Gilette Fusion Power Stealth Testbericht

An irgendeinem Sonntagmorgen im Januar : Der treue Mach3 gibt seinen Geist auf - kein Klingenblock will mehr halten. Auch Säubern hilft nicht mehr - es muss ein neues Gerät her. Und Montagnachmittag bin ich stolzer Besitzer eines neuen Fusion Power. Na, dann bin ich mal neugierig.

Ich gönne mir Dienstagmorgen eine richtige Wellness-Rasur. Dafür stehe ich extra etwas früher auf. Zuerst lege ich mir ein Handtuch auf die Heizung - es soll später angenehmer beim Abtrocknen sein. Der Tiegel wandert ebenfalls auf die Heizung, damit er vorgewärmt ist. In einem Wasserkocher wird Wasser aufgesetzt, dann gehts unter die Dusche...
Nach dem Abtrocknen wird ein kleines Handtuch mit heißem Wasser präpariert, ähnlich den Handtüchern, wie man sie zur Erfrischung auf Langstreckenflügen bekommt. Das wird zur Vorbereitung auf das Gesicht gelegt - wohltuend ist das und es öffnet die Poren und wärmt das Barthaar an.
Der Rasierpinsel wird nassgemacht, in den Tiegel kommt die Rasierseife und etwas Wasser. Dann wird aufgeschlagen, bis man einen feinen cremigen festen Schaum hat, der schnell aufgetragen wird.
Danach warte ich 3-5 min, bis das Barthaar schön angeweicht ist und verteilte den Schaum nochmals gründlich mit dem Pinsel. Dann setze ich den mittlerweile zusammengebauten Rasierer an...

Der erste Zug - glatt wie ein Kinderpopo. Kein Problem. Die Wangen sind schnell rasiert und das ganz ohne Grimassen zu schneiden. Es kommen die Problemzonen : Kinnrand und Hals. Schon beim ersten Zug dort meine ich, es reißt mir jemand die Haut vom Leib. Die Bartstoppeln geben sich widerspenstig, die Haut ist verletzt und ich blute aus einer Menge kleiner Schnitte. Binnen weniger Sekunden sieht mein Kinn und mein Hals aus, als hätte ich Blut geschwitzt. Nur ein angefeuchteter Alaunstift hilft, den ich bisher eigentlich nur 2mal brauchte - in 15 Jahren.
Zur Desinfektion mache ich Aftershave drauf und wäre glatt mit Fuß- und Fingernägeln aus dem Stand an die Decke gesprungen und mich dort vor brennendem Schmerz festgekrallt. Ich beiße die Zähne zusammen. Etwas ärgerlich hole ich mir noch einen Eisbeutel, um die schmerzende und gerötete Haut zu kühlen, dann versuche ich den Rasierer sauberzumachen.
Nach Spülen, Zuhilfenahme einer alten Zahnbürste, Eintauchen in Alkohol und Spülen in heißem Wasser immer das gleiche : Die Lamellen nehmen Bartstoppeln auf, geben sie aber nicht mehr frei, das Ding bleibt siffig.

Zwei Tage später versuche ich eine erneute Rasur. Nochmal mit Pinsel und Seife - wieder das gleiche Ergebnis - ich fühle mich wie gehäutet. Ein weiter Versuch mit Rasiercreme : Negativ. Fusion Rasiergel : Negativ.
Nach insgesamt 5maliger Verwendung geht bei mir der Mülleimer auf, das Gerät wandert hinein und ward von da an nicht mehr gesehen.

Insgesamt ist die Haptik sehr gut, das Design wunderschön und die Verarbeitung absolut erstklassig. An diesem Rasierer fühlt sich nichts billig an, es ist alles gut verarbeitet. Es ist ein echter Eyecatcher im Bad und wesentlich spektakulärer als der Mach3 mit seinem biederen Aussehen. Die Vibrationsfunktion ist sehr nett, aber nur ein spielerisches Feature - von der Qualität der Rasur konnte ich keinen Unterschied feststellen. Es ist halt ein Marketinggag und vielleicht gibt es ja geneigte Männer und Frauen, die das Gerät zweckentfremden...

Allerdings sind 5 Klingen für normale Haut einfach zuviel. Man fühlt sich wie gehäutet, als ob jemand mit einer groben Raspel durchs Gesicht fährt. Die Lamellen verschmutzen zu schnell und nicht sauber zu reinigen und der Gleitstreifen bringt keine Kühlung. Durch die enge Anordnung verschmutzt die Klingen nicht nur sehr schnell, sie werden auch sehr schnell stumpf. Das führt zu noch schwereren Hautirritationen, was ein ständiges Nachkaufen von neuen Klingenblöcken erfordert. Das geht auf Dauer sehr ins Geld und freut den Hersteller.

Der Preis ist für das Grundgerät angemessen, für die Ersatzklingen ist er einfach absolut unverschämt.

Die Trimmerklinge könnte ich kein einziges Mal gebrauchen. Durch die schlechte Anordnung lassen sich damit kaum Bartränder und Koteletten richtig stutzen. Das ist aber mit dem Klingenblock auch so nicht möglich, sofern man sich nicht die Haut vom Leib ziehen will.

Der Preis :
Achtung ! P&G will mit diesem Rasierer wirklich abzocken.
Rechenbeispiel :
Systemrasierer 11,99 € (derzeit bei dm)
4er-Pack Klingen 16,99 € (derzeit bei dm)
1 Klinge reicht ca. 9 Tage (ideal, effektiv bei mir nur 7 Tage)
Kosten im Jahr - nur Rasierer 172,17 €

Es ist also eine echte Unverschämtheit. Ein Mach3-System kostet nur die Hälfte bei gleicher Haltbarkeit, ein vergleichbares Wilkinson-System kommt auf die Dauer wesentlich günstiger (7 € Halter, 13 € für 6 Klingen).

Fazit :
Wer den Rasierer benutzt, ist zunächst überrascht, aber die Ernüchterung folgt sehr schnell. Procter&Gamble mag ja "sehr viel Geld" in die Entwicklung gesteckt haben, was sich sicherlich auf die Leistung der Designer beschränkt.
Zweifelsohne sieht das Produkt sehr gut aus und ist im Männerbad ein Eyecatcher.Für Reisen ist er zu sperrig, der Klingenblock mit seinen 5 Klingen, dem breiten schlecht zu reinigenden Lamellen und der sehr hohen Form ist aber bei weitem kein Hautschmeichler, sondern reizt bei der Rasur sehr stark. Dadurch kommt es zu mehr Irritationen als mit einem anderen System.
Zusammen mit den immensen Kosten kann KEINE KAUFEMPFEHLUNG gegeben werden.