Bis zum letzten Atemzug (Taschenbuch) / David Baldacci Testbericht

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ab 8,88
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Summe aller Bewertungen
  • Handlung:  sehr spannend
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  durchschnittlich
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  sehr ausschmückend

Erfahrungsbericht von LilithIbi

"Für Quarrys Zwecke aber war das Grundstück ideal."

3
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  sehr gering
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  Männer

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

_„Ich will nach Hause. Ich will meine Eltern sehen, und meinen Bruder, meine Schwester. Ich hab nichts falsch gemacht.“_ _Tränen traten ihr in die Augen. „Ich hab nichts falsch gemacht. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum Sie das tun. Ich verstehe es einfach nicht.“_ _Quarry senkte den Blick. Er konnte nicht in diese großen, verweinten Augen voller Angst blicken. „Es geht hier nicht um dich, Willa. Es ist nur...._ _Nur so kann das funktionieren. Ich habe mir viele Möglichkeiten überlegt, und das hier ist die einzige Chance, die ich hatte, die einzigen Karten, die ich ausspielen konnte.“_ _„Worauf sind Sie denn so wütend? Wem wollen Sie es heimzahlen?“ Quarry stand auf. „Wenn du mehr Bücher haben willst, lass es mich wissen.“_ _Er floh aus dem Raum und ließ Willa mit ihren Tränen alleine. In seinem ganzen Leben hatte er sich noch nie so geschämt.“_
'''(Zitat, S. 141)'''

Thriller, in denen zusätzlich oder gar ausschließlich aus der Täterperspektive erzählt wird, sind an für sich gar nicht mehr so neu. Der Umstand hingegen, dass man sich wie in David Baldacci's 572seitigen Buch

===“Bis zum letzten Atemzug“=== in jene regelrecht hineinversetzen kann, gibt es indes eher selten. Beinahe von den ersten Seiten an ist klar, wer hinter der Entführung der zwölfjährigen Präsidentennichte steckt, während der Autor sich mit der Motivdarlegung bis fast zum bitteren Ende hin Zeit lässt.

Während ich persönlich oftmals mit politisch-angehauchten Thematiken nicht viel anfangen kann, mich seinerzeit zu dem Film _„Der Manchurian Kandidat“_ förmlich zwingen musste, hoffte ich bei jenem Buch, rückblickend ähnlich begeistert zu sein. Tatsächlich beginnt _„Bis zum letzten Atemzug“_ von der ersten Seite an überaus fesselnd, ahnt man jedoch, dass es möglicherweise nicht minder interessant gewesen wäre, die die vorangegangenen Bände rund um das Ermittlerduo Michelle Maxwell und Sean King ebenfalls zu lesen. Als fürwahr unumgänglich bestätigt sich jener Gedanke abschließend nicht, wird auch hier der Leser mit allen notwendigen Details versorgt, die er für das charakterbezogene Verständnis der beiden Privatdetektive wissen muss.

Entgegen der Suggestion des Klappentext geht es in _„Bis zum letzten Atemzug“_ nicht ausschließlich um die Entführung der kleinen Willa ~ ähnlich wie in Jussi Adler-Olsen's Werken wird ein zweiter Handlungs- respektive Ermittlungsstrang bedient; wobei ausgerechnet Michelle Maxwell's Mutter tot in der heimischen Garage aufgefunden wird. Jenes Ereignis gibt dem Buch und nicht zuletzt der Ermittlerin selbst weitere Tiefe; einen gewissen Aufschwung und tröstet ferner über den gefühlten Stillstand der Hauptthematik hinweg. Natürlich ist einerseits positiv zu verzeichnen, dass das Vorankommen nicht derartig überstürzt absolviert wird wie es in manchen TV-Serien Gang und Gebe ist ~ andererseits ist es Fakt, dass sich hier und dort unfreiwillig winzige Längen auftun, ein Gefühl von Stagnation anklopft und die Theorie entsteht, dass der Autor es selbst als äußert hilfreich ansah, die Spannungsfäden noch von einer anderen Warte aus strammzuziehen.

Zwischenzeitlich erscheint es allerdings, als hätte David Baldacci seine eigene Kernthematik kurzzeitig aus den Augen verloren; geht der „Schwerpunkt Willa“ kapitelweise beinahe völlig unter oder gar verloren. Generell entsteht der Eindruck, als würde nur sehr bedingt in eben jenem Entführungsfall ermittelt werden, worüberhinaus die Reaktion nebst dem generellen Verhalten des Vaters Tuck insgesamt als zu kaltherzig und emotionslos erscheint. Mag sein, dass dies der Idee des Autoren dient, jenen Charakter ebenfalls zwielichtig respektive verdächtig erscheinen zu lassen ~ meiner persönlichen Meinung nach schließt sich jenes dem etwas schwerfälligen Präsidentengedöns an und verleidet zumindest im Miniaturformat kurzzeitig den hohen Lesegenuss, der immerhin dafür sorgte, dass ich das Gesamtwerk binnen zweier Nachmittage ausgelesen habe.

