Green, John Eine wie Alaska Testbericht

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ab 7,96
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Summe aller Bewertungen
  • Handlung:  spannend
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  sehr hoch
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von LilithIbi

Die Angst, von der Angst gelähmt zu sein.

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

„Und seine letzten Worte waren: „Nun mache ich mich auf die Suche nach dem großen vielleicht.“ Deswegen möchte ich weg. Ich will nicht warten, bis ich tot bin, mit meiner Suche nach dem großen Vielleicht.“
_(Zitat, S. 10)

So viel- und vor allem mich ansprechend der 295 Seiten umfassende Roman

==Eine wie Alaska==

begann, so schnell freundete ich mich mit der Person des Ich-Erzählers, Miles, an. Der Autor John Green veröffentlichte im Jahre 2005 eine Geschichte, die 2008 zweifach für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde. Nun, so kann man auch beschreiben, dass ein Buch für die tatsächliche Auszeichnung schlussendlich dann eben doch zu schlecht war.

De facto handelt „Eine wie Alaska“ von dem 16jährigen Miles, einem ehemaligen Außenseiter, der auf ein Internat in Alabama wechselt, um seinen Leben endlich eine entscheidende Wendung zu verleihen.Tatsächlich freundet er sich rasch mit seinem Zimmergenossen Chip an, verliebt sich Hals über Kopf in die impulsive wie auch unberechenbare Alaska ~ Alaska, die sein großes Vielleicht werden sollte.
Gemeinsam mit Takumi und Lara bildet sich eine Art eingeschworene Gemeinschaft, die zudem allzu gerne anderen Schülern einen Streich spielen.

Was auf den ersten Blick jedoch oberflächlich-lustig klingt, ist schlussendlich ernster, als Miles sich
es hätte erträumen lassen ~ und eigentlich hält er auch gar nichts davon, jemanden aus Prinzip heraus „den Krieg zu erklären“....

==Die Umsetzung==
schließt sich jener meinerseitigen Inhaltsbeschreibung an ~ entgegen erster Befürchtungen, hier ein wahnsinnig seichtes Buch vorzufinden, sprach mich die erste Hälfte ungemein an. Der Erzählstil ist locker-leicht, amüsant und dennoch spannend, fesselnd und faszinierend; es macht Spaß, die einzelnen Charaktere mehr und mehr kennenzulernen und über manche offensichtliche Unsinnigkeiten den Kopf zu schütteln.

Regelrecht spaßig ~ weil von ein wenig Schadenfreude gestreift ~ wirkten sich Zeilen wie

„Leider war die Dusche für Benutzer konzipiert, die etwa eins zwanzig groß waren, und so traf mich der kalte Wasserstrahl etwas unterhalb der Rippen – mit dem Druck eines tropfenden Wasserhahns“
(Zitat; S. 15)

auf mich aus; selbst eher tragische Umstände werden derart selbstironisch vorgetragen, dass ich mir das anteilnehmende Schmunzeln nicht verkneifen konnte (vgl. bspw. S. 7: „so sehr klammerte sie sich an die Wunschvorstellung, ich hätte meine wahre Beliebtheit all die Jahre vor ihr geheim gehalten“)

Ja, anfänglich gefiel mir die Lektüre insgesamt recht gut, so dass ich – zu früh, wie sich noch herausstellen sollte – schlussfolgerte, entgegen meiner Vorrezensorin ein Sternchen mehr vergeben zu können.

Während mich kluge Passagen, die zweifellos zum Nachdenken anregten, rasch in ihren Bann zogen; die Zwischenüberschriften, die quasi einen Countdown der verbleibenden Tage herunterzählten, ohne das der Leser ahnen sollte, auf welches Ereignis damit angespielt wurde, für Spannung sorgten und die Geschehnisse an sich zweifellos unterhaltsam waren.... '''scheint der Autor irgendwann nicht nur den Faden verloren, sondern darüber hinaus sein ganzes Wollknäuel davonkullern gesehen zu haben.'''

Das, was als Knaller geplant war, ist schlussendlich kein Knaller; eben weil sich dieser, wenn auch erst kurz zuvor, dafür jedoch viel zu offensichtlich ankündigte, um tatsächlich noch knallen zu können.
Ab diesem ungefähren Zeitpunkt kommt hinzu, dass die Lektüre beginnt, sich wahnsinnig hinzuziehen. Schon auf den Seiten 174/175, in denen Chip seine ersten sexuellen Erfahrungen sammelte, fühlte ich leichte bis mittelschwere Zweifel in mir.
Dass Chip bis dato noch nie in den (fraglichen?) Genuss von Oralverkehr gekommen ist, nehme ich dem Autor definitiv ab; doch der Umstand, dass weder er noch Lara nur den leisesten Deut einer Ahnung davon haben, welch sachdienlicher Hinweis auf die Frage „Muss ich was machen?“ hätte erfolgen können.... nunja... .entschuldigung, aber wen will der Autor hiermit nun eigentlich veralbern? Man mag zwar sogar sagen, dass die geschilderte Szene, in der Lara einfach nur den Mund aufmacht und genauso schockgefroren-mäßig verharrt wie Chip, mit Wohlwollen als amüsant zu bezeichnen ist ~ realistisch hingegen wirkt diese nun jedoch ganz und gar nicht.

