Katzenbach, John Das Opfer Testbericht

John-katzenbach-das-opfer
ab 8,71
Auf yopi.de gelistet seit 06/2008
5 Sterne
(4)
4 Sterne
(2)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  gering
  • Spannung:  sehr gering
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  sehr ausschmückend

Erfahrungsbericht von BulmaZ

Machtlos.

5
  • Niveau:  anspruchslos
  • Unterhaltungswert:  sehr gering
  • Spannung:  sehr gering
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  sehr ausschmückend
  • Zielgruppe:  Männer

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Es gibt Autoren, die einen entgegen bisheriger Erfahrungen maßlos enttäuschen können mit ihren Machwerken. So sehr, dass man keines derselben mehr anfassen möchte, obwohl die rückseitige Inhaltsangabe vielleicht doch eigentlich recht spannend und vielversprechend klingt. So ging es mir vor geraumer Zeit mit John Katzenbach. Vor zwei Tagen jedoch griff ich dann doch noch zu einem seiner beiden Romane, die bei mir noch stehen. Schuld daran waren wohl die letzten beiden positiven Beiträge, die ich hier kürzlich gelesen hatte. Ob der Gute also diesmal besser davon gekommen ist?

Das Opfer - John Katzenbach

°°°°°°°Bezugsquelle & Preis°°°°°°°°°°

Gekauft habe ich die gebundene Ausgabe des Romans vor Ewigkeiten mal bei eBay. Dort habe ich ca. 10,00 € bezahlt. Inzwischen gibt es das Buch als Taschenbuchausgabe zum Preis von 8,95 €.

°°°°°°°Kaufgrund°°°°°°°°°°°

Als ich mich damals entschied, das Buch unbedingt haben zu müssen, hatte ich grade Katzenbachs erste beiden Romane ["Die Anstalt" und "Der Patient"] mit großer Begeisterung verschlungen. Wer zweimal einen so grandiosen Volltreffer gelandet hat, muss auch in der Folge gut sein, so dachte ich. Warum ich das frisch ersteigerte Objekt der Begierde nicht sofort gelesen habe, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass ich das Buch nicht mehr lesen wollte, nachdem "Der Fotograf" so ein riesen Griff ins Klo war.

°°°°°°°Eckdaten zum Roman°°°°°°°°°

Titel: Das Opfer
Originaltitel: The wrong man
Autor: John Katzenbach
Übersetzerin: Anke Kreutzer
Verlag: Droemer [Hardcover]
Erscheinungsdatum: Februar 2007
Genre: Psychothriller
Seitenanzahl: 653 Seiten

°°°°°°Der Autor°°°°°°°°°°

John Katzenbach war Gerichtsreporter für den Miami Herald und die Miami News, bevor er Schriftsteller wurde. Sein Debüt "In the Heat of the Summer" (dt: Das mörderische Paradies) wurde für den Edgar Award nominiert. John Katzenbachs größter Erfolg war der Roman "Just Cause", welcher erfolgreich mit Sean Connery unter dem Titel "Im Sumpf des Verbrechens" verfilmt wurde. Seine beiden letzten Romane "Die Anstalt" und "Der Patient" wurden von den US-Kritikern mit Lob überschüttet und sorgten auch in Deutschland für ein beachtliches Comeback. John Katzenbach lebt in Massachusetts.

