Simson S50 Testbericht

Simson-s50
ab 33,57
Auf yopi.de gelistet seit 01/2012
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Summe aller Bewertungen
  • Design:  gut
  • Sound:  gut
  • Qualität & Verarbeitung:  gut
  • Sicherheit:  durchschnittlich
  • Fahrkomfort:  sehr gut
  • Zuverlässigkeit:  gut
  • Kostenaufwand:  niedrig

Erfahrungsbericht von LauWong

Das vielleicht schönste Erbe der DDR

Pro:

schneller und wendiger als moderne Roller, verbrauchsarm, kann ohne viel Aufwand selbst repariert werden, geringe Kosten für Versicherung und Reparatur

Kontra:

wird nicht mehr hergestellt, schwer zu beschaffen, neigen aufgrund ihres Alters zu schnellerem Verschleiß, manche Modelle sind sehr laut

Empfehlung:

Ja

Wenn ich mir die heutigen Roller so ansehe, dann bin ich gleich doppelt froh, solch eine Maschine besitzen zu dürfen.

Ich saß in meinem Leben bisher auf drei verschiedenen modernen Rollern und vier oder fünf Mokicks von Simson (sowohl S 50 als auch S 51). Am zufriedensten war ich mit dem Modell, was momentan mein Hauptfahrzeug darstellt - eine S 50 aus dem Jahre 1979.

Die S 50 wurden in der DDR hergestellt und waren besonders unter Jugendlichen sehr beliebt, da sie optisch sehr an Motorräder erinnern. Leider wurde die Produktion der DDR-Mokicks komplett eingestellt. Ersatzteile gibt es aber nach wie vor. Ich hatte schon vielfältige Probleme mit meinem Moped und konnte sie immer binnen weniger Tage lösen.

