Die Chemie des Todes. 6 CDs (Hörbuch) / Simon Beckett Testbericht

Hallo liebe LeserInnen,
Simon Beckett steht schon seit einer ganzen Weile in diversen Bestsellerlisten, oftmals sogar auf Platz 1. Eigentlich mach ich um solche Durchstarter gerne einen Bogen, aber ich bin nun mal auch Krimifan und konnte dann doch nicht widerstehen und wünschte mir zum Geburtstag gleich das doppelte Hörvergnügen, nämlich "Chemie des Todes" und den Nachfolger "Kalte Asche".

Eckdaten & Preis

Das Hörbuch besteht aus sechs CDs und damit 460 Minuten Lesung. Außerdem handelt es sich um eine gekürzte Lesung.
Preislich ist es bei Amazon für 9,95 zu haben, gebraucht über Marketplace oder Ebay findet man es sicherlich noch günstiger.

Der Autor

Simon Beckett absolvierte ein Anglistikstudium und war u.a. Englischlehrer und Schlagzeuger, bevor er 1992 als Journalist zu arbeiten begann. 2002 erschien sein erster Thriller Die Chemie des Todes um den britischen Rechtsmediziner Dr. David Hunter, und er begeisterte.
Heute lebt der britische Autor mit seiner Familie in seiner Geburtsstadt Sheffield.

Der Sprecher

Johannes Steck wurde am 15. März 1966 in Würzburg geboren und besuchte die Schauspielschule in Wien. Er arbeitete unter anderem an Theatern in Chemnitz, Würzburg und Darmstadt, bevor er zum Fernsehen wechselte. Es folgten Rollen in Serien wie u.a. In aller Freundschaft oder den Rosenheim Cops.
Mittlerweile liegt das Hauptaugenmerk auf seine Arbeit als Sprecher bei Hörspielen und -büchern.

Der Inhalt

Dr. David Hunter ist forensischer Anthropologe, aber nach dem Unfalltod seiner Frau und seiner Tochter kann er es nicht mehr ertragen, mit Leichen zu arbeiten, und hängt seinen eigentlichen Beruf an den Nagel.

Es zieht ihn in die Kleinstadt Manham in Norfolk, wo er als Landarzt Partner von Henry wird, der nach einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Sein beschauliches Landarzt-Leben endet jedoch jäh, als zwei Kinder eine stark verweste Leiche finden.
Linda Yates erzählt David, dass sie von Sally Palmer geträumt hat und daher vermutet, dass sie die Leiche ist und so kommt es, dass David zu Sallys Haus fährt und herausfindet, dass es sich um Sallys Leiche handelt.
Officer Mckenzie findet daraufhin heraus, dass David Forensiker ist und bittet ihn, wieder seinem eigentlichen Beruf nachzugehen und bei den Mordermittlungen zu helfen, was dieser auch tut. Doch noch während der Ermittlungen verschwindet wieder eine Frau - Lynn Matcafe.
Während die Suche nach Lynn läuft, wird die Spannung in Manham immer deutlicher, besonders da der Mörder die Umgebung des Dorfes mit gefährlichen Fallen gespickt hat.

Während im Dorf Misstrauen und Angst regieren, die sich auch gegen David als Außenseiter richten, gerät auch seine neue Liebe Jenny ins Visier des Mörders.

Meine Kritik

Stil
****
Eine Besonderheit des Romans ist, dass er größtenteils in der Ich-Perspektive geschrieben ist, nämlich aus der Sicht David Hunters. Normalerweise ist der Autor damit ja auf die Sicht der Hauptperson festgelegt, aber Simon Beckett wechselt gelegentlich die Perspektive, hauptsächlich wenn es um den Mörder und die Opfer geht. Dies lässt den Zuschauer glauben, dass er den Ermittlern immer ein Stückchen voraus ist, was sich allerdings als Trugschluss darstellt.
Natürlich werden auch die Leichen und ihre Zersetzung mit Hilfe von Maden und Fliegen näher beschrieben, was für einige Hörer sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig ist. Ich selbst fand es ganz interessant, vor allem da es streng wissenschaftlich geschieht und nicht zu reißerisch wirkt, essen sollte man dabei aber vielleicht nicht.

Ebenfalls bemerkenswert, wie sehr Simon Beckett es versteht, die Figuren darzustellen und ihnen Leben einzuhauchen.
Simon Beckett bindet unheimlich viele Figuren in die Story ein, aber hauptsächlich geht es natürlich um die Figur von Dr. David Hunter, der auch sehr sympathisch und realistisch agiert. Hier gefällt mir vor allem, dass es nicht so ein typischer Held ist, der immer perfekt ist. Im Gegenteil, er wirkt meist eher ruhig und nachdenklich, gar nicht so superheldenmäßig.
Normalerweise konzentriert ein Autor sich ja eher auf seine Hauptperson und vielleicht noch ein oder zwei Nebendarsteller, aber bei Simon Beckett sind wirklich alle Hauptpersonen hervorragend ausgearbeitet und ihr Verhalten auch nachvollziehbar. Selbst kleine Rollen, wie die von Jennys Freundin wirken noch lebensnah und das gefällt mir sehr gut.
Story
******

