Verblendung (gebundene Ausgabe) / Stieg Larsson Testbericht

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ab 10,09
Auf yopi.de gelistet seit 03/2007

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Erfahrungsbericht von DarkBeauty

.Stille.Wasser.

Pro:

siehe Bericht

Kontra:

siehe Bericht

Empfehlung:

Ja

Wie schon in irgendeinem meiner etwas zurückliegenden Buchberichte beschrieben, sind Freunde, die den gleichen Fetisch teilen wie man selbst, schon etwas Tolles. Man kann sich stundenlang über Plots und Figuren austauschen und mindestens ebenso viele Stunden zusammen in einem Buchladen verbringen. Da bleibt die ein oder andere Empfehlung natürlich nicht aus. Auf dem Weg der Empfehlung bin ich auch zu dem Roman gekommen, den ich heute vorstellen möchte. Es handelt sich dabei um

>> Verblendung – Stieg Larsson <<



Bezugsquelle & Preis

Gekauft habe ich den Roman in neu bei www.buecher.de zum Preis von 9,95 €. Viel billiger wird man ihn auch bei eBay nicht bekommen – ich hab’s versucht.

Kaufgrund

Hier wäre natürlich zum einen die Empfehlung einer guten Freundin zu nennen. Aber nicht nur das. Auch der Klappentext auf dem Roman selbst, den ich irgendwann mal online nachgelesen hatte, sprach mich an. Für meine Begriffe versprach er einen umfangreichen Fall, der, wie ich anhand der Dicke des Romans vermutete, wohl bis in kleinste Detail aufgeschlüsselt werden würde. Außerdem hatte ich inzwischen gehört, dass der Autor seine Hauptcharaktere sehr genau einführt und sich damit viel Zeit lässt. Bis dato fand ich das nicht schlimm. Eher im Gegenteil. Vorstellbare Figuren sind bei einem guten Roman ja schon das A und O.

Eckdaten zum Roman

Titel: Verblendung
Originaltitel: Män som hatar kvinnor
Autor: Stieg Larsson
Übersetzer: Wibke Kuhn [aus dem Schwedischen]
Verlag: Heyne
Genre: Krimi / Thriller
Erscheinungsjahr: 2006
Seitenanzahl: 688 Seiten

Der Autor

Stieg Larsson (* 15. August 1954 als Karl Stig-Erland Larsson in Umeå, Schweden; ‡ 9. November 2004 in Stockholm) war ein schwedischer Journalist, Schriftsteller und Herausgeber des antifaschistischen Magazins "EXPO".

Nach dem Besuch des Gymnasiums und mehreren Jahren mit wechselnden Jobs (u.a. bei der schwedischen Post) wird er 1979 bei der schwedischen Nachrichtenagentur TT (Tidningarnas Telegrambyrå) angestellt und arbeitet dort die nächsten 19 Jahre hauptsächlich in der graphischen Abteilung, verfasst aber auch Essays, kleinere Artikel und Buchkritiken.Schon in seiner Schulzeit beginnt sein Interesse für Politik, was sich später auch in seiner Arbeit ausdrückt: er war Herausgeber des antifaschistischen Magazins „EXPO“ und in den 80er Jahren „Der Vierten Internationalen“.
Besonderes Interesse seiner Arbeit widmet er dem Rechtsextremismus. 1991 veröffentlicht er zusammen mit Anna-Lena Lodenius das Buch „Extremhögern“, das sich mit dem schwedischen Rechtsradikalismus befasst. Im Jahre 1995, als fünf Schweden von Rechtsextremisten ermordet wurden, gründet er die EXPO-Stiftung, zu der auch das gleichnamige Magazin gehört.Er galt weltweit als einer der führenden Experten für Rechtsextremismus und Neonazismus. Noch vor seinem Tod konnte er drei Kriminalromane fertig stellen, die jedoch erst posthum veröffentlicht wurden.
Stieg Larsson starb 2004 an den Folgen eines Herzinfarktes.2006 erhielt er posthum den skandinavischen Krimipreis Glasnyckeln für Verblendung, welches ein Jahr zuvor bereits vom schwedischen Buchhandel zum besten Buch des Jahres gewählt worden war.

