Bärenbrüder (DVD) Testbericht

ab 4,04
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Erfahrungsbericht von winterspiegel

Der Film ist Top – die DVD ein Flop

Pro:

Der Film als solches: Story, Zeichnungen, Charaktere und Musik

Kontra:

Umsetzung auf DVD und Extras sind alles andere als optimal

Empfehlung:

Ja

Manchmal ist es ganz gut, wenn man ein wenig über den Tellerrand schaut, bevor man seine Meinung kundtut. Dies zeigte sich mal wieder ganz deutlich, als ich für vorliegenden Bericht mich ein wenig eingehender informierte. Denn zumindest ein nicht unerhebliches Detail bei der neusten Disney-DVD-Veröffentlichung, das dem Konsumenten außerhalb der USA unterschlagen wurde, wäre mir so glatt entgangen. Es sind ausgelassene Bestandteile, die dem Otto Normalverbraucher wohl nicht weiter auffallen, sollte er es nicht besser wissen. Mir als langjähriger Fan der Disney-Filme, aber wieder deutlich vor Augen führt, dass bei der Umsetzung auf digitalen Datenträger schon lange nicht mehr die legendäre Maus als Pionier für leidenschaftliche und innovative Unterhaltung steht, sondern der Konzern eher an den Mäusen interessiert ist, die durch eine möglichst kindgerechte und unkomplizierte DVD-Umsetzung erstmal erreicht werden.

Einige Leute scheinen es bei Disney bzw. Buena Vista Home Entertainment immer noch nicht gemerkt zu haben, dass diese Milchmädchenrechnung auf lange Sicht nicht aufgehen kann (ich hoffe das zumindest immer noch). Eine Firma die in sich selbst zerstritten ist (das Gerangel um Disney-Chef Eisner ist ein Dauerthema), und der schon einige Zeit das Wasser bis zum Hals steht (bin mal gespannt wie sie den Weggang von Pixar kompensieren), sollte lieber Abstand von qualitativen Einschnitten nehmen, wie sie die deutsche Version ohne Zweifel (wieder mal) beinhaltet. Doch dazu später mehr. Wenden wir uns erstmal erfreulicherem zu, und das ist zweifelsohne der Zeichentrickfilm „Bärenbrüder“ als solches.



DIE HANDLUNG BEGINNT…


…vor langer, langer Zeit, als das Leben der Ureinwohner von Alaska noch von Riten, der Magie und einem starken Glauben an ihre Götter geprägt war. Der junge Indianer Kenai steht kurz davor, sein Totem in Empfang zu nehmen. Doch der ist nicht gerade begeistert, als er das Amulett eines Bären - als das Symbol der Liebe - erhält. Als wäre das nicht schon genug, wird er von Denahi, dem mittleren seiner zwei älteren Brüder deshalb mächtig durch den Kakao gezogen. Der älteste Bruder Sitka ist mal wieder dazu auserwählt diesen Streit zu schlichten.
Durch einen Fehler von Kenai werden aber kurz darauf die zuvor gefangenen Fische von einem Bären stibitzt. Kenai macht sich auf die Suche nach dem zottigen Gesellen, um seinen Fehler wieder gut zu machen. Als er das riesige, pelzige Monstrum schließlich auf einem Gletscher stellt, gerät er aber selber in Lebensgefahr. Kenais Hilfeschreie werden von seinen beiden Brüdern gehört, die ihm auch umgehend zu Hilfe eilen.

Auf der brüchigen Eisfläche in schwindelnder Höhe kommt es zum erbitterten Kampf. Sitka, der älteste der Brüder opfert sich, indem er das Eis zum bersten bringt und er zusammen mit dem Bären in die Tiefe stürzt. Der Bär kann entkommen, doch Sitka kommt bei diesem Absturz ums Leben. Kenai sinnt auf Rache und nimmt abermals die Verfolgung des Bären auf. Wieder kann er den Bären stellen und diesmal schließlich auch töten. Doch der Geist seines verstorbenen Bruders, der sich in einen Adler verwandelt hat, verzaubert Kenai kurzerhand in die Gestalt eines Bären.

