Lionheart: Legacy Of The Crusader (Action PC Spiel) Testbericht

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ab 13,16
Auf yopi.de gelistet seit 04/2010

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Erfahrungsbericht von LauWong

Nicht Fisch, nicht Fleisch... Spaß kann's trotzdem machen.

Pro:

gute Charakterentwicklung, abwechslungsreiche Aufgaben, Gastauftritte historischer Berühmtheiten, geniale Musik, gute Sprecher, geheimnisvolle Grundstimmung

Kontra:

historischer Murks, doofe Gefährten, das letzte Fünftel ist langweilig & langatmig, nur oberflächliche Unterschiede zwischen Fraktionen & Rassen, ein paar Bugs

Empfehlung:

Ja

Lionheart ist ein Spiel, das besonders durch das System zur Charakterentwicklung besticht. Da kann man es (fast) verkraften, dass weder die Story, noch das Spielprinzip oder die Differenzierung zwischen den Rassen das hält, was es verspricht.


~~~Vorgeschichte~~~

Der von euch spielbare Charakter - ein entfernter Nachkomme des Richard Löwenherz - wird von Sklavenhändlern festgenommen. Unter dem Einfluss von Folter offenbart sich der über Generationen hinweg vererbte Geist, der bislang unerkannt im Körper eures Charakters schlummerte.

Durch das Erwachen des Geistes werden finstere Mächte auf euch aufmerksam und überfallen die Sklavenhändler. Unter Anleitung des Geistes und mit Hilfe des in letzter Sekunde auftauchenden Leonardo da Vinci gelingt euch die Flucht nach Barcelona, wo ihr den Rat bekommt, euch zu eurem eigenen Schutz einer größeren Organisation anzuschließen und ihr fortan auf euch allein gestellt seid.


~~~Allgemeine Daten zum Spiel~~~

Das Spiel erschien im Jahre 2003 und war eine Zusammenarbeit von Reflexive Entertainment und dem Black Isle Studio.

Minimalanforderungen an den PC:
300 MB freier Speicherplatz
600 MHz Rechner
128 MB RAM

