Zeiten des Aufruhrs (DVD) Testbericht

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Zeiten-des-aufruhrs-dvd-drama
ab 5,02
Auf yopi.de gelistet seit 02/2010
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  wenig
  • Anspruch:  sehr anspruchsvoll
  • Romantik:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Spannung:  durchschnittlich

Erfahrungsbericht von LilithIbi

"Das, was du wirklich bist..."

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

_„...wird hier unterdrückt. Das, was du bist, verleugnest du jeden Tag!“_

~ Das eben jenes Gesprächsfragment eines sein würde, welches mich zutiefst anrühren und -sprechen würde, war meiner Lolomay mal wieder bewusst, als sie mir das fast 2stündige Drama

===Zeiten des Aufruhrs=== ans Herz bzw. den heimischen DVD-Player legte. Dank der durch „Titanic“ entstandenen Dreier-Konstellation der stetig überzeugenden Darsteller Kathy Bates, Kate Winslet und Leonardo de Caprio könnte dem ein oder anderen Zuschauer durch den Kopf gehen: „so, das wäre also passiert, wenn Leonardo, respektive Jack, nicht gestorben wäre.“

Tatsächlich spielen beide Protagonisten höchst überzeugend ein Paar, wie ein jeder es aus dem eigenen Umfeld ~ oder gar Spiegelbild ~ kennen dürfte.
„Zeiten des Aufruhrs“, dessen Originaltitel „Revolutionary Road“ schlicht und ergreifend jene Straße bezeichnet, in dessen das eigentliche Drama des Ehepaares Frank (Caprio) und April (Winslet) stattfindet bzw. dessen Höhepunkt ereilt, spielt in den frühen 50ern, fühlt sich nichtsdestotrotz jedoch keineswegs altbacken an.

Regisseur Sam Mendes, der u.a. bereits durch „American Beauty“ zu überzeugen wusste, lässt den Zuschauer von Beziehungsbeginn an an der Seite des Paares verweilen, welches seit jeher als etwas „besonderes“ gilt und sich obendrein selbst so sieht. Was bekanntermaßen nichts verwerfliches darstellt. Ein wenig schwerfällig dürfte sich der ein oder andere damit tun, dass hier konsequent auf die berühmt-berüchtigten Angaben wie „xy Monate / Jahre später“ verzichtet wird, man vielmehr mitunter urplötzlich feststellt, das bereits zwei Kinder durch den heimischen Garten tummeln.

Zuvor wurde man Zeuge eines scheinbar eskalierenden Streites zwischen Frank und April; welcher so derartig überzeugend vermittelt wird, dass man selbst die kleinen, schmerzlichen Stiche spürt, die sich beide gegenseitig zufügen. Wenig später lernt das Paar die Maklerin (Kathy Bates) kennen, die jenes Haus als absolut passend bezeichnet ~ passend für das Paar, welches „besonders“ zu sein scheint.

Von jener Überzeugung spürt insbesondere April immer weniger; Frank geht dem gleichen Bürojob nach, wie sein Vater es bereits tat, stürzt sich in eine flüchtige Affäre, die zwar im Film eher am Rande abläuft, nichtsdestotrotz jedoch zweifellos seine Spuren hinterlässt. Über kurz oder lang erinnert sich April an den einstigen Traum Frank's, nochmal nach Paris zu reisen.....

===Die genauere Umsetzung=== geht behutsam mit den detaillierteren, aufkeimenden oder gar absterbenden Entwicklungen um. Immer wieder wird der Zuschauer mit den Erinnerungen an die Anfänge der Liebe konfrontiert, wechselt sodann brachial in die eher triste Gegenwart.

Eine der mannigfaltigen Wendungen erhält „Zeiten des Aufruhrs“, als April sich für die Idee, für ein paar Monate in Paris zu leben, mehr und mehr begeistert. Frank reagiert zunächst verhalten, findet jedoch rasch Gefallen an der Vorstellung, sich doch noch „selbst kennenlernen zu dürfen“, herausfinden zu können, was er wirklich vom Leben möchte. Lediglich die direkten Nachbarn scheinen alles andere als angetan zu sein von dieser Idee ~ zumindest, was den direkten Blick vor die Kulissen angeht.

Während sich das Paar wieder annähert, der Filmgucker sich wie beide Protagonisten in Sicherheit wiegt, droht die erhoffte Idylle Dank äußerer Umstände mehr und mehr zu brechen. Dass es an allen Ecken und Enden knarzt, müssen April, Frank und nicht zuletzt der Zuschauer auf stillst-brutalste erleiden....

