Der Baader Meinhof Komplex (DVD) Testbericht
- Action:
- Anspruch:
- Romantik:
- Humor:
- Spannung:
Erfahrungsbericht von ChAosNETTE
Entsetzen und Enttäuschung
Pro:
eine Eichinger-Produktion, aber ist das ein Pro?
Kontra:
Wo bleiben die Opfer in diesem Film?
Empfehlung:
Nein
(DVD-Hüllentext)
Und damit
Hallo, werte Lesergemeinde,
spätestens seit meinem Bericht über das Buch *Der Baader Meinhof Komplex* von Stefan Aust sollte bekannt sein, dass ich mich intensiv für dieses Thema interessiere und mich sehr umfangreich damit beschäftige.
Freunde hatte mich gewarnt, ich solle nicht zu viel Geld in die DVD stecken, drum habe ich mich mit der abgespeckten 1-DVD-Version abgefunden, Webmiles geopfert und mich trotzdem geärgert.
Aber von vorn und der Film in trockenen Fakten:
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Darsteller: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek
Regisseur: Uli Edel
Komponist: Peter Hinderthür, Florian Tessloff
Format: Dolby, DTS, PAL
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (DTS 5.1)
Region: Region 2
Bildseitenformat: 16:9
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Paramount Home Entertainment
Produktionsjahr: 2008
Spieldauer: 143 Minuten
DVD-Features:
Blick hinter die Kulissen
Darstellerinfos
Audiokommentar von Uli Edel (Regie)
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Und gleich die erste Anmerkung:
FSK 12 halte ich persönlich für völlig verfehlt. Kinder in diesem Alter können wissen, dass es die RAF gab und was sie für Verbrechen beging.
Aber Eichingers und Edels Ansinnen, *Titts and Ass* ebenso wie zuckende sterbende Leichen zu zeigen, gehört für meine Begriffe nicht in Köpfe 12jähriger.
Wer mir jetzt entgegentritt mit den Worten, dass 12jährige noch viel öfter so was sehen, dem kann ich nur sagen:
Ein 12jähriger sollte Respekt vor seinem Staate und den Menschen haben und mit diesem Film wird nach meinem Gefühl ein völlig falscher Eindruck von Staat und Bürgern geschaffen.
Gegliedert ist der Film in 32 Kapitel:
1.Filmstart
2. Lang lebe der Schah
3. keine sachliche Diskussion
4. Rudi Dutschke
5. Axel-Springer-Verlag
6. Prozess Ensslin/Baader
7. Die Familie
8. Bundeskriminalamt
9. Zurück in Berlin
10. Haftanstalt Moabit
11. Befreiung von Baader
12. Jordanien 1970
13. Gespräche mit Abu Hassan
14. Banküberfälle
15. Polizeikontrolle
16. Sprengstoffeinsätze
17. Grosseinsatz
18. Festnahme Baader und Mainz
19. Festnahme Ensslin und Meinhof
20. Freiheit oder Tod
21. Der Kampf geht weiter
22. Erster Prozesstag
23. Februar 1976
24. Bekenntnisse
25. Befreiungspläne
26. Keine Kapitulation
27. Die Schleyer-Entführung
28. Bagdad Oktober 1977
29. Brüssel
30. Gespräche mit den Geistlichen
31. Tod in Stammheim
32. Abspann
Ich habe wahrhaft besser erdachte Kapitelbenennungen als bei dieser DVD erlebt. Und anspruchsvollere. Und aussagekräftigere.
Und damit komme ich zu
_/_/_/_/_/_/_/_/_/_/Entsetzen & Enttäuschung_/_/_/_/_/_/_/_/_/_/
In der KS zu meinem Buchbericht hatte bereits jemand nicht ganz ohne Grund gefragt *Und wo bleiben die Opfer?*
Ja, wo bleiben die Opfer in diesem Film.
Die Storyline ist bekannt und schnell erzählt.
Sie beginnt beim Besuch des Schah von Persien, von deutschen Polizisten niedergeknüppelten friedlichen Demonstranten, geht weiter zum versuchten Mord an Rudi Dutschke und der Gründung der RAF und erreicht ihren Höhepunkt bei der Ermordung von Drenkmann, Pontow, der Verhaftung der RAF-Köpfe, der Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm und der Entführung von Hanns-Martin Schleyer und des Flugzeuges *Landshut*
Dass sich ganz am Ende die RAF-Spitze ermordet - allseits bekannt.
Ich mag auch gar nicht weiter auf die Storyline eingehen, wer das erwartet, den möchte ich bitte auf meine Buchbeschreibung verweisen, denn dort ist diese sehr ausführlich dargestellt und für wirklich interessierte Leser auch wesentlich umfangreicher.
