Bram Stoker's Dracula (DVD) Testbericht

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ab 5,02
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Erfahrungsbericht von winterspiegel

Der Vater aller Blutsauger

Pro:

Schauspieler, Atmosphäre, Filmausstattung

Kontra:

Relativ wenig Bonusmaterial, kein deutscher 5.1 - Sound

Empfehlung:

Ja

Die Geschichte könnte sich vielleicht folgendermaßen zugetragen haben: Bram Stoker, ein irischer Literat sitzt Ende des 19. Jahrhunderts in seinem stillen Kämmerlein, da fällt ihm ein Bericht in die Hände, der den Werdegang des Walachen-Fürsten Vlad Tepes offen legt. Stoker fühlte sich sogleich fasziniert und nicht weniger inspiriert von dem grausamen Herrscher, der einst in Transsilvanien lebte und eine blutige Fehde mit den Türken hatte, die sein Land bedrohten und der bekannt dafür war, nicht gerade zimperlich mit seinen Gegnern umzugehen. Seine Feinde mussten sich deshalb gleich reihenweise der barbarischen Prozedur des Pfählens aussetzen lassen, und die abgeschnittenen Köpfe seiner Widersacher wurden auf den Zinnen seiner Burg zur Abschreckung zur Schau gestellt.
Stoker ersann sich hiernach seine eigene bizarre Version eines Geschöpfes, dass das Sonnenlicht meidet und sich vom roten Lebenssaft anderer Lebewesen ernährt. Damit schuf er die wohl bekannteste Legende vom Wiedergänger - dem untoten Blutsauger; oder auch besser bekannt unter dem nach Lebenssaft lechzenden Ober-Vampir Graf Dracula.

So, oder so ähnlich könnte es sich ohne Zweifel vor über 100 Jahren zugetragen haben. Jedenfalls entstand zu jener Zeit ein absoluter Meilenstein der Horrorliteratur, der auch heute noch als allgegenwärtiger Klassiker, und als Inspirationsgrundlage für viele Filme des Genres gilt.
1992 nahm sich Francis Ford Coppola (Apocalypse Now) eben diese Erzählung vor, um daraus abseits von billig Vampir-Filmchen á la Christopher Lee, oder anderer haarsträubender B-Movies eine würdige Belebung der Blutsaugerfilme in Angriff zu nehmen.



Filmhandlung


Die Türken sind wie die Heuschrecken in Transsilvanien eingefallen. Der Machthaber Vlad Tepes versucht sich der erdrückenden Übermacht zu stellen, und tatsächlich gelingt es ihm einen Sieg zu erringen. Doch der Preis den er dafür bezahlen muss ist sehr hoch. Seine geliebte Frau stirbt durch eigene Hand, als sie fälschlicher Weise annimmt, dass ihr Gatte in der Schlacht umgekommen ist. Der Graf ist außer sich vor Wut und dem Wahnsinn nahe. In einem geheimen Ritual schwört er der Sterblichkeit ab, und ist von nun an gezwungen sein Dasein als Untoter zu fristen...

Jahrhunderte später: Der Makler Jonathan Harker (Keanu Reeves) ist von London aus ins triste Transsilvanien gereist, um den alten Grafen Dracula bei Immobiliengeschäften zur Hand zu gehen. Doch Harker merkt schnell, dass sich seltsame Vorkommnisse im Schloss des Grafen abspielen. Auch Dracula selber verhält sich immer merkwürdiger. Im gesamten Gemäuer scheint sich außer Harker und seinem geheimnisvollen Gastgeber keine weitere Menschenseele mehr zu befinden.
Als der Graf eines Tages eine Fotografie von Mina Murray, der Verlobten von Harker bei dessen Habseeligkeiten findet, reagiert er bestürzt. Er glaubt auf dem Bild das Antlitz seiner vor langer Zeit verstorbenen Frau wiederzuerkennen. Dracula trifft deshalb Reisevorbereitungen, die ihn nach England führen sollen, um sich mit dieser Dame zu treffen. Harker bleibt in der Burg zurück, kann sich aber unter Lebensgefahr aus seiner Gefangenschaft befreien und in ein nahe gelegenes Kloster flüchten.
Mina Murray ist unterdessen besorgt, als sie längere Zeit keine Briefe mehr von ihrem Verlobten erhält. Als ihre beste Freundin Lucy Westenraa einer seltsamen Krankheit zum Opfer fällt, zieht Nina Dr. John Seward ins Vertrauen. Doch der ist mit seinem Latein schon bald am Ende und schickt eine Nachricht mit der Bitte um Hilfe, an seinen Kollegen und Freund Professor Van Helsing. Der Professor stellt nach seinem Eintreffen eine Diagnose, die es wahrlich in sich hat.