Technische Daten (allgemein für S 50):
- 2 Sitzplätze + eventuell ein Kindersitz auf dem Tank
- Leergewicht zwischen 75 und 80 kg
- Tank fasst etwa 9 Liter Benzin; die Reserve reicht für mindestens 15 km
- Kraftstoff: Zweitaktgemisch im Verhältnis 1:50 (aber ab und zu 1:33 schadet auch nicht)
- ein Zylinder, Zweitaktmotor
- 3,6 PS
- 60 km/h
- zulässiges Gesamtgewicht: 230 kg
- 3 Gänge
- Verbrauch auf 100 km: ca. 3 Liter, je nach Fahrweise


~~~Fahrgefühl und Fahralltag mit der S 50~~~

Zum Fahren braucht man den Führerschein der Klasse M, der die alten Mokicks Gott sei Dank mit einschließt, obwohl sie nach den heutigen Regelungen eigentlich schon fast als richtiges Motorrad durchgehen würden.

Wer noch nie ein Kleinkraftrad gefahren ist, könnte nach den ersten Fahrten Rückenschmerzen bekommen. Wer nicht abgehärtet ist und nicht recht weiß, wie er sich anzuziehen hat, wird die erste Zeit auch häufiger mal erkältet sein. Wenn man länger fährt, gewöhnt sich der Körper aber daran. Heute, wo ich seit fünf Jahren fahre und dank Regensachen selbst im strömenden Regen überhaupt nicht mehr nass werde, scheine ich gesünder und abgehärteter zu sein als meine autofahrenden Kollegen. Wenn im Winter jemand krank wird, dann bin das jedenfalls nicht ich.

Die S 50 liegt deutlich besser in den Kurven als ein Roller, nimmt Kurven auch schneller und fährt allgemein schneller als die meisten modernen Kleinkrafträder. Zwar liegt die offizielle Höchstgeschwindigkeit bei 60 km/h, aber ich bin mit meiner Maschine bergab bei Rückenwind schon einmal fast 85 km/h gefahren - und das, obwohl das Gerät NICHT frisiert ist!

Bei den Reifen handelt es sich um Allwetterreifen, man muss also nicht extra Winter- oder Sommerreifen kaufen. Aufgepumpt werden können Sie an jeder Tankstelle auf 1,8 bis 2 bar. Hierbei gilt: Je schwerer der/die Fahrer, desto mehr muss auf ordentlich aufgepumpte Reifen geachtet werden! Ein Fliegengewicht wie ich kann auch mit weniger als 1 bar noch fahren. Empfehlenswert ist das natürlich nicht.

Zum Tanken schraubt man den Deckel vom Tank ab. Dieser Deckel ist nicht besonders gesichtert, theoretisch kann ihn jeder abschrauben, der gerade vorbeikommt. Wenn die Tankstelle Gemisch anbietet (egal ob 1:50 oder 1:33), dann ist das natürlich am besten. Leider wurde Benzingemisch an allen Tankstellen meiner Heimat vor vier Jahren abgeschafft und ich muss seitdem das Motoröl per Hand hinzugeben. Glücklicherweise kommt es nicht auf das genaue Mischverhältnis an und wenn man zuviel Öl beigibt, fährt man eine Weile mit blau gefärbtem Qualm, sonst passiert aber nichts. Getankt werden kann Super und Superplus. Angeblich geht auch E10, aber ganz ehrlich: Ich würde es nicht riskieren und habe das Zeug noch nie getankt.

Um es zu starten, wird der Zündschlüssel (die sind einheitlich und in fast jedem Baumarkt/Fahrradladen käuflich) eingesteckt und an die erste oder zweite Stellung gedreht. Das kann je nach genauem Modell unterschiedlich sein, weil manche Geräte zwar bereits mit der ersten Stellung starten können, aber dann ohne Licht unterwegs sind. Es ist jedoch Pflicht für Mopedfahrer, mit angeschaltetem Vorderlicht zu fahren! Meine S 50 musste erst leicht umgemodelt werden, damit das Vorderlicht schon bei der ersten Stellung angeht, mit der zweiten aktiviere ich jetzt nur noch das Rücklicht.

Wenn der Zündschlüssel steckt, startet man das Ding mittels des Kickstarters. Das kann bei warmen Wetter anstrengend sein, wenn man mitten in der Sonne steht und es nicht sofort anspringen will. Wenn es nicht spätestens beim fünften Mal startet, stimmt allerdings meistens etwas nicht, und man sollte grundsätzlich nicht minutenlang darauf rumtreten, da es sonst absäuft und vorerst gar nicht mehr anspringen will.

Wenn der Motor aufheult, gibt man erst mal ein bisschen Gas, damit er warm wird und nicht gleich wieder ausgeht. Ist der Motor kalt, kann das Gerät bei schlecht eingestelltem Standgas an faktisch jeder Ampel ausfallen, wenn man kein Gas gibt. Wer länger fährt, bekommt früher oder später aber ein recht gutes Gefühl für das Ding und weiß, wann es auszufallen droht und man somit Gas geben muss.

Die Vorderbremse bedient man mit der rechten Hand, mit der man auch Gas gibt. Die Hinterbremse betätigt man mit dem rechten Fuß. Es ist ein linker Seitenspiegel gesetzlich vorgeschrieben, aber ich habe auch rechts einen Spiegel und kann einen Spiegel auf der rechten Seite nur empfehlen. Neben dem normalen Vorderlicht gibt es noch das Aufblendlicht, was sich beim mir durch das Hochdrücken eines Schalters mit dem linken Daumen aktivieren lässt. Beim Umschalten zwischen Aufblend- und Abblendlicht geht für einen Moment das Licht komplett aus - das ist normal; man sollte bedenken, dass zur Bauzeit dieser Fahrzeuge Licht noch nicht vorgeschrieben war.
Die Blinker bediene ich mit dem rechten Daumen. Ich habe einen Schalter, der nach oben und unten gekippt werden kann. Alle anderen Mopeds, die ich kenne, hatten einen viel logischeren Schalter, der nach rechts und links gedrückt wird. Aber das ist reine Gewohnheitssache und ich muss schon lange nicht mehr nachschauen, welcher Blinker oben und welcher unten ist.
Ach ja, dann gibt es noch eine etwas quäkend klingende Hupe ("Miep-miep bei mir per Knopfdruck mit dem linken Daumen bedienbar. Zum Glück musste ich sie bisher kaum benutzen.

Wie beim Auto muss auch hier die Kupplung gezogen werden, ehe man die Gänge wechselt. Beides befindet sich auf der linken Seite des Fahrzeugs. Die Kupplung wird mit der linken Hand, die Gangschaltung mit dem linken Fuß bedient. Den ersten Gang legt man ein, indem man die Schaltung nach unten tritt. Damit kann man bis ungefähr 15 km/h fahren, spätestens dann legt man den zweiten Gang ein, der bis 40 km/h gut ist und somit bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h ideal ist. Hierin liegt auch ein Vorteil der S 50 gegenüber der S 51, wo man in Dreizigerzonen nie so genau weiß, ob man nun mit dem zweiten oder dem dritten Gang fahren sollte. Um das Gerät auszuschalten, bringt man es mit einem ganz sanften Fußtritt nach oben vom ersten Gang aus in den Leerlauf (das erfordert vielleicht etwas Übung) und dreht den Zündschlüssel auf die Anfangsposition.

Ein weiterer Unterschied zum Nachfolger S 51 ist, dass die S 50 bergaufwärts besser "zieht" als die S 51 mit ihren vier Gängen. Dafür kann der Nachfolger auf ebener Fläche etwas besser beschleunigen. Die S 51 fühlt sich für mich beim Fahren eher wie ein schnelles Pferd an, während die S 50 für mich ein kräftiger Packesel ist. Mein Vater fährt eine S 51 - bergaufwärts überhole ich ihn, bergabwärts er mich. Dafür ist sein Fahrzeug bedeutend leiser als meines. Meine S 50 ist von allen mir bekannten Kleinkrafträdern tatsächlich das lauteste, was aber den Vorteil hat, dass man mich nicht überhört und somit auch nicht so oft übersieht.