www.buchtips.net

°°°°°°Die Geschichte°°°°°°°°°

Ashley Freeman ist eine junge und aufstrebende Kunststudentin. Ihr stehen alle Türen im Leben offen und sie hat eine ruhmreiche Zukunft vor sich. Wäre da nicht diese eine fatale Nacht, die sie, leicht angetrunken, mit dem jungen Michael O'Connell verbringt. Denn fortan stellt Michael ihr nach und will sie nur für sich haben. Nachdem Ashley ihm mehrmals klar gemacht hat, dass ihr die gemeinsame Nacht nichts bedeutet hat, greift Michael zu härteren Bandagen.
Die junge Frau weiß sich irgendwann nicht mehr anders zu helfen, als ihrem Vater, ihrer Mutter und deren Lebensgefährtin davon zu erzählen. Alle vier beschließen zunächst, dass es sicher reichen würde, dem Liebeskranken ein hübsches Sümmchen Geld hinzulegen, damit er Ashley in Ruhe ließe. Schnell jedoch wird ihnen allen klar, dass es damit nicht getan ist. Denn Michael O'Connell meint es ernst - todernst. Dies wird den Vieren klar, als plötzlich alles in ihrem Leben schief läuft…

°°°°°°°Eigene Eindrücke°°°°°°°

Als ich eine ähnliche nur deutlich kürzere Inhaltsangabe auf dem Buchrücken meiner Ausgabe las, war ich zunächst nicht unbedingt so überzeugt davon, dass es sich hierbei um eine wirklich spannende Geschichte handeln würde, die das Prädikat Psychothriller auch wirklich verdient. Schon gar nicht in Anbetracht der Erinnerung, die ich an "Der Fotograf" noch hatte. Aber als ich spät abends, kurz vor Mitternacht vor zwei Tagen mit der Lektüre des Romans begann, stellte ich schnell fest, dass "Das Opfer" wohl kein Reinfall werden würde. Irgendetwas hat mich gefesselt, ja nahezu gebannt und bewirkt, dass ich die guten 650 Seiten nach nicht mal 48 Stunden durchgelesen hatte. Es ist schwer in Worte zu fassen, was genau das eigentlich war.

Das Offensichtlichste ist wohl die eigentliche Geschichte.
Sicher ist sie in ihrer Art und Weise keine Neuerfindung des Amerikanischen Autors. Vielmehr schreibt solche Geschichten wohl das Leben. "Das Opfer" scheint mir verdammt nahe an der Realität zu sein - beängstigend nahe. Vermutlich ist es die ausweglose Situation, die sich immer mehr zuspitzt, die mich angetrieben hat, Seite um Seite weiter zu blättern. Man kommt sich beim Lesen vor, als befände man sich in einem reißenden Strudel, aus dem es keinerlei Entrinnen gibt. Zumindest keines, bei dem es, wie der Titel impliziert, keine Opfer zu beklagen gäbe. Fraglich ist nur, auf welcher Seite eben jene Opfer zu finden sein würden. Aber nicht nur diese brennende Frage treibt einen zum Weiterlesen an. Man befindet sich als Leser wohl in einem perfiden kleinen Balanceakt wieder, in dem es darum geht zu beobachten, was der kranke Stalker wohl als nächstes tut und darum, dass man hofft, dass die Guten mit heiler Haut aus der Sache herauskommen. Das, was Michael O'Connell sich dabei einfallen lässt, ist so simpel wie genial pervers. Die Spannung wird also ganz offenbar aus der Mischung verschiedener Faktoren erzeugt. Mehr als einmal habe ich mich dabei erwischt, wie meine Gedanken nach dem Lesen abgeschweift sind -vornehmlich vor dem Einschlafen- und ich mir überlegt habe, was ich wohl tun würde, wenn mir die zweifelhafte Ehre eines liebestollen Verfolgers zuteil würde. Und ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Ich denke, dieser Aspekt kommt noch verstärkend mit dazu. Dadurch, dass man sich in die Protagonisten hinein versetzt, fühlt man sich beim Durchdenken eben dieser Frage, selbst in die Ecke gedrängt. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass dies noch einmal eine ganz besondere Art von Spannung erzeugt.
John Katzenbach hat also wohl doch nicht ganz abgebaut. Nun gut, mein Fehlgriff mit ihm kam ja erst nach vorliegendem Roman heraus - aber dennoch. Es ist unglaublich und vielleicht auch ein bisschen beängstigend, mit welcher Gnadenlosigkeit der Autor sein Ding hier durchzieht. Dabei verwendet er einen Schreibstil, der schon nahe an eine Art trivialer Kunst grenzt. Die Wortwahl, der Satzbau, die philosophischen Ansätze, die sich immer wieder hier und da eingestreut finden lassen - wunderbar. Nachdem ich "Das Opfer" nun gelesen habe, weiß ich auch wieder, warum ich diesen Autor so mochte. Das Tolle daran ist aber auch, dass sein Schreibstil kein bisschen anstrengend zu lesen ist. Er ist flüssig und zudem auch noch fesselnd. Leider kommt es ja nicht oft vor, dass stiltechnisch wirklich alles so passt wie hier. So fügen sich sogar grundlegende Fragen über das Leben und die Menschen sowie ihre Abgründe perfekt ins Geschehen. Sie runden das Ganze effektvoll ab.