Bedauerlicherweise ist dies nicht die einzige Szene, in der man sich als Leser fragen darf, ob der Autor in seiner eigenen Jugend einfach zu viele „Nick Twisp“ Bücher gelesen hat ~ dass Niveau, um nicht zu sagen: der Anspruch an den Leser sinkt hin und wieder derartig, dass man sich fragen muss, ob die Ereignisse nicht eben doch eher an einer Grundschule stattgefunden hätten.
Während in dem Roman „Empörung“ Schulstreiche ebenfalls eine Rolle spielten, handelte es sich bei den dortigen jedoch nicht um solche absolut gen ha-ha-wie-lustig-Effekt konstruierten Streiche, die hier – wer hätte es gedacht? - auch alles andere als begeistert zu lesen sind,
Entschuldigung, aber selbst bei „Police Academy“ habe ich schon gehaltvollere Racheakte gesehen, als ich hier lesen durfte. Was zweifellos witzig gemeint war, wird von Seite zu Seite alberner, verkindschter, banal, nervig und einfach gäääääh.

So angetan, wie ich bis zur ungefähren Hälfte war, so verstimmt fühlte ich mich aufgrund der „restlichen“ Seiten. Ohne die recht interessanten Darstellungen eines Unterrichtsfaches, welches sich mit den verschiedenen Weltreligionen und gewissen Sinn- und sogar Zen-Fragen beschäftige, hätte mir das Buch schlussendlich gar keine Freude mehr bereitet.

Darüber hinaus überblätterte ich insgesamt etwa 2-4 Seiten, nicht am Stück, sondern gestückelt, im Sinne von Absatzweise ~ und nochmal Entschuldigung, aber wenn ich schlechte Raps hören möchte, so gebe ich auf Youtube einfach mal „Eminem“ ein.

==Summa summarum==

kann ich mich letztendlich des Eindrucks nicht erwehren, dass John Green hin und wieder selbst vergaß, welches Alter er den Hauptprotagonisten verliehen hatte.
Nicht, dass ich persönlich mit 16 Jahren absolut vernünftig, erwachsen, lebenserfahren und stetig todernst gewesen wäre ~ ganz und gar nicht. Doch die wahnsinnige Naivität, Nicht-Reife, Unerfahrenheit wie auch der Nicht-Gedanke an Ursache und Wirkung, die der Autor hier vielen Charakteren (mitunter ebenso den Lehrkörpern) mit in die Seele schrieb, kann einem tatsächlich das gesamte Lesevergnügen madig machen.
Als raffiniert getarnt versuchte Hinweise, die einfach nur auf der Hand liegen, Wendungen, die was-weiß-ich-was-sein-sollen, aber irgendwie nur seitenfüllend fungieren ~ all das (und noch einiges andere, was ich jedoch nicht aufdrösele, um den Roman nicht gen Superlativ tendierend voraussehbar zu umschreiben) sorgt dafür, dass ich entgegen anfänglichem Angetan-Sein das Buch ganz und gar nicht empfehlen möchte.
Äußerungen wie

„...und die Vorstellung von dieser Zukunft hält dich am Laufen, aber am Ende tust du es nie. Du hast die Zukunft einfach nur benutzt, um aus der Gegenwart zu fliehen“
_(Zitat, S. 76)

und der Umstand, dass die Lektüre zum Großteil wirklich gut unterhält und den Sommertag gen Wuppen unterstützt reichen zwar noch für 3 Sterne, sichern jedoch den von mir hin und wieder angewandten Bumerang-Effekt: kaum erhalten, schon wieder bei Tauschticket reingestellt.

Und wenn die Rhein-Zeitung nochmal Ausdrücke wie „tieftraurig“ auf irgendwelchen Klappentexten _(vgl. Foto) verewigt.... dann glaub ich's einfach nicht mehr.

23 Bewertungen, 2 Kommentare

  • morla

    15.06.2010, 17:11 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg. ^^^^^^^^^^^^^^^petra

  • Janosch89

    15.06.2010, 16:47 Uhr von Janosch89
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Bericht. Würde mich über Gegenlesungen freuen.