~~~Reparaturen und sonstige Probleme~~~

Hier eine kleine Auswahl der Dinge, die ich mit meinem Moped bereits gemeinsam erlebt habe. Man bedenke aber bitte, dass mein Fahrzeug sehr alt ist, manche Kleinteile erst nach und nach erneuert wurden und ich mehr oder weniger mit diesem Fahrzeug Fahren gelernt habe. Ich saß also schon als absoluter Fahranfänger drauf.
Folgendes ist mir in fünf Jahren Fahrzeit schon passiert:
- von Auto seitlich gerammt - Kindersitz und Fußraste kaputt
- mindestens(!) 20 Stürze durch Schlamm, Eis und nassem Stroh
- vereiste Handbremse beim Bremsen zerlegt (wie bei Werner Beinhart)
- Auspuff während der Fahrt abgefallen
- Reifen platzt während der Fahrt
- etliche Ausfälle aufgrund von nassen Zündkerzen und verschmutzten Vergasern.
Das klingt viel? Ist es aber nicht. Besonders die Stürze waren eher meiner Unerfahrenheit im Umgang mit Eis zuzurechnen, da ich ja auch im Winter fahre. Seit fast 20 Monaten bin ich nicht mehr gestürzt, und ernsthaft verletzt habe ich mich auch noch nie.

Ich hatte nie Schwierigkeiten damit, irgendwelche Teile ersetzt oder repariert zu bekommen. Bei mir macht das ein Fahrradladen vor Ort, der auch Rasenmäher und andere kleine Maschinen repariert. Es kann sein, dass es im sogenannten "Westen" schwieriger ist, jemand Fachkundigen zu finden. Aber das kann ich nicht beurteilen.

Ein riesiger Vorteil an der Maschine ist ihr "primitiver" Aufbau, besser bekannt als "Russentechnik". Man kann sich mit einem Aufbauplan einer S 50 an seine Maschine stellen und begreift in kürzester Zeit, wie das alles funktioniert. Und das Beste überhaupt ist: Man kann die häufigsten Probleme selber lösen, sofern man ein bisschen Werkzeug und keine Angst vor Schmutz hat! Das ist ein Vorteil z. B. gegenüber den heutigen Rollern, wo man selbst fast gar nichts mehr machen kann.

Wenn die S 50 nicht anspringen will oder während der Fahrt ihren Geist aufgibt, kann das eigentlich nur an drei Dingen liegen:
1. Kein Benzin. Lässt sich verhindern, indem man regelmäßig in den Kanister schaut (oder einfach die S 50 etwas ankippt und auf das plätschernde Geräusch des Benzins hört).
2. Kein Funken.
3. Vergaser verdreckt.

Wenn mein Moped stehenbleibt, so liegt das zu 95 % an den Punkten 2 und 3. Erfreulicherweise kann ich beide Probleme schon unterwegs beheben, da ich mein bisschen Werkzeug (oder wahlweise ein Taschenmesser mit Zange) immer dabeihabe.

Punkt 2 liegt daran, dass die Zündkerze nass geworden ist oder sich (was sehr selten ist) gelockert hat. Die Zündkerze dreht man einfach raus, reibt sie mit einem fusselfreien Tuch trocken, kontrolliert den Zwischenraum zwischen den Kontakten darauf, dass er nicht zu groß ist, und dreht sie wieder rein. Das dauert keine zwei Minuten und beansprucht lediglich beim Herausdrehen ein kleines bisschen Kraft.