Im Mittelpunkt der Geschichte steht natürlich die rätselhafte Mordserie in Manham.
Für mich auf jeden Fall das spannendste am ganzen Hörbuch und die Schilderung ist sehr gut gelungen und der Hörer ist durchaus geneigt, immer mit den Ermittlern mitzurätseln, wer denn nun für den Schlamassel verantwortlich ist. Zusätzlich werden auch einige falsche Fährten gelegt und auch der Perspektivwechsel tut sein Übriges für die Spannung. Ich muss allerdings sagen, dass ich recht früh einen Verdacht hatte, der sich schließlich dann auch bestätigt hat. Aber da ich mir nie ganz sicher war, hat mich dies nicht sehr gestört.
Aber eine ganz andere Sache ist mir hier doch sehr sauer aufgestoßen: Obwohl McKenzie und Hunter fleißig ermitteln, hilft ihnen leider nur der totale Zufall, um endlich den Durchbruch zu erzielen. Obwohl der Autor noch eine gesuchte Ablenkung als Grund ins Spiel bringt, wirkt es doch arg unrealistisch, dass David Hunter erstmal gemütlich nen unangekündigten Hausbesuch macht, obwohl seine Freundin in Todesgefahr schwebt.
Bei der Chemie des Todes handelt es sich nicht nur um einen Kriminalthriller nach dem Schema F, das zeigt schon die Tatsache, dass sich Beckett nicht nur auf die Morde und deren Lösung konzentriert. Einen großen Platz nimmt auch das Dorf Manham ein, denn die Bewohner sind durch die Morde natürlich verängstigt und aufgebracht. Nach und nach verändert sich die Stimmung der Einwohner und Angst und Misstrauen steigen rapide an, so dass es schnell zu Übergriffen auf bekannte Außenseiter des Autors kommt und auch Verdächtigungen sind an der Tagesordnung. Beckett schafft es hier gekonnt, eine düstere und beklemmende Atmosphäre zu erzeugen, die bisweilen sogar unheimlich wirkt. Auch die Sozialkritik in diesen Abschnitten kommt nicht zu kurz, denn natürlich gibt es einige Individuen, die versuchen, die Pogromstimmung für sich zu nutzen.

Auch die Liebe soll natürlich nicht zu kurz kommen und so geschieht es, dass David Hunter während seiner ganzen Mördersuche auch noch ein Mädchen findet, die Lehrerin Jenny. Positiv auffallend, dass auch hier kein Superheldenimage aufkommt und David nicht mal eben mit Jenny in die Kiste hüpft und gegessen ist das Ding, sondern die Beiden lassen es langsam angehen und ihre Zuneigung entwickelt sich eher nach und nach. Allerdings ist die Story in diesem Aspekt für mich einfach zu vorhersehbar, denn natürlich gerät gerade Jenny ins Visier des Mörders.
Zusätzlich gibt es auch noch eine kleine, mystische Komponente im Roman, die sich um Träume handelt. Sally Palmers verfügt scheinbar über eine Gabe, sie ist eine Wahrträumerin und führt David Hunter so auf die Spur des ersten Opfers und auch vom zweiten Opfer hat sie einen Traum. Auch David träumt intensiv, meist von seiner verstorbenen Frau und Tochter. Mir persönlich hätte das Hörbuch ohne diese ganzen Träumereien noch besser gefallen und es zerstört so ein wenig die realistische Atmosphäre. Und eine verstorbene Ehefrau, die David im Traum die Absolution für seine neue Liebe erteilt, ist mir einfach entschieden zu kitschig.

Sprecher
**********
Zunächst einmal muss man anmerken, dass Johannes Steck ganz auf seine Stimme angewiesen ist, denn das Hörbuch kommt ganz ohne weitere Geräusche und Musik aus.
Steck bietet hier allerdings wirklich eine hervorragende Leistung, David Hunter wird von ihm meist als ruhiger, nachdenklicher Mensch dargestellt, aber auch etwaige Gefühlsausbrüche bekommt er gekonnt hin. Zudem spricht Johannes Steck jede Figur ein wenig anders und verleiht ihnen so eine ganz eigene Charakteristik. So hört man Pfarrer Scarsdale die Verschlagenheit und Berechnung an der Stimme an und auch aus Tina spricht die Lebensfreude. Das ist wirklich gekonnt, ganz selten jedoch scheint es mir ein wenig übertrieben, so dass es eher an eine Karikatur erinnert.
Zur Höchstform läuft der Sprecher jedoch auf, wenn die Spannung steigt, dann bekommt seine Stimme eine ganz eigene Dynamik und Dramatik, so dass der Hörer atemlos vor dem CD-Player sitzt und richtig mitfiebern kann.
Wie ihr schon lesen könnt, bin ich von Johannes Steck wirklich überzeugt und hoffe, ich höre ihn noch häufiger.

Fazit

Bei der Chemie des Todes handelt es sich auf jeden Fall um einen hochklassigen Kriminalthriller, bei dem das Zuhören Spaß macht. Die Handlungen sind recht breit angelegt und auch die Mordserie hält den Hörer in Atem, ohne allzuviele Ekelmomente dabei zu haben, für eine Gänsehaut reicht es aber allemal. Auch der Protagonist Dr. David Hunter wirkt sehr sympathisch und ich selbst finde es ganz erfrischend, dass es sich nicht um einen klassischen Held handelt, sondern um einen ganz normalen Menschen, der auch seine Fehler hat.
Storytechnisch gibt es - wie gesagt - ein paar kleinere Dinge, die mir nicht so gefallen haben, gerade der eigentliche Durchbruch zur Aufklärung der Morde scheint mir zu konstruiert und so ein bisschen hab ich mich schon gefragt, was den Hype bei Beckett ausmacht.
Der Sprecher Johannes Steck tut sein übriges und macht aus einem guten Hörbuch ganz klar ein richtiges Hörvergnügen, von mir also eine klare Empfehlung.

Vielen Dank fürs Lesen, Bewerten und ggf. Kommentieren
LG Ariane/Himmelsstuermerin