Netzkiller (Taschenbuch) / Oliver Wolf Testbericht

ab 6,42
Auf yopi.de gelistet seit 03/2012
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  durchschnittlich
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von LilithIbi

„Sie glauben, es sei ein Spiel.“

4
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  sehr gering
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  jedermann

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

"Im Internet ist die Hemmschwelle bei vielen braven Bürgern bei Dingen, die sie im realen Leben niemals tun würden, weit gesunken. Man zeigt sich halbnackt vor wildfremden Menschen, bezahlt Frauen, um sie sich in Livechats anschauen zu dürfen, oder spricht mit Unbekannten über derart persönliche Dinge, die nicht einmal die engsten Vertrauten wissen. Ohne eine Ahnung zu haben, was der Gesprächspartner darüber denkt oder mit den Informationen macht.“
'''(Zitat, S. 288)'''

Publikationen, Informationsmaterial oder gar Nachrichten rund um die Gefahren des allzu freizügigen Umgangs mit dem Internet und insbesondere Seiten wie StudiVZ, Facebook & Co gibt es schon seit längerer Zeit, häufen sich dennoch in den letzten Monaten in Buchform, die sich scheinbar eindringlicher auswirken, als Fallbeispiele in den Medien es zu tun vermochten. Der Autor Oliver Wolf konstruierte seinen 322seitigen Kriminalroman

===“Netzkiller“=== um eben jenes Phänomen, wie der heutige Anwender mit seiner Privatsphäre umgeht und allzu versessen darauf ist, das Internet zu seinen Gunsten förmlich auszunutzen.
Generell gestaltet sich das Buch nicht derartig nervenzerfetzend, wie es Dank der Story sein könnte ~ erstaunlicherweise geht genau hiervon jedoch eine Art Reiz aus, die mich am gestrigen Abend von Anbeginn bis zur letzten Zeile an die Lektüre klebte.
Der Schreibstil ist leicht verständlicher Natur, richtet sich offenherzig an alle Zielgruppen, die mit dem Phänomen Internet in Kontakt treten könnten. Sämtliche Kontexte wurden ebenfalls derartig dargeboten, dass man durchaus von einer Art Aufklärungslektüre sprechen kann ~ erfreulicherweise wirkt das Gesamtwerk dennoch keinesfalls nervig-belehrend, sondern schlicht und ergreifend informativ und zugleich erschreckend.

Die story selbst ist rasch zusammengefasst, wenngleich sie sich aus mehreren Erzählsträngen zusammensetzt. Im Grunde genommen liegt der Knackpunkt de facto auf einem Täter, der sich selbst „Gamemaster“ nennt und eine Internetpräsenz ins Leben ruf, auf der Interessierte zig illegale Downloads vorfinden können. Nicht nur Marcel, ein Schüler der 9.Klasse, hinterlässt dort leichtfertig seine Mailadresse, um künftig einen Newsletter zu empfangen ~ und wird stattdessen mit einer Spielanleitung konfrontiert, die so gar nicht nach seinem Geschmack ist. Sollte Marcel sich dem Ganzen verweigern, hat er ein Menschenleben auf dem Gewissen....

'''Zur Umsetzung''' mag ich nicht allzu viele weitere Handlungsdetails offenbaren, da zum einen der Klappentext meines Erachtens nach viel zu viel vorwegnimmt; das Buch stattdessen durchaus von diversen Überraschungsmomenten lebt und man anfänglich nicht weiß, welcher Charakter im weiteren Verlauf noch wichtig sein wird. Ein Usus, der fürwahr für einen besonderen Reiz sorgt, zumal Oliver Wolf auf umfassendere Chataktervorstellungen wert legt, als viele andere Autoren es mittlerweile oftmals zu tun gedenken. Dank der umfangreicheren Blicke in die persönlichen Umstände, Äußerlichkeiten wie auch inneren Beweggründe der Protagonisten kann sich der Leser in die Geschichte hautnah hineinversetzen, zumal der Verfasser nicht an (hier und da allzu) malerischen Umschreibungen rund um das Thema „Gleitschirmfliegen“ spart.

Ein wenig irritierend mag anfänglich sein, dass „Netzkiller“ aus der Sicht des Ich-Erzählers Jochen erzählt wird, der mitsamt seinen Freunden eben jener Sportart nachgeht und via Zufall mit den Tätigkeiten des „Gamemasters“ konfrontiert wird. Selbst die Kriminalbeamten Bürkle und Ronda bleiben etwas allzu sehr im Hintergrund, als es für vergleichbare Romane typisch sein dürfte.

