Rockferry - Duffy Testbericht

Ihre Stimme ist kraftvoll und sanft zugleich, hat einen hohen Wiedererkennungswert und kommt in Kombination mit 60er-Jahre Motown-Sound wunderbar zur Geltung. Damit gehört sie zu den Sängerinnen, die derzeit mit diesem oder einem ähnlich nostaltischem Soulformat erfolgreich sind , selbst wenn ihr neues Album „Rockferry“ hierzulande noch eher unbekannt ist – was sich hoffentlich noch ändern wird. Die zumeist tanzbare Musik geht sofort ins Ohr und ist für wirklich jeden Anlass und jede Stimmung passend: Ob zum Entspannen, als Hintergrundmusik, für die nachdenklichen Stunden oder für einen gemütlichen Abend zu zweit bietet Duffy genau die richtige Mischung aus gefühlvollen und abwechslungsreichen (wenn auch nicht unbedingt von der Thematik her..) Songs.

Bis zum Album „Rockferry“ war es für die 23-Jährige allerdings ein steiniger Weg. Als kleines Kind zog sie mit ihren Eltern von Wales nach England und musste in der Schule die englische Sprache lernen, mit der sie sich laut eigener Angabe nach wie vor nicht wohlfühlt. In dieser Zeit lernte sie die Musik als Ausdrucksmittel kennen. Nach der Schulzeit bereiste sie schlussendlich als Sängerin Europa und kam währenddessen kaum über die Runden. Erst 2003 stellten sich erste Erfolge ein, als sie als Zweitplatzierte eine walisischen Castingshow verließ und daraufhin von Jeanette Lee entdeckt und gefördert wurde. Vielleicht sind es diese Erfahrungen, die ihrer Stimme das gewisse Etwas verliehen..

1. Rockferry (04:13)
„Rockferry“ beginnt mit einem hart und trocken gespielten Piano, gleich danach folgt die hauchdünne und sehr feminin klingende Stimme von Duffy, die zunächst in kurzen, dann in längeren Sätzen über eine Ort namens Rockferry spricht, zu dem sie morgen aufbricht. Dort möchte sie ein Haus aus Trauer und Kummer bauen, um einen Schatten zu haben, in dem sie sich verstecken kann. Außerdem verspricht sie, keine Briefe zu schreiben, weil es einfach nicht ihre Art ist. Wenn man den Text bis zu diesem Punkt betrachtet, kommt die Vermutung auf, es handle von Liebeskummer oder einem depressiven Zustand – stimmt soweit auch. Jedoch kommt sie letztendlich zu dem Schluss, dass sie sich von nichts unterkriegen lässt und jeden Kampf gewinnen will. Gewissermaßen also ein Song der beides Vermischt: Einerseits die „Phase des Untergangs“, andererseits das Wiedererlangen von Hoffnung und Kraft.

2. Warwick Avenue (03:47)
Das zweite Lied auf dem Album ist sehr ruhig: Mit sehr viel Gefühl und Warmherzigkeit singt sie, durch leise Schlagzeugrhytmen, sanften Bass und Streichinstrumente begleitet, über ein letztes Treffen mit einer wichtigen Person in der Warwick Avenue. Anscheinend hat Duffy diese Person schon oft verlassen, diesmal soll es jedoch für immer sein, da sie „frei sein will“ und sich sicher ist, dass sie von ihr nicht geliebt wird. Sie meint auch, dass sie verletzt wurde, aber deshalb keine Tränen vergießen wird. Ich schätze, der Song soll schlicht und ergreifend aussagen, dass man sich manchmal von einem Bann lösen und sich selbst überwinden muss (indem man z.B. einen Menschen verlässt, der einem nicht unbedingt gut tut), um das wahre Glück zu finden..

