Der Zementgarten (DVD) Testbericht

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ab 10,08
Auf yopi.de gelistet seit 02/2010

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Erfahrungsbericht von LilithIbi

„Für mich war's ganz natürlich.“

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Regelrecht gespannt war ich auf die Verfilmung von Ian McEwan's

===Zementgarten===
eben weil ich persönlich mir kaum vorstellen konnte, wie man jene Veröffentlichung würde umsetzen können, ohne den Zuschauer mit einer gewissen bebilderten Langatmigkeit regelrecht zu erdrücken. Das, was dann im Jahre 2002 durch Drehbuch und Regie seitens Andrew Birkin auf die Leinwand projiziert wurde, hätte mich im Leben nicht dazu bewogen, mir die entsprechende Romanvorlage anzulesen. Überdies gibt der DVD-Rückseitentext '''der mir vorliegenden Bandling-Ware''' tatsächlich über Anfang und auch Ende der Geschehnisse Aufschluss, ein faux-pas sondergleichen, der die ohnehin schon recht dröge Ereignis-Plättcherei noch mal hervorhebt.

_Die Handlung sollte man meiner Ansicht nach nicht weit mehr zusammenfassen, als dass der Familienvater an einem Herzinfarkt stirbt, woraufhin die Mutter ihren beiden ältesten Kindern, Julie (Charlotte Gainsboug) und Jack (Andrew Robertson) die Verantwortung für die beiden kleinen überträgt. Die Vorwarnung, dass im Zweifelsfalle zumindest der jüngste Bruder Tom sowie die kleine Sue in ein Kinderheim kommen würden, wenn das Amt den Eindruck bekäme, das Haus würde verkommen, halt noch nicht ganz aus, als schließlich auch die Mutter stirbt.
Rasch ist der Plan gefasst, den Tod der Mutter zu verheimlichen und das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Dass dies für die wahnsinnig unselbständigen Kinder eine zu große Herausforderung ist, lag schon von der ersten Minute an auf der Hand...

===Die Umsetzung===
kommt, um es verkürzt auf den Punkt zu bringen, an das Buch nichtmal ansatzweise heran.
Dabei wurde anfänglich die Atmosphäre wunderbar via Bebilderung eingefangen und untermauert ~ die Szenerien gestalten sich merkwürdig still, fast schon zu still, der Garten des Vaters, den er kurzerhand zubetonieren will, wirkt selbst für einen Zen-Garten zu ruhig. Desweiteren sind die Farben, die die Familie betreffen, allesamt dunkel, trist und erdrückend gewählt ~ dass sich der Regisseur hier Mühe gab, ist deutlich erkennbar und durchaus löblich.

Der Umstand, dass Jack den Handabdruck, den der Vater im noch frischen Zement hinterlassen hat, verwischt, gibt ebenso Aufschluss über die etwas krude Familienharmonie. Jeder andere hätte sich vermutlich über eine letzte, bleibende Erinnerung „gefreut“, Jack hingegen ging seinem Vater seit jeher eher aus dem Weg und scheint auch am wenigsten betroffen. Die Schuldfrage, die kurz im Raume steht, wird bedauerlicherweise nicht weiter ausgeführt, über das Gefühlsleben Jacks bleibt der Zuschauer somit genauso im Dunkeln wie jeder andere innerhalb des Filmes.

Erwähnenswert desweiteren nicht minder die Art und Weise, wie in der Geschichte mit dem Thema Sexualität umgegangen wird. Die mütterliche Aufklärung

„Jedes Mal, wenn du es tust, verbraucht dein Körper einen ganzen Liter Blut, um es zu ersetzen.“

mag im ersten Moment amüsieren, fällt dem Zuschauer jedoch wieder ins Gedächtnis, wenn sich mehr und mehr herauskristallisiert, wie gestört die allgemeine, insbesondere ebne die sexuelle Entwicklung fast der gesamten Kindern abzulaufen scheint.

Doch gerade hier stellt sich der Film selbst ein Bein: meines Erachtens nach liegt von Anfang an viel zu viel Gewicht in der inzestuösen Begierde zwischen Julie und Jack. Was im Buch als schleichender Prozess dargestellt wird, wird dem Zuschauer hier von Anfang an zentimeterdick aufs Brot geschmiert. Der Moment, in dem Jack splitternackt durch den Regen springt, was zu allem Übel noch mit Fanfaren-ähnlicher Musik untermauert wird, setzt dem ganzen unweigerlich die Krone des schlechten Geschmackes auf.

'''Früh tat sich mir der Gedanke auf, dass diese Verfilmung die Romanvorlage gewissermaßen entwürdigt.'''
Diesen Verdacht bzw. zumindest eine böse Vorahnung scheinen überdies die Macher selbst gehabt zu haben; so dass das Dargebotene ausnahmslos darauf verzichtet, bezügliche der Nackisch-Szenen zu sehr ins Detail zu gehen. Sprich: unterhalb der Gürtellinie ist nichts zu sehen.

Viel wichtiger jedoch: das eigentliche Hauptproblem, wie die Geschwister mit der elternlosen Situation zu recht kommen, wie sehr der Haushalt und nicht zuletzt die Ernährung leidet, wie viele Streitereien es gibt und wie oft insbesondere der kleine Tom (wenn auch versehentlich, schließlich ist er erst 6 Jahre alt) das Geheimnis der toten Mutter ausplaudert... '''all dies kommt in dem rund 100minuten dauernden Film viel zu kurz.''' Zwar wird man kurz Zeuge von sich türmenden Tellern in der Spüle, verfolgt die ein oder andere Diskussion darüber, wer einkaufen geht... doch so richtig überzeugend ist das Ganze dann tatsächlich nicht. Oder mehr noch: eigentlich so gut wie gar nicht.