Punkt 3 - der Vergaser - ist die Hauptursache für die meisten Probleme, die dieses Fahrzeug bereiten kann. Die Feuchtigkeit aus der Luft kondensiert bei wechselnden Temperaturen im Tank und tropft ins Benzin. Ein Benzinfilter unterhalb des Tanks wehrt zwar einiges an Dreck ab, aber kleine Wassertröpfchen und winziger Schmutz, der sich beim Tanken angefunden hat, dringt trotzdem bis in den Vergaser vor. Dort reicht eine Schmutz- und Wassermenge, die sich mit bloßen Augen kaum sehen lässt, aus, um das Gerät ausfallen zu lassen.
Glücklicherweise ist eine Reparatur des Vergasers auch für technisch wenig begabte Personen (z. B. ich - eine Bürokauffrau) locker durchführbar. Wer eine Anleitung dazu will, kann mich gern anschreiben! Man spart eine Menge Geld, Zeit und Nerven ein, wenn man das selber erledigen kann, und es dauert mit etwas Übung keine fünf Minuten. Meine erste vollständige Selbstreparatur mit Vergaser und Zündkerze hat keine halbe Stunde gedauert, obwohl ich mich anstellte wie ein Marsmensch. Wer ein paar kleine Dinge beachtet, kann dabei echt nicht viel falsch machen.

Wenn alles nichts hilft, muss das Fahrzeug natürlich in die Werkstatt. Vor Kosten in Höhe einer Autoreparatur muss man keine Angst haben, da die Durchschnittsreparatur zwischen 50 und 70 Euro nicht überschreiten wird! Lediglich ein Wechsel des kompletten Motors schlägt mit 200 Euro recht teuer zu Buche, aber das macht man ja auch nur einmal in 15 - 20 Jahren.

Generell lässt sich sagen, dass die S 50 ewig hält. Zur Erinnerung: Mein Exemplar wurde 1979 gebaut und fährt bis heute einwandfrei! Meine Mutter hingegen fährt seit sechs Jahren (moderne) Roller und hat momentan bereits ihren dritten Roller. Ich hingegen bin davon überzeugt, dass meine S 50 bei guter Pflege und regelmäßigen kleinen Reparaturen gute Karten hat, auch die nächsten 33 Jahre zu überstehen. Auch nach dem Unfall und all den vielen Stürzen will das Fahrzeug einfach nicht den Geist aufgeben!


~~~Kurzzusammenfassung~~~

Die Vorteile der S 50 gegenüber einem modernen Roller:
- schneller
- wendiger
- auch für handwerklich wenig Begabte leicht reparierbar
- robuster und haltbarer

Vorteile der S 50 allgemein:
- bergaufwärts guter Zug
- verschmerzbare Kosten für Reparatur und Ersatzteile
- pflegeleicht
- simpler Aufbau
- unglaublich günstige Versicherung! (ca. 65 € pro JAHR)

Nachteile:
- schwer zu beschaffen
- eventuell laut
- komische Blicke von autofahrenden Kollegen
- braucht statt einer großen Reparatur aller paar Jahre (wie bei guten Autos) viele kleine Reparaturen über das Jahr verteilt


~~~Fazit~~~

Wer eine S 50 auftreiben kann und selbst einem Kleinkraftrad nicht abgeneigt ist:

KAUFEN!

Die Roller heutzutage sind ja ganz hübsch, aber weder so schnell noch so zuverlässig und haltbar wie eine S 50. Und wer ein bisschen Öl an den Fingern nicht scheut, wird mit der S 50 gleich doppelt belohnt, da er die wichtigsten Reparaturen selbst durchführen kann.

Es gibt nichts, was ich mehr begrüßen würde als eine Wiederaufnahme der Produktion solcher Mokicks, und auch wenn meine S 50 mich manchmal fast zur Weißglut gebracht hat, kann ich jetzt als erfahrener Mopedfahrer jedem angehenden Käufer eines Kleinkraftrades ans Herz legen:

Leute, kauft euch die alten DDR-Maschinen und nur notfalls einen Roller. Von einer S 50, S 51 oder Schwalbe habt ihr viel mehr!

41 Bewertungen, 7 Kommentare

  • anonym

    03.10.2012, 21:04 Uhr von anonym
    Bewertung: besonders wertvoll

    BW...Liebe Grüße Edith und Claus

  • cleo1

    08.09.2012, 14:25 Uhr von cleo1
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG und ein schönes Wochenende.

  • Baby1

    08.09.2012, 11:42 Uhr von Baby1
    Bewertung: besonders wertvoll

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.

  • pontiaclilly

    06.09.2012, 21:12 Uhr von pontiaclilly
    Bewertung: besonders wertvoll

    ein tolles Teil, BW und lg

  • campino

    06.09.2012, 01:02 Uhr von campino
    Bewertung: besonders wertvoll

    liebe Grüße, AndreA

  • katjafranke

    05.09.2012, 23:51 Uhr von katjafranke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Katja schickt dir liebe Grüße

  • sigrid9979

    05.09.2012, 20:08 Uhr von sigrid9979
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe grüße aus Holland...