3. Serious (04:11)
„Serious“ handelt nun nicht mehr nur indirekt von Liebe, es ist schon sehr offensichtlich das Hauptthema dieses dritten Liedes. Das Wort „Serious“ kommt auch im Refrain vor, der eigentlich den übrigen Text vollständig erklärt: „Tell me.. can we ever be serious in love?“ Die kurze Einleitung in das Lied deutet eventuell daraufhin, dass sie das Ganze auf einen alten Freund bezieht: „Ich wollte schon immer sehen, welche Farben dein Schicksal trägt. Ich wollte schon immer wissen, ob wir aufwachsen..“ Aber: Auch hier ist das Lied nicht ganz frei von negativen Aspekten. Denn es geht darum, dass er seine wahren Gefühle nicht zeigt und stattdessen mit ihr wie mit einer Trophäe umgeht. Entsprechend wütend, gleichzeitig jedoch auch einen Touch gekränkt klingt sie auch, während sie singt und dabei von Gitarren, einem Schlagzeug und Hintergrundsängerinnen begleitet wird.

4. Stepping Stone (03:29)
Weiter geht’s mit Liebe – wobei man „Stepping Stone“ durchaus auf vieles beziehen kann. Konkret geht es darum, dass sie einen Menschen vor längerer Zeit aus ihrem Leben verbannt hat. Plötzlich kommen ihre Freunde und haben ihn wieder mitgebracht – was alte Erinnerungen hervorruft. So singt sie zum Beispiel, dass er zwar Liebe in sich habe, doch keine Liebe für sie und sie deshalb nicht kleinbeigeben und zu seinem „Trittstein“ wird – sie setzt einfach das freundliche Gesicht auf und verbirgt, was tatsächlich in ihr vorgeht. Weil er sonst seine Spielchen (erneut) spielen würde, die sie nur verletzen würden. Im Hintergrund hört man ein Klavier, zwischendurch setzen Rascheln ein – könnte als Ballade durchgehen.

5. Syrup & Honey (03:18)
„Syrup & Honey“ ist ein ganz besonderer Song des Albums. Nicht nur, dass er fast vollständig ohne Instrumente auskommt (und die wenigen, die man hört, sind nebensächlich), er legt die wirklich brillanten Gesangskünste von Duffy auf den Tisch und bietet inhaltlich auch etwas seltenes. Zwar geht es auch hier um Liebe, jedoch weniger darum, jemanden schlecht zu machen oder einfach nur ein Liebesbekenntnis zu formulieren. Vielmehr ist es ein Flehen an irgendjemanden (Name wird nicht erwähnt): Er soll aufhören, seine Zeit zu vergeuden und sie alleine zu lassen. Der Text ist an und für sich recht kurz, wirkt aber durch die Duffys Art zu singen recht lang, ohne langweilig zu werden.

6. Hanging On Too Long (03:56)
Etwas nachzurennen obwohl es eigentlich sinnlos ist, ist sinnlos. Ob es sich dabei um einen Job dreht, den man ohnehin nicht ausüben kann oder mittels man seinen Lebensunterhalt nicht finanzieren kann, oder ob es um einen Partner geht, der schon weit weg ist. Das ist der Inhalt dieses Liedes. Duffy singt, während sie von Geigen und leichten Bässen begleitet wird, über ihre Hoffnungen und Einbildungen, ihre Fehler und ihr falsches wissen. Sie wusste schon lange, dass es sinnlos ist, „dem“ nachzulaufen, weil es aussichtslos ist. „Er“ ist schon lange fort und sie hoffte immer noch, dass er Abends zu ihr zurückkehren wird. Solche Dinge gesteht sie sich hier ein und wirkt dadurch recht sympathisch – zumal das auch ein wertvoller Ratschlag ist, sich nicht an etwas oder jemandem festzuhalten, das schon längst irgendwo anders ist.

