonntag und ganz liebe grüße

  • anonym

    07.11.2010, 14:36 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöne Grüsse, Talulah

  • Lale

    07.11.2010, 14:22 Uhr von Lale
    Bewertung: sehr hilfreich

    Allerbesten Gruß *~*