Yves Saint Laurent L'Homme - Eau de Toilette Testbericht

Schnüff-schnüff liebe Gut-Riecher,

sind wir nicht alle verrückt nach einem guten Duft? Einem, der wie unverwechselbar zum eigenen Ego passt? Die Damenwelt fasziniert? Und dazu noch den vorhanden Schweißgeruch überdeckt? Na klar, wer will schon blöd riechen? Ich jedenfalls nicht. Soviel steht fest.


===Ansichtsweisen und Ansammlungen===

Wer gut riecht ist angesagt, keine Frage. Solange man es nicht übertreibt. Und doch habe ich das Gefühl, dass so mancher Mensch gläubig genug ist, der guten alten „Axe-Werbung“ zu vertrauen. Getreu dem Motto: Sprüh was das Zeug hält! Egal ob Aldi-Deo oder Chanel, das Zeug muss auf die Haut und das in Massen. Demensprechend sind auch die Reaktionen der Mitmenschen, die erstickenderweise das Gegenteil von dem Tun, was der Träger eigentlich erwartet: Flucht! Dabei spielt es ja keine Rolle ob das Duftwasser gut oder schlecht riecht. Zuviel ist doof!
Na ja, und dann sind da ja noch die sparsamen Sprüher, deren Meinung lieber in die Richtung „Weniger ist mehr“ geht und irgendwie letztendlich zum selben Ergebnis kommen wie die Vieldosierer: Flucht der Umgebung.

Noch viel unangenehmer als diese beiden Gattungen sind die „Einzeller“, deren Geschmack sich auf einen Lieblingsduft bezieht. Ob Männlein oder Weiblein, völlig egal, tagtäglich spazieren sie mit demselben Wässerchen durch die Umgebung und versprühen Langeweile und Trostlosigkeit. Heavy!
Ich persönlich habe meinen eigenen Trend entdeckt. Die Abwechslung. Wie wirbt ein hiesiger Radiosender so schön: „Der Mix macht´s!“ Und so besteht mein Duft-Inventar aus einer dezenten aber feinen Ansammlung von Deodorants, After Shaves und Eau de toilettes. Sozusagen einem wohlwollenden Mix aus täglicher Variation, Abwechslung, Zerstreuung. Jeder Moment, jeder Anlass, jeder Gemütssituation im Leben könnte ich definieren. Cool oder? Positiver Nebeneffekt: Durch die Vielzahl des Angebots in meinem Badezimmerutensilienschrank ist die Benutzungshaltbarkeit der Duftwässerchen um einiges in die Länge gezogen; man hat also etwas länger von seinem Lieblingsparfüm.
Der heutige Mann von Welt kauft natürlich nicht mehr selbst, sondern lässt schenken. Selbstredend mit vorheriger, indirekter Absprache. So gerät man als zukünftiges Geburtstagskind mehr oder weniger zufällig auf einer Shoppingtour in eine Parfümerie. Schauen kostet nix und so entdeckt man hier und da natürlich einen Duft, der perfekt zu einem passt. Idealerweise spricht man nun von einem allgemeinen Erfolgserlebnis. Auch wenn sich diese Nummer als ein wenig selbstlos wirkt, verbunden mit etwas Geiz, macht nix, denn so erübrigen sich die vielen Fragereien hinsichtlich eines Geschenks. Wobei sich diese Duftgeschichten hinsichtlich der langen Verwendbarkeit nicht alljährlich wiederholt. Zweiter Positiveffekt: Die Abwechslung hinsichtlich der Geschenke.


===Geschenkte Findigkeit===

Auf diese selbstlose Weise fand folgendes Eau de Toilette den Weg zu mir in den Badezimmerschrank: Yves Saint Laurents „L´ Homme“. Zugegebenermaßen muss ich gestehen, dass ich von diesem (ab € 38,00-) Geschenk meiner Schwägerin mal nichts wusste. Es kam sozusagen überraschend. Hat ja auch mal was. Zwar sind diese Sorten von Überraschungen immer mit einem wortwörtlichem Hauch „Hoffentlich-Gefällt´s-Ihm-Geruch“ verbunden, aber: No risk, no fun.

Bis dato konnten mich die vielen kunstvoll kreierten Flacons des vor Jahren das zeitlich segnenden Designers mit all den breitgefächerten Düften nur wenig beeindrucken. Waren es mehr die Calvin Kleins, die Hugo Boss´, die Georgio Armanis und die Paco Rabannes deren männlichen Kreationen meine Haut beglücken durften. Nun aber, es geschah an Weihnachten, leuchteten mir die Äugelein meiner Schwägerin entgegen, in der Hoffnung, ihr Geschmack sei auch der Meinige. Und während ich den Sechzig-Milliliter-Flacon von seiner würfeligen grauen Verpackung befreite, schossen mir Gedanken durch den Kopf, was für findige Köpfe wohl solch merkwürdige Quaderdeckel erfinden. So ist es nicht der Flacon an sich den das geschulte Auge anziehen darf, sondern der silberne, sechseckige Deckel, der offenbar schwerer wirkt, als mein Wagen vor der Tür. Dem ist natürlich nicht so, weil Plastik. Aber es hätte so sein können. Würden die Fachleute dann von einem horrenden Qualitätsprodukt sprechen?
Na gut, jedenfalls wirkt die ganze Nummer so schwer. Auch die mir ersten Duftnuancen erwecken eine eher schwere Kost. Waren es im Vorwege meist frische Düfte, die meinen menschlichen Körper bedecken durften, schickt sich das „L´Homme“-Eau de Toilette an, etwas voluminöser aufzutreten. Der typische erste Spritzer in den Deckel bestätigt meine Vermutungen. Etwas holzig strömt es aus dem Flacon mit einer legeren Frische. Soll das tatsächlich mein Duft sein? Ein Parfum, das mich widerspiegelt? Mich meinem Gegenüber als Wiedererkennungswert enttarnt? Doch ein Deckel ist noch lange keine Haut. Wie jeder weiß, spiegelt jede Haut ihren eigenen Charakter wieder. Vor allem bei Düften. Also, auf die Plätze, fertig, los!

