Logitech G9 Laser Mouse Testbericht

Ein bißchen komisch sieht sie ja aus, die "G9" und der Name klingt ein bißchen wie aus einem Werbeprospekt von Heckler&Koch. Martialisch halt. Aber es ist tatsächlich eine Maus...
Das Produkt
Fangen wir erstmal mit dem Produkt an :
Es besteht aus anthrazitfarbenem Plastik und hat an der Unterseite zwei Tasten, die Öffnung der Abtastoptik und zwei größere PTFE-Gleitflächen vorn und hinten. Die eine Taste ist quasi die "Kupplung" des Mausrades, über sie kann die Rasterung oder das freie Drehen eingeschaltet werden, was Logitech marketingwirksam "Microgear" nennt.
An der Rückseite sind zwei Flächen zum Eindrücken - die untere ist die Verriegelung der Mausschale, die obere fördert eine kleine Plastikschublade für Tuninggewichte zutage. Mehr dazu später.
An der Daumenseite sind zwei eingelassene Tasten angebracht, die ohne Griffschale so gut wie nicht zu bedienen sind. Oben auf der Maus befinden sich die obligaten Maustasten, das Mausrad ist aus Aluminium und hat eine Art "Gummibereifung", also ein Bereich an dem Gummi für mehr Grip sorgt. Das Mausrad lässt sich sowohl als dritte Maustaste als auch als Kippschalter benutzen - eine patentierte Technologie, die man seinerzeit von 3Dconnexion abgeschaut hat, die eine ähnliche Technologie hatten.
An der linken Maustaste ist zusätzlich eine Wippe angebracht, über die die Mausempfindlichkeit gesteuert werden kann ohne die Hand von der Maus zu nehmen. Eine Anzeige bestehend aus einem laufenden Männeken und drei schrägen Strichen rundet das ganze ab.
Die Maus ist eine reine Kabelmaus, was in soweit gut ist, als das sie ihren Strom direkt vom PC bekommt und nicht billige Akkus einem den Spaß vermiesen. Auch ist das Ansprechen besser bei einer Kabelmaus als bei einer Funkmaus, da keine Latenzzeit besteht und die Funkstrecke auch nicht durch DECT, WLAN und Bluetooth oder einen alten Mikrowellenofen gestört wird. Das Kabel sieht wertig aus und steckt in einer Textilhülle, ähnlich wie bei einem Bügeleisen.
Verpackung und Zubehör
Zur Maus gehört noch ein kleines Metalldöschen, das die Tuninggewichte aufnimmt sowie zwei Mausgriffschalen.
Eine Treiber-CD liegt nicht bei. Es wird davon ausgegangen, das man sich die notwendigen Treiber beim Anschluss aus dem Internet zieht, eine Anleitung ist nur auf Englisch und Französisch, Portugiesisch und Spanisch verfügbar, enthält aber nur ein paar nutzlose Skizzen und ein paar Buzzwords aus dem Marketingbereich, wie man die Tuninggewichte wechselt oder die Maus reinigen soll, darauf wird nirgendwo mit einem Wort eingangen. Eine CE (Communitee Europe)-Zertifizierung fehlt vollständig, aber das hätte man eigentlich erwartet.
Treiber
Der Maustreiber (derzeit Version 5.00 von Setpoint) ist nur 18.8 MB gross und damit für Logitech ungewöhnlich klein, wo man doch schon fast an Downloads von 180MB gewöhnt war. Allerdings verträgt er sich nicht wirklich mit vorherigen Versionen von Setpoint (z.B. 4.62) und so muss man sich von alten Treibern zwangsläufig trennen, um Abstürzen vorzubeugen. Das ist natürlich kein Problem, solange man nicht exklusive Logitech-Bluetooth-Tastaturen oder ähnliche Eingabegeräte von Logitech benutzt.
Leider ist und bleibt die Treibersoftware die Achillesferse aller Logitech-Produkte und mich hätte es als kritischer Tester wirklich gewundert, wenn die Jungs das endlich in den Griff bekommen hätten.
Achso : Es gibt unzählige Möglichkeiten, im Treiber die Maus einzustellen - von der Belegung der Maustasten mit bestimmten Makros bis hin zur Einstellung der individuellen LED-Farbe geht fast alles einstellen, auch wenn vieles davon ziemlich schwachsinnig ist, z.B. unterschiedliche Auflösungen der Maus in horizontaler und vertikaler Richtung.