Wie eben erwähnt, versetzt man sich wohl ganz automatisch in die Figuren hinein. Nun, so ganz automatisch kann dies natürlich nur passieren, wenn der Autor sie durchdacht konstruiert hat. Das Besondere hier ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass jeder der fünf Hauptpersonen zu Beginn ganz kurz eingeführt wird. Für jeden Protagonisten werden nicht mehr als 3 - 4 Seiten verwendet. Aufgrund der Prägnanz des Stils von Katzenbach ist dies aber vollkommen ausreichend, dass man sich ein Bild machen kann. Aber dabei bleibt es natürlich im Verlauf der Geschichte nicht. Kann es nicht. Denn nach so einem Terror, wie er sich hier subtil entwickelt, können die Figuren nicht mehr die gleichen sein, wie am Anfang. Sie müssen sich entwickeln - in welche Richtung auch immer. Und das tun sie.
Als Erstes wäre wohl das Stalkingopfer Ashley Freeman zu erwähnen. Sie ist offenbar sehr hübsch, mit ihrem rotblonden Haar, intelligent und auf mädchenhafte Weise zurückhaltend, was die Jungs anzieht. So verfehlt sie natürlich auch ihre Wirkung auf Michael O'Connell nicht. Ashley hat auf mich aber lange Zeit auch einen leicht naiven Eindruck gemacht. Das liegt wohl daran, dass sie die Bedrohung nicht so ganz ernst genommen hat, wie sie es vielleicht hätte tun sollen. Möglicherweise liegt da wohl der kapitale Fehler.
Eine weitere wichtige Person ist Ashleys Vater Scott Freeman. Er ist Geschichtsprofessor an einer Uni und ziemlich hoch angesehen. Was viele aber nicht wissen - er war in Vietnam und er denkt noch Jahre später an diese Erfahrung. Dennoch wirkt Scott ziemlich smart. Wohl auch, weil Katzenbach nicht der Versuchung erlegen ist, aus Scott einen typischen Veteranen zu machen, der Nacht für Nacht von Alpträumen gequält wird. Wenn es um seine einzige Tochter geht, kann er eiskalt sein.
Sally Freeman ist Ashleys Mutter und Exfrau von Scott. Sie ist Kleinstadtanwältin und hat ihren Mann für eine andere Frau verlassen - Hope Frazier. Sally ist meiner Ansicht nach die typische Anwältin. Sie redet mit ausschließlich Bedacht, wirkt sehr kalt und berechnend und scheint nur zu wenig Gefühl in der Lage zu sein. Aber sie hat zumindest ihren Kampfgeist mit Scott gemeinsam, wenn es um ihre Tochter geht. Das einzig Positive, das aus ihrer Ehe hervorgegangen sei, meint sie.
Hope Frazier ist das ganze Gegenteil ihrer Lebensgefährtin. Sie ist Fußballtrainerin und Vertrauenslehrerin an einer High School. Sie scheint gefühlsbetonter und besonnener. Denn sie ist es auch, die deutlich merkt, dass in ihrer Beziehung zu Sally nicht mehr alles rosig läuft. Obwohl sie mit Ashley in keiner Weise verwandt ist, legt auch sie sich für die Rechte des Mädchens ins Zeug und gerät mit hinein in einen Sog aus Terror und Gewalt. Hope ist es auch, die frühzeitig ahnt, was für eine Gefahr von O'Connell wirklich auszugehen scheint.
Bliebe noch der Stalker - Michael O'Connell.
Im Prinzip ist er ein Phantom. Denn es kommt nur höchst selten zu wirklichen Zusammentreffen zwischen ihm und Ashley. Was er tut, tut er aus dem Verborgenen heraus. Er versteht sich hervorragend darin, Daten via Internet zu manipulieren und die betreffenden Menschen damit in übelste Probleme zu stürzen. Er scheint wie ein Schatten, der Ashley auf Schritt und Tritt verfolgt. Er ist sogar in gewisser Weise präsent, wenn er physisch gar nicht anwesend ist. Niemand ist sicher vor Michael O'Connell. Er muss mit Worten oder Taten gar nicht drohen. Allein seine Augen sprechen Bände, sodass jeder, der mit ihm zutun hat, sofort einen Angstschauer verspürt. Nicht ganz außer Acht zu lassen ist bei ihm, wie auch bei vielen Straftätern im wirklichen Leben, die Vergangenheit.