Denn das, was uns hier geboten wird, hat leider nicht mehr viel mit der Abscheulichkeit der RAF zu tun.
Wie ich zu dieser Meinung komme? Ich werde es Euch erzählen:
Die Tatsache, dass ein Film für einen *Oscar* als bester fremdsprachiger Film vorgeschlagen wird, ist eigentlich eine grossartige Empfehlung.
So war es zumindest bei *Das Leben der Anderen*. Dass dieser Film mit der höchsten Auszeichnung der Filmindustrie ausgezeichnet wurde, war aufgrund von Qualität und Darstellung nur folgerichtig.
Und nun der Vorschlag für *Der Baader Meinhof Komplex*. Eine Bernd-Eichinger-Produktion mit Uli Edel als Regisseur?
Der kann nur gut sein. Versprach doch Bernd Eichinger im Vorfeld einen höchst autentischen Film nach vielen Gesprächen mit Zeitzeugen und nahes Anlehnen an die Buchvorlage.
Dass Eichingers Zeitzeugen offenbar vorrangig wohl ehemalige RAF-Mitglieder waren und das Buch von Stefan Aust einseitig zu Gunsten der RAF und zu Lasten der Opfer ausgeschlachtet wurde, ist das Ergebnis dieser Recherchen.
Bei einer Lauflänge von mehr als 2 Stunden verbringt der mehr oder minder geneigte Zuseher die ersten 30 min damit, nackten Menschen am FKK zuzusehen, verbale Flachheiten zu ertragen und unvermittelt Frau Meinhof als betrogene Ehefrau und Frau Ensslin als schlechte Mutter kennenzulernen.
Und danach?
Da werden Baader und Ensslin als eher sexuell höchst aktiv *fickendes* Pärchen dargestellt, der *arme* Holger Mainz von der ach so brutalen Polizei gefoltert und zwangsernährt, dass einem bei Betrachtung ohne Hintergrundwissen die Tränen kommen müssen. Allein das schon zwingt mich ernsthaft zu Protest zu einer Freigabe ab 12 Jahren.
Da wird die bundesdeutsche Polizei als prügelnde, auf Menschenmengen wahllos schiessende Truppe dargestellt, der BND besteht eigentlich nur aus 2 Köpfen und alle anderen sind zu blöd, die Gefahr der RAF zu sehen.
Da werden die Opfer der RAF als teilnahmslose völlig über den Dingen stehende Geldsäcke dargestellt, mit denen man eigentlich nur Mitleid haben muss, weil irgend einer Terroristen auf zuckende sterbende Körper von Begleitern noch eine Salve mehr aus Maschinengewehren abgegeben wird.
Irgendwelche Bekundungen für die Opfer? Fehlanzeige. Die Sicht des Filmes ist völlig einseitig. Die RAF mordet und der Staat ist und bleibt ohnmächtig.
Und wenn das Ganze mit der Erstürmung der Landshut und den Selbstmorden in Stammheim endet, dann vermisse ich auch hier Klarstellungen. Nämlich Klarstellungen, dass es wirklich Selbstmorde waren, Klarstellungen, dass der Staat um jedes Opfer trauert, zumindest jedoch wenigstens Benennung der Opfer!
Verklärte Köpfe, die dem Staat nicht wohlwollend zugetan sind, sind in diesem Film gut aufgehoben und werden in ihren Ansichten zum negativen Staat noch bestärkt. Zumindest würde mich das nicht wundern. Der Film könnte glatt Kultcharakter kriegen, wenn man die entsprechenden *Schwachstellen* pro Staat rausschneidet.
Eichinger hat sich einen Blickwinkel herausgesucht und er hat sich für die Blickweise aus Sicht der RAF entschieden.
Es wäre wesentlich interessanter und vor allem dem Rechtsstaat dienlicher gewesen, den Baader-Meinhof-Komplex aus Sicht der Opfer zu betrachten.
Aus Sicht der Täter gibt es wahrhaft genug Filmmaterial.
Der Film endet ähnlich unbefriedigend wie das Buch. Und ich habe es bereits im Buchbericht geschrieben und wiederhole es hier neuerlich. Ein Standardwerk zur Geschichte der RAF ist das Buch in meinen Augen nicht und der Film ist nur ein mässig bis schlechter Abklatsch des Buches.
Ich bin noch nicht am Ende mit meiner Enttäuschung. Es tut mir leid, aber auch die schauspielerischen Leistungen sind teilweise eher mässig.
Moritz Bleibtreu (Andreas Baader) und Johanna Wokalek (Gudrun Ensslin) sind unbestritten hervorragende Schauspieler und zeigen im Rahmen ihrer Drehbuchmöglichkeiten dies auch.