Als Kenai wieder zu sich kommt, wird er von der Schamanin aus dem Dorf über seine Lage aufgeklärt. Die Möglichkeit einer Zurückverwandlung besteht nur auf einem bestimmten Berg -, dort wo die Götter der Erde am nächsten sind.
Auf seiner Reise dorthin trifft der nun auf pelzigen Tatzen dahinwandernde Kenai, auf den vorwitzigen Bärenjungen Koda, der seine Mutter verloren hat. Zusammen machen sie sich auf den Weg; und Kenai muss langsam erkennen, dass eine Medaille immer zwei ganz unterschiedliche Seiten hat. Aus der Sichtweise eines Bären sieht die Welt nämlich ganz anders aus, und ganz allmählich beginnt er schließlich zu verstehen. Doch sein noch lebender Bruder Denahi will seine beiden Brüder rächen, weil der denkt, dass auch Kenai der Bestie zum Opfer gefallen ist. Er merkt nicht, dass er jetzt seinen eigenen, zum Bär gewordenen Bruder jagt…



MEINE KRITIK...


...Ist leider ein bisschen von wenig hoffnungsvollen Aussichten überschattet.
Denn sollte „Bärenbrüder“ - wie vor dem Start des Filmes propagiert - tatsächlich der letzte Disney-Zeichentrickfilm klassischer Machart sein, wäre dies wirklich jammerschade. Die Macher haben es wieder einmal verstanden, eine vordergründig unscheinbare Geschichte so zu formen, dass sie in ihrer Aussage dann aber wieder ungemein mächtig - fast schon episch zu wirken beginnt. In den Rahmen der die Leinwand fast schon sprengenden, unglaublich atmosphärisch gezeichneten Naturbilder, wurde das Motiv: UM DEN ANDEREN ZU VERSTEHEN, MUSS MAN DIE WELT MIT SEINEN EIGENEN AUGEN SEHEN als moralischer und lehrreicher Faktor in die Handlung sehr passend eingebunden. Hier dürften nicht nur die kleinen Filmfans in unterhaltsamer Art und Weise an dieses wichtige Thema herangeführt werden, sondern wohl auch so manch Erwachsener etwas nachdenklicher werden.

Wenn auch die Story vorgegebenen, konventionellen und somit nicht immer überraschenden Pfaden folgt, ist sie wie von der Firma nicht viel anders gewöhnt äußerst durchdacht, bietet Spannung an den genau dafür passenden Stellen, fesselt mit seinen ausgereiften, liebevollen Charakteren und hat mit dem genau getimten Humor die Lacher auf seiner Seite. Sehr ausgeglichen sind diese einzelnen Bestandteile eingebracht, sodass z.B. der witzige Anteil nie überhand nimmt, auch wenn die beiden Blödel-Elche Benny und Björn die im Grunde sehr ernsthafte Geschichte, immer wieder mal mit ihren lustigen Sprüchen an den Rand einer einzigen Lachnummer bringen.

Die deutsche Synchronisation, in der Daniel Brühl, Moritz Bleibtreu, Gedeon Burkhard, Johannes Bachmann ihren tierischen Vorlagen ihre Stimmen leihen, hat ihren Job auch aufs vorzüglichste hinbekommen, wenn auch die Originalstimmen von Joaquin Phoenix (Kenai), Jeremy Suarez (Koda), Jason Raize (Denahi), Rick Moranis (Rutt), Dave Thomas (Tuke) - wie das ja meist immer der Fall ist - noch einen Tick besser klingen. Am krassesten tritt dieses Manko vor allem bei den beiden Elchen zu Tage, die auf Deutsch irgendwie nie so lustig rüberkommen, wie der original Elch-Akzent von Rick Moranis und Dave Thomas das so eindrucksvoll bewirken kann. Im der direkten Gegenüberstellung auf DVD ist dies - wie ich finde – dann auch sehr gut herauszuhören.