Was bleibt also noch groß zu diesem Roman zu sagen?
"Das Opfer" ist so großartig wie beängstigend. Denn nichts, was Katzenbach hier konstruiert, wirkt irgendwie sonderlich aus der Luft gegriffen oder gar utopisch. Es wird nichts beschönigt und es gibt keine glücklichen Zufälle - wie im Leben eben. Gewürzt wird dieser Aspekt mit eben beschriebenen Figuren, die sich allesamt weiter entwickeln, einem gelungenen Spannungsbogen und einem außergewöhnlich fesselnden Schreibstil. Nicht ganz außer Acht lassen möchte ich übrigens die Passagen, die sich am Ende jedes Kapitels in dicker gedruckter Schrift befinden. Bis ganz zum Schluss weiß man nicht, was es damit auf sich hat. Sie sind in Ich - Form geschrieben und man weiß eigentlich nur, dass es sich bei der Ich - Person offenbar um einen Autor handelt, der im Nachhinein über das ganze Geschehen für ein Buch recherchiert. Auf diese Art gibt der Autor noch ganz geschickte Zusatzinfos, die aber natürlich lange keinen richtigen Sinn ergeben und mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Zwar nicht neu, aber geschickt und wirkungsvoll.
Nun also zur Bewertung.
Bevor ich begonnen habe, diese Einschätzung zu schreiben, war ich noch der festen Überzeugung, dem Roman angemessen seien wohl gute vier Sterne. Da ich nun aber in recht ausführlicher Weise, wie mir scheint, das ganze Leseerlebnis noch einmal habe Revue passieren lassen, fällt mir eigentlich nichts ein, das ich auszusetzen hätte. "Das Opfer" ist rundherum gelungen und nahe an der Perfektion, wenn nicht sogar schon genau das. Daher gibt es also fünf Sterne und eine uneingeschränkte Empfehlung an alle Freunde des gepflegten Psychothrillers.

38 Bewertungen, 5 Kommentare

  • Miraculix1967

    15.08.2011, 21:31 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöner Bericht und einen schönen Abend wünsche ich!

  • mima007

    15.08.2011, 10:55 Uhr von mima007
    Bewertung: besonders wertvoll

    bw. Viele Gruesse, mima007

  • sirikit06

    14.08.2011, 20:28 Uhr von sirikit06
    Bewertung: besonders wertvoll

    Wünsche Dir noch einen schönen Rest-Sonntag! LG

  • Mondlicht1957

    14.08.2011, 16:25 Uhr von Mondlicht1957
    Bewertung: besonders wertvoll

    Sehr hilfreich und liebe Grüsse

  • katjafranke

    14.08.2011, 15:05 Uhr von katjafranke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen Gruß von der KATJA