Helsing vermutet dass Lucy unter einer fortschreitenden, rätselhaften Blutarmut leidet, die er versucht mit Transfusionen zu bekämpfen. Trotzdem stirbt sie eines Nachts völlig entkräftet. Der Professor vermutet, dass Lucy immer wieder ungebetenen Besuch hatte, der ihr regelrecht den Lebenssaft aussaugte. Helsing und seine Freunde treffen sofort geeignete Gegenmaßnahmen. Ihr Gegner muss eine mächtige Kreatur sein, der den Tag meidet und der seine Schlupfwinkel überall in ganz London verteilt hat. Van Helsing und seine Truppe von Vampirjägern organisieren fieberhaft die Hatz nach dem Untoten. Doch Dracula ist besessen von seiner Leidenschaft zu Mina Murray und wartet auf seine Gelegenheit...



Kritik


Bram (Abraham) Stokers Dracula ist eines jener schriftstellerischen Werke, die sich nicht unbedingt für eine Leinwandumsetzung aufdrängen. Der Roman wurde größtenteils anhand der Briefkorrespondenz der verschiedenen Protagonisten geschildert, die den Leser immer tiefer in die Geschichte eindringen lassen. Dieser fast schon dokumentarische Stil musste natürlich für die Filmadaption entschärft werden und ist demnach nur noch ansatzweise zu erkennen. So zum Beispiel, wenn an einigen Stellen des Streifens eine Erzählstimme aus dem Off die Handlung vorantreibt.
Als Einstieg hat der Drehbuchautor James V. Hart - den ich deshalb gleich Anfangs lobend erwähnen will - einfach eine im Buch nicht vorkommende unglückliche Liebesbeziehung aufgebaut, die ihre Ursprünge wohl in Stokers Vorbild Vlad Tepes hatte, und zeigt wieso der Graf zu der gebrochenen Kreatur wurde die er nun einmal ist. Danach geht die Geschichte allerdings recht simultan zum Buch weiter. Auch die herausragenden Stellen von Stokers Meisterwerk wurde teilweise recht beeindruckend auf Zelluloid umgesetzt.

Markant dürften daher die Sequenzen sein, die schon im Roman für atemlose Spannung sorgten, und mit den Mitteln des Films in großartiger Visueller Form dargeboten wurden. Das dürfte unter anderem die Verführungsszene mit den drei Vampir-Furien sein, die sich mit Harker alias Keeanu Reeves ein klein wenig im Lotterbett vergnügen. Und natürlich auch die Schlüsselsequenz, als Mina des Grafen Blut trinkt, und die Vampirjäger nicht mehr rechtzeitig eingreifen können. Hier hat das Spezial Effekte Team und die Make Up Abteilung hervorragende Arbeit geleistet, um einige eindringliche Schockmomente zu fabrizieren, die sich passend ins Gesamtbild einer eher Opernhaften Gesamtinszenierung einfügen. Denn trotz einiger rollenden Köpfe und wahrlich nicht wenig Kunstblut, dass den Horror-Fan zu manch begeisterter Zustimmung veranlassen dürfte, ist es Coppola tatsächlich gelungen so etwas wie einen anspruchsvollen, künstlerisch wertvollen Grusler zu Stande zu bringen, der noch genügend vom Geist der Romanvorlage transportiert.

