Das Phantom der Oper (DVD) Testbericht

ab 4,83
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Erfahrungsbericht von WotanCB

Einsatz: Orgel: Paaaaam, Pa, Pa, Pa, Pa, Paaam

Pro:

grandiose Optik, tolle Darsteller, wunderbare Melodien

Kontra:

der Gesang könnte nicht jedermans Geschmack sein

Empfehlung:

Ja

Wer hat es nicht gesehen: Das weltberühmte Musical „das Phantom der Oper“ vom Mozart der Musicals Andrew Lloyd Webber? Ich – ja, ich habe es bislang immer versäumt nach Hamburg zu fahren. Dafür habe ich nun den Film und obwohl ich von diesem Film eine völlig andere Erwartung hatte – habe es wohl vorher versäumt, mich hier eingehend über den Film zu erkundigen – war ich doch positiv überrascht von dem Ergebnis.

------ Der Inhalt ------

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts:
Während einer Versteigerung im alten, eingestaubten Pariser Opernhaus kauft ein alter Graf eine alte, intakte Spieluhr. Zu einer Demonstration erhebt sich ein restaurierter, riesiger Kronleuchter des Zuschauerraums, der vor vielen Jahren auf die Bühne gekracht ist...

Paris 1870
Das Pariser Opernhaus bekommt kurz vor ihrer neuen Premiere der Oper „Hannibal“ zwei neue Direktoren, Andre (Simon Callow) und Firmin (Ciaran Hinds). Und sofort werden sie mit Ärger konfrontiert: Durch merkwürdige Briefe fordert ein Geist der Oper, dass auch weiterhin für ihn die Loge 5 freigehalten wird. Außerdem weigert sich die Diva der Oper, Carlotta (Minnie Driver), nachdem mysteriöserweise eine Kulisse sie fast erschlagen hatte, ihre Rolle am Abend zu singen. Die Leiterin des Balletts, Madame Giry (Miranda Richardson), schlägt als Ersatz für sie ihre Schülerin Christine Daae (Emmy Rossum) vor, die bei einem unbekannten Lehrer Gesangsunterricht nimmt. Ihrer Freundin Meg Giry (Jennifer Ellison) erzählt sie über ihn, dass sie vermutet, dass es ein Geist oder ein Engel ihres Vaters ist, der ihr Unterricht gibt, da sie nur seine Stimme hört.
Die Aufführung wird für Christine ein voller Erfolg. Im Publikum sitzt auch ein Jugendfreund von ihr, der Vicomte Raoul de Chagny (Patrick Wilson), der mit den neuen Direktoren als neuer Mäzen an das Opernhaus gekommen ist. Ihr Wiedersehen in der Kabine wird argwöhnisch beobachtet und nachdem Raoul gegangen ist, steht Christine zum ersten Mal ihrem Mentor gegenüber, dem Phantom der Oper (Gerald Butler). Von seiner Stimme verführt, folgt ihm Christine in seine Behausung tief unter die Oper. Sie stört die Harmonie empfindlich, als sie ihm seine weiße Maske abnimmt unter der sich sein entstelltes Gesicht befindet.
Oben an der Oberfläche ist man am folgenden Tag in heller Aufregung, da Christine noch immer nicht aufgetaucht ist. Das Phantom fordert in einem neuen Brief, dass Carlotta entlassen wird und Christine von nun an der Star des Haus wird, von der sich allerdings der Comte fernzuhalten hat. Nur mit viel Mühe können die Direktoren Carlotta überreden am Abend aufzutreten, während die plötzlich aufgetauchte Christine eine stumme Rolle übernehmen soll. Aufgebracht lässt das Phantom einen aufgehängten Bühnenmitarbeiter auf die Bühne fallen.
Christine und Raoul fliehen ängstlich auf das Dach der Oper, wo sie sich ihre Liebe gestehen. Das Phantom belauscht dieses Gespräch und fühlt sich verraten. Während eines pompösen Maskenballs erscheint er plötzlich öffentlich und präsentiert seine eigene Oper, die mit Christine uraufgeführt werden soll. Um sich ihrer widersprüchlichen Gefühle für Raoul und das Phantom klar zu werden, besucht Christine das Grab ihres Vaters. Ihr wird klar, dass die Geschichte noch tragischer wird, als sich plötzlich dort das Phantom und der Graf mit gezogenen Degen gegenüber stehen...