Und wenn Oliver Wolf schon etliches anders macht, dann wundert es kaum, dass auch die Sprachwohl hier und dort eher ironischer denn nervenaufreibender Natur ist:
„Du kannst doch jetzt nicht einfach zusagen. Bleib hart, Antonia. Du musst auch mal Nein sagen können. Und es ist nichts dabei, Nein zu sagen, wenn du etwas nicht möchtest, Es ist dir niemand böse und keiner ist enttäuscht von dir. „Alles klar, wo soll ich hinkommen?“, hörte sie ihre eigne Stimme.
Verdammt.“
'''(Zitat, S. 207)'''

Trotz der vorherrschenden (fast schon zu rigorosen) Lockerheit gestaltet sich „Netzkiller“ ultraspannend, wendungsreich und besticht durch diverse Überraschende Wendungen, die man kaum hätte so kommen sehen können. Nicht nur einmal wird der gepackte Leser in die Irre geführt, während man nicht zuletzt feststellen darf, wie klein die Rolle bleiben wird, die jemand, von dessen Auftreten man weitaus „mehr“ erwartete, bleiben darf.

Besonderes gelungen ebenfalls die steten Perspektivwechsel, in die der Kriminalroman geschrieben wurde: manchesmal überlagern sich somit ein paar Zeilen, wirken sich jedoch keinesfalls störend aus, sondern dienen auf durchweg überzeugende Art und Weise dazu, den Rundum-Blick des Lesers noch zu intensivieren.

Wer sich indes über die Kategorisierung „Krimi“ statt „Thriller“ wundert, dem darf offenbart werden, dass _„Netzkiller“_ sich trotz diverser Gewaltakte im gesamten betrachtet recht unbrutal gestaltet. Mord, diverse Waffen und weitere Übergriffe spielen zwar durchaus eine Rolle, halten sich jedoch fast schon erstaunlich im Hintergrund, während generell ein hohes Erzähltempo an den Tag gelegt wird. Es vergeht nicht viel Ermittlungsarbeit, bis sich der Leser bereits inmitten auflösender Erklärungsmonologe wiederfinden darf ~ immerhin muss man _„Netzkiller“_ zu Gute halten, dass diese trotz des immensen Hauchs von „Aufklärungs- und Informationsveranstaltung“ nicht allzu belehrend herüberkommt.

Fakt ist dennoch: _„Netzkiller“_ schließt mit ein paar Seiten, die eindringlich über die Leichtsinnigkeit im Umgang mit dem Internet berichten; fast schon lamentieren. Der Grat dazu, die eigentliche Geschichte zu verlassen und eher eine Anti-Facebook & Co-Broschüre verfasst zu haben, ist denkbar schmal geraten ~ und dennoch hat Oliver Wolf es vollbracht, ein eher ungemütliches Gefühl im Leser zu hinterlassen. Was durchaus ein Kompliment sein soll, wenngleich das Motiv des Täters zwar einfach wie glaubhaft zugleich ist, weiterhin jedoch stellenweise allzu vorhersehbar gestaltet wurde.
Ferner hätte ich persönlich mir hier und dort ein paar mehr tiefgründige Gedankenanstupser gewünscht, wie es beispielsweise in der nachfolgenden Passage der Fall ist:

„Das habe ich mir wundervoll vorgestellt. Doch was wäre gewesen, wenn sie mich gewollt hätte? Ich hätte es nicht genießen können, da der nächste Traum auf mich gewartet hätte. Träume sind Illusionen. Sie sind nicht dafür da, in Erfüllung zu gehen. Die Realität kann mit der Wunschvorstellung nie mithalten.“
'''(Zitat, S. 253)'''

Kritik an weiteren Verhaltensweisen der Menschen wurde zweifellos gelungen in das Gesamtwerk eingewoben, wenngleich man im Grunde genommen nichts allzu Neues erfährt. Der Grundgedanke „einerseits moppern wir über einen Überwachungsstaat, gleichzeitig geben wir freiwillig intimstes Preis“ wurde wie gesagt bereits von etlichen anderen Veröffentlichungen aufgegriffen, so dass es mich persönlich durchaus wundern würde, wenn jemand nach eben dieser Lektüre sein eigenes Tun überdenkt.
Fakt ist vielmehr, dass der Leser oftmals erschrocken ist über die Aufdröselung der Gegebenheiten, aus der jeweiligen Konfrontation vollends überzeugt herausgeht, was ihn und sein Verhalten angeht sofort eine Änderung herbeizuführen... und sich der Mantel des Verdrängens allzu schnell wieder verhüllend über ihn legt. Wenn dem nicht so wäre, gäbe es weitaus weniger Massentierhaltungsanlagen ~ Informationsmaterial hierzu haben ebenfalls zig Menschen gesehen, die danach von einem „schlechten Gewissen“ sprachen und ad hoc auf entsprechenden Konsum verzichten wollten.