~ Man muss natürlich hinzusagen, dass ich persönlich den Film nicht als eigenes Werk betrachten „kann“, eben weil ich zum einen ständig den Roman vor Augen habe und zum anderen Jack Ketchum's „Evil“ bewies, dass auch beide Umsetzungen mehr als repräsentativ sein können.
„Der Zementgarten“ hingegen ärgerte mich stellenweise, wirkt vereinzelt regelrecht plump und zu sehr auf die gestörte Sexualität fixiert. Natürlich ist dieses Thema nicht ohne, braucht auch keine großen actionlastigen Szenen oder gar immens viele Storywendungen ~ die Stille, der sich der Autor bediente, scheint vielmehr genau richtig, um die eigene kleine Welt, in der sich die Geschwister bewegen, einzufangen und zu verdeutlichen.
Leider jedoch merkt man als Zuschauer nur am äußersten Rande, wie sehr die Zeit ins Land zieht ~ so ist man des öfteren verdutzt, wenn urplötzlich von „Jack hat sich seit 21 Tagen nicht gewaschen“ die Rede ist. Nicht zuletzt, weil der Knabe dafür mehr als erstaunlich sauber aussieht.
Eindringlich ist der Film zwar durchaus... er berührt, geht nahe und verstört überdies gewissermaßen ~ wenngleich mich der nachfolgende Dialog fast noch am meisten begeistert hat:

Julie zu Tom: „Meinst du, unsere Eltern sind im Himmel?“
Tom: „Papa weiß ich nicht, aber Mama ist im Keller.“

Jene Szene wird so trocken und somit genial vorgetragen, dass ich für eine Weile wieder hellwach war ~ was nichts anderes bedeuten soll, als das der sonstige Zinnober eher meiner anschließenden Tiefschlafphase dienlich war.

===Summa summarum===
kann ich mich mit dem Film nicht anfreunden. Nö, hat mir nicht gefallen. Umso weniger bedauerlich, dass es auf meiner DVD-Ausgabe '''nichtmal Extras''' gibt, wenngleich man in diesem Fall sogar die '''Kapitelauswahl''' sowie das sog. '''Bewegtmenü''' unter eben jener Sparte nannte.
Nicht, dass ich besonders wild auf irgendwelche Zusatzinfos gewesen wäre ~ nichtsdestoweniger hätte mich mal interessiert, was der gute Ian McEwan von diesem dargebotenen Plumpatsch gehalten haben möge.
Ich für meinen Teil halte nicht viel davon; lege trotzdem einem jeden story-interessierten weiterhin die Romanvorlage ans Herz. Und für die, die es etwas mehr krimilastig mögen: „Waldesruh“ von Susanne Mischke ~ das ist in etwa die selbe Geschichte, nur eben in etwas schwarzhumorig-lockerer und überdies mit ohne Inzestgedöns.

48 Bewertungen, 15 Kommentare

  • MasterSirTobi

    19.11.2012, 19:55 Uhr von MasterSirTobi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Da hast du dir ein SH verdient. LG wünscht MST

  • Powerdiddl

    21.09.2010, 09:06 Uhr von Powerdiddl
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG und einen schönen Tag.

  • sigrid9979

    20.09.2010, 16:35 Uhr von sigrid9979
    Bewertung: sehr hilfreich

    Grüße schickt dir Sigi

  • morla

    19.09.2010, 23:30 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg. ^^^^^^^^^^^^^petra

  • Lale

    19.09.2010, 23:16 Uhr von Lale
    Bewertung: besonders wertvoll

    Allerbesten Gruß

  • trullilu

    19.09.2010, 21:54 Uhr von trullilu
    Bewertung: sehr hilfreich

    Grüße schickt dir trullilu !!!

  • wakingtall2005

    19.09.2010, 20:51 Uhr von wakingtall2005
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein wirklich sehr schöner Bericht, lesen und gelesen werden, liebe Grüße und einen schönen Rest - Tag Noch ; ) Wakingtall2005

  • Sommerregen

    19.09.2010, 19:22 Uhr von Sommerregen
    Bewertung: sehr hilfreich

    Freu mich über Gegenlesungen :-).

  • atrachte

    19.09.2010, 17:56 Uhr von atrachte
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh. lg

  • XXLALF

    19.09.2010, 17:03 Uhr von XXLALF
    Bewertung: sehr hilfreich

    und einen wunderschönen sonntag

  • Lakisha_1

    19.09.2010, 15:40 Uhr von Lakisha_1
    Bewertung: sehr hilfreich

    guter Bericht. PS. freue mich über deine Gegenlesung. lg

  • Lanch999

    19.09.2010, 15:21 Uhr von Lanch999
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht! LG von Lanch999

  • xsara50

    19.09.2010, 14:17 Uhr von xsara50
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht. LG Heidi

  • anonym

    19.09.2010, 13:32 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    ich freue mich über jede gegenlesung und komme dann zurück lg erwin

  • katjafranke

    19.09.2010, 13:22 Uhr von katjafranke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen schönen Sonntag LG von der KATJA