Quelle: www.wikipedia.de

Die Story

Mikael Blomkvist ist zusammen mit Erika Berger Herausgeber der Schwedischen Zeitung ‚Millenium’. Nachdem Mikael einen Enthüllungsartikel über einen angesehenen Großindustriellen schreibt, gerät er ins Kreuzfeuer der Medien und erhält wegen Verleumdung eine Verurteilung sowie eine dreimonatige Gefängnisstrafe. Bevor er diese antritt, wird er allerdings von Rechtsanwalt Dirch Frode kontaktiert, der ihn mit dem Leiter des Vanger Konzerns, Henrik Vanger, zusammen bringen möchte. Mikael weigert sich zunächst, stimmt dann aber doch zu, ins verschlafene Hedested zu fahren.

Henrik Vanger bittet Mikael, für ihn herauszufinden, was vor vierzig Jahren mit seiner Nichte Harriet Vanger passiert ist. Denn an einem Tag, an dem es auf der einzigen Brücke, die von der Insel auf’s Festland führt, einen schrecklichen Unfall gab, verschwand die damals Jugendliche.

Mikael hält die Sache lange Zeit für ein Hirngespinst, erklärt sich aber dennoch bereit, Henrik Vanger zu helfen. Immerhin bietet der ihm Informationen, die Mikaels Journalistenweste reinwaschen und der Öffentlichkeit zeigen würden, dass besagter Großindustrieller doch Dreck am Stecken hat. Mit dem, was Mikael allerdings nach und nach über den Vanger – Clan zutage fördert, hätte er aber niemals gerechnet…

Eigene Eindrücke

Wenn man sich die Inhaltsangabe so durchliest, lässt sie zunächst einmal auf eine eher unspektakuläre Story schließen, die mindestens schon Dutzende Male genauso dagewesen ist. Das mag sicher stimmen. Dennoch überrascht die Geschichte mit einem Plot, mit dem man ganz sicher nie gerechnet hätte. Der Weg dahin allerdings ist weit. Sehr weit. Denn wie mir im Vorhinein bereits prophezeit wurde, verwendet Larsson mehr als die Hälfte des Romans zur Einführung seiner Figuren. So erfahren wir auf unzähligen Seiten, welcher Mensch hinter dem Journalisten Mikael Blomkvist steckt und wie die Zusammenhänge aussehen, die ihn in die Bredouille geführt haben. Um ehrlich zu sein, ist genau dieser Teil unendlich ermüdend. Zum einen liegt das daran, dass ich persönlich durch diesen ganzen Wirtschaftsskandal mit diversen Scheinfirmen, einem Batzen Geld und Informanten nicht durchgeblickt habe. So sehr ich mich auch bemühte – die Zusammenhänge blieben mir verborgen. Die gute Nachricht in diesem Punkt ist allerdings, dass es nicht wirklich relevant ist, diese Zusammenhänge zu verstehen. Ich habe den Plot auch ohne diesen Teil kapiert. Eben genau deshalb habe ich auch nicht verstanden, wieso diese ganze Sache auf so vielen Seiten ausgebreitet werden musste. Genauso verhält es sich mit den Verwandtschaftsverhältnissen des Vanger – Clans. Die Familie besteht aus zig Mitgliedern, die bis auf vielleicht fünf keine Rolle spielen. Dennoch müssen sämtliche Beziehungen zu- und untereinander auf vielen Seiten erklärt werden. Dies trägt nicht nur zu noch mehr Ermüdung beim Leser bei, sondern bewirkt auch, dass der Roman plötzlich langweilig wird. Hätte Larsson sich auf die wirklich wichtigen Personen beschränkt, hätte der ganze Roman viel mehr Dichte erhalten und die sich langsam aufbauende Spannung wäre insgesamt nicht so zerrissen gewesen. Mehr als 400 Seiten dieses Buches widmen sich gar nicht der eigentlichen Geschichte, also dem Verschwinden von Harriet Vanger, sondern vielmehr den unwichtigen Zusammenhängen. Das empfinde ich als sehr schade, denn so verliert man als Leser das Wesentliche aus den Augen.
Einzig den Figurenaufbau bzw. die Einführung der Figur der Lisbeth Sallander war interessant. Aber der wiederum war auch wichtig für die eigentliche Geschichte.

