Harman Kardon Soundsticks II Testbericht

Kennen Sie das:
Sie sehen einen Artikel und sofort erwacht ein unwiderstehliches Verlangen danach, ihn zu besitzen, egal um welchen Preis?
Sie kämpfen dagegen an; schließlich siegt doch noch die Vernunft und sie beschließen, sich erst mal darüber zu informieren bevor Sie blindlings kaufen?
Und sind dann aufs herbste enttäuscht, vielleicht kullern sogar noch ein paar Tränchen, wenn Sie feststellen, daß sie den Artikel gar nicht nutzen können?

So geschah es mir im Jahr 2000, als Harman/Kardon die Soundsticks herausbrachte, ein 2.1 Lautsprecher-Set, das meine kühnsten Erwartungen an Design und Klang um Lichtjahre übertroffen hat.

***Designed for Mac only***

Heute weiß ich, daß das so nicht stimmte, und man die originalen Soundsticks auch an einem PC verwenden kann. Grund für diese Annahme war, daß das System statt per Mini Audio Jack (3,5 mm Klinke), via USB an den Rechner angeschlossen wurde, und USB gehörte bei dem gängigen Windows 98 nicht zum Standard für die Soundausgabe, und auch das Nachrüsten half nicht immer zuverlässig.
Meine Trauer wurde im Spätherbst 2004 durch einen zdnet-Artikel schlagartig beendet.

H/K bringt die plattformunabhängigen Soundsticks II heraus!

Diesmal mit einem Standard-Klinkenstecker, so daß das System endlich auch an eine handelsübliche Soundkarte oder einen Stereotuner angeschlossen werden kann. Das absolut (sorry im Vorfeld) hammergeile Aussehen ist gleich geblieben.

Das Design

A: Allgemein
Das gesamte System ist in transparentem Kunststoff eingefasst.
Alle Ecken und Kanten sind weich abgerundet, was der Steriltität des Durchsichtigen, vor allem beim Subwoofer eine ungeheure Weichheit, ja fast schon etwas urprünglich Weibliches verleiht.
Die Satelliten hingegen sind ganz eindeutig phallischer Natur nachempfunden. Sozusagen das Yin/Yang in Vollendung.
Blaue Elemente und die blaue Beleuchtung des Subwoofers von innen heraus unterstreichen diesen Eindruck und es ergibt sich ein stark futuristisches Gesamtbild, das aber niemals den Eindruck von Kälte vermittelt.

B: Der Subwoofer
Er erinnert stark an eine Luftblase im Wasser, einen Hurricane, an einen Wasserfall, ein Spacemovie, den Bauchnabel einer Hochschwangeren, undundund....
Auffälligstes Merkmal ist die trichterförmige Röhre, die wie ein Springbrunnen direkt über dem oberen Delta des Lautsprechers entsteht und sich wie eine Fontäne zum schützenden Gehäuse entwickelt.
Der Lautsprecher selbst ist im unteren fünftel der Gesamthöhe in einer Art abgeschlossenen Dose mit der Membrane nach unten angebracht. Diese Dose hat vier kreisrunde Öffnungen auf der Oberseite, durch die der Schalldruck gleichzeitig direkt durch die Röhre , als auch durch die vier im exakten Winkel versetzten Öffnungen der Kuppel nochmals resonanzverstärkt nach oben entweichen kann.
Die Platine wird stilvoll von einer alufarbenen (natürlich) sanft abgerundeten Abdeckung verborgen. Besonderes Highlight hier ist die schwache permanente blaue Beleuchtung, die das geheimnisvolle des Subwoofers eindrucksvoll betont.

C. Die Satelliten
Als Ständer dient ein verstellbarer sehr schwerer Gummi?-Ring, der mit Glitter angereichert wurde, jedenfalls schimmert der Fuß sehr schön perlmutt bis silberfarben, je nach Lichteinfall.
In die dildoförmigen ca. 22 cm hohen transparenten Lautsprechersäulen sind jeweils 4 ca. 3cm Durchmesser große Lautsprecher eingelassen.
Die Seitenansicht zeigt ein sehr akkurates Wellenmuster; die Stellen, an denen die Minilautsprecher eingelassen sind liegen jeweils in einer Bucht.
Jeder einzelne liegt in einer blau gehaltenen Fassung.
Ein weiteres wundervolles Detail sind die Kabel und Lötstellen der einzelnen Minilautsprecher:
Die Kabel stehen scheinbar starr in transparenter Umhüllung und statt schnöder Lötstellen gibt es hier blaue Glasperlen zu sehen.
Das ist so ein schönes Detail, daß ich ungelogen manchmal die Satelliten umdrehe, wenn ich nicht sie nicht gerade brauche.
Bei den Satelliten gefällt mir übrigens besonders gut, daß die 1/5 - 4/5 Einteilung beibehalten wurde, nur 90 ° versetzt. Bei den Satelliten finden wir die Schallröhre im unteren fünftel; direkt auf den Hörer zugerichtet.