Phil Collins, der ja den Hauptpart der musikalischen Untermalung bestreitet, gibt - wie schon zuvor in „Tarzan“ - mit seinen unverwechselbaren Einlagen dem Streifen die vorwiegend erhabene Stimmung, die mit einiger Gänsehautgarantie über die Lautsprecher kommt. Auf der einheimischen Tonspur darf man sogar Collins Gesang im etwas brüchig vorgetragenen deutschen Text lauschen. Auch hier ist ein gelegentliches wechseln der Tonspur (während des laufenden Filmes) immer wieder sehr aufschlussreich. Auch die ehemalige Rocklady Tina Turner darf mit einem Lied ziemlich am Anfang, zu einem rundum gelungenen musikalischen Hintergrund beitragen.

Vom Zeichnerischen Standpunkt wurden keine großen Experimente eingegangen und auf bewährtes zurückgegriffen, was den Stil der Figuren betrifft. Die menschlichen Charaktere erinnerten mich sehr an die Zeichnungen etwa in „Mulan“; die Tierentwürfe dann wieder eher an „Der König der Löwen“. Gut fand ich auch, dass die Figuren von den Zeichnern meist nie zu überspitzt entworfen oder karikiert wurden. Dennoch holten die Künstler sehr schön die wesentlichen Eigenschaften aus den größtenteils überzeugenden Animationen heraus, sodass es im Gesamtzusammenhang für mich ein sehr gelungener Animationsstreifen war, der das Beste von klassischen, als auch modernen Disney-Filmen in sich vereint.




FILMDATEN

Laufzeit: ca. 82 Minuten

Tonformat: dts 5.1 / Dolby Digital 5.1

Bildformat: 1:1,66 (16:9)

Untertitel: Deutsch, Englisch Französisch, Italienisch, Türkisch



DIE DVD IST…


…alles andere als eine Glanzleistung.
Hatte noch nicht vor allzu langer Zeit z.B. bei „Atlantis“ der Kunde von Anfang an die Wahl zwischen magerer Umsetzung und viel besser ausgestatteter Variante, wurden die Ausstattungsumfänge bei den so genannten Disney-Meisterwerken immer dürftiger. Ein letzter Höhepunkt dieses Abspeckens dürfte vorliegende DVD „Bärenbrüder“ sein. Während in den USA immerhin noch die Möglichkeit besteht, die Scheibe in zwei Ausführungen zu bekommen, wurden in Deutschland einfach kurzerhand so wichtige Extras, wie das meist immer sehr interessanten Making of ersatzlos gestrichen.

Übrig bleibt ein völlig unzureichendes Bonusprogramm, das dann im Grunde nur noch Stückwerk ist. Hier hatte mich immerhin noch der Audiokommentar der „Elche“ sehr gut unterhalten, da der wirklich spaßig rüberkommt. Doch hätte ich mir außerdem noch einen Kommentar der Macher gewünscht, um noch etwas mehr zur Entstehung und etwaige Hintergrundinformationen zu erhalten. Die Gags von Dreh sind ja in der Art auch nicht mehr ganz neu, aber immerhin noch einen Blick wert. Alle anderen Features sind dann aber fast schon nicht mehr einer näheren Betrachtung wert.

Den Vogel abgeschossen haben die Leute von Buena Vista aber, indem sie das Bildformat so anpassten, sodass jetzt ein durchgängiges 1:1,66 Bild zu sehen ist. Wobei man natürlich wissen muss, dass die Kinovariante anfangs zwar auch ein 1: 1,66 Format hatte, dieses dann aber nach etwa 20 Minuten (nach der Bärenverwandlung) auf ein Breitwandformat von 1:1,35 aufgezogen wurde. Dieser von den Filmemachern gewollte stilistische Effekt geht nun aber auf der DVD komplett verloren. Irgendwie scheint es denen bei Disney nicht wohl zu sein, wenn sie an den einheimischen DVD-Umsetzungen nicht herumfuhrwerken können, oder aber wie etwa bei „Lilo & Stitch“ und „Tarzan“ geschehen völlig unnötig die Schere auspacken.