Bei Lisbeth Sallander handelt es sich um eine 25jährige junge Frau, die für eine Securityfirma Schnüffelarbeit verrichtet. Das heißt, sie besorgt sämtliche Informationen über jede Person für die verschiedensten Kunden. Dabei recherchiert sie auch im Auftrag von Dirch Frode über Mikael Blomkvist. Über einige Umwege finden die beiden zusammen und bilden ein unschlagbares Ermittlerteam. Lisbeth ist eine ziemlich schwierige junge Frau. Sie bezeichnet sich selbst als sozial vollkommen inkompetent und lässt keine Menschenseele an sich oder gar ihre sorgsam vergrabenen Gefühle heran – bis auf Mikael. Es kommt, wie es kommen muss. Die beiden kommen sich trotz des beachtlichen Altersunterschiedes näher und es entwickelt sich eine merkwürdige, aber auch sehr sensible Art von Freundschaft.
Larssons intensive Figureneinführung hat bei dieser Figur sehr gut gefruchtet. Ob das nun am Talent des Autors gelegen hat oder aber an dem Fakt, das eben diese Figur genau so schon sehr oft dagewesen ist, weiß ich nicht. Eigentlich ist es auch egal. Trotz aller Kontroversen mag man die gepiercte und tätowierte junge Frau, die eine dominante Ader zeigt und ein ziemlich großes Mundwerk besitzt. Außerdem passt sie wieder einmal hervorragend in die Rolle der Person, die meisterhaft im Hacken und spionieren ist.
Bei Mikael Blomkvist, den viele scherzhaft auch schon mal Kalle Blomkvist nennen, verhält es sich etwas schwerer. Ich muss sagen, dass ich nach fast 700 Seiten keinen richtigen Eindruck von ihm gewinnen konnte. Zumindest wirkt er nicht so vorstellbar wie Lisbeth. Mikael ist knapp 50 und Mitherausgeber der Zeitung ‚Millenium’. Er steigt seit Jahren mit seiner besten Freundin Erika ins Bett, was ihn aber keineswegs davon abhält, auch mal woanders die Fühler auszustrecken. Am unglaubwürdigsten fand ich jedoch die Tatsache, dass Erikas Mann, übrigens Graphiker bei ‚Millenium’, von der Affäre weiß und diese duldet. Es gibt sogar Absprachen, dass Erika auch mal ganze Wochen mit Mikael in Urlaub fährt. Dargestellt wird die ganze Sache also als eine sehr freundschaftliche Menage á trois. Wie nahe das an der Realität ist, kann ich nicht sagen…
Mikael ist die ganze Zeit vollkommen farblos geblieben. Zwar beweist er hin und wieder ganz netten Humor und haut ab und an auch mal mit der Faut auf den Tisch, wenn es angebracht ist, aber das war es auch schon wieder. Ich kann ihn als Person überhaupt nicht einschätzen und daher fällt es mir auch schwer, passende Adjektive für ihn zu finden. Offenbar ist eine ellenlange und sicher auch gutgemeinte Figurenbeschreibung dann doch nicht so gut.
Neben den Protagonisten gibt es noch sehr viele andere mehr oder weniger bedeutende Figuren. Zum einen der alte Henrik Vanger, für den die Suche nach der Wahrheit über Harriets Verschwinden fast zu einer Obsession geworden ist. Oder aber Henriks Anwalt Dirch Frode, der zu der ganzen Sache eine ganz eigene Meinung vertritt.
Die Liste ließe sich lange fortführen. Meiner Ansicht nach sind es in „Verblendung“ nicht nur der Beschreibungen zu viele, sondern auch der Figuren. Denn Larsson spart auch mit einer ausführlichen Rahmung seiner Nebenfiguren nicht.

