VW Golf VI Testbericht

Der Golf ist die Autoklasse, die einer ganzen Generation den Namen gegeben hat. Es ist das Flaggschiff von Volkswagen schlechthin. Der Name des Mutterkonzerns "Volkswagen" ist hier durchaus Programm. Wohl kein anderes Auto deckt einen größeren Kundenkreis ab als der Golf.


*** Ich liebe meinen Golf ***

Elektrische Scheibenheber, 1,4 Liter Hubraum (75 PS), ABS, Außenspiegel elektr. Verstellbar, Servolenkung, Fahrer- und Beifahrerairbag, Anhängekupplung,...
Kostenpunkt: um die 5.000 Euro
Ez: 06/99
Anzahl der Vorbesitzer: zwei

Eine Macke hatte er. Der Motor stotterte immer wieder einmal was aber mit wenigen Handgriffen behoben war.


*** Technische Daten Golf IV allgemein ***
Produktionszeitraum: 1997 - 2006
Fahrzeugklasse: Kompaktklasse
Motoren: Ottomotor: 55-170 kW, Dieselmotor: 50-110 kW
Länge: 4149-4397 mm
Breite: 1735 mm
Höhe: 1439-1485 mm
Radstand: 1512 mm
Leergewicht: 1050 bis 1477 Kg

*** Federung/Fahrkomfort ***

Das Auto ist für seine Preisklasse in Sachen Fahrkomfort fast unschlagbar. Schlaglöcher und unebene Straßen schluckt die Federung ohne weiteres. Auch längere Strecken können problemlos angenehm zurückgelegt werden. Für eine sportliche Fahrweise ist das Fahrzeug allerdings ungeeignet. Schon der Motor lässt hohe Geschwindigkeiten und schnelle Bescheunigungen nicht zu, da 75 PS für die hohe Masse, die das Auto besitzt einfach zu wenig ist. Sollte man es dennoch versuchen, darf man in Kurven nicht zu schnell rein fahren, da die Federung ungut zu bemerken gibt, dass das Auto an Straßenhaftung verliert. Es ist auch deutlich zu spüren, dass die Federung viel zu weich ist für einen schnellen Fahrstiel und der Schwerpunkt viel zu hoch liegt. Auf geraden Strecken, wie auf Autobahnen üblich (Kurven sind ja lang gezogen), fallen diese Nachteile kaum ins Gewicht. Hohe Fahrgeschwindigkeiten sind dort angenehm zu ertragen.

*** Lenkung ***
Die Lenkung ist angenehm und präzise für den Alltagsbedarf. Da es sich um eine Servolenkung handelt ist selbst beim Einparken kein besonderer Kraftaufwand erforderlich. Sollte man aber zu der eher seltenen Gelegenheit kommen eine freie Autobahn abwärts (am besten mit Rückenwind) zu befahren, kann man das Auto bis knapp über 190 Km/h treiben. Die Lenkung wird dann aber zu einem Risikofaktor, denn für solche Geschwindigkeiten ist sie nicht ausgelegt, da zu unpräzise. Man hat das Gefühl in einem Bereich zu kommen, in dem man kurz davor ist, die Kontrolle über das Auto zu verlieren. Aber wer soll dem Hersteller das übel nehmen können, da der Motor von sich aus eigentlich nicht in der Lage ist auf diese Geschwindigkeit zu kommen. Auf flachen Strecken kommt man kaum über 160 km/h und für diese Geschwindigkeit ist die Lenkung kein Problem.


*** Motor/Verbrauch ***
75 Pferdestärke bzw. 55 kW Leistung sind für das Auto einfach zu wenig. Für Fahranfänger reicht diese Leistung ohne weiteres, aber für langjährige Fahrer ist das zuweilen eine echte Zumutung. Überholvorgänge müssen wohlüberlegt sein und man muss einen enorm langen Überholweg mit einplanen. Die Eigenmasse des Autos, die zwar auch den ganzen Komfort ermöglicht ist für diese Motorklasse einfach zu groß. Ein Zweiergolf würde mit dem gleichen Motor abgehen wie Schmids Katze, aber im Vierergolf wird er nur lahm und träge.

