Der Sarg (Taschenbuch) / Arno Strobel Testbericht

ab 9,98
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  sehr hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  durchschnittlich

Erfahrungsbericht von LilithIbi

"Angst...Nachdenken..... jetzt."

5
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  sehr hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  Erwachsene

Pro:

Sprachgebrauch
authentische raffinierte Story an sich
Spannung
wechselnde Blickwinkel

Kontra:

kommt an "Das Rachespiel" nicht heran
etwas zu schnell gefundene End-Auflösung

Empfehlung:

Ja

Weitere Erfahrungen & Fazit

„Das raue Holz der Sargwände und des Deckels war mit dunklen Flecken durchsetzt, bei denen es sich wahrscheinlich um getrocknetes Blut handelte. An manchen Fingern fehlten die Fingerkuppen, an ihrer Stelle ragten die gelblichen Spitzen der Knochen aus den schwarzgeränderten Enden der Stümpfe hervor. An anderen standen die abgebrochenen Reste der Fingernägel schräg heraus. Die Frau hatte in dem verzweifelten Versuch, sich aus ihrem engen Gefängnis zu befreien, das Fleisch ihrer Fingerkuppen am Sargdeckel abgeschabt.“
(Zitat, S. 16)

Derart plastisch, wie Arno Strobel jenen Leichenfund beschreibt, so bildhaft gestalten sich ebenfalls die Szenerien, in denen die Protagonistin Eva Rossbach ihren klaustrophobischen Alptraum erlebt. Ein Alptraum, bei dem weder sie noch der Leser lange Zeit wissen sollen, ob dieser im Wach- oder doch eher Schlafzustand stattfindet. Für einen Alptraum spricht, dass sie immerfort von jetzt auf gleich in ihrem eigenen Bett erwacht ~ doch wenn sie schläft, woher kommen dann die Verletzungen an ihrem Körper? Und wieso träumt sie genau das, was anderen Frauen in Köln - inkl. ihrer Halbschwester Inge - tatsächlich zustößt?
Arno Strobel gelang es auf insgesamt 365 Seiten erneut, mich als Leser durch seinen Psychothriller

“Der Sarg“
kontinuierlich bei Laune zu halten respektive mich an die Darbietung zu fesseln. Zur Story selbst ist an für sich nicht mehr sonderlich viel hinzuzufügen, außer dass die pikante Zutat des Werkes jener Aspekt ist, dass Eva sich scheut, die Polizei zu kontaktieren oder gar Hilfe bei einem Psychologen zu suchen, leidet sie bereits seit ihrer Kindheit an Gedächtnislücken und fürchtet somit, nicht nur nicht ernstgenommen zu werden, sondern überdies in die geschlossene Abteilung einer Heilanstalt eingewiesen zu werden.
Besonders hervorzuheben in diesem Zusammenhang, wie sehr es dem Autoren gelang, mit den leserseitigen Sympathien zu spielen. Dank der ersten Seiten, auf denen man ad hoc mit Eva mitleidet und um sie bangt, entwickelt man meiner Erfahrung nach unmittelbar eine Art Beschützerinstinkt, der jedoch nur wenige Kapitel später ins Wanken gerät, wirkt Eva mehr und mehr so, als würde sie das ein oder andere dunkle Geheimnis innetragen und längst nicht so koscher agieren, wie es anfänglich den Eindruck machte.
Die Dramaturgie des Psychothrillers ist generell etwas, was in meinen Augen einer gesonderten Erwähnung wert ist: ohne auf die Tränendrüse zu drücken oder gar klischeehaft möglichst bewegende Szenerien in die diversen Rückblicke zu pressen, gehen die diversen Zeilen hinsichtlich Evas Kindheit tief unter die Haut und verursachen nicht nur an einer Stelle eine Gänsehaut.

Allem Verständnis für Evas Situation wie Befürchtungen zum Trotze mag man dennoch in die Story eingreifen und Eva an die Hand nehmen. Somit atmet man persönlich ein wenig auf, als Eva aufgrund einer ihr hinterlassenen Nachricht umzudenken scheint ~ und fühlt sich zwangsläufig machtlos, als diese es sich erneut anders überlegt.
Erst nachdem sich die Situation in den vermeintlichen Alpträumen zuspitzt, ist Eva bereit, auf den guten Rat ihre einzigen Freundin Wiebke zu hören und sich Dr. Burghard Leienberg anzuvertrauen, der jedoch genauso wie Hauptkommissar Bernd Menkhoff und seine Kollegin Jutta Reithöfer lange Zeit im Dunkeln tappt. Nach und nach kristallisieren sich immer mehr interpersonelle Konstellationen heraus, die immerfort einen anderