Schnee, der auf Zedern fällt (DVD) Testbericht

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ab 7,64
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Erfahrungsbericht von winterspiegel

Großes Gefühlskino

Pro:

Berauschende Bilder, Top-Schauspieler

Kontra:

Etwas zögerlicher Handlungsaufbau

Empfehlung:

Ja

Ausgehend vom preisgekrönten Bestseller des Schriftstellers David Guterson wurde eine Filmumsetzung unter Leitung von Scott Hicks (Shine) geschaffen, die versucht der meisterhaften Romanvorlage gerecht zu werden. Ein Tross international renommierter Charakterschauspieler stand dem Regisseur dabei zur Seite, um die Geschichte in der dem Buch entsprechend würdiger Weise auf Zelluloid bannen zu können.



Filmhandlung


San Piedro, Anfang der 50er Jahre: Eine verschlafene Gemeinde, die hauptsächlich vom einträglichen Geschäft des Fischfangs von sich reden macht, ist in heller Aufregung. Ein Fischer und geachtetes Mitglied der Dorfgemeinschaft wurde ertrunken in den Netzen neben seinem Kutter aufgefunden.
Ein Schuldiger der für den Tod des Fischers und Familienvaters verantwortlich sein soll ist schnell gefunden. Ein Seemann japanischer Abstammung soll dem Opfer aufgelauert, ihn niedergeschlagen, und dann ins Meer geworfen haben. Erschwerend kommt für den Verdächtigen hinzu, dass einige Jahre zuvor der Angriff der Japaner auf Pearl Harbor stattfand, und dies noch immer in den Köpfen der meisten alteingesessenen Einwohner herumgeistert.

Somit sind auch ziemlich schnell die vordergründigen, aber dennoch erdrückenden Beweismittel zusammengetragen. Selbst der im Herbst seines Lebens stehende Verteidiger (Max von Sydow) kann mit seiner langjährigen Erfahrung da nicht mehr all zu viel bewirken. Einzig der Lokalreporter Ishmael Chambers (Ethan Hawke) kommt mit seinen Nachforschungen, die er im Rahmen eines Artikels für seine Zeitung anstellt, den wahren Ursachen auf die Spur. Doch Chambers lässt diese entlastenden Beweise auf sich beruhen. Der Journalist hat seine ganz eigenen, persönlichen Gründe dem Angeklagten nicht zu helfen. Vor Jahren war Chambers mit der Frau des Tatverdächtigen zusammen, eine Liebschaft die sich von Kindesbeinen an entwickelte.
Doch die widrigen Umstände des Krieges und die angespannte Situation zwischen Amerikanern und Japanern, ließen diese Beziehung zerbrechen. Ishmael Chambers Gedanken schweifen immer wieder während des Gerichtsverfahrens ab, an dem er als stummer Zeuge teilnimmt. Er erinnert sich an die Zeit seiner großen Liebe, unter die so jäh ein unwiderruflicher Schlussstrich gezogen wurde...



Kritik


Wie alle wirklich großen Filme spielt auch dieser bildgewaltige, ans surreal grenzende Hochgenuss, vor dem Hintergrund einer denkwürdigen historischen Begebenheit. Der traumatisierende Angriff auf Pearl Harbor und der damit verbundene Hass auf alle japanischstämmigen Amerikaner, von denen sich nicht wenige in Internierungslagern wiederfanden, ist das immerzu spürbare Leitmotiv des Streifens.
Deshalb geht es eigentlich nur am Rande um die Aufklärung des Vorfalls, der sich in der ominösen Nebelnacht zugetragen hat, sondern den Machern lag es viel mehr am Herzen, eine eindringliche Studie über Intoleranz und Rassendiskriminierung zu zeigen. Am deutlichsten ist dies im leidenschaftlichen Plädoyer von Max von Sydow als Verteidiger zu Spüren, als er in einer aufrüttelten Rede versucht diese Vorurteile auszuräumen, und das abhanden gekommene Gewissen der Geschworenen wieder zu schärfen.

Die Bilder des Kameramanns Robert Richardson, der dafür eine Oscar-Nominierung einheimsen konnte, sind eine Klasse für sich und scheinen wirklich bis ins kleinste Detail zu stimmen. Ein Beispiel dafür unter vielen ist die eindrucksvolle Strandsequenz, in der Richardson eine traumartige Bildvermischung von Vergangenheit und Zukunft komponierte, die in ihrer Wirkung mehr als nur überzeugen dürfte.
Abgesehen vom einzigartigen Max von Sydow, der selbst als vom Leben gezeichneter, alternder Anwalt eine fokussierende Würde ausstrahlt, sind auch noch die anderen hervorragenden Nebendarsteller zu nennen. James Cromwell und Sam Shepard verleihen dem Geschehen eine gewisse Größe, die man ganz sicher nicht bei jeder X-beliebigen Produktion wiederfindet. Der für mein Empfinden zu ausdruckslose Ethan Hawke fällt hier leider etwas ab. Von einer Fehlbesetzung zu reden wäre sicherlich des Guten zu viel, doch die Darstellung des sich vom Leben betrogen fühlenden Zeitungsreporters, war mir eine Idee zu eindimensional eingebracht. Dem Gesamtkunstwerk konnte diese kleine Einschränkung aber recht wenig anhaben.