Funktion der Maus
Getestet wurde sie auf verschiedenen Oberflächen bei etwa gut praxistauglichen 1800 dpi und 1000 Signalen/Sekunde ans USB.

• Holzfurnier Buche gedämpft : sehr gut, kein Springen


• Holzfurnier Buche natur : sehr gut, keine Beanstandung


• Steelpad 4D glatte Seite : sehr gut, kaum Widerstand


• Steelpad 4D rauhe Seite : sehr gut, sehr präzises Arbeiten möglich


• Papier, weiß : keine Beanstandung


• Edelstahl gebürstet : keine Beanstandung

Kritik
Ein paar Kritikpunkte bleiben natürlich nicht außen vor, aber hier hat Logitech wirklich die Möglichkeit, in nächster Zukunft zu reagieren und ein Nachfolgemodell auf den Markt zu bringen, das die folgenden Mängel noch abstellt :

1. Das Microgear-Rad lässt sich nicht von der Oberseite aus ein- oder auskuppeln. Das ist insoweit dem Bedarf hinterher, als das man zwischen Spielen (mit Raster) und Arbeiten (ohne Raster im Freilauf) meist nicht extra die Maus anhebt und die entsprechende Taste drückt. Auch beim Arbeiten mit CAD wäre eine Kuppelung auf der Oberseite ideal gewesen, da man dann ohne Rasterung Zoomen könnte... Außerdem liegt das Mausrad viel zu tief im Gehäuse, womit man die seitliche Kippfunktion leidlich bedienen kann. Dennoch fällt es wegen der breiten Form des Mausrades wesentlich leichter, es als mittlere Maustaste zu nutzen.


2. Zwei mitgelieferte Mausschalen (eine davon ist bereits montiert) sind ausgesprochen nett, der Unterschied der beiden ist sehr enorm :
   Nummer eins ist super zu verwenden, passt sich auch in mittelgroße Hände wunderbar ein, aber auch ohne ein wirklicher Handschmeichler wie die MXrevo oder MX1000 zu sein, trotzdem fühlt sie sich gut an von den Abmessungen - das große Manko ist aber die Softgrip-Oberfläche, die sich anfühlt wie Samt. Wer Logitech kennt, der weiß das diese Oberfläche sehr schnell verschmutzt und vielleicht so an die 3-4 Monate hält, bevor der Lack ab ist, denn es ist einfach nur eine Beschichtung.
   Die zweite Schale ist da besser, sie ist rauh wie Sandpapier, aber auch viel schmaler, die Daumenablage ist längst nicht so gut gelöst wie an der ersteren, aber dafür hat man das Griffgefühl, auf angerauhtem Beton unterwegs zu sein. Die Oberfläche macht einen langlebigen Eindruck, zumindest längerlebig als der Lack auf der anderen und dazu ist die Schale durchgefärbt, es wird also weniger zu einem Abblättern des Lackes kommen als bei der anderen.
   


3. Die Treiber machen derzeit einen recht stabilen Eindruck, aber sind an Einstellungsvielfalt vollkommen überladen. Einerseits ist es gut, möglichst viel einstellen zu können, denn nur so hatte ich die Möglichkeit, die Maus wirklich so einzustellen, das sie optimal auf meine Gewohnheiten reagierte, aber die Auflösung in jede Richtung einstellen zu können, ist m.E. einfach zuviel des Guten. Auch die Farben der Maus sind eher Gimmick als große Hilfe, sieht man von der Unterscheidbarkeit der einzelnen Anwenderprofile in der Maus ab, die aber eigentlich auch nicht soviel bringen.