Die Schauspielerriege die sich der Starregisseur ausgesucht hat, ist eine illustere Mischung aus schon seit vielen Jahren bekannten Gesichtern im Geschäft. Gary Oldman, der für die Rolle des Bösewichts geradezu abonniert scheint, musste sich jeden Tag der Tortur in der Maske stellen, um sich in den furchteinflössenden Prinzen der Finsternis zu verwandeln. Dieser Aufzug hat sich dann aber auch wirklich gelohnt. Aber auch Winona Ryder als Mina Murray spielt die von Dracula verfolgte Schönheit richtig gut. Und Anthony Hopkins, der den unerschrockenen Vampirjäger Van Helsing mimt, gibt seinem Charakter die genau richtige Mischung aus Ernsthaftigkeit und Zynismus. Keanu Reeves als Jonathan Harker fand ich dagegen etwas arg steif und ein wenig ausdruckslos in seiner Darbietung.
Die Fantastischen Kostüme von Eiko Ishioka, das atmosphärische Set-Design und eine mitreisende Filmmusik runden den Streifen zu einem Filmgenuss ab, den man zumindest einmal gesehen haben sollte, auch wenn man für Werke dieses Genres normalerweise keine Ader hat. Doch hier sollte man sich ruhig einmal so richtig in dieselbe beißen lassen.



DVD / Extras


Trotz der Jährchen die der Streifen schon auf dem Buckel hat, ist die Umsetzung auf DVD was Bild und Ton anbelangt recht gut gelungen. Die Farbenpracht die es zu bestaunen gibt, macht sich natürlich bei den größtenteils doch sehr phantasievollen Kostümen bemerkbar. Der Ton kommt in der Hauptsache bei der aufwühlenden Filmmusik von Wojciech Kilar so richtig zum tragen. Die Soundeffekte könnten aber an einigen Stellen etwas dynamischer aus den Lautsprechern erklingen, hier macht sich die fehlende 5.1 Tonabmischung doch recht negativ bemerkbar.
Bei den Extras wurde ein wenig gespart und man merkt schnell, dass der Film aus einer Zeit stammt, wo nicht unbedingt Unmengen Material mitgeschnitten wurde, wie es heutzutage meist üblich ist, um es für die Bonusausstattung der Silberscheibe verwenden zu können. Dennoch sind ein paar ganz interessante Features über die Entstehung des Streifens enthalten.

Die 28 minütige Dokumentation \"Bloodlines. Dracula: The Man, the Myth, the Legend\", ist wohl das aufschlussreichste Extra. Hier geben Drehbuchautor James V. Hart, der deutsche Kameramann Michael Ballhaus, Keanu Reeves und natürlich der Regisseur Francis Ford Coppola ihre erläuternden Statements ab.
Außerdem gibt es noch Bilder vom Dialogtest, wo sich die Schauspieler mit ihren Rollen vertraut machen. Ein Storyboard wird gezeigt, und in einem sehenswerten Hinter-den-Kulissen Part gibt es Einblicke in bekannte Vampir-Filme. Den Abschluss bilden Filmografien der Beteiligten sowie Text- und Bildtafeln zu den Kostümen im Film.



Filmdaten

Lauflänge: 123 Minuten

Bildformat: 1:1.85 (16:9)

Tonformat: Deutsch 7 Französich / Italienisch / Spanisch / Englisch Dolby Digital 2.1 Englisch Dolby Digital 5.1

Untertitel: Englisch / Deutsch / Französisch / Portugiesisch / Italienisch / Polnisch u.v.a.



Fazit


Der fehlende 5.1 Dolby Digital-Sound bei der deutschen Synchronisation ist eines der richtig dicken Minuspunkte, die zusammen mit der verhältnismäßig mageren Sonderausstattung der Silberscheibe, mich schweren Herzens zu einem Stern Abzug veranlasst haben.
Der Film selber ist freilich ohne Fehl und Tadel, und spätestens jetzt zu einem der ganz großen Klassiker des Horrorfilms hinzuzuzählen. Er kann zwar nicht mit der Action der neuzeitlichen Vampir-Schocker wie etwa \"Blade\" aufwarten, und ist auch nicht so aalglatt und schwülstig wie die Anne Rice Verfilmungen. Er kann aber mit einer nahezu gleichwertigen Romanumsetzung von Stokers Geniestreich auftrumpfen, und hat somit eine der bekanntesten Figuren von Literatur und Film überhaupt im Petto, die an schauriger Atmosphäre und mystischer Anziehungskraft wohl noch immer ihres gleichen sucht.

© winterspiegel für Ciao & Yopi

31 Bewertungen, 1 Kommentar

  • mima007

    22.08.2004, 17:40 Uhr von mima007
    Bewertung: sehr hilfreich

    DD 5.1 sollte ein so edler Film unbedingt haben! Bin schwer enttäuscht:-( Spitze Bericht!