Faszinierend und nicht zuletzt im gewissen Sinne verstörend im Weißen-Haus-Kontext zweifellos der ein oder andere preisgegebene Blick auf das einsame Leben diverser Berühmtheiten ~ jene Sätze _(„Jane wollte lieber alleine seine.... naja, so allein, wie es in einem Haus mit mehr als neunzig Angestellten und ungezählten Sicherheitsbeamten möglich war“; vgl. S. 175)_ gehen durchaus unter die Haut, während bedauerlicherweise zig Sorgen um den guten Ruf, die Wiederwahl und etwaige (Presse-)Skandale für meinen (nicht nur Lese-)Geschmack ein wenig zu füllig umhergeschnörkelt wurden.
Generell hat man rasch verstanden, wie sehr der Präsident nebst seiner First Lady darum bangen, ihr guter Ruf würde durch die „Leidige Entführungsgeschichte ihre Nichte“ geschädigt werden ~ doch David Baldacci setzt immer noch einen drauf und betont jene Sorge meines persönlichen Erachtens nach ein wenig zu leidlich.
Am Rande sei erwähnt, dass der Originaltitel _„First family“_ generell treffsichererer gewesen wäre als jene Pseudo-Übersetzung, die die im April 2011 erschienene Deutschfassung zu tragen erhielt.

Obigen entgegen stehen diverse Passagen, in denen sich der Autor zweifellos Mühe gab, dem Leser offenherzigen und durchweg nachvollzieh- wie fühlbaren Aufschluss über die diversen zwischenmenschlichen Verbindungen wie auch Verstrickungen und nicht zuletzt Verpflichtungen zu geben. Manch ein vermeintlich überflüssiges Detail wird hier genauso eingewoben wie die Schlussfolgerungen der Privatdetektive in _„CSI Miami-Manier“_ offengelegt:

_„Vielleicht, damit niemand sieht, wie sie Willa in den Wagen laden.“_
_„Hier draußen? Um diese Zeit? Warum sollten sie sich solche Umstände machen? Man kann von hier aus nicht einmal das Nachbarhaus sehen. Ich weiß gar nicht, ob es hier überhaupt Nachbarn gibt.“_
_„Warum haben sie ausgerechnet Willa mitgenommen und keines der anderen Kinder?“_
_„Gute Frage. Und warum bringen sie die Mutter um und lassen alle anderen am Leben?“_
_Sean und Michelle stiegen nach unten. Sean ging durch die Küche in die Garage, die Platz für drei Fahrzeuge bot. Auf einem Stellplatz stand eine Mercedes-Limousine, auf einem anderen ein Chrysler-Minivan. Der dritte Stellplatz war leer.“_
''''(Zitat, S. 25)'''

Durch eben jenen Schreibstil begann ich als Leser automatisch, mir meine eigenen Gedanken zu machen. Dies ist naturgemäß nichts neues; doch in _„Bis zum letzten Atemzug“_ wird dieses Tun meines Empfindens nach durch die ausformulierten Fragen nahezu intensiviert und auf die maximale literarische Fesslungs-Ebene gehoben. Auflockerung erhält die Lektüre vereinzelt durch hervorragende Verbal-Duelle zwischen Michelle und einzelnen FBI-Mitarbeitern, generelle Schlagfertigkeiten diverser Personen und nicht zuletzt der ein oder anderen pragmatisch-flappsigen Formulierung:

_„Der einzige Arzt, den sie noch sehen würde, war der Leichenbeschauer,_ _und der würde ihren Körper noch mehr zerlegen, als ihr Mörder es getan hatte.“_
'''(Zitat, S. 30)'''

sowie speziell

_„Ich mache das hier schon seit dreißig Jahren, aber ich habe noch nie jemanden gesehen,_ _der sich selbst durch eine Schlag mit einem stumpfen Gegenstand tötet und die Waffe_ _nach seinem Tod dann so gut versteckt, dass die Polizei sie nicht mehr finden kann.“_
'''(Zitat, S. 208)'''

Und ja, ich fand beides recht witzig. Schwarzhumorig, und somit umso witziger.

Weiterhin besonders hervorzuheben an dem Thriller wie bereits erwähnt der durchweg gelungene Aspekt, einen der Täter als rigoros menschlich erscheinen zu lassen. Oftmals ist es in vergleichbaren Lektüren so, dass jene Person schablonenhaft als _„ultimativ böse“_ gezeichnet wurde, niedere Motive hat und es zumeist um profanes Lösegeld geht.
Über Sam Quarry hingegen erfährt man kapitelweise immer ein wenig mehr, fiebert Dank der wechselnden Erzählstränge zunehmend weiteren Informationen entgegen und kommt darüber hinaus nicht umhin, gewisse Sympathien nebst Mitgefühl für den ältlichen Herren zu entwickeln.
Erstmalig ins Stocken geriet ich, als die Reue über den durchaus versehentlichen Mord an Willas Mutter Pam kundgetan wurde ~ im weiteren Verlauf finden weitere Wendungen, Offenbarungen und Szenerien statt, die den Leser vom absoluten schwarz-weiß-Denken fernzuhalten verstehen.