~ Es fällt schwer, nicht allzu viel von der Geschichte vorweg zu nehmen, um auf die dramaturgische Raffinesse zu sprechen zu kommen. Hätte man mir die obige Zusammenfassung vorgetragen, ich persönlich hätte kaum Interesse für das Werk aufbringen mögen.

Besonders hervorzuheben sind hier natürlich die vermittelten Zwischentöne; jene Hoffnungen und Träume, die das Paar allen geltenden Gesellschaftsnormen und Spot zum Trotze zu hegen wagt.

Von dem Ausspruch

_“Wenn verrückt sein heißt, bewusst zu leben ~ dann macht es mir nichts aus, vollkommen geistesgestört zu sein“_

bleibt über kurz oder lang nicht viel; vielmehr wandelt sich jene Option gen _„Sämtliche Hoffnungen in ein Versprechen zu legen, welches nie gemacht wurde“_ und (be)rührte mich persönlich damit gleichermaßen wie die An- oder gar Einsicht _„Ich kann nicht bleiben, kann nicht weg, bin eine Belastung für alle“_ in tiefster Seele. Womöglich einen Deut mehr als es bei anderen der Fall sein könnte, da ich nur zu gut nachempfinden kann, respektive weiß, wie sich jenes anfühlt ~ und doch geht vieles, was inmitten „Zeiten des Aufruhrs“ dargeboten wird, intensivst unter die Haut.

Die Figur des John, der Sohn der Maklerin, der noch mit einem Bein in der Psychiatrie lebt, gibt dem Film obendrein die richtige Würze. Jener bringt Erkenntnisse auf den Punkt, die die „geistig gesunden“ nicht zu äußern wagen, ist dank seiner Soziopathie schonungslos offen und ehrlich und stößt damit nicht nur einmal seinen (zum Teil unfreiwilligen) Zuhörern vor den Kopf. Tatsächlich ist er jedoch der einzige, der überaus empathisch zu sein scheint, Zusammenhänge erkennt (und damit andere verbal attackiert) und nicht nur das sieht, was als gesellschaftskonform zu gelten scheint.

Trotz der zweistündigen Laufzeit weist der Film meiner Erfahrung nach keinerlei Längen auf, beinhaltet wohlweislich kaum action oder hochspannender Szenen. Die nervenzehrende Thematik, die hier vermittelt wird, ist anderer Natur; läuft still und beinahe lauernd ab. „Zeiten des Aufruhrs“ ist somit nicht nur ein überaus treffsicherer Filmtitel an sich; auch das, was dahinter steckt, weis durchaus zu überzeugen, zu bewegen und wirkt noch eine geraume Weile nach.

Die vereinzelte Kategorisierung in die Sparte „Romantik“ kann man durchaus schlicht und ergreifend als „falsch“ ansehen ~ vielmehr könnte man fast schon von de-romantisierenden Blicken hinter die Fassade des fröhlichen Nachbarn und Vorzeigepärchen sprechen.

===Summa summarum=== werde ich mir den Film mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder und wieder ansehen. Zu viel wird hier zwischen den Zeilen vermittelt, als das man es beim ersten Mal unbedingt alles in sich aufnehmen wird. Sogar die allerletzte Einstellung gibt Anlass zum sinnieren, nachdenken, Schlussfolgerungen ziehen. „Zeiten des Aufruhrs“ tut weh, seziert, zerstört womöglich gar manch eine Illusion ~ jedoch auf eine gute Art.
Es ist wichtig, zu träumen, zu hoffen, zu versuchen.

Und vor allem jemanden zu sagen, wenn man gewisse Ziele nicht mehr teilt bzw. selbst erkennen muss, dass dem so ist.

„Sämtliche Hoffnungen in ein Versprechen zu legen, welches nie gemacht wurde“ ~ eine Lektion, die auch ich erleiden und erlernen musste.

Doch eine Lektion, an der mensch wachsen, und nicht unbedingt (nur) zerbrechen kann.

29 Bewertungen, 5 Kommentare

  • XXLALF

    03.02.2011, 19:44 Uhr von XXLALF
    Bewertung: sehr hilfreich

    und ganz liebe grüße

  • austin77

    03.02.2011, 18:44 Uhr von austin77
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich lese bei dir und du bei mir, so macht yopi richtig Spaß. Liebe Grüße

  • Miraculix1967

    03.02.2011, 18:34 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr guter Bericht, schönen Abend und LG aus dem gallischen Dorf Miraculix1967

  • anonym

    03.02.2011, 17:13 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Prima vorgestellt. GLG

  • morla

    03.02.2011, 16:33 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg. ^^^^^^^^^^^^petra