Hmm… gar nicht mal so übel. Die Charakterzüge der Deckelprobe sind völlig verschwunden. Von nervigem Holz kann ich überhaupt nichts mehr erkennen. Wenn es jemals da war. Aber wie beschreibt man eigentlich ein Parfum? Gibt es da Richtlinien? Ein Internetshop beschreibt „L´Homme“ als sinnlich, prickelnd, frisch, elegant, mit modernem Charakter. Das Ganze klingt fast schon nach einem verdammt netten Wein. Würzig, blumig, anziehend – Mensch, wenn das man so wäre, dann wäre die „Axe-Werbung“ tatsächlich mal realer denn je. Aber kann man einer Verkaufstaktik vertrauen?
Aber wozu hat man denn seine Frauen in der Umgebung? Meine bessere Hälfte zum Beispiel entlässt Äußerungen wie „sanft“, „leicht süßlich“, „männlich“, mit dem Zusatz:“Riecht gut!“. Ähnliche Ausdrucke kommen aus dem Munde meiner Schwägerin, deren weiterer Text sich auf ein „herrlich“ erweitert. Gut, wenn sie das sagen.
Womit allerdings immer noch nicht geklärt wäre, wie ich den Duft empfinde. So als Eigenbrodler muss ich den Test nun wirklich vollziehen. Mittlerweile habe ich so viel des Eau de Toilettes durch den Raum gesprüht, dass ich nichts anderes mehr errieche. Okay, fast. Aber die Damen sollen Recht behalten. Ebenso die Werbung. Nach einer kurzen Entwicklungsphase auf der Haut wirkt „L´ Homme“ sehr Kontrastreich. Wenn ich jetzt blumig schreibe, sollte man mich nun nicht auf eine bestimmte Sorte festnageln. Dies soll einfach etwas Buntes beschreiben, Vielfächriges. Es riecht gut. Während ich beim oben besagten Prickeln eher nicht bestätigend wirken kann, kommt aber das Süßliche hervor. Somit entsteht ein Duft, der im sparsamen Umgang sehr elegant wirkt, leicht frisch und weniger nervig. Womit die traditionelle Männlichkeit wieder bewiesen wäre.

Doch zu welchem Anlass würde ich denn dieses Eau de Toilette aufsetzen? Tja, schwer zu sagen. Hier gehen wahrscheinlich die Meinungen diskret auseinander. Für mich bringt „L´Homme“ den Trend des Eleganten mit. Somit würde ich es für dementsprechende Veranstaltungen (Hochzeiten, Geburtstage, Firmenjubiläen) benutzen. Da es allerdings meiner Ansicht nach sehr dominant wirkt, sollte man diesen Saint-Laurent-Duft nur dezent auftragen. Schnell kann es störend sein, zu männlich, zu ansprechend, womit wir wieder beim Anfang dieses Berichtes wären.


===Fazit===

Ob sich der Meister noch zu Lebzeiten mit diesem Duft beschäftigte sei dahingestellt. Doch Yves Saint Laurents Duft sogenannt „L´Homme“ macht seinem Namen alle Ehre. Auch wenn die Strategen der Parfümerien wesentlich mehr positiver Beschreibungskriterien erkennen lassen, darf ich mit einem blumig“, „männlich“, süßlich“, „leicht frisch“ aufwarten. Da die frische wohl kaum die Diskretion des Duftes übertönt, lässt sich sagen, dass auch bei „L´ Homme“ weniger mehr sein kann. Umgekehrt wirkt eher Belästigend auf die Umwelt.
Und somit wird es wieder einmal Zeit, eine Bewertung des guten Stücks abzugeben. das € 39,00-Produkt ist absolut empfehlenswert, allerdings wirkliche Geschmackssache. Im Fünf-Sterne-Himmel sehe ich diesen Duft nicht, dafür ist er mir auf Dauer zu anstrengend. Doch die Vier-Sterne-Fraktion, verbunden mit einer Kaufempfehlung, nimmt dieses Eau de Toilette bestimmt auch gerne auf.

Tja, womit ich meine Duftvariationen wieder um eine Attraktion reicher gemacht habe. Gut so, denn genau einen solchen Duft hätte ich mir kurioserweise persönlich nicht zugelegt. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass es manchmal doch nicht verkehrt ist, wenn ein Duft verschenkt wird.

In diesem Sinne… Schnüff, schnüff!

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