Troja (DVD) Testbericht

Filmabende unter Freunden sind doch was Schönes. Besonders wenn man Tonnen an Knabberkram, eine gemütliche Couchgarnitur, viele Filme zur Auswahl sowie einen 1A-Videobeamer zur Verfügung hat. Jetzt stellte sich nur die Frage, mit welchem Streifen der DVD-Player nun gefüttert werden sollte. Nach eingehender Sichtung des Materials war der Fall für uns Frauen (wir waren in der Überzahl) klar : „Troja“ sollte es sein.

Warum ? Keine Frage. Spielen in Wolfgang Petersen’s monumentalen Sandalenepos doch Zuckerstückchen wie Brad Pitt, Eric Bana und Orlando Bloom mit, so dass wir Mädels uns einiges zum Gucken erhofften. Die Jungs zogen dann zum Glück gleich mit; gibt es neben schönen Männern doch auch blutige Schwertkämpfe, Schlachtszenen, Alt-Recke Peter O’Toole als König Priamos und Debütantin Diane Krüger zu sehen. Ein Film für die ganze Familie also :-)

Die Story:

Im Film geht es, der Titel läßt es vermuten, um die Legende über den trojanischen Krieg; zumindest so, wie Wolfgang Petersen sie sieht. Er benutzte zwar das von Homer um das 8.Jh vor Christi verfasste Versepos „Ilias“ als Vorbild, ließ jedoch sämtliche „übernatürlichen“ Elemente weg; um sich ganz auf die „wahren“ historischen Gegebenheiten konzentrieren zu können. Der Vollständigkeit halber mal ein Kurzabriss der Legende in ihrer ursprünglichen Form:

Es beginnt alles mit einem Schönheitswettbewerb, so kurios es klingen mag. Dem jungen Königssohn Paris erscheinen in einer Nacht die drei Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite, die ihn als Schlichter eines kleinen persönlichen Streits in Anspruch nehmen. Wer ist die reizvollste von Ihnen ? Hera, die Gattin des höchsten Gottes, Zeus? Athene, die kämpferische, tugendhafte ? Oder Aphrodite, die Göttin der Schönheit und Liebe ? Paris entscheidet sich für letztere und zieht damit den Zorn der anderen Damen auf sich. Aphrodite verpricht ihm jedoch zum Dank einen großen Lohn…

..den er wenig später erhält. Paris verliebt sich in die junge Königin Helena, Gattin des Königs Menelaos von Sparta. Da ihn die Liebe gar so fürchterlich peinigt, entführt er Helena und bringt sie in seine Heimatstadt Troja. Der gehörnte Menelaos ist natürlich nicht unbedingt begeistert und folgt ihnen, um seine Frau zurückzuholen. Paris’ Vater Priamos, König von Troja jedoch, will sie nicht herausgeben und schwört dadurch einen blutigen Krieg herauf, an dessen Ende die Zerstörung Trojas stehen wird - eingeleitet durch die berühmte List des legendären Griechen Odysseus, des Trojanischen Pferdes,in dem sich die griechischen Krieger versteckten und sich so in die Stadt schleichen konnten, da die Trojaner das riesige hölzerne Pferd als Siegestrophäe vorher in einem Triumphzug hinter die Stadtmauern gebracht hatten.

Petersen läßt nun die Vorgeschichte mit den drei Göttinnen weg, hält sich aber ansonsten relativ dicht an die historische Vorlage.

Der Regisseur

WOLFGANG PETERSEN, geboren 1941 in Emden, ist wohl der international erfolgreichste deutschstämmige Regisseur. Nach seinem Durchbruch mit "Das Boot" folgten Blockbuster wie "Die unendliche Geschichte", "In the Line of Fire", "Air Force One" und "Der Sturm". Von einer Verfilmung von Homer's "Ilias" träumte er angeblich schon als Gymnasiast, als der das Epos zum ersten Mal las. Als nächstes steht für ihn der Science-Fiction-Streifen "Enders Game" auf dem Programm.