Man merkt deutlich, dass man nichts merkt, wenn man das Gaspedal durchdrückt. Erst mit Verzögerung versucht der Motor seine Leistung zu entfalten. Wer dann zum Beispiel aus Spritspargründen sofort in den nächsten Gang hoch schaltet, bevor der Motor ordentlich Drehzahlen aufweist, muss mit der langsamen Beschleunigungskraft leben. Ich dagegen lasse den Motor, sobald er warm ist (nach etwa 2 Kilometer), durchaus hoch drehen. In den hohen Drehzahlbereichen zeigt er sich durchaus erkenntlich und beloht mit einer schnellen Leistungsentfaltung. Durch viele und schnelle Schaltvorgänge wird ein recht sportlicher Fahrstil ermöglicht. Meine Mitfahrer stören sich aber regelmäßig an den vielen Schaltvorgängen, die ich aufbringe. Außerdem muss ich immer wieder hören, dass das nur einen enormen Spritverbrauch mit sich bringen würde.
Keine Frage, hohe Drehzahlen bringen einen hohen Spritverbrauch. Aber sobald ich die Geschwindigkeit habe, die ich wollte, schalte ich sofort so hoch wie möglich. Im Fünften Gang durch eine 30er-Zohne zu fahren ist kein Problem. Solange der Motor nur die Geschwindigkeit halten muss, nimmt er die niedrigen Drehzahlen ohne Weiteres auf. Sobald man beschleunigen will, muss man eben 2 Gänge niedriger schalten.
Ich komme damit auf einen Spritverbrauch unter 8 Liter auf 100 Kilometer. Mein Bruder, der auch einen Golf IV fährt schafft mit einem extrem ruhigen Fahrstiel kaum weniger, bei ihm sind es zwischen 7 und 7,5 Liter.
Mit einem Normalen Fahrstiel ist es wohl auch kaum möglich das Auto unter 6 Liter Verbrauch zu drücken. 7 Liter dürfte die Regel sein. Aber auch mit einem sportlichen Fahrstiel sind kaum über 8 Liter möglich, dafür ist der Motor zu Klein dimensioniert. Höchstens man fährt ständig auf Autobahnen mit Bleifuß, dann dürfte ein höherer Verbrauch möglich sein. Aber das dürfte kaum die Regel sein.

Der Verbrauch ist von daher nicht besonders Umweltfreundlich, aber wenn man bedenkt, dass immerhin 5 Personen mit Gepäck bequem im Auto Platz finden können und das Auto auch entsprechende Ausstattungen aufweist (und damit viel Gewicht), sind die Verbrauchswerte durchaus akzeptabel.
Ein Wichtiges Detail noch zum Gaspedal. Bei meinem Golf zumindest ist das Problem da, das das Pedal sehr unpräzise ist. Die ersten paar Zentimeter bringt es keinen Widerstand (also leichtes antippen ist ohne Kraftaufwand möglich) und auch keine Reaktion vom Motor. Erst danach spricht der Motor auf meine Leistungswünsche an. Aber leider erst verzögert, da der Motor recht klein dimensioniert ist.

Das Schalten von einem Gang in den nächsten ist vergleichsweise angenehm, bis auf den ersten Gang und den Rückwärtsgang. Der erste Gang lässt sich vergleichsweise schwer einlegen. Da man ihn während des Fahrens aber recht selten benötigt, ist diese Macke leicht zu ertragen. Außerdem verhindert das, dass man sich versehentlich in den ersten Gang verschaltet. Alle anderen Gänge lassen sich recht flüssig einlegen und sind daher sehr angenehm. Der Rückwärtsgang ist nicht immer einwandfrei einlegbar, da das Getriebe für ihn wohl nicht synchronisiert wurde. Das ist aber auch wenig bedauerlich, da er auch nur selten verwendet wird. Sollte er sich nicht auf das erste mal einlegen lassen, muss man nicht extra wieder von der Kupplung, sondern es reicht, wenn man den Versuch einfach abbricht (also Gang auf Leerlauf) und gleich noch mal versucht, ohne den Fuß von der Kupplung zu nehmen.

*** Innenraum ***
Das Fahrzeug bietet 5 Personen bequem Platz. Auch längere Fahrten sind so durchaus angenehm. Da es sich um einen Fünftürer handelt ist das Aus- und Einsteigen für den Durchschnittsbürger ohne Probleme zu schaffen. Ich kann mir vorstellen, dass der 2/3-Türer da für die Fahrgäste auf der Rückbank mehr Schwierigkeiten bringt. Von daher sollte man sich beim Kauf eines solchen Autos klar machen, ob man regelmäßig mehrere Fahrgäste mitführt oder eher nur selten. Wer nur selten jemanden mitnimmt, sollte getrost neben dem etwas niedrigeren Preis beachten, dass das Fahrzeug auch etwas weniger Gewicht hat, und daher auch der Verbrauch etwas niedriger liegt, sowie die Motorleistung etwas besser eingestuft werden kann.