Besonders aufgefallen ist mir übrigens noch der Schreibstil. Auf mich hat er ungewöhnlich nüchtern gewirkt. Sogar an sehr bizarren oder furchterregenden Stellen weißt der Sprachgebrauch keine besondere Emotion auf. Es wirkt fast so, als würde sich Larsson, ebenso wie sein Protagonist Mikael, nur auf die rationalen Fakten konzentrieren und nicht auf Gefühlsebenen, die grade bei der weiteren Entwicklung dieser Geschichte eine große Rolle spielt. Des Weiteren sind die Satzstrukturen nicht immer unbedingt als super simpel zu bezeichnen. Larsson verwendet teilweise einen sehr komplexen Satzbau. Dieser tut dem Verständnis zwar keinen Abbruch, macht das Verstehen rund um den Journalistenskandal aber noch kniffeliger als er ohnehin schon ist.
Was mich persönlich aber so richtig genervt hat, waren die englischen Satzfetzen, die immer mal wieder in den Dialogen auftauchen. Ich habe kein Problem mit dieser Sprache, immerhin bin ich ihrer wohl mächtig, aber ich habe ein ganz großes Problem beim Vermischen zweier Sprachen. Da frage ich mich doch ernsthaft, ob der Autor das im Schwedischen Original auch gemacht hat, oder ob das irgendwie eine Idee der Übersetzerin war. Vermutlich aber wohl nicht. Fakt ist auf jeden Fall, dass ich es an jeder Stelle völlig unpassend fand. Das pure Ärgernis darüber stellte für mich immer wieder einen kleinen Moment an Ablenkung dar und das muss grade bei einer so umfangreichen und manchmal undurchsichtigen Geschichte nun wirklich nicht sein.

Der geneigte Rezensionsleser mag sich nun wohl fragen, woher denn eigentlich meine ja doch gar nicht so furchtbar schlechte Bewertung kommt. Nun, die rührt tatsächlich fast nur vom Plot her.
Denn wenn die eigentliche Geschichte und die Ermittlungsarbeit nach ungefähr 400 Seiten endlich mal so richtig in Fahrt kommt, steigt die Spannung schon beträchtlich. Sicher habe ich schon spannendere Thriller gelesen, dennoch wollte ich „Verblendung“ dann irgendwann doch nicht mehr aus der Hand legen. Die ganze Ermittlung ist spannend sowie die Verbindungen, die im Endeffekt zur Lösung des Rätsels führen. Diese mag dem ein oder anderen sicher etwas weit hergeholt vorkommen. Aber so ist ja nun einmal in einem rein fiktionalen Roman. Hinzufügen möchte ich übrigens noch, dass ich dieses Buch eher nicht als Thriller einstufen würde. Actionreiche Szenen gibt es kaum und da der Roman extrem ermittlungslastig ist, würde ich „Verblendung“ eher als Krimi einstufen.
Von meiner Seite gibt es also durchschnittliche drei Sterne, weil der Roman so schlecht also nicht war. Es war einfach nur viel zuviel Drumherum. Den Nachfolger „Verdammnis“ werde ich mir sicher auch noch holen, sobald es ihn als Taschenbuch gibt. Denn die Geschichte selbst ist zwar abgeschlossen, aber die Umstände rund um Mikael Blomkvist, Erika Berger und Lisbeth Sallander noch lange nicht…

39 Bewertungen, 13 Kommentare

  • Mundi

    28.05.2008, 10:43 Uhr von Mundi
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg mundi

  • may786

    26.05.2008, 23:19 Uhr von may786
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht!! LG may786

  • jeff2006

    26.05.2008, 12:30 Uhr von jeff2006
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh für einen sehr guten Bericht..LG

  • campino

    26.05.2008, 10:52 Uhr von campino
    Bewertung: sehr hilfreich

    liebe Grüße, Andrea

  • frankensteins

    26.05.2008, 10:20 Uhr von frankensteins
    Bewertung: sehr hilfreich

    gute Beschreibung lg

  • NavySeall

    26.05.2008, 03:26 Uhr von NavySeall
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöner Bericht! LG NavySeall

  • Zzaldo

    26.05.2008, 00:42 Uhr von Zzaldo
    Bewertung: sehr hilfreich

    ein klasse Bericht von dir. LG Stephan

  • morla

    26.05.2008, 00:25 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg............ petra

  • KatzeMaus

    25.05.2008, 22:48 Uhr von KatzeMaus
    Bewertung: sehr hilfreich

    Super Bericht, lg

  • Puppekaa

    25.05.2008, 22:37 Uhr von Puppekaa
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr schöner Bericht - LG Karsta

  • bambie34

    25.05.2008, 22:10 Uhr von bambie34
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich,lg Tanja

  • kleine_fee

    25.05.2008, 21:51 Uhr von kleine_fee
    Bewertung: besonders wertvoll

    SUPER Bericht, BW! Lieben Gruß

  • jacki0987

    25.05.2008, 21:47 Uhr von jacki0987
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich wünsch noch einen schönen Sonntag! Liebe Grüße! Jacqueline