Der Klang

Exzellent. Glasklare Höhen und ein satter Bass sorgen für absolute Hörvergnügen. Auch DVDs lassen sich mit diesem System genießen. Ich habe niemals den Eindruck von "Plastik-Sound" gehabt, auch nicht bei TV-Aufnahmen, die immer etwas blechern klingen.
Folgende Test-Musik mußte das System glasklar wiedergeben:
- Arie Königin der Nacht (Aufnahme aus 1993, meine alten Brüllwürfel haben Folter daraus gemacht)
- Samsas Traum: Flügel aus Wachs (unglaublich: nur 2,1 und mittendrin)
- Hörbuch Nada Brahma - die Welt ist Klang mit sämtlichen Musikbeispielen. Erstaunlich, mit welcher Qualität eine fast 20 Jahre alte Radiosendung aufgenommen wurde.
- Mike Oldfield: Sheba - etwas verzerrt in den tieferen Bereichen, Subwoofer korrgiert (Achtung: dieses Stück hat über Längen hinweg _keinen_ Bass; nicht wundern, das gehört so!
- Lesiem - Humilitas (album Times): mein absolutes Killerkriterum für Laustsprecherklirren. Der Song klingt fast überall übersteuert.
Die Soundsticks haben es geschafft.
Dazu mußte ich allerdings den Subwoofer wie eine Blumenampel aufhängen. Die Resonanz meines Tisches war zu viel.
Wer die vollständige Testliste haben will schreibt mir einfach.

Ja, es gibt auch Dinge, die ich nicht an den Soundsticks II mag

- Der Regelknopf für die Subwooferlautstärke ist nur schwer zu erreichen
- die Touch-Control Bedienung für die Lautstärke ist nicht empfindlich genug; es gibt keinerlei optischen Hinweis (z.B. in einem OSD), wo die Lautstärke gerade ist.
- und als ganz gravierender Nachteil:
Das System hat keinen Aus - Schalter, sprich der Subwoofer ist _immer_ beleuchtet. Ich habe mir einfach einen Ausschalter dazwischen gebaut, wohl wissend, daß ich damit sämtliche Garantieansprüche aufgebe. Also nicht zur Nachahmung empfohlen.
Da ich aber in meinem Arbeitszimmer schlafen muß, war dieser Schritt leider notwendig.

Fazit

Die Soundsticks II stehen dem Original trotz der analogen Übertragungstechnik in absolut nichts nach.
Klar, sie sind realtiv teuer für ein 2.1 Systen, ich persönlich habe etwas um 170 Euro inkl. Versand bezahlt, aber wer wie ich nichts mehr hasst als Kabel zu verlegen wie eine Begaste (so geschehen bei einem Bose 5.1 System), nur um dann festzustellen, daß es irgendwie "unsauber" klingt, überlegt es sich vielleicht dreimal.
Es ist bestimmt nicht der Nabel der Welt, aber gemessen an dem preisgleichen 5.1 Müll jeden einzelnen Cent wert.
Ich habe ja sehr viel blumiges über das Design geschrieben, vielleicht hilft ja googlen nach großformatigen Bildern der Soundsticks/II in der Bildersuche, um meine Ausführungen verständlicher zu machen.

Anhang: technische Daten

Satelliten:
Frequenzgang @ 1 W (-3 dB): 4 x 25-mm-Hochtonkallotten pro Kanal,
Ausgangsleistung des Verstärkers: 10 Watt (RMS) pro Kanal,
DTS-ES 6.1 (Matrix und Diskret): 50,8 mm Durchmesser x 254 mm,
Gewicht: 0,67 kg,
Subwoofer:
Größe des Basschassis: 150mm,
Ausgangsleistung des Verstärkers: 20 Watt (RMS),
DTS-ES 6.1 (Matrix und Diskret): 232 mm Durchmesser x 258 mm,
Gewicht: 2,24 kg, Frequenzumfang: 44 Hz - 20 kHz,
Leistungsverbrauch: 4 Watt im Leerlauf, 65 Watt maximal


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