Natürlich ist spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen zu sagen, dass ungeduldige Naturen und Actionverliebte Zeitgenossen, die nicht unbedingt passendsten Konsumenten dieser subtilen Kriminalgeschichte, mit eingebundener Herz – Schmerz Thematik sein dürften. Es gibt keine unerwartet- dramatischen Wendungen, und es gibt auch keine all zu hektische, oder temporeichen Aktionen. Es gibt aber – und da wiederhole ich mich gerne, eine virtuose Bildsprache die seines Gleichen sucht. Und es gibt gestandene Schauspieler deren Kunst es nur noch zu bewundern gilt.



DVD / Extras


Ausgerechnet der Interessante Audiokommentar ist das einzige Feature, das nicht deutsch untertitelt wurde. Ansonsten ist ein Making Of und entfallende Szenen als Zusatzmaterial auf der Disc beigelegt. Guter Durchschnitt und eigentlich ausreichend wie ich finde. Die Bilder sind kontrastreich und scharf, dagegen kam mir der Ton etwas unausgewogen vor, sodass die Dialoge manchmal von Hintergrundgeräuschen zu sehr überdeckt wurden. Mit einem guten Preis – Leistungsverhältnis ist die DVD ein echter Tipp. So waren die 12 Euro die ich dafür blätterte sicher gut angelegt.


Am Drehort-

Der Regisseur Scott Hicks, der Autor David Guterson und der Kameramann Robert Richardson, gehen in diesem Making of auf viele verschiedene Aspekte ihrer Arbeit im Film ein. Selbst von akribischen Recherchen und genauem Befragen von Zeitzeugen dieser Epoche schreckten die Macher nicht zurück. So wird der Zuschauer sehr informativ und im gut gegliederten Stil einer Reportage unterhalten. Auch die Akteure geben nacheinander ihre Statements zu ihren Rollen ab. Filmeinspieler werden zwischen diesen aufschlussreichen Interviews immer wieder mal dazwischengeschnitten.


Entfallene Szenen-

Im Rohschnitt werden gut eine Viertelstunde Sequenzen gezeigt, die im Film keine Verwendung fanden, und die den ohnehin nicht gerade kurzen Streifen noch um einiges länger gemacht hätten. Max von Sydows beindruckendes Plädoyer kann jetzt auch in voller, ungeschnittener Länge bewundert werden.


Das Lager-

Anhand von Texttafeln kann die Geschichte der Internierungslager, in die Bürger japanischer Abstammung gebracht wurden, in Originalsprache nachgelesen werden. In diesem Beispiel ist das Lager „Manzanar“ in Kalifornien detailliert beschrieben.

Ansonsten können noch der Kinotrailer, ein Web-Link, die Produktionsnotizen, Filmografien von Machern und Schauspielern, die auch in der Originalsprache belassen wurden angeschaut werden.



Filmdaten:


Lauflänge: ca. 122 Minuten

Bildformat: 1:2.35 (16:9)

Deutsch / Englisch Dolby Digital 5.1

Untertitel: Englisch / Deutsch / Holländisch / Dänisch / Finnisch / u.a.



Fazit


Eine rundum gelungene DVD-Umsetzung hätte es werden können, wären auch noch der Audiokommentar des Regisseurs untertitelt worden – schade drum. Die anderen Extras geben aber auch für Englisch-Unkundige genügend Informationen rund um die Entstehung des Films wieder, sodass dennoch insgesamt ein positives Fazit meinerseits in dieser Disziplin gezogen werden kann.

Vor allem aber dem Streifen selber kann ich bedenkenlos meine Empfehlung aussprechen. Wer ein selten gewordenes Stück Erzählkino sein eigen nennen will, kommt meiner Meinung nach an diesem Prunkstück einfach nicht vorbei. Die Bedächtigkeit seiner Inszenierung mag unter Umständen etwas gewöhnungsbedürftig und antiquiert anmuten, seine visuelle Ausdruckskraft und Intensität ist aber unbedingt sehenswert.

(c) winterspiegel für Ciao & Yopi

28 Bewertungen, 1 Kommentar

  • catmother

    09.08.2004, 22:49 Uhr von catmother
    Bewertung: sehr hilfreich

    Dafür kriegst du ein bh.