Miral (DVD) Testbericht

Miral-dvd-drama
ab 12,65
Auf yopi.de gelistet seit 05/2011

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Erfahrungsbericht von atrachte

Naives Werk zwischen Kunst und Kitsch

Pro:

siehe Bericht,

Kontra:

siehe Bericht,

Empfehlung:

Nein

Kaum ein noch bestehender Konflikt ist mit so viel Leid besetzt und gleichzeitig in sich so sehr verschachtelt, wie der israelisch-palästinensische. Über die Jahrzehnte hat er sich so sehr verkompliziert, das es für einen Filmschaffenden eine schier unmögliche Aufgabe ist sich der Komplexität der Thematik anzunehmen und beiden Seiten gerecht zu werden. Mit seinem vierten Spielfilm traut sich der amerikanische Künstler Julian Schnabel („Basquiat“, „Schmetterling und Taucherglocke“) an das schwere Thema heran. Das besondere: als einer der wenigen prominenten Regisseure betrachtet er nicht die israelische Seite des Konfliktes, sondern die palästinensische.

Dabei ist „Miral“ für Schnabel, selbst aus einer jüdischen Familie stammend, einmal mehr eine sehr persönliche Angelegenheit, basiert das Buch, auf dem die Geschichte des Filmes aufbaut, doch von seiner Lebensgefährtin, der Journalistin und Schriftstellerin Rula Jebreal. Diese hat in ihrem Roman viele autobiografische Bezüge einfließen lassen, welche sich insbesondere auf ihre eigene Kindheit als Palästinenserin in Ost-Jerusalem beziehen. Im Film ist Rula jedoch Miral (Freida Pinto), die nach dem Tod ihrer Mutter von ihrem Vater (Alexander Siddig) in die Dar-al-Tifl-Mädchenschule geschickt wird in der sie große Teile ihrer Kindheit und Jugendzeit erlebt. Innerhalb der Schulmauern bekommt das junge Mädchen wenig von dem außerhalb tobenden Konflikt mit, erst als sie mit 17 Jahren palästinensische Kinder aus der Umgebung unterrichten soll ändert sich ihre Haltung und Miral beginnt mit der Untergrundbewegung zu sympathisieren.

Der Gedanke liegt durchaus nahe, dass die persönliche Befangenheit Schnabels gerade bei diesem Thema seinen Blick auf eine ausgewogene Betrachtung getrübt haben könnte, wie ihn von nicht wenigen Kritikern auch vorgeworfen wurde. Tatsächlich muss man feststellen, dass „Miral“ überwiegend einseitig erzählt ist, so handelt es sich bei den wenigen israelischen Charakteren des Filmes in der Regel um Soldaten oder Juristen, die wiederum die Interessen ihres Staates durchsetzen. Gleichzeitig kann man dem Regisseur aber nicht vorwerfen, dass er die palästinensische Seite nicht kritisch betrachtet, denn auch hier finden sich Extremisten und gewaltbereite Fundamentalisten, die eine zwei Staaten Lösung ablehnen und ihre Interessen mit Gewalt durchsetzen wollen.

Kritischer ist hingegen die Tatsache, dass Schnabel die ganze Thematik an sich sehr naiv anfasst. Der Amerikaner habe zwar keinen „politischen“ Film machen wollen, allerdings entwickelt sich ein Werk über den Nahostkonflikt zwangsläufig zur politischen Angelegenheit. Vollkommen unbeirrt verwehrt sich Schnabel aber wirklich tiefer in den Konflikt einzutauchen, seine Anfänge zu erläutern, festzustellen warum auf beiden Seiten mittlerweile ein so großer Hass aufeinander existiert. An der Komplexität des Themas gescheitert, kristallisiert sich als weiteres Problem heraus, dass Schnabel sehr aus dem Blickwinkel eines visuellen Künstlers an die Sache herangeht. So schafft er teils atemberaubend schöne Szenen, inszeniert einen Suizid etwa als geradezu traumwandlerische Sequenz voll bizarrer Faszination, schafft es aber nicht, so etwas wie Dramaturgie entstehen zu lassen und das Publikum mitzunehmen. So lässt „Miral“ einen irgendwie kalt. Auch beim Casting der Hauptdarstellerin ist nicht alles rund gelaufen. So sieht Hauptdarstellerin Freida Pinto („Slumdog Millionaire“, „Ich sehe den Mann deiner Träume“) der auf ihrer Rolle Miral basierenden Rula Jebreal zwar verblüffend ähnlich, aber die darstellerische Reife eine solche vom Leid geschundene Figur zu spielen, besitzt die gebürtige Inderin noch nicht.