Das Spiel lief bei mir unter XP problemlos und macht auch bei Windows 7 nur selten Ärger. Manchmal braucht es bei Windows 7 aber eine halbe Minute oder länger, um zu starten. Bei mir läuft es ohne die Spiel-CD.


~~~Charaktererstellung~~~

Vor Beginn des Spiels habt ihr vielfältige Möglichkeiten, euren Charakter zu formen.

Die Rasse:
Durch einen längt vergangenen Vorgang namens "Spaltung" fand die Magie einer Parallelwelt ihren Weg in die normale Welt und ergriff Besitz von manchen Menschen, die sich dadurch zu merkwürdigen Mischwesen entwickelten. So kam es zur Geburt mehrerer humanoider Rasse, die von der sehr einflussreichen Kirche als "Befleckte" bezeichnet und allgemein verachtet werden.
Es gibt vier verschiedene Rassen im Spiel, die ich kurz vorstelle.
*Die Menschen sind im ganzen Spiel am weitesten verbreitet, haben in der Voreinstellung durchschnittliche Werte und keine besonderen Eigenschaften.
*Die Sylvaner scheinen von den Programmierern als magiefähige, körperliche schwache Wesen konzipiert worden zu sein und haben schräge Haarfarben.
*Die Wilden erinnern optisch an Tiere und gelten als stark und dumm.
*Die Dämonischen sind klug, gerissen und hinterhältig. Manche sehen aus wie normale Menschen, anderen sieht man ihre "Befleckung" an.

Die Optik:
Ihr könnt sowohl einen weiblichen, als auch einen männlichen Charakter erstellen. Die individuelle Gestaltung des Aussehens besteht jedoch nur aus der Wahl des am wenigsten hässlichen Kopfes (aus fünf möglichen Köpfen) und der freien Farbwahl des Oberteils eurer Figur.

Das Volksmerkmal:
Menschen haben kein Volksmerkmal, bei allen drei anderen Rassen muss man hingegen eines von mehreren auswählen. Hierbei hat jede Rasse ihre eigenen Volksmerkmale, die sich von denen der anderen grundlegend unterscheiden. Dies können z. B. Stoßzähne bei den Wilden oder mit Säure durchsetztes Blut bei den Dämonischen sein.
Alle Volksmerkmale bringen positive und negative Auswirkungen mit sich, beispielsweise erhaltet ihr als Dämonischer mit dem Merkmal "Vampirismus" zwar einen Teil der Lebensenergie eures Feindes, wenn ihr ihm Schaden zufügt, dafür aber halbiert sich die Wirkung aller Heiltränke für euch. Ihr solltet euch also gut überlegen, welches Merkmal euch die meisten Vor- oder zumindest die wenigsten Nachteile einbringt.
Bei den Dämonischen ist erwähnenswert, dass ihre Volksmerkmale ihre Befleckung nicht immer offensichtlich werden lassen. Im Gegensatz zu den Sylvanern und Wilden kann, aber muss man einem Dämonischen seine magische Herkunft nicht ansehen.

Die Attribute:
*Kraft - Legt fest, wie hart euer Charakter zuschlägt und wie viel Gewicht er tragen kann.
*Beobachtungsgabe - Erhöht die Treffwahrscheinlichkeit und macht euren Charakter auf Dinge aufmerksam, die er normalerweise nicht sehen würde.
*Zähigkeit - Bestimmt eure natürliche Abwehrkraft, eure Trefferpunkte und bei hohen Werten eure Resistenz gegen Gift und Krankheit.
*Ausstrahlung - Hohe Ausstrahlung hilft euch beim Handeln und Überzeugen.
*Klugheit - Bestimmt in erster Linie die Menge eurer Fähigkeitspunkte pro Stufe.
*Gewandtheit - Erhöht vermutlich(?) die Ausweich- und Volltrefferchance.
*Glück - Beeinflusst alles ein bisschen und bewirkt bei hohen Werten eine natürliche Abwehr gegen die Elemente.
Jede Rasse hat voreingestellte Werte bei den Attributen, an die ihr euch grundsätzlich nicht halten müsst. Wenn ihr das wollt, könnt ihr einen schwachen, gebildeten Wilden zusammenbauen oder einen kämpferischen Sylvaner. Die genaue Verteilung der Attributspunkte ist euch überlassen, sollte aber mit Vorsicht erfolgen: Die Attribute lassen sich nämlich im späteren Spielverlauf nur noch geringfügig verändern und erhöhen sich bei Levelaufstieg normalerweise nicht!

Euer Geistwesen:
Ihr müsst wählen zwischen einem kurz angebundenen Naturgeist (blau), einem gutmütigen "heiligen Geist" (rosa) und dem sarkastischen Dämonengeist (rot). Die Unterschiede im Spielverlauf sind gering. Die Wahl des Geistes beeinflusst eigentlich nur die euch zur Verfügung stehenden Anfangszauber.
Allerdings wird der Geist im Spielverlauf öfters mal mit euch sprechen und diese Gespräche können von Geist zu Geist leicht variieren, da jeder eine andere Persönlichkeit besitzt. Keine Angst: Die für euch wichtigen Informationen bekommt ihr von jedem Geist gleichermaßen, nur halt anders verpackt. Mir persönlich gefällt der freche Dämonengeist sowohl vom Text, als auch vom Sprecher her am besten.

Eure Hauptfertigkeiten:
Ihr müsst euch für drei Hauptfertigkeiten aus dem Fertigkeitenkatalog entscheiden. Diese bekommen sofort einen Bonus von zehn Punkten und wachsen im späteren Spielverlauf doppelt so schnell, wenn ihr eure Fähigkeitspunkte auf sie verteilt. Der Grundwert eurer Fähigkeiten wird von den Attributen bestimmt (z. B. wird Fernkampf mit Beobachtungsgabe und Gewandtheit berechnet).
Es gibt...
...Kampffähigkeiten, die euch den einhändigen, den beidhändigen oder den Fernkampf ermöglichen oder euch einen Bonus aufs Ausweichen geben können.
...Diebesfähigkeiten wie Diplomatie, Schlösser knacken, Fallen/Geheimtüren finden oder Schleichen.
...drei Magieformen, die jeweils über offensive und defensive Sprüche verfügen, als da wären: Heilmagie (heilt, schützt, kann aber auch insbesondere untote Feinde schädigen), Elementarmagie (Feuer, Blitz, Eis und magischer Schutz) und Naturmagie (Nekromantie, negative Effekte für den Gegner und magische Spielereien wie z. B. ein magisches Auge, das für euch die Umgebung erspäht).

Optionales:
Ihr könnt eurem Charakter noch bis zu zwei weitere Eigenschaften mit auf dem Weg geben, die wie das Volksmerkmal gleichermaßen positive wie negative Auswirkungen haben. Auch hier solltet ihr euch gut überlegen, was ihr nehmt - oder ob ihr diese Sondereigenschaften nicht einfach weglasst, was ebenfalls möglich ist.


