Voyeur (Taschenbuch) / Simon Beckett Testbericht

B
Rowohlt-taschenbuch-verla-voyeur-taschenbuch
ab 13,53
Auf yopi.de gelistet seit 04/2010
Summe aller Bewertungen
  • Handlung:  durchschnittlich
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  durchschnittlich
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von LilithIbi

Ausdemwegschaffung. „Du hast die Wahl.“

5
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  sehr gering
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  Männer

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Vermehrt gehe ich persönlich dazu über, mich vorab über ein Buch nur noch sehr geringfügig zu informieren, darüber hinaus den Klappentext eher spärlich zu betrachten. Zu oft wurde hier zu viel oder gar falsches offenbart ~ ein Umstand, der mich auch bei Simon Beckett's

===“Voyeur“=== in meiner absoluten Begeisterung ausgebremst hätte. Nicht nur, dass der letzte Satz _„Und ihr Preis hat nichts mit Geld zu tun...“ in eine völlig andere Richtung deutet, als das dies im Buch eine tatsächliche Rolle spielt ~ die rot-gestaltete und unter dem Klappentext platzierte Zusammenfassung (vgl. Foto) nimmt der Zuspitzung der Ereignisse gehörig den Wind aus den Segeln, zerstört meines Erachtens nach die eigentliche Wirkung sowie den damit verbundenen Überraschungsmoment.

Für mich somit erfreulich, dass ich jenen erst nach Beendigung der 381 Seiten Achtung schenkte. Im Grunde sollte der Leser vorab über die _Handlung nicht viel mehr wissen, als dass die Geschehnisse aus der Sicht des Londoner Galeristen Donald Ramsey erzählt werden, der eines Abend zufällig Zeuge davon wird, wie seine Assistentin Anna sich im Büro umkleidet. Nicht nur durch diese Beobachtung findet er Gefallen am Voyeurismus; generell verfügt er über eine obskure Sammlung gewisser Erotik-Gemälde ~ näher kann und will er mit Frauen nichts zu schaffen haben, zumal ihm Sex schon immer gleichgültig war.
Anna jedoch hat sein gewisses Interesse geweckt; und es dauert nicht lange, bis ihr Freund Marty die Gedankenausflüge Donalds zu stören beginnt.
Rasch engagiert er seinen quasi-Bekannten Zeppo, woran der Leser bereits im ersten Kapitel teilnehmen darf:

„Er lachte überrascht auf. „Ich glaube es nicht. Wir kennen und kaum, und du bittest mich seelenruhig, mit einer Frau zu schlafen, nur weil dir ihr Freund nicht passt?“ „Mir ist klar, dass es eine ungewöhnliche Bitte ist. Deshalb biete ich ja so eine hohe Summe. (…) Was ich nicht akzeptiere, ist, dass sie sich für jemanden vergeudet, der sie nicht verdient. Das kann ich nicht hinnehmen.“
_(Zitat, S. 14)

Nicht nur durch den Aspekt, dass der Leser von Anfang an in die Absichten Donalds involviert ist, sondern weitere Details des Auftrags schon alleine durch die (deutsche) Titelgebung des Romanes erahnen lassen, baut sich hier eine Spannung auf, die mich das Buch nur im Fall einer erzwungenen Unterbrechung aus der Hand legen lies.
Simon Beckett bedient sich eines unvergleichlich bestechlichen Schreibstils, der hier und dort in einem triefend-bösartigen Sarkasmus gipfelt:

„Doch da mittlerweile ein starker Widerwille beim Anblick von Marty in mir aufkam, war ich froh, dass die junge Frau den Klang ihrer Stimme so sehr liebte, dass ich den Gebrauch meiner eigenen auf ein Minimum reduzieren konnte.“
(Zitat, S. 33)

oder gar

„Die Dinnerparty war eine reine Katastrophe. Miriam schien ihre Gäste mit der gleichen verwegenden Experimentierfreude ausgewählt zu haben, mit der sie ihr Haus eingerichtet hatte. (…) Die Gäste passten genauso schlecht zusammen, und sobald ich sah, dass kurzgeschorene Haare, schlampige Kleidung und Brillen mit Drahtgestell überwogen, wusste ich, dass wir unter Vegetarier geraten waren.“
(Zitat, S. 76)

