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Erfahrungsbericht von Gemeinwesen

Youtube für echte Dösbaddel - oder: Web 2.0 für die Generation Hartz IV

Pro:

- siehe Text -

Kontra:

- siehe Text -

Empfehlung:

Ja

"In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes."
Andy Warhol


Der olle Andy hat's uns vor Jahrzehnten prophezeit, und er hat Recht behalten. Immer wieder, und neuerdings schon wieder: Dank Web-TV darf sich jetzt nicht nur jeder Dödel als Star in seiner eigenen Daily Soap fühlen, sondern er kann das tägliche Elend auch noch abfilmen und mit wenigen Handgriffen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Vor geraumer Zeit hat die werbetreibende Industrie sich zähneknirschend eingestehen müssen, dass es Menschlein gibt, deren Beteuerungen wir noch eher Glauben schenken als denen von Frau Sommer, Meister Proper und Klums Heidi. Die werden's zwar nicht müde, uns zu erklären, wie toll die von ihnen beworbenen Produkte sind, um wie vieles schöner unser Leben mit ihnen wäre und wie begehrenswerter wir wären, wenn wir nur den richtigen Kaffee trinken, den richtigen Fußbodenreiniger verwenden und die einzig richtige Bulette kau(f)en würden - aber trotzdem bleibt, horribile est dictu, ein Rest von Ungewissheit.

Und wer kann den am besten tilgen? Natürlich: Jemand wie du und ich. Der freundliche Nachbar. Otto Normalverbraucher eben. Das Beste wird also sein, Lieschen Müller und Gespons vor den Karren zu spannen. Und wie wäre das wohl problemloser zu bewerkstelligen als mit dem schönen neuen Medium Internet? Oder besser gesagt: "Web 2.0", wie der alerte junge Mediennutzer von heute sagt, wenn er sagen will, dass er gerade die Fotos von Yannicks Taufe oder von Leonies Einschulung auf irgendeiner speziellen Portalseite veröffentlicht hat.

Früher, lange bevor das Web überhaupt 1.0 war, waren Werbefilmchen einzig und allein die Domäne gutbezahlter Spezialisten. Autoren schrieben Texte ("An Duplo ist was Leichtes dran"), Schauspielerinnen mimten Menschen, die Ulrike Jokiel hießen, Beleuchter leuchteten aus, Musiker komponierten eingängige kleine Melodien, zu denen Sängerinnen eingängigen Textersatz trällerten ("Ja-Ja-Jade") - kurzum: Der Aufwand, der betrieben wurde, um Schmatzriegel und Feuchtigkeitscreme an den Mann und die Frau zu bringen, war immens. Die Kosten dafür, wen wundert's, waren es ebenfalls.

Und heute? Ist das komplett anders.

Die teuren Werbefilmchen gibt's zwar immer noch, aber irgendwie wollen die heute anscheinend noch weniger Menschlein sehen als vor 10, 20 oder 30 Jahren. Frau Sommer und Frau Jokiel sitzen bei Jacobs Kaffee und Yoghurette im Heim für frühverrentete Werbefiguren, und ihren Job machen jetzt ostdeutsche Einzelhandelskaufleute mit einem Übermaß an Tagesfreizeit - und zwar für eine Traumgage: Für ein Entgelt, das früher wahrscheinlich gerade einmal ausgereicht hätte, um einen Quadratmeter Studiofläche für eine Viertelstunde anzumieten, verkörpern sie in Personalunion nicht nur Hauptdarsteller und Filmcrew, sondern stellen auch das Produkt und den Drehort. Pardon: die Location.

Zugegeben: Man sieht dem Ergebnis der Bemühungen den Preis deutlich an. Zwischen Hochglanz-Werbespot mit naschsüchtigem Chefkoch ("Hmmm - wruchdiche Dsidroone!") und dem selbstgedrehtem Werbevideo liegen in etwa so viele Welten wie zwischen Onkel Heriberts auf Super 8-Film gedrehtem Urlaubsfilm aus Rimini und irgendeiner x-beliebigen Arbeit von Oscar-Preisträger Michael Ballhaus. Drehbuch und Dramaturgie liegen den neuzeitlichen Werken aus dem Bereich gefilmter Kundeninformation meist auch nicht zugrunde, die Beleuchtung ist karg, der Ton dumpf, die Sprache verwaschen und die Grammatik fragwürdig - aber dafür lassen sich hie und da Glanzlichter unfreiwilliger Komik entdecken: Wenn Ronny, Mandy, Nancy und Co. Texte auf Verpackungen ablesen und mit dem würdevollen Ernst von Vatikanssprechern Werbesprüche nachplappern und Banalitäten kommentieren, die wirklich mehr als offensichtlich sind, dann erreichen die daraus resultierenden Web-Werbespots für die Generation Hartz IV in ihren besten Momenten jenen eigentümlichen Charme, von denen auch Onkel Alfons' Urlaubsdias und Tante Kerstins selbstgedrehte schlüpfrige Filme über die Wonnen körperbetonter Freizeitgestaltung leben.

21 Bewertungen, 7 Kommentare

  • Wegeno

    12.08.2007, 14:10 Uhr von Wegeno
    Bewertung: sehr hilfreich

    ...::: Gruß Werner :::...

  • Meyerhoffsche

    11.08.2007, 15:57 Uhr von Meyerhoffsche
    Bewertung: sehr hilfreich

    Heute wieder sonnige Grüße :)

  • XXLALF

    10.08.2007, 16:06 Uhr von XXLALF
    Bewertung: sehr hilfreich

    Zeigen wir Demut, so wachsen unsre positiven Eigenschaften an. Sind wir jedoch voller Stolz, rückt das Glück in weite Ferne, drum lese auch gegen. Lg XXLALF

  • firestorm1105

    09.08.2007, 22:47 Uhr von firestorm1105
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Bericht. SH. LG, Romy

  • Girlfriend07

    09.08.2007, 19:23 Uhr von Girlfriend07
    Bewertung: sehr hilfreich

    Der Bericht gefällt mir! lg Girlfriend

  • anonym

    09.08.2007, 18:32 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    warum so zynisch? du wirbst genau so mit deinen Berichten *etwa im würdevollen Ernst von Vatikanssprechern*? ....übrigens dem Papst seine Schuhe wurde als modischtes Fusswerk auserkoren. vermutlich um abzulenken über seinen Stuss den er oben raus lässt`!`

  • Mondlicht1957

    09.08.2007, 18:25 Uhr von Mondlicht1957
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH LG pet