~~~Steuerung~~~

Das Spiel wird wie Diablo in der Oben-drauf-Ansicht gespielt. Die Kameraeinstellung kann in keinster Weise verändert werden.

Wer will, kann das Spiel im Point&Click-Verfahren nur mit der Maus spielen. Mit der rechten Maustaste benutzt ihr den Zauber oder den Gegenstand, der gerade für diese Taste zugewiesen ist. Die linke Maustaste erledigt den ganzen Rest: Mit ihr zeigt ihr eurem Charakter den Ort, wo er hinlaufen soll, aktiviert Ausrüstung, wählt einen Zauber oder in Gesprächen eine Antwort aus und greift einen Feind mit der ausgerüsteten Waffe an. Die Steuerung wird im Spiel selbst nirgendwo erklärt, ist aber recht intuitiv.

Man sollte sich das Spiel aber vereinfachen und die Tastatur mit benutzen. Es lassen sich z. B. bis zu 7 Zauber/Gegenstände auf die Zahlen 1 bis 7 legen und somit durch Druck auf die jeweilige Zahl sofort auf die rechte Maustaste legen. Die Alternative wäre, im Kampf das Gegenstands- oder Zaubermenü aufzusuchen und den Zauber/Gegenstand manuell auszuwählen, was viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt.
Außerdem kann man manche Aktionen wie Schleichen, Schlösser knacken oder einfache Anweisungen an eure Gefährten per Knopfdruck ebenfalls schneller aktivieren als mit der Maus.