Die Darsteller

BRAD PITT (Achilles) - Jeder kennt ihn. Brad Pitt war DER Frauenschwarm und DAS Gesicht der 90er. Dieses Image, dass er mit seinem leichtbekleideten (ohh, Baby!) Cowboy in "Thelma & Louise" begründete und mit Streifen wie "Interview mit einem Vampir" (ohhh, Baby!) und "Legenden der Leidenschaft" (ohhhhhhhhh, Baby!!) zementierte, gefiel ihm jedoch nie so richtig, so dass er sich auch an weniger körperbetonten und seriöseren Rollen versuchte. Heraus kamen sehr gute bis mäßige Filme wie "Sleepers", "Fight Club", "The Mexican", "Ocean's Eleven" oder "Sieben". Mit "Troja" kehrt Brad Pitt zumindest optisch wieder zu seinen "Mädchentraum"-Wurzeln zurück. Muskelbepackt, braungebrannt und mit langer blonder Wallemähne bildet er (plus einiger Nacktszenen) einen Teil der optischen Petersilie des Films. Leider stinken seine darstellerischen Künste in der Rolle gegen den schönen Anblick, den
er bietet, ab. Angelegt hatte Petersen seinen Achilles wohl als hartgesottenen Krieger; herausgekommen ist ein hübscher Unsympath, der nur mit einem einzigen Gesichtsausdruck herumläuft, Frauen übel behandelt und einen der wenigen Sympathieträger des Films grausam ermordet. Mit anderen Worten: Pitt passt in der Rolle nicht, und Petersen hätte sich ENTWEDER für die negativ gebrochene Heldenfigur oder den blonden Schönling entscheiden sollen. Beides zusammen, man sieht's, klappt nicht.

ORLANDO BLOOM (Paris) - auch hier finden wir einen Frauenschwarm, diesmal der jüngeren Generation. Orlando Bloom ist einem breiten Publikum erstmal mit der "Herr der Ringe" - Trilogie bekannt geworden, wo er den Elbenprinzen Legolas spielte. Danach war er u.a. auch neben Johnny Depp in "Fluch der Karibik" zu sehen. In "Troja" spielt er die Rolle des liebeskranken und recht jung und naiven Prinzen Paris, der durch die Entführung seiner liebsten Helena den trojanischen Kreig heraufbeschwört. Der 24jährige Engländer macht sich in der Rolle wirklich prima, man hat rein garnichts zu meckern - sofern man nicht viel erwartet, denn eine schwer auszufüllende Rolle ist die des Paris wirklich nicht. Fans können sich übrigens auf 2 neue Großprojekte mit ihrem Liebling freuen, als da wäre "Kingdom of Heaven", ein opulentes Kreuzfahrer-Drama, und der zweite Teil von "Fluch der Karibik", bei dem auch Johnny Depp und Keira Knightley wieder mit von der Patie sein werden.

DIANE KRUGER (Helena) - da kommt fast schon Nationalstolz auf, schließlich stammt das ehemalige Model, das hier sein Kino- Debüt gibt, aus Deutschland, genauer gesagt aus Algermissen bei Hildesheim (ganz in meiner Nähe). Vorher hatte sie schon einige kleine Rollen in französischen und kanadischen TV-Produktionen gespielt. "Troja" war dann die Initialzündung zu ihrer steilen Karriere, die immer noch kein Ende gefunden hat; es folgten Hits wie "Das Vermächtnis der Tempelritter" und "Sehnsüchtig". In "Troja" ist sie...na ja. Zumindest schön anzuschauen. Und das soll die "schöne Helena" ja nun auch sein. Auch wenn einige Leute bemängeln, dass Diane Krugers Kleiderständerfigur mitnichten dem antiken Schönheitsideal entspricht. Aber na ja, das ist eher nebensächlich, hier soll's ja um die Darstellung an sich gehen, und die ist meiner Meinung nach vergessenswert. Das mag auch daran liegen, dass sich Frau Kruger in der deutschen Version selbst synchonisiert, und das hört sich ein wenig seltsam an. Gestelzt irgendwie. Jedenfalls nicht so, dass man ihr die Rolle abnähme. Aber wie gesagt, es geht ja vorrangig ums Angucken.