Die Klimaanlage bringt genug Leistung. Vor allem im Sommer freut man sich über die Kühlwirkung. Man sollte aber bedenken, dass sich das ganz schnell auf den Verbrauch niederschlägt. Groß gesagt einen Liter pro Kilometer Mehrverbrauch an Sprit darf man ruhig einkalkulieren.
Die Fahrgeräusche und die Motorgeräusche könnten niedriger sein. Die Schalldämpfung des Motors reicht allerdings aus um noch im angenehmen Bereich zu liegen, als Störend können sie kaum eingestuft werden. Wer das Radio aus lässt, bzw. auf leist gestellt hat, kann ohne Probleme auf "Gehör fahren" (also man kann hören, wann der nächste Gang fällig wird). Da der Golf IV mit einem gut sichtbaren Drehzahlmesser ausgestattet wurde, ist das fahren "auf Gehör" aber nicht nötig. Jeder erfahrene Fahrer kann in der Regel aber auf beides verzichten. Unnütz ist der Drehzahlmesser meiner Meinung nach aber trotzdem nicht.

*** Design/Aussehen ***

Das Design des Golf IV ist fast schon zeitlos. Sogar nach all den Jahren ist es immer noch ein schickes Auto, dass man ohne Probleme überall zeigen kann. Rost macht in der Regel auch keine Probleme, da das Auto vollverzinkt ist (anders gleichalte Opel Modelle, bei denen das nicht unbedingt selbstverständlich ist).
Dass das Design nicht von schlechten Eltern ist, zeigt auch, dass der Sechsergolf stark auf Designmerkmale des Golf IV zurückgreift.

*** Ausstattung ***

Die Ausstattung variiert sehr stark bei den Fahrzeugen, da sie oftmals nur mit Aufpreis erhältlich waren.
Ich vermisse an meinem Golf Nebelscheinwerfer, da ich sie in der aktuellen Jahreszeit schon öfters hätte gebrauchen können. Natürlich geht es auch ohne, aber empfehlen kann ich es keinem darauf zu verzichten.

Kofferraum: Ausreichend groß um die üblichen Transporte zu erledigen. Notfalls kann der Rücksitz umgeklappt werden um den Kofferraum künstlich zu erweitern. Wirklich praktisch ist diese Variante nicht, und auch nicht ganz einfach durchzuführen. Besonders wenn man die Rückbank wieder aufstellen will, hat man immer wieder das Problem, dass man unbemerkt einen Gurt mit einklemmt. Aber als Notlösung reicht das vollkommen.


*** Sicherheit ***
Die Sicherheitsausstattung ist sehr gut. Es gibt Fahrer- Beifahrerairbags. Sowie Airbags an den Seiten für Fahrer und Beifahrer. Neuere Fahrzeuge bieten viel mehr Airbags, aber man muss auch sehen, dass es sich dabei eher um Modelle mit höherem Preis handelt. Für das Alter des Fahrzeugs also durchaus akzeptabel. Vor allem sind ja auch ausreichend Knautschzohnen vorhanden. Ich kenne zwar jetzt keine Chrashtestergebnisse, aber so oft, wie dieses Auto verkauft wurde, könnte es sich schlichtweg kein Sicherheitsrisiko leisten.