Die Kämpfe laufen in Echtzeit ab, wie alles andere in dem Spiel auch. Man kann während eines Gesprächs oder beim Herumwühlen im Gepäck angegriffen werden, was echt doof ist.
Gespräche laufen so ab, dass ihr den gewünschten Gesprächspartner mit der linken Maustaste anklickt und sich daraufhin das Gesprächsfenster öffnet. Dort könnt ihr den Text der Person (mit)lesen und eine von mehreren, vorgegebenen Antwortmöglichkeiten per Maus auswählen. Die Anzahl und Vielfalt eurer Antwortmöglichkeiten wird hierbei von mehreren Faktoren beeinflusst, z. B. eurer Ausstrahlung, eurer Beobachtungsgabe, eurer Rasse, dem Diplomatiewert und in ganz seltenen Fällen sogar von dem Geschlecht der Spielfigur.


~~~Gameplay~~~

Es kann grundsätzlich jederzeit gespeichert werden, auch mitten im Gespräch oder sogar im laufenden Kampf. Dabei muss zwischen der Schnellspeicherung und dem Anlegen eines festen Speicherplatzes unterschieden werden - den einen Schnellspeicherplatz teilen sich alle Figuren, während der feste Spielstand wirklich nur die Daten einer Figur enthält. Man kann auch gelegentliches automatisches Speichern beim Wechseln des Gebietes aktivieren. Ich mache es so, dass ich beim Spielen aller paar Minuten einmal mit F9 schnellspeichere (geht echt schnell) und einen richtigen Speicherplatz anlege, wenn ich das Spiel beenden oder zu einem anderen Charakter wechseln will.

Die Spielstory wird durch das Erfüllen von Aufträgen vorangetrieben, die in eurem Questtagebuch übersichtlich gespeichert und jederzeit nachgelesen werden können. Die meisten Aufträge sind optional, sollten aber aufgrund der Erfahrung/Belohnung dennoch gelöst werden. Aufträge erhaltet ihr, indem ihr mit den richtigen Personen über die richtigen Dinge sprecht. Sie können vom Bezwingen schwieriger Gegner bis zu einfachen Botengängen alles beinhalten; der Schwierigkeitsgrad der Missionen ist nicht sofort erkennbar und hängt hauptsächlich von den Werten und Spezialisierungen eures Charakters ab. Ein paar Aufträge lassen sich z. B. ohne einen hohen Diplomatiewert gar nicht lösen.

Zum Hochleveln bedient dieses Spiel sich eines sehr simplen Prinzips: Für Level 2 braucht ihr 1000 Erfahrungspunkte, für Level 3 2000, 3000 für Level 4 und so weiter. Erfahrungspunkte erhaltet ihr für geschicktes, diplomatisches Antworten in Gesprächen, für das Lösen von Aufträgen, das Entdecken von Fallen und Geheimtüren, das Öffnen von Schlössern und natürlich für das Töten von Gegnern. Zu Beginn des Spiels in Barcelona halten sich diese Möglichkeiten fast die Waage, aber das kippt im späteren Spielverlauf. Mehr dazu unter dem Punkt "Negatives".

Bei jedem Level-Up erhaltet ihr bis zu 20 Fähigkeitspunkte (10 Punkte + euer Klugheitswert + der Bonus durch spezielle Eigenschaften), die ihr frei über eure Fähigkeiten verteilen und zum Freischalten neuer Zauber verwenden könnt. Es empfiehlt sich dringend, die Punkte nicht zu weit zu streuen und sich auf ein paar wenige Dinge zu spezialisieren, darunter mindestens eine bewaffnete Kampfkunst.
Aller drei (oder aller vier, bei einer bestimmten Eigenschaft) Level erhaltet ihr die Möglichkeit, eurem Charakter eine besondere Bonuseigenschaft zu verleihen, die dieses Mal wirklich nur positive Eigenschaften mit sich bringt. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Ihr könnt dadurch nachträglich eure Attribute erhöhen, eure Fertigkeitspunkte für eine einzelne Fähigkeit mit einem Schlag steigern, eure erhaltene Erfahrung um bis zu 10 % erhöhen, Resistenzen gegen Gift/Krankheit maximieren und vieles mehr. Dieser Teil der Charakterentwicklung ist ohne Zweifel der spaßigste. Ich fiebere beim Spielen eigentlich nur den Level-Ups entgegen, wo ich einen Bonus auswählen kann. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, unterscheiden sich aber je nach Attributen und Fähigkeiten eurer Spielfigur. So wird z. B. eine Figur mit einem niedrigen Kraft-Wert niemals die Bonuseigenschaft Packesel auswählen können.

Schaden, Resistenzen und Abwehr eures Charakters werden hauptsächlich durch die angelegte Ausrüstung festgelegt. Magische Ausrüstungsgegenstände können auch einen Bonus auf bestimmte Fertigkeiten geben.
Ihr könnt eine Waffe, eventuell einen Schild, zwei Ringe, eine Kette, Handschuhe, Schuhe, einen Gürtel, einen Helm und einen Brustpanzer ausrüsten. Der Helm schränkt eure Fernsicht etwas ein (das ist der erleuchtete Bereich um euren Helden herum - also der Bereich, in dem ihr Gegner sehen könnt), während Rüstung und Schild eure Schleichfähigkeit vermindern können.
Zum Heilen der Gesundheit oder zum vorübergehenden Aktivieren gewisser Eigenschaften können Tränke getrunken und Schriftrollen gelesen werden. Die meisten anderen Gegenstände in eurem Inventar sind Quest-Gegenstände, die nichts wiegen und meistens nicht manuell benutzt werden können.


~~~Spielwelt, Fraktionen, NPCs und Kampfgefährten~~~

Ungefähr das erste Drittel des Spiels verbringt ihr im Spanien unweit von Barcelona, danach geht es nach Frankreich, später noch nach England und sogar Persien. Ihr werdet Häuser betreten, durch riesige Höhlen laufen und euch in ätherischen Zwischenwelten herumschlagen müssen.
Die Welt an sich wirkt auch ohne Tag- und Nachtrhythmus realistisch und scheint beim ersten Durchspielen sehr groß zu sein. Man kann sich zwischen einzelnen Gebieten mittels blauer Steine hin- und herteleportieren, wobei man sich manchmal in gefährliche Zwischenwelten verirrt (die man zum Erbeuten zusätzlicher Erfahrungspunkte nutzen sollte!).