4. Der Preis - ich weiß ja nicht, wer bei Logitech für die Preispolitik zuständig ist, aber derzeit kostet die G9 laut idealo.de im Schnitt 66 Euro, bei vielen Händlern geht sie für 79 Euro über den Ladentisch, bei Logitech's Onlineshop kostet die Maus laut Liste 99,90 Euro und ich habe sie für 56 Euro erworben. Die Spannen sind also ganz erheblich aber selbst für 56 Euro ist die Maus noch überteuert, wenn man bedenkt für wieviel Geld dort Material verbaut ist. Ein Preis von 39 Euro wäre durchaus angemessen und vertretbar, zumal sie sich eigentlich von Konkurrenzprodukten kaum abhebt - als Maus verrichtet sie ihren Dienst wie andere ihren Dienst und wer sie in der Hand hat, fragt sich aufrichtig, warum er soviel Geld für sie ausgeben soll.



5. Die Verpackung - Also ich kann ja verstehen, daß das Auge mitkauft, aber muss es eine so aufwendige Verpackung sein mit Magneten zum Aufklappen und viel Hochglanz und Plastik etc. ? Ich fände es schön, wenn Logitech sich dazu durchringt und ökologischer denkt. Statt Verkaufsverpackungen, die wahrscheinlich fast so teuer sind wie die darin enthaltenen Produkte, sollte mal ein Gang zurückgeschaltet werden. Schalen aus recycletem Karton sind bei Nokia und anderen Herstellern gang und gäbe und schonen vor allem die Umwelt. Ein einfacher Karton ohne Schnickschnack oder wenn aufwendig, dann eine Verpackung mit Mehrwert (z.B. als keine Transportbox zur LAN-Party) wären wesentlich besser.

Fazit
Die G9 Laser von Logitech ist eine außerordentlich gut verarbeitete Maus mit kleineren Schwächen und ungewöhnlichem martialischem Design, was ein wenig an Anime Mecha aus Japan oder postnuklearem Endzeitszenario erinnert und damit etwas gewöhnungsbedürftig ist. Die Einstellmöglichkeiten sind enorm und vielleicht etwas übertrieben, die wechselbaren Schalen machen eine Marktlücke für professionelle Modder auf.
Bisher leistet sie im Bürobetrieb gute Dienste und zieht viele Blicke an, funktioniert im Freizeitbereich sehr gut. Für den professionellen CAD-Einsatz ist sie gut geeignet, da sie einen sehr zuverlässigen Eindruck hinterlässt und mit der breiten Schale bequem ist.
Ich empfehle trotz der oben genannten Kritik am Softgrip-Lack die XL-Schale draufzulassen, bei mittelgroßen Händen bereitet die kleinere Schale nach einigen Stunden Schmerzen am Daumenballen und man vermisst die gute Daumenablage. Für sehr große Hände ist die Maus eher nicht geeignet. Jemand mit kleineren Händen dürfte auch Probleme haben, da die Maus sehr breit baut. Aber die Ergonomie ist bekanntlich eine sehr subjektive Sache und muss daher von jedem selbst entschieden werden.
Auf jeden Fall bieten die Schalen für wahre Do-it-yourself-Freaks und Modder mit dem nötigen Hintergrundwissen individuelle Verbesserungsmöglichkeiten, denn die Form der Schalen ist recht einfach mit wenigen Hinterschneidungen, womit im heimischen Hobbykeller es möglich wäre, entsprechende Abgüsse zu fertigen und diese seiner jeweiligen Hand individuell anzupassen.
Die Frage nach der Dauerhaltbarkeit stellt sich auf jeden Fall noch und dementsprechend wird es hier in diesem Testbericht noch den einen oder anderen Nachtrag geben.

Ich würde mich über einen Kommentar sehr freuen und beantworte auch gerne weitere Fragen zum Produkt, wenn Ihr welche habt.