Kritik von mir muss sich die Gesamtlektüre indes an kleineren Mäkelstellen gefallen lassen: mir persönlich erscheint manches zu arg zufällig, wenn nicht sogar konstruiert. Mag sein, dass Sean King von einem befreundeten FBIler eine Passwortknacksoftware erhalten hat und diese sodann stetig mit sich herumträgt; genauso gut schenke ich dem Umstand gut und gerne Glauben, dass Sean mit der First Lady aufgrund früherer Zusammenspiele per du ist... doch spätestens bei jenem Aspekt, als dem Leser punktuell erklärt werden sollte, von wem, wann und weswegen Willa eine nicht gerade unhilfreiche Fertigkeit erlernt hat.... da wurde es mir doch ein wenig zu dick aufgetragen.

Darüber hinaus kam ich für meinen Teil um das Gefühl nicht herum, dass dem Autor auf Teufel komm raus an einem Happy-End gelegen war. Nicht, das wir uns falsch verstehen: dass die Geschichte für alle Beteiligten gut ausgeht, habe ich hiermit nicht gesagt. Generell versteht David Baldacci es aufs raffinierteste, die Geschichte immer noch einen weiteren Bogen schlagen zu lassen, kaum das man dachte, sich bereits im quasi-Abspann zu befinden.

Tragischerweise ist mir, als hätte der Verfasser förmlich mit sich gekämpft; wollte er das Szenario nicht zu düster enden lassen und schusterte demnach zumindest für vereinzelte Charaktere ein zum Teil überkitschtes Ende zusammen, welches meines Erachtens nach en detail sogar ein wenig unglaubwürdig agiert.

===Summa summarum=== sorgen vorgenannte Kritikpunkte lediglich für geringfügigen Punktabzug. Diverse Raffinessen, der nachahmenswerte Umstand, dass die Spannung wieder und wieder aufflammte, ohne das das Gesamtwerk überladen wirken würde und nicht zuletzt das eigentliche Motiv Quarry's, welches sich eigentlich erst zum Schluss hin vollends auf den Leser entlädt... all dies sorgte für immense Begeisterung meinerseits, so dass ich nicht zuletzt die Behauptung aufstellen mag, den Thriller bei einem entsprechenden privaten Zeitfenster auch in einem einzigen Rutsch gelesen hätte.

Die Gewichtung der beiden Ermittlungsfälle gerät meiner Meinung nach kurzzeitig ein wenig aus dem Gleichgewicht; erst recht, wenn sich der Interessierte anhand des Klappentextes für das Büchlein entschied. Man könnte mutmaßen, dass eben jenes dem Verfasser über kurz oder lang selbst auffiel ~ generell herrscht in _„Bis zum letzten Atemzug“_ ein nahezu rasantes Tempo vor, überschlägt sich dieses jedoch im Todesfall Sally Maxwell urplötzlich, um zurück zum wesentlicheren Präsidentenfamilienskandal zu gelangen.

Spätestens bei dem 71. Kapitel wollte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, eben weil mich die dortigen Entwicklungen nochmal vollends in ihren Bann zogen ~ für das darin enthaltene involvierte stete hin und her in den weiteren 18 Folgekapiteln muss man wohlgemerkt ersteinmal die notwendigen Nerven haben.

Nach Abschluss des Thrillers fühlte ich zum einen eine gewisse Erleichterung, mich in naher Zukunft nicht mehr mit diesem _„Ich will aber wiedergewählt werden, deswegen darf ich in der Öffentlichkeit nichtmal aufs Klo gehen“_ Gedankenguts befassen zu „müssen“. Gleichermaßen bin ich mir auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich im klaren, wer inmitten dieses Entführungsfalles tatsächlich das definitive Opfer gewesen ist ~ ein Umstand, der in ähnlicher Manier ebenfalls auf den Tod Sally Maxwell greift.

_„Bis zum letzten Atemzug“_ regt auf vielerlei Weisen zum Nachdenken an, überrascht, verblüfft und schockt auf immer wieder neue Art, ohne hierbei vorhersehbar oder gar überladen zu wirken.

Punktabzug somit lediglich aufgrund vorgenannter Minimankos, sonstig jedoch eine nach wie vor überwältige Leseempfehlung.

27 Bewertungen, 5 Kommentare

  • Clarinetta2

    31.01.2012, 15:33 Uhr von Clarinetta2
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr gut geschrieben

  • sirikit06

    12.01.2012, 23:02 Uhr von sirikit06
    Bewertung: besonders wertvoll

    Wünsche Dir einen schönen Abend! LG

  • Miraculix1967

    11.01.2012, 22:32 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schönen Abend und lieben Gruß Nr. für heute aus dem gallischen Dorf Miraculix1967

  • Lale

    11.01.2012, 18:13 Uhr von Lale
    Bewertung: sehr hilfreich

    Grüßle

  • anonym

    11.01.2012, 13:40 Uhr von anonym
    Bewertung: besonders wertvoll

    BW und Grüße aus dem Schbg. - Land und einen schönen Tag noch.