Der Inhalt der meisten Truhen ist purer Zufall und somit durch Speichen vor dem Öffnen und dem Neuladen bei Nichtgefallen manipulierbar, wenn man viel Zeit hat. Gleiches gilt für das Angebot der Händler - es ist zufällig und ändert sich von Zeit zu Zeit, also lohnt es sich, später bei bereits bekannten Händlern noch mal vorbeizuschauen.

Ihr seid im Spielverlauf dazu gezwungen, einer von insgesamt vier großen Fraktionen beizutreten. Ihr könnt zu den Tempelrittern gehen, zur Inquisition oder zu den Magiern, welche ihr wiederum durch das alternative Lösen einer bestimmten Aufgabe zu den Schwarzmagiern werden lassen könnt. Je nach Fraktion bekommt ihr unterschiedliche Boni auf bestimmte Fertigkeiten.

Ihr werdet im Spiel viele bekannte Gesichter wiedersehen - oder auch nicht, da all diese Figuren aus einer längst vergangenen Zeit stammen und das Spiel selbst in einer Art Zwischenstufe vom Mittelalter zur Rennaissance spielt. Ihr werdet z. B. Galileo treffen, oder Shakespeare, Jeanne d´Arc, Grace O´Malley, den bereits erwähnten da Vinci und viele andere Figuren, die irgendwann zwischen 1350 und 1650 nach Christus gelebt haben. Das Spiel nimmt es da nicht so genau und hat die alle einfach mal eben in die selbe Zeit und zum großen Teil nach Barcelona transportiert, unabhängig davon, ob die realen Vorbilder zu Lebzeiten Spanien jemals betreten haben oder nicht. Für Geschichte lernen kann man mit diesem Spiel definitiv nicht.

Gelegentlich werdet ihr in den zweifelhaften Genuss eines Gefährten kommen, von denen einige zum Erfüllen bestimmter Questen auch noch überleben müssen. Bis auf eine Ausnahme helfen euch alle Gefährten im Kampf (mal mehr, mal weniger gut), ansonsten laufen sie wie aufgescheuchte Hühner um euch herum und ziehen die Aufmerksamkeit dutzender Gegner gleichzeitig auf euch. Oder legen sich gleich allein mit dutzenden Gegnern an und sterben schneller, als man bis drei zählen kann.
Zum Steuern der Gefährten habt ihr nur die Befehle "Folgt mir" und "Bleibt, wo ihr seid", mehr nicht. Ihr könnt nicht einstellen, ob ihr sie an der Front mitkämpfen haben wollt oder nicht, und ihren ungeheuren Bewegungsdrang mindern könnt ihr auch nicht.
Die Gefährten, die sich euch als Söldner anschließen, kämpfen bis zum Tod für euch. Und sterben werden sie eher früher als später, da ihre Kampfkraft in der Regel nicht zu den aktuellen Gegnern passt. Nur die wenigsten Gefährten sind eine echte Hilfe, und ich versuche, so viele Gefährten wie nur irgend möglich auszuschlagen.
Hinzu kommt, dass eure Gefährten zu stummen, leblosen Hüllen mutieren, sobald sie euch hinterherrennen. Selbst, wenn ihr vorher stundenlang mit diesem Charakter gesprochen habt und er zum Erfüllen einer Mission sehr wichtig ist: Sobald er euch als Gefährte folgt, ist er nicht mehr ansprechbar und wird euch schlimmstenfalls willenlos bis zum Ende des Spiels (oder bis zum Tod) begleiten. Echt lästig.


~~~Spielzeit~~~

Wer schnell ist, kann das Spiel innerhalb von 30 bis 40 Stunden einmal komplett durchspielen. Mit komplett meine ich, dass man so viele optionale Aufträge löst, wie möglich.

Es gibt allerdings Aufträge, die einander ausschließen oder die auf verschiedene Arten gelöst werden können. Außerdem natürlich vier Rassen, vier große Fraktionen und verschiedene Möglichkeiten der Charakterspezialisierung - da reizt es schon, das Spiel mehrmals von vorne zu beginnen und verschiedene Spielweisen auszuprobieren.

Erleichtert wird das durch die Möglichkeit, einen Charakter im Laufe des Spiels gesondert abzuspeichern und mit diesem Charakter, seinen Fähigkeiten und seiner Stufe (aber ohne sein Geld und seine Ausrüstung) noch mal von vorne anzufangen. Wer im Laufe des Spiels also merkt, dass er sich total verskillt hat und nicht mehr weiterkommt, der beginnt mit dem gleichen Charakter einfach noch mal und kann wieder Erfahrung sammeln. Diese sanfte Art der Spielkorrektur, ohne einen völlig neuen Charakter erstellen zu müssen, ist nichts Neues, kommt aber in diesem Spiel genauso gut an wie in allen anderen Spielen, wo diese tolle Möglichkeit besteht.