Sieht man mal von diesen Unzulänglichkeiten einmal ab, ist das Bild als auch der Ton alles in allem in einem sehr guten Zustand auf die DVD übernommen worden. Vor allem das farbenfrohe -, in der Zusammensetzung sehr abwechslungsreiche Bild, in Verbindung mit der stimmungsvollen Musikbegleitung, hatte es mir dann doch noch angetan.

Alle Extras wurden mit deutschen Texttafeln unterlegt. Die Spiele sind mit deutscher Sprachausgabe.



DIE EXTRAS IM EINZELNEN SIND…


...Kodas Gags vom Dreh

- Zusätzliche Szenen und Songs von Phil Collins

- Musikvideo „Look Trough My Eyes“

- Spiel „Entdecke dein Totem”

- Spiel „Knochen-Puzzle”

- Kommentar der Elche

- Legenden vom Bär

- Die Entstehung der Filmgeräusche

- Designgalerie und künstlerische Aspekte

- Trailershow



MEIN RESÜMEE...


… fällt ziemlich zwiegespalten aus.
Denn zwei ganz unterschiedliche Gesichter hat meiner Meinung nach diese Disney-Produktion auf der Silberscheibe vorzuweisen. Zum einen der viele Bereiche - von knuddelsüß bis tiefgründig - abdeckende Film selber. Hier wurde ganz tief in die Trickkiste der Animationskunst gegriffen, um zumindest annähernd – wie es die Werbeabteilung marktschreierisch immer wieder verkündet – ein Meisterwerk zu schaffen, das es mit den ganz großen Titeln des Mäuseimperiums aufnehmen kann.
Zum anderen ist da die auf das allernötigste beschnittene DVD-Adaption, die den echten Fan sicherlich mehr als nur ein bisschen enttäuschen wird.

Als einziger Trost bleibt abzuwarten, ob Disney irgendwann eine besser ausgestattete Variante nachschiebt, wie das ja ganz aktuell mit „Aladdin“ passiert, der auf einer 2-Disc Spezial Edition neu herauskommt.
Wie viele Zeichentrick-Freunde sich solch gebaren nicht länger gefallen lassen bleibt abzuwarten. In Zeiten in denen es von vielen ein Hobby ist Raubkopien auf dem DVD-Player zu stapeln, sollte man nicht so leichtfertig mit dem Kunden umgehen der gutes Geld bezahlt, der aber dafür bitteschön halt auch etwas an Qualität sowie Quantität verlangen darf. So sehe ich es zumindest.

Die Strategie von Disney scheint aber jene zu sein: Die quengelnden Schreihälse werden ihre Eltern schon dazu bringen das neuste Trickfilmabenteuer auf DVD zu kaufen. Die lieben Kleinen sind ja gottlob nicht so kritisch, wenn bei der Ausstattung kräftig geschludert wurde. Ob diese Rechnung auf Dauer aufgehen wird? Ich hoffe das zumindest im Interesse von allen wirklichen Zeichentrickfans nicht.

© winterspiegel für Ciao & Yopi

37 Bewertungen, 2 Kommentare

  • fuchsis

    26.11.2004, 12:12 Uhr von fuchsis
    Bewertung: sehr hilfreich

    Hi, nun bin ich erst recht zwiegepalten. Bevor überhaupt die erste DVD von disney herauskamen, haben mein Mann und ich uns an Disney gewandt und darum gebeten. Die ersten Scheiben waren erhältlich und natürlich standen sie in meinem Schrank.

  • LufiA

    20.11.2004, 11:40 Uhr von LufiA
    Bewertung: sehr hilfreich

    Die DVD steht auch bei uns im Schrank, Kinder sei Dank. Was mich bei den Disney-DVDs am meisten stört sind die dem Hauptfilm vorgeschaltenen Werbetrailer auf andere Disney-DVDs. Als Untermenü der DVD ist sowas ja okay, aber es nervt wenn man durc