Dann gibt es noch das Antiblockiersystem ABS. Darüber lässt sich wenig sagen. Es arbeitet meiner Meinung ganz akzeptabel. Wunder darf man von diesem System aber wohl auch keine erwarten. Beim Golf meines Bruders (meinen hab ich ja erst drei Monate) durfte ich schon öfters im Winter erleben, dass das ABS arbeitet. Es reagiert meiner Meinung nach aber ein wenig zu schnell auf glatte Flächen. Bei völlig vereisten Flächen sollte man sich aber nicht auf das ABS verlassen, es sogt nur dafür dass die Räder nicht blockieren, im Grunde muss man also mit einem viel längeren Bremsweg rechnen also ohne ABS.
Etwas lästiger ist das ESP: Das Elektronische Stabilitäts Programm. Auch hier kann ich nicht von meinem eigenen Golf berichten, sondern muss auf die Erfahrungen die ich mit dem Golf meines Bruders gemacht habe zurückgreifen (unproblematisch, da es beide weitgehend identisch sind). Das ESP arbeitet im Winter meiner Meinung nach in vielen Fällen zu ungunsten des Fahrers. So ist es mir schon passiert, dass ich einen extrem langsames Fahrzeug überholen wollte. Während des Überholvorgangs hat mich das ESP aber so sehr ausgebremst, dass ich kaum schneller war, als das Fahrzeug das ich überholen wollte (bergauf, und es hatte frisch geschneit), erst als ich das ESP abgeschaltet hab, konnte ich problemlos überholen. Schleudergefahr tendierte eher gegen null. Zumindest hatte ich keine Probleme ohne ESP. In einem anderen Fall wollte ich um eine Kurve fahren. Diese war recht glatt. Da es berauf ging, war aber ein gewisser Schwung Voraussetzung, diese Kurve überhaupt zu bewältigen. Das ESP ist dann angeprungen und hat das Fahrzeug gezwungen geradeaus zu fahren. Dass ich das überhaupt gar nicht vorhatte war dem Programm egal. Wäre auf der anderen Fahrbahn ein Auto gefahren, hätte ich es zwangsweise gerammt. Auch hier hatte ich nach Abschaltung keine Probleme mehr.
Ehrlich gesagt frage ich mich bis heute, was das ESP überhaupt bringen soll, wenn es mich nicht unterstützt. Wahrscheinlich ist es eine sinnvolle Sicherheitstechnik, aber sollte erst ab einer bestimmten Geschwindigkeit zum Einsatz kommen. Zum Glück lässt es sich im Golf IV abschalten.

*** Verarbeitung ***

Das ist so ein Sonderfall bei dem Golf IV. All die verwendeten Teile sehen zwar ganz schick aus und sind auch ganz gut verarbeitet (kein Vergleich zum Fox!!!), aber der Verschleiß ist enorm hoch. Mein Golf IV hat überall kratzspuren. Das Lenkrad sieht übertrieben aus, wie ein Hundebeißring und auch die Türgriffe haben an den Kunststoffelementen extreme Krazspuren. Dass die beiden Vorgänger das absichtlich gemacht haben glaube ich nicht, viel mehr denke ich dass die verwendeten Teile zu wenig auf langfristige Haltbarkeit getestet wurden. Vielleicht hätte sich VW in diesem Bereich mehr Mühe geben sollen. Das ist ein kleines Optisches Manko, fällt aber von weitem kaum auf. Trotzdem: es stört!

*** Unterhaltskosten ***
Die Unterhaltskosten des Fahrzeugs liegen in einem guten Verhältnis. Für Versicherung wird nicht allzu viel fällig. Aber das Unterscheidet sich je nach Einstufung und Versicherung.

KFZ Steuer ist auch nicht übermäßig, da sie sich an der Hubraumgröße bemisst. Diese liegt bei 1,4 Liter eher in der Kleinwagenklasse.
Für Reparaturen hab ich selbst noch nicht viel ausgeben müssen. Aber ich weiß aus Erfahrungen eines Bekannten, der in einer Autowerkstatt arbeitet, dass bei Golf IV immer wieder gewisse Macken auftreten aber im großen und ganzen ist der Reparaturaufwand dieses Golfs akzeptabel.

Mein Bruder braucht für seinen Golf vergleichsweise viel Öl, daher hat er immer einen Liter Öl im Kofferraum dabei. Ich habe in den drei Monaten in denen ich meinen Golf IV habe noch kein einziges Mal Öl nachfüllen müssen. Ich hab mich aber schon erkundigt, was für Öl man da am besten reinfüllen sollte. Weitgehend übereinstimmend war die Antwort, dass man bei dieser Motorklasse getrost halbsynthetischen Öl verwenden kann. Allerdings sollte man darauf achten, dass man das Öl des Vorgängers weiterhin nimmt. Also wenn der vollsynthetisches Öl verwendet hat, sollte man das ebenfalls reinfüllen. Sollte der halbsynthetisches Öl verwendet haben, sollte man auf keinen Fall vollsynthetisches Öl reinfüllen.