~~~Grafik, Musik, Sprachausgabe~~~

Die Hintergründe, durch die eure Figur läuft, sehen nett aus. Aus heutiger Sicht zwar maßlos veraltet, aber nett. Gleiches gilt auch für die Gegner und viele Personen.
Was irgendwie nicht so ganz hinhaut, ist die Fortbewegung der menschlichen Figuren. Es sieht ein bisschen so aus, als würden sie ganz normal gehen - nur halt in vierfacher Gehgeschwindigkeit. Schwer zu beschreiben, aber Rennbewegungen sind das definitiv nicht, obwohl die Personen nur so über den Bildschirm flitzen. Die Animationen sind allgemein komisch, besonders, da die Kampfgeschwindigkeit wieder normal ist und verglichen mit der Laufgeschwindigkeit fast wie Zeitlupe rüberkommt.

Die Musik ist wunderschön und passt einfach immer. In Spanien dominiert das beruhigende Gitarrenthema, das langsam in Orchestermusik übergeht, während später hauptsächlich das ganze Orchester zu hören sein wird. Die Musik ist hierbei immer passend zur jeweiligen Umgebung. Es gibt allgemein nicht viele verschiedene Stücke, sondern pro Umgebung höchstens eines, was in der Endlosschleife wiederholt wird. Aber über die Qualität der Musik lässt sich nicht meckern.

Gleiches gilt für die Sprachausgabe. Zwar wurden nicht alle ansprechbaren Charaktere synchronisiert, aber zumindest die wichtigsten und die dafür umso besser. Die Sprachausgabe ist komplett in Englisch, während der Bildschirmtext eingedeutscht wurde. Mich stört das nicht, da meiner Meinung nach viele der von den Sprechern benutzten Dialekte in Englisch sowieso besser rüberkommen. Es haben viele verschiedene Synchronisatoren an diesem Spiel mitgewirkt und kein einziger davon ist mir negativ aufgefallen. Sie sprechen mit dem richtigen Gefühl, der richtigen Betonung, und, wie gesagt, sogar dem richtigen Dialekt ihren Text und wirken sehr authentisch. Selten wurde ein Spiel so hochwertig synchronisiert. Bravo!


~~~Bugs~~~

Ich empfehle grundsätzlich keinem, das Spiel in der ungepatchten Originalversion zu spielen. Wie bei fast allen PC-Spielen wurden die schlimmsten Fehler nämlich mal wieder erst nach der Veröffentlichung korrigiert. Ich hatte das Glück, ein Patch für dieses Spiel auf der Bonus-CD einer Spielezeitschrift vorzufinden, aber man kann den aktuellsten Patch auch kostenlos downloaden.

Es gibt aber trotz Patch immer noch Fehler im Spiel. Ein Teil dieser Fehler wird an der Steuerung liegen, die so konzipiert ist, dass euer Charakter nur per Klick an die Orte geschickt werden kann, die er sieht. Nun gibt es aber jede Menge verwinkelte Fels- oder Baumformationen und natürliche Sackgassen, in die ihr euren Charakter recht tief hineinsteuern könnt. Mit ein bisschen Pech könntet ihr dort feststecken, da der Blick eures Charakters durch die engen Felsen o. Ä. versperrt wird und er somit keinen Ort sieht, zu dem er laufen könnte. Meistens kann man seine Figur mit ein wenig Geduld wieder auf den rechten Pfad zurückführen, aber ich habe es auch schon erlebt, dass ich überhaupt nichts mehr machen konnte und neu laden musste.

Der deutlichste Bug taucht bei mir gelegentlich in dem Abschnitt "Rio Ebro" auf. Mein Charakter läuft auf einer der Inseln in Richtung Süden und verschwindet plötzlich im Erdboden. Die Gegner sehen meinen unsichtbaren Charakter nicht mehr und großartig bewegen kann ich ihn auch nicht. Manchmal kann ich mich irgendwie wieder befreien, manchmal nicht. Ebenso kam es schon mal vor, dass mein Charakter nach seinem Tod ohne Lebensenergie noch "lebte", sich aber nicht mehr steuern ließ und von Gegnern ignoriert wurde.

Die Bugs tauchen selten auf, sind dafür aber unberechenbar. Ich weiß nicht, was sie auslöst und womit man sie verhindern kann. Da hilft nur regelmäßiges Speichern in bugfreien Zonen.