Generell schließt man den Ich-Erzähler rasch ins Herz ~ ein Aspekt, der den immensen Reiz des Thrillers ausmacht. Nahezu automatisch steht man als Leser auf der Seite des Kunsthändlers, „vergisst“ nahezu, wie übel Anna und ihrem Freund mitgespielt wird; hofft und bangt eher um Donald und nicht zuletzt Zeppo, der gerade durch seine dreisten Frechheiten wie auch Verbalausfälle ebenfalls nicht als typischer Bösewicht rüberkommt.
Die Art Übel, welche hier zum Mittelpunkt auserkoren wird, drängt sich dem Leser erst im zweiten Moment auf die wahrhaftige Bewusstseinsebene ~ zusätzlich liegt die Gewichtung innerhalb _„Voyeur“_ vorrangig auf dem psychologischen Aspekt, der Obsession förmlich; erst dann widmet sich das Szenario, respektive die Anteilnahme des Lesers, auf die stattfindende zwischenmenschliche Grausamkeit.

Dem Mitgefühl Anna gegenüber kann man sich naturgemäß ebenfalls nicht entziehen, ertappt sich beim Gedankenspiel, wie man sich an ihrer Stelle fühlen würde, nimmt Teil an ihrer zermürbenden Ungewissheit, wieso und inwieweit sich Marty von ihr wegbewegt hat.

_„Voyeur“ lebt von mannigfaltigen kleineren Überraschungsmomenten, Offenbarungen, Detailinformationen sowie weiterführend mehr oder minder zufällig auftauchender Personen, die stetig neuen Schwung mit hinein bringen. Die hohe Spannung, die Simon Beckett seine Leser von der ersten Seite an ausliefert, hält sich kontinuierlich bis zur letzten Seite, verstärkt sich zwischendurch stetig aufs Neue und gipfelt schlussendlich in filigran gestreuten Andeutungen _(u. a. S. 183: „leider war mein Optimismus verfrüht, Von einer unerwarteten Seite bahnte sich ein Problem an“)_, die nahezu prädestiniert dazu sind, falsche Mutmaßungen auf den weiteren Fortgang entstehen zu lassen.

===Summa summarum=== dürfte der Umstand, dass ich die Lektüre an einem einzigen Nachmittag komplett durchgelesen habe, durchaus für sich sprechen. Nicht zuletzt der an für sich unerwartete Ausgang des Thrillers involviert eine absolute Bestechlichkeit, die mich das Buch mit Wohlgefallen abschließen lies.

Besonders hervorzuheben wie bereits erwähnt der Aspekt, dass der potentielle Leser an für sich selbst bestimmte Finessen früh erahnen kann, dies sich jedoch keineswegs negativ auf den hohen Lesegenuss auswirkt. Das Vorhaben des Autoren, den Leser durch den expliziten sexuellen Inhalt zum Nachdenken anzuregen statt billigen Kitzel zu erzeugen, ist ihm meines Erachtens nach absolut geglückt, zumal die ansatzweisige Erklärung für die Vorliebe Donalds durch vermeintliche Nebensätze durchaus in der Art und Weise gestreift wird, die eine leichte Gänsehaut erzeugt.

So lange ich Simon Beckett's Veröffentlichungen lange Zeit zu ignorieren verstand, so hoch ist inzwischen mein Interesse an allen seinen Werken außerhalb der Hunter-Reihe. _„Voyeur“_ hat mich auf eine völlig andere und doch gleichermaßen artverwandte Weise wie das zuvor gelesene _„Tiere“_ in seinen Bann ziehen können, beschäftigt mich gedanklich vermutlich noch eine geraume Weile und erhält somit selbstredend die volle Punktzahl sowie eine definitive Leseempfehlung.

34 Bewertungen, 5 Kommentare

  • anonym

    24.07.2011, 22:05 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    eine gute woche, lg willi

  • morla

    24.07.2011, 22:05 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg. ^^^^^^^^^^^^petra

  • sirikit06

    24.07.2011, 15:54 Uhr von sirikit06
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wünsche Dir einen schönen Sonntag! LG

  • Baby1

    24.07.2011, 13:20 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.

  • katjafranke

    24.07.2011, 12:39 Uhr von katjafranke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen lieben Gruß. KATJA