7. Mercy (03:40)
„Mercy“ ist die erste Singleauskopplung aus dem Album. Dazu gibt es auch ein Video – mit einem Flair, wie ihn normalerweise nur alte Streifen ausstrahlen. Etwas vernebelt, schicke Kleidung, in der Mitte die singende Duffy, viele akustische Instrumente (Rascheln, Schlagzeug, Gitarre..) und Menschen, die tanzen. In „Mercy“ bittet sie um Gnade und Verzeihung, obwohl das völlig paradox ist, da der rest des Songs davon handelt, dass sie will, dass man(n) aufhört, mit ihr zu spielen. Beim Refrain tritt Duffy im Sprechgesang auf – zum Glück nur im Hintergrund und leider unverständlich, so dass das etwas nervig wirkt. Sonst ein wahres Schmuckstück der Platte!

8. Delayed Devotion (02:58)
Chancen soll man bestenfalls sofort ergreifen – auch in der Liebe, wie uns Duffy in „Delayed Devotion“ berichtet. Ihre Stimme klar im Vordergrund, hinter ihr ein Klavier, Schlagzeug und die üblichen Verdächtigen – darunter auch die Raschel – spricht sie von jemandem, der zu lange gewartet hat, um sich ihr zu nähern; und wenn er es versucht hat, dann nur durch Lügen. Das hat sie selbstverständlich bemerkt und ihn fallen lassen. Anstatt es sofort auf eine ehrliche Weise zu versuchen, zog er es vor, erstmal gar nichts zu unternehmen.. bis es zu spät war und sie ihn komplett abgeschrieben hat. Trotzig klingt sie hier, trotzig ist der Text – passt prima zusammen.

9. I'm Scared (03:09)
Erinnerungen plagen sie. Erinnerungen an schönere Zeiten, mit jemandem besonderen. Ja, es geht wieder um Liebe. Nein, es klingt nicht annähernd so wie eines der vorherigen Songs. Sie sieht in ihr Tagebuch und stellt fest, dass es, seit „er“ gegangen ist, ohne Einträge geblieben ist (evtl. eine Metapher für Leere), „sein“ Bild steht noch immer am Piano und sein Kaffee steht nach wie vor neben seinem Buch. Und sie hat Angst vor jedem neuen Tagesanbruch, weil die „Angst in ihr“ einfach nicht verschwinden will. Dieses Lied ist recht ruhig – bis auf ihre Stimme nimmt man kaum etwas wahr, weil diese erneut die volle Aufmerksamkeit auf sich zieht.

10. Distant Dreamer (05:05)
„Distant Dreamer“ ist das letzte Werk und entfernt sich inhaltlich von den anderen Songs. Es geht nicht um Liebe, sondern um Zukunft – um Träume, die jeder von uns hat und sich zu erfüllen erhofft (oder schon erfüllt hat). Duffy träumt beispielsweise von einem Ort, weit weg von dem ihren, träumt von den Dingen, die sie in ihren Leben gerne machen möchte – und genau diese sind es, die sie dazu bringen, nicht aufzugeben, sondern den Kopf oben zu behalten und nach vorne zu sehen. Rascheln, Geigen, Bässe und Schlagzeuge begleiten sie, während sie sehr kraftvoll erzählt.

---> Die CD
Künstlerin: Duffy
Album: Rockferry
Sprache: Englisch
Erscheinungsdatum: 04.03.2008
Preis: 14,95 EU

---> Fazit
Obwohl sich die meisten Lieder um Liebe drehen, klingt nichts gleich oder wird gar langatmig. Duffy hat eine wundervolle Stimme, die nie langweilig wird und die jedes Lied ganz speziell macht. Auch wenn knapp 15 Euro für gerade einmal zehn Lieder etwas teuer erscheinen mag: Hinsichtlich der Qualität ist das absolut verkraftbar. Songs wie „Syrup & Honey“, bei denen man einfach nur lauschen und entspannen kann, ebenso wie stimmige Tanzrythmen („Mercy“) oder eher nachdenkliche wie „Rockferry“ bieten eine hohe Vielfalt und damit für jede Stimmung, Jahres- und Tageszeit genau das richtige. Wer also etwas mit 60er-Jahre-Sound anfangen kann, unbedingt zuschlagen.