------ Zur Musik ------

Da ich ja ein Fan der Oper generell bin, begeistert mich auch die düstere Geschichte um das Phantom des Pariser Opernhauses. Dass ich daher nicht auf diese neue Verfilmung verzichten wollte, war klar. Allerdings war ich doch schon ein bisschen überrascht, als ich schon kurz nach Beginn merkte, dass dies hier kein normaler Blockbuster sondern das Musical als Film war. Diese Info muss mir entgangen sein und obwohl ich eigentlich völlig andere Erwartungen an den Abend hatte, wurde ich nicht enttäuscht. Da hier mehr gesungen als gesprochen wurde, werde ich hier auf die musikalische Seite des Films eingehen und später auf die optische Seite.

Oft passiert es, dass Filmmusik zwar bekannt wird – man denke an Star Wars, Titanic, Indiana Jones – , aber sehr oft werden schöne Melodien einfach überhört. Dieses Schicksal konnte die Musik hier nicht erleiden, denn wie schon gesagt, wurde hier fast ausschließlich gesungen und es gab nur wenige Dialoge. Dass verlieh dem Film eine unwirkliche, bizarre Dimension, die der Story aber sehr gut bekam.
Der Nachteil des Gesanges war, dass er an manchen Stellen recht breit ausgebreitet wurde und daher etwas langatmig war, wo man schon ungeduldig auf die nächste Szene wartete. Das spricht aber auch dafür, dass der Film spannend war.

Jeder kennt die berühmten, absteigenden Orgelklänge (paaaam, pa, pa, pa, pa, paam), die in das wohl berühmteste Stück dieses Musical einleiten, das den Titel des Musicals trägt. Aber die restlichen Melodien sind sehr hörenswert, wenn nicht sogar noch schöner. Arien und Duette sind gespickt mit wundervollen Momenten, dagegen sind die Ensembleszenen etwas durchgeknallter und konfuser, eher auf Effekte gemacht als mit Wert auf Melodien.

Im Englischen singen die Schauspieler ihre Personen selber. Leider konnte ich nicht herausfinden, wer die deutschen Sänger sind, aber insgesamt sind sie recht gut gewählt worden. Besonders gut hat mir die Sängerin der Christine gefallen, die zwar eine sehr dünne, aber höhensichere und ausdrucksstarke Stimme hat. Letzteres trifft auch auf den Sänger des Phantoms zu, aber dafür wirkte er manchmal recht angestrengt.

Vielleicht sollte ich noch ein paar Worte zu den Opern verlieren. Was da gesungen wurde, waren karikierte und übertriebene Opern, die zwar dem Stile einer Oper, aber niemals deren Klasse entsprechen und von Webber für sein Stück komponiert wurden. Dementsprechend wurden diese Stücke dann auch so gesungen. Damit will ich nicht sagen, dass ein Musical prinzipiell schlechter ist als eine Oper! Nur in diesem Film hörten sich die Opernmelodien im Vergleich zu den sonstigen Stücken aus gutem Grund theatralischer aber auch grausamer an. Und das ist nicht der Normalfall!

------ Zum Film ------

Für die Inszenierung war Joel Schumacher verantwortlich. Dass ihm Inszenierungen mit bombastischer Ausstattung gut liegen, hatte er schon in zwei Batman-Filmen gezeigt, die aber allerdings unterstes Niveau im Anspruch besaßen und die Charaktere zu Witzfiguren verkommen ließen. Besser aber deutlich sparsamer war sein Film „Phone Booth – Nicht auflegen“. Das Phantom war bei ihm nun endlich in besten Händen, da Schumacher sich kaum um die Figuren zu kümmern hatte, da auch Andrew Lloyd Webber neben seiner Tätigkeit als Komponist als Drehbuchautor und Produzent beteiligt war.

So lag es an Schumacher die schon fertigen Figuren zu führen und in den Film einzugliedern. Die Charaktere erhalten ihren Tiefgang am meisten durch ihre Melodien und Schumacher schaffte es ihnen trotz der eisernen Vorlage ein gutes Profil zu verleihen. Das Phantom war keine Horrormaschine, sondern eine gelungene Mischung aus einem „Engel der Musik“ und einer liebenden Person, in der sich düstere Abgrüne auftaten. Im Vergleich mit ihm waren Christine und Raoul fast natürlich wirkende Menschen. Die andere Seite der Charaktere waren Carlotta und die beiden Direktoren als herrliche Figuren am Rande der Karikatur.

Am besten war aber die wundervolle Ausstattung und geradezu opernhafte Inszenierung, die für mich diesen Film sehenswert und auch individuell macht. Schumacher geizte keinen Augenblick mit optischen Reizen. Allein die Anfangsszene, wenn sich der restaurierte Kronenleuchter wieder erhob, das Licht den Staub der Jahre vertrieb und den Film von schwarz-weiß in Farbe versetzte, war einfach effektvoll und atemberaubend.

Und immer wieder haben Schumacher und Webber Anleihen bei Opern gemacht. Wenn das Phantom auf der prächtigen Ballszene anklagend in die Menge schreitet, erinnert das an Verdis „Rigoletto“. Wenn sich die beiden Rivalen auf dem Friedhof gegenüber stehen, dann ist Donizettis „Lucia di Lammermoor“ nicht weit. Gelungen ist auch der Augenblick, wenn Christine begleitet von wunderschöner, melancholischer Musik durch den wabernden Trockennebel zum Grab ihres Vaters schreitet. Das sind schöne, theatralische Szenen. Davon gibt es in diesem Film sehr viele, sie sind mit viel Liebe zum Detail und mit Hang zur großen Gestik und großen Prunk inszeniert und sie wurden in tollen Aufnahmen und Kamerafahrten genial eingefangen.

------ Die Schauspieler ------

Die Naivität der Christine, die sich aus ihrer Jugend glaubhaft erschließt, war bei Emmy Rossum in besten Händen. Da sie schon in ihrer Kindheit neben Placido Domingo auf der Bühne der Metropoliten Opera, New York, stand, konnte sie im Amerikanischen diese Rolle sogar selber singen. Darstellerisch überzeugte sie mit natürlichem Spiel und mit einer differenzierten Mimik, die die Mischung aus traumwandlerischer Versunkenheit und zum Schluss hin dramatischem Einsatz deutlich unterstrich.

Patrick Wilson war der einzige, der seine Rolle in der Originalsprache nicht selber singen musste. Auch sonst war er in diesem Film nicht gerade gefordert. Dem Vicomte Chagny konnte auch die Regie nur die Facette des weißen Ritters abgewinnen, was diese Rolle in der Dreier-Konstellation Phantom – Christine – Raoul leicht abwertete. Natürlich sah Wilson in der Rolle gut aus, wie er schon mal energisch zum Degen griff und sich auf das Phantom stürzte.

Gerald Butler hatte als Besetzung für das Phantom bei mir im Vorfeld für einige Sorgenfalter gesorgt. Denn der Darsteller war schon einmal für mich an einer großen Rolle – dem Dracula in Wes Cravens „Dracula 2000“ – gescheitert. Und gerade diese Rolle fand Joel Schumacher so toll und da Butler das Phantom mit einer (ungeschulten) Tenorstimme auch selber singen konnte, hatte man den Darsteller schnell engagiert. Da sich Butlers Gesicht die meiste Zeit zur Hälfte unter einer Maske, befand, war die Mimik nicht immer so wichtig. Aber zum Ende hin bot Butler auch ohne Maske eine intensive Vorstellung und mit seiner großen Gestalt beherrschte er oft im Sinne des Films die Szenen.

Die Nebenrollen wurden angeführt von einer schön geheimnisvollen Miranda Richardson als Madame Giry, die mehr über das Phantom weiß als sie zugeben möchte. Als Diva Carlotta versteckte sich die karikierende Minnie Driver unter Puder und Perücke und die Direktoren waren bei den sympathischen und witzigen Herren Ciaran Hinds und Simon Callow in besten Händen.

------ Fazit ------
Das „Phantom der Oper“ ist ein äußert vielseitiges Kino-Erlebnis: Gedreht wie ein Film, gesungen wie ein Musical und inszeniert wie eine Oper. Doch dieser Film ist nur für diejenigen empfehlenswert, die sich damit abfinden können, dass in hier fast zwei Stunden und zwanzig Minuten durchgehend gesungen wird. Die Vorstellung wurde bei uns übrigens durch eine völlig überflüssige Pause unterbrochen.
Mir selbst hat die Mischung aus schönen Melodien und grandioser Optik so gut gefallen, dass ich dem Film 5 Sterne gebe.

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