~~~Negatives~~~

Das Hauptproblem dieses Spiels ist, dass es wie ein RPG der unbegrenzten Möglichkeiten beginnt und Vielfalt vortäuscht, wo es keine gibt.

Die erste falsche Vielfalt begegnet euch schon beim Erstellen des Charakters: Im Ernst, die Unterschiede zwischen den Rassen sind zu gering. Zwar werden manche NPCs (besonders Händler und Inquisitoren) negativ auf Befleckte reagieren, aber der Mehrheit aller Figuren ist eure Rasse herzlich egal, und ob ihr nun Dämonischer, Wilder oder Sylvaner seid, ist eigentlich auch uninteressant. Gleiches gilt für das Geschlecht, was meines Wissens nach nur bei manchen Gesprächen und bei einem Auftrag für den Schmied eine Rolle spielen kann. Ich hätte mir, gerade bei weiblichen Charakteren, etwas mehr Verwunderung darüber gewünscht, dass eine Frau in dieser Epoche Hose tragend und kämpfend durchs Land zieht.

Dann wären da noch die Fraktionen. Egal, ob ihr nun Tempelritter, Inquisitor, Magier oder Schwarzmagier seid: Bis auf den Bonus für gewisse Fähigkeiten und die ersten paar Aufträge im Namen der Fraktion unterscheiden die sich nicht von einander. Sobald ihr Barcelona verlassen habt, verläuft das Spiel für euch immer gleich, unabhängig von der Wahl eurer Fraktion. Das ist echt enttäuschend. Man hat sowohl beim Festlegen der Rasse, als auch bei der Wahl der Verbündeten jedes Mal das Gefühl, gerade am Scheideweg vor einer ultrawichtigen Entscheidung zu stehen und wählt somit gewissenhaft das Beste für einen aus - und dann sind die Unterschiede so gering, dass man sie hätte weglassen können. Eine tiefere Differenzierung und vielfältigere Reaktionen der NPCs hätte dem Spiel gut getan.

Doch was dem Spiel wirklich einen schalen Beigeschmack verleiht, ist der gesamte letzte Spielabschnitt, sagen wir mal das letzte Fünftel.

Man hat zu Beginn den Eindruck, in diesem Spiel die freie Wahl zu haben, wie man es spielen will - als Magier? Als Krieger? Oder als diplomatischer Dieb, der sich durch Kämpfe eher durchmogelt oder sie komplett vermeidet?
Am Anfang kommt man auch mit einem kampfschwachen Charakter noch sehr gut zurecht, da man mit Diplomatie viele Aufgaben lösen kann und die Kämpfe noch nicht sehr anspruchsvoll sind. Wer daraus den Schluss zieht, dieses Spiel als gerissener Dieb beenden zu können, der irrt sich.

Je weiter das Spiel voranschreitet, desto mehr Wert wird auf Kämpfe gelegt. Mit dem Verlassen Barcelonas in Richtung Frankreich geht es los, hält sich aber vorerst noch in Grenzen. Richtig dicke wird es ungefähr auf dem letzten Fünftel, denn ab dann spielt es wirklich kaum eine Rolle mehr, wie gut eurer Charakter reden oder schleichen kann. Wenn er nicht kämpfen kann, werdet ihr das Spiel mit ihm nicht durchspielen können, denn im gesamten letzten Fünftel lauft ihr von einer Schlacht in die nächste, ohne zwischendurch durch Botengänge und Diplomatie Erfahrung gewinnen können. Hält sich die Wichtigkeit aller Fähigkeiten zu Beginn noch die Waage, so läuft es am Ende doch nur auf stumpfes Abschlachten von tausenden, zum Schluss sehr schweren Gegnern hinaus. Das hat schon fast was von Diablo 2, nur dass Diablo sich selbst als Hack'n'Slay bezeichnet und nicht als RPG - aus gutem Grund! In einem RPG sollte der Charakter nicht irgendwann auf seine pure Kampfkraft reduziert werden, so wie hier. Ein gutes RPG bietet auch kampfschwachen Charakteren eine Möglichkeit, mit List das Ziel zu erreichen.