Das hat zu allen Übel auch noch den Effekt, das ihre Geschichte (der Film ist mehr oder weniger lose in mehreren Episoden aufgeteilt) geradezu belanglos scheint. Weitaus interessanter ist der Film, wenn er die Geschichte der palästinensischen Friedensaktivistin Hind Husseini (Hiam Abbass) und der von ihr gegründeten Dar-al-Tifl-Mädchenschule, in der Miral nach dem Tod ihrer Mutter aufwächst, erzählt.

Julian Schnabel ist ein Künstler. Das war bei seinen vorherigen Regiearbeiten nie ein Problem, da er nie politische Stoffe verfilmte. Mit „Miral“ verhält es sich anders und trotzdem ist der Film gemacht, als sei er ein Kunstfilm. Das wäre kein Problem, hätte Schnabel sich auch des politischen Kontextes angenommen, hätte er seinen Figuren mehr Raum gegeben sich glaubwürdig zu entfalten. So, wie der Film vorliegt, ist er aber nicht mehr als ein naives Werk mit wunderbaren Schauwerten, doch jeglich fehlender Substanz, und dafür umso mehr Sozialkitsch.

Daten zum Film:
Originaltitel: Miral (Frankreich/Isreal/Italien/Indien,, 2010)
Laufzeit: ca. 112 Minuten
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Regie: Julian Schnabel
Darsteller: Freida Pinto (Miral), Hiam Abbass (Hind Husseini), Alexander Siddig (Jamal), Yasmine Elmasri (Nadia), Willem Dafoe (Eddie), Omar Metwally (Hani)...

4,5/10

65 Bewertungen, 18 Kommentare

  • tina08

    13.06.2011, 15:18 Uhr von tina08
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele Grüße ... Tina

  • Lothlorien

    04.06.2011, 22:08 Uhr von Lothlorien
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht, Ich lese gegen, du auch?

  • cleo1

    03.06.2011, 16:35 Uhr von cleo1
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen schönen sonnigen Freitag und LG cleo1

  • Luna2010

    03.06.2011, 15:16 Uhr von Luna2010
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein wunderschönes Wochenende! Ich lese gegen, du auch?

  • ThomasKu

    03.06.2011, 14:16 Uhr von ThomasKu
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht! Würde mich über Gegenlesungen freuen!

  • mima007

    01.06.2011, 16:57 Uhr von mima007
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele Gruesse, mima007

  • anonym

    31.05.2011, 20:51 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße Edith und Claus

  • edelcat

    31.05.2011, 13:10 Uhr von edelcat
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüsse von Edeltraud

  • uhlig_simone@t-online.de

    31.05.2011, 11:41 Uhr von [email protected]
    Bewertung: sehr hilfreich

    liebe grüße aus halle v. simone

  • campino

    31.05.2011, 09:12 Uhr von campino
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg andrea

  • morla

    31.05.2011, 01:10 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    einen guten wochenstart lg. petra

  • Miraculix1967

    31.05.2011, 00:00 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schönen Abend und LG aus dem gallischen Dorf Miraculix1967

  • godjul

    30.05.2011, 22:10 Uhr von godjul
    Bewertung: sehr hilfreich

    Super beschrieben! Liebe Grüße;O) Sylvia

  • sigrid9979

    30.05.2011, 22:04 Uhr von sigrid9979
    Bewertung: sehr hilfreich

    Wünsche einen schönen Wochen-Anfang

  • bigmama

    30.05.2011, 21:58 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Anett

  • katjafranke

    30.05.2011, 21:37 Uhr von katjafranke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele liebe Grüße von der Katja

  • babygiftzwerg

    30.05.2011, 21:29 Uhr von babygiftzwerg
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich wünsche dir einen schönen Abend. LG Ulrike

  • holenuss

    30.05.2011, 20:32 Uhr von holenuss
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein sehr schöner Bericht!