Entschuldigung, ich schweife ab.

Nichtsdestominder ist es, wie es erschreckenderweise wohl auch bleibt: _„Netzkiller“_ warnt Leser, die sich in allzu vielen Seiten wiedererkennen dürften, eindringlich davor, risikofreudig mit jener Art Striptease fortzufahren, an dem bereits viele Bekannte wie Fremde teilhaben können. _“Netzkiller“_ zeigt schonungslos Möglichkeiten auf, wie man sich ob dieses Tuns selbst seine eigene Grube gräbt, welche selbstvernichtende (in diesem Fall: tödliche) Folgen das Ganze nehmen kann und wie gedankenlos man allzu oft diverse Hinweise streut, die nicht nur potentiellen Einbrechern dienlich sein könnten.

Zu bemängeln gibt es innerhalb des Buches nur wenig: zum einen mag der ein oder andere es bedauernswert finden, dass die sich andeutende zarte Romanze zwischen den beiden Ermittlern förmlich im offenen Fortgang endet; weiterhin nimmt das „Spiel“ des selbsternannten „Gamemasters“ nicht so viel Raum ein, wie man eigentlich hätte denken können. Nichtmal eine halbe Handvoll „Teilnehmer“ gibt es, mit denen der Leser konfrontiert wird; weiterhin beschäftigt mich für meinen Teil die Frage, warum ein Mitschüler Marcel jene Downloadseite überhaupt empfahl.

===Summa summarum=== habe ich mir von _„Netzkiller“_ ein wenig mehr versprochen, wenngleich ich sagen muss, dass das Buch mich dennoch überzeugt und gefesselt hat. Punktabzug gibt es somit eher dahingehend, dass Oliver Wolf für meinen Geschmack mit allzu malerischen Beschreibungen rund um die fantastische Aussicht während des Gleitschirmfliegen ein wenig zu viel Raum im Buch beanspruchte, während die Taten wie auch Ermittlungen an sich fast schon überstürzt abgehandelt wurden.
Dank allzu plakativ gestreuter Hinweise weiß auch der Leser schnell, welcher Hase wo entlang hoppelt ~ zu Gute halten muss, mag und tue ich dennoch den unbestreitbaren pluspunktenden Fakt, dass dennoch mehrere unverhoffte Wendungen ihren Platz fanden.

Vier Sterne, aufrichtige Leseempfehlung für die Stunden, an denen es nicht allzu bedrückende Kost sein soll.

35 Bewertungen, 11 Kommentare

  • Lolobili

    09.07.2012, 20:59 Uhr von Lolobili
    Bewertung: sehr hilfreich

    Guter Bericht! Viele Grüße Lolobili

  • Baby1

    01.07.2012, 11:50 Uhr von Baby1
    Bewertung: besonders wertvoll

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•

  • anonym

    01.07.2012, 10:02 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sh und ich wünsch dir noch einen schönen Sonntag

  • Lucky130

    01.07.2012, 09:00 Uhr von Lucky130
    Bewertung: besonders wertvoll

    Sehr gut beschrieben!

  • XXLALF

    01.07.2012, 08:48 Uhr von XXLALF
    Bewertung: besonders wertvoll

    ....und einen schönen sonntag

  • morla

    01.07.2012, 00:37 Uhr von morla
    Bewertung: besonders wertvoll

    schönes wochenende lg. petra

  • Lakisha_1

    30.06.2012, 21:44 Uhr von Lakisha_1
    Bewertung: besonders wertvoll

    Los Leute, rafft euch auf und lest doch mal gegen. Ist wirklich schade das hier so wenig einen Wert drauf legen.

  • atrachte

    30.06.2012, 18:14 Uhr von atrachte
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh. lg

  • Lale

    30.06.2012, 16:33 Uhr von Lale
    Bewertung: sehr hilfreich

    Allerbesten Gruß *~*

  • Miraculix1967

    30.06.2012, 16:32 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schönes Wochenende, SH und LG Miraculix1967

  • Tweety30

    30.06.2012, 16:26 Uhr von Tweety30
    Bewertung: besonders wertvoll

    BW und liebe Grüße!