Es erweckt irgendwie den Eindruck, als hätten die Programmierer beim Erschaffen von Barcelona den meisten Elan gehabt. Gegen Ende scheint es nicht mehr genug Ideen, Zeit oder Geld gegeben zu haben, um auch das restliche Spiel als gesundes Gemisch aus Kampf und Kommunikation zu gestalten, sodass man sich für die leichteste Variante entschied und die Story in einem gewaltigen Blutbad enden ließ. Das ist wirklich, wirklich traurig, da dieses kampflastige Ende den vorherigen Eindruck eines abwechlsungsreichen RPGs komplett zerstört.


~~~Fazit~~~

Ein gutes Spiel mit einem süchtig machenden System zur Charakterspezialisierung, das aber zur Mitte hin ein wenig und am Ende stark nachlässt. Wer nichts gegen die starke Kampflastigkeit am Ende hat oder mit dem wunderschön gestalteten Barcelona allein zufrieden ist, bekommt hier ein hübsches RPG. Ich hatte jahrelang viel Spaß damit und spiele es bis heute gern und regelmäßig.

Aufgrund der Unausgewogenheit zwischen RPG- und Hack'n'Slay-Elementen kann ich dieses Spiel aber nur eingeschränkt empfehlen und lege, wenn möglich, ein kostenloses Antesten nahe. Viele RPG-Fans könnten nämlich bitter enttäuscht werden.

44 Bewertungen, 14 Kommentare

  • LilaLaune

    15.12.2012, 12:48 Uhr von LilaLaune
    Bewertung: besonders wertvoll

    Toller Bericht! Über Gegenlesungen würde ich mich sehr freuen.

  • Sabse0802

    11.12.2012, 14:37 Uhr von Sabse0802
    Bewertung: besonders wertvoll

    Liebe Grüße :)

  • oskermit

    04.11.2012, 21:12 Uhr von oskermit
    Bewertung: besonders wertvoll

    KLASSE BERICHTET!!! (DANKE für deinen Besuch bei mir!)

  • anonym

    17.09.2012, 14:43 Uhr von anonym
    Bewertung: besonders wertvoll

    BW...Liebe Grüße Edith und Claus

  • Zatzeck0805

    12.09.2012, 23:06 Uhr von Zatzeck0805
    Bewertung: besonders wertvoll

    bw

  • Herr_Tom

    10.09.2012, 18:21 Uhr von Herr_Tom
    Bewertung: besonders wertvoll

    Super Bericht! Gruß Thomas

  • sigrid9979

    10.09.2012, 13:29 Uhr von sigrid9979
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wünsche einen schönen Wochenstart...

  • Lucky130

    10.09.2012, 13:20 Uhr von Lucky130
    Bewertung: besonders wertvoll

    Sehr gut beschrieben und deshalb auch ein BW von mir!

  • Lale

    10.09.2012, 04:01 Uhr von Lale
    Bewertung: besonders wertvoll

    Allerbesten Gruß *~*

  • Wuschel11

    09.09.2012, 23:29 Uhr von Wuschel11
    Bewertung: besonders wertvoll

    liebe Sonntagsabendgrüße

  • katjafranke

    09.09.2012, 23:05 Uhr von katjafranke
    Bewertung: besonders wertvoll

    Viele liebe Grüße. KATJA

  • anonym

    09.09.2012, 21:34 Uhr von anonym
    Bewertung: besonders wertvoll

    "bw" auch hier! ;o) GLG Thomas

  • debbi87

    09.09.2012, 20:00 Uhr von debbi87
    Bewertung: besonders wertvoll

    ...Liebe Grüße...debbi!!!

  • Baby1

    09.09.2012, 19:18 Uhr von Baby1
    Bewertung: besonders wertvoll

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.