Enttäuscht indessen war ich von Martina Gedeck (Ulrike Meinhof). Speziell ihr Name war immer wieder positiv genannt und trotzdem war sie farblos in ihrer Darstellung. Zeitweilig war ihre
Aussprache so undeutlich, dass ich selbst mit mehrmaligem Zurückspulen nicht verstand, was sie sprach.
Auch diese über *Kampf und Lärm* von ihr in die Schreibmaschine gehackten Parolen sind eher schwer zu verstehen und noch schwerer zuordenbar.
Was ich überhaupt nicht verstehe, war die Tatsache, dass ,man bei vielen Schauspielern erst mal rätseln durfte, wen sie darstellen. Wenn man den einen oder anderen Akteur nicht sofort erkennt und dann in der (im übrigen bei der DVD nicht vorhandenen) Besetzungsliste nachschaut, bleibt man schlicht im Nirvana der Unwissenheit.
Meine Schlussgedanken:
Ich habe viel gelesen, mir viel angeguckt, mir auch diesen Film genauestens betrachtet und angeguckt. Ich war bei amazon.de und habe auch dort die Kundenrezensionen gelesen. Und ich fand mich mit meiner Meinung gar nicht so einsam und allein.
Dieser Film ist keinesfalls oscar-tauglich. Dieser Film ist eigentlich nur ein Filmchen. Einmal gucken, ok. Ein zweites Mal gucken nur, weil man sich an bestimmte Situationen erinnern will. Öfter gucken - reine Zeitverschwendung.
Es tut mir leid um den Film. Weil das Thema wichtig genug wäre, dass der Film ein Achtungszeichen setzen sollte.
Tut er aber nicht.
Darum auch diese Meinung.
Ich bitte Euch, zu akzeptieren, dass ich mir die Mühe gemacht habe, weniger über Inhalt, als mehr zu eigener Meinung zu schreiben. Es war mir wichtig.
Und wer über den Inhalt Infos mag, den lade ich gern in meine Meinung zum gleichlautenden Buch ein.
Und damit danke in der Hoffnung, dass ich Euch nicht gelangweilt habe.
Und Humor gabs heute mal keinen. Nächstes Mal wieder. Aber heute war mir das Thema doch zu ernst.
Euch allen alles Liebe
Anette
34 Bewertungen, 15 Kommentare
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05.04.2009, 16:27 Uhr von Daisy_Bluemchen
Bewertung: besonders wertvollklasse ..................
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03.04.2009, 14:25 Uhr von giselamaria
Bewertung: besonders wertvollhast du super geschrieben, diesen Buchbericht!!! Ich habe den Film nicht gesehen, nur Ausschnitte, aber kommt ja im TV auch irgendwann. schönen Tag noch und LG Gisela
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03.04.2009, 11:15 Uhr von Baby1
Bewertung: sehr hilfreich.•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.
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03.04.2009, 05:34 Uhr von bettie47
Bewertung: sehr hilfreichklasse berichtet. L.G. bettie 47
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02.04.2009, 23:47 Uhr von Puenktchen3844
Bewertung: sehr hilfreichEin guter Bericht. LG
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02.04.2009, 23:26 Uhr von minasteini
Bewertung: sehr hilfreichSehr schön geschrieben. Liebe Grüsse.
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02.04.2009, 22:17 Uhr von senora
Bewertung: sehr hilfreichEin guter Bericht. Lieben Gruß
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02.04.2009, 21:54 Uhr von tk7722
Bewertung: sehr hilfreichEin sehr schöner Bericht, liebe Grüße
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02.04.2009, 20:54 Uhr von sigrid9979
Bewertung: sehr hilfreichSpitzen Bericht Lg Sigi
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02.04.2009, 19:53 Uhr von Düsseldorf
Bewertung: sehr hilfreichhey, supi bericht, lese gern
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02.04.2009, 19:52 Uhr von Gemeinwesen
Bewertung: sehr hilfreichUli Edel mag es ja eh skandalös, habe ich den Eindruck. Beste Grüße vom Gemeinwesen.
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02.04.2009, 19:46 Uhr von carmaxx
Bewertung: sehr hilfreichSehr schöner Bericht, freue mich über Gegenlesung!
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02.04.2009, 19:33 Uhr von rainbow90
Bewertung: sehr hilfreichEin aufschlussreicher Bericht! Freue mich über Gegenlesungen. LG
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02.04.2009, 19:03 Uhr von angela1968
Bewertung: besonders wertvollein bw von mir, auch ich denke, dass die opfer nicht vergessen werden sollten....
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02.04.2009, 18:52 Uhr von frankensteins
Bewertung: sehr hilfreichda kann ich dir nur recht geben lg
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