ERIC BANA (Hektor): Dieser Darsteller hat mir mit Abstand am Besten gefallen. Eric Bana, der kurze Zeit lang auch als Nachfolger von "James Bond" Pierce Brosnan im Gespräch war, fiel das erste Mal international im Kriegsfilm "Black Hawk Down" auf und ergatterte später eine Hauptrolle, die ihn auf schnellstem Weg zum Superstar brachte - die des grünen Wutbolzens "Hulk" im gleichnamigen Film. In "Troja" spielt Bana Paris' älteren Bruder und den Thronfolger Hektor. Er versucht, das durch Helenas Entführung eingetretene Unheil noch abzuwehren, und versucht mit allen Mitteln, seinen jüngeren Bruder zu schützen. Das hat letztendlich seinen Tod zur Folge, denn er wird von Achilles im Kampf umgebracht. Man nimmt Bana diese Sorge um Bruder und Königreich wirklich sehr gut ab, er sielt glaubhaft und nicht so theatralisch und gestelzt wie gewisse andere Darsteller.

Auch die restlichen Darsteller des Films können sich allesamt mit dem Titel "Star" schmücken, doch alle hier ausführlich aufzulisten, würde zu lange dauern. Deshalb seien die bakanntesten von ihnen hier nur mal kurz genannt:

- Peter O'Toole als Priamos, König von Troja
- Brian Cox als Argamemnon
- Brendan Gleeson als Menelaos
- Sean Bean als Odysseus
- Saffron Burrows als Andromache
- Julie Christie als Thetis

Fazit:

Man sieht schon, die Besetzung ist mit Sicherheit nicht von schlechten Eltern. Petersen hat sein Epos bis in die kleinsten Nebenrollen exzellent besetzt - und für die Herr der Ringe-Fraktion auch einen kleinen Anreiz geliefert, indem er 2 der Gefährten in tragenden Rollen mitwirken läßt - Orlando "Legolas" Bloom und Sean "Boromir" Bean nämlich.

Dasselbe gilt für die Ausstattung, die ist nämlich ebenfalls bombastisch. Seien es nun die detailfreudig ausgestatteten Kostüme und Rüstungen, die absolut beeindruckenden Bauten oder die gigantischen Kriegsschiffe beim Aufmarsch der griechischen Armee - für die übrigens an die 50.000 Statisten im Einsatz waren (zumindest laut CINEMA). Man sieht schon, "Troja" soll großes Kino sein und ist es in dieser Hinsicht auch.

Nur an einem Faktor hapert es gewaltig, und das ist dann leider auch der wichtigste - "Troja" ist, bei allen wunderbaren Schauwerten und bei all den schönen Menschen, die mitspielen, so hohl wie ein Loch in einem Schweizer Käse. Was nützen die zweifellos toll inszenierten und mitreißenden Kampfszenen, wenn man emotional nicht von dem Film gefangen genommen wird ? Und das ist hier leider der Fall. Petersen hat sich offensichtlich so auf die Schauwerte konzentriert, dass er speziell die Geschichte und die Führung seiner Schauspieler außer acht gelassen hat. Das mag bei Urgesteinen wie Peter O'Toole oder Brian Cox nicht nötig sein (die haben schließlich genug Erfahrung, um ihr Handwerk zu verstehen), dafür aber umso mehr bei Jungstars wie Bloom und Kruger, die es hier absolut nicht hinkriegen, ihren Figuren emotionale Tiefe zu verleihen. Das Ergebnis: Der Zuschauer langweilt sich mit der Zeit. Zunächst ist man noch überwältigt vom schieren Bombast der Szenerie, aber mit fortschreitender Laufzeit (immerhin rund 163 Min.!) langweilt man sich immer mehr. Kampfszene reiht sich an Kampfszene, und irgendwann wünscht man sich, es wäre vorbei. Wenn man nicht inzwischen eingeschlafen ist.

Um ehrlich zu sein - ich war wirklich enttäuscht. Empfehlen möchte ich den Film nicht unbedingt - auch wenn er für hartnäckige Fans von Brad Pitt schon allein für die 1 Min. komplette Nacktszene (in der ungeschnittenen Version, wohlgemerkt) lohnt und sich Leute, die einfach nur auf schöne Bilder und weniger auf eine packende Story Wert legen, auch ganz gut amüsieren dürften. Mein Fall war es leider nicht :-(


Bare Facts:

Originaltitel: Troy, USA 2004
Regisseur: Wolfgang petersen
Länge: ca. 136 Min.
- DVD erhältlich bei amazon für 19,99 Euro -
FSK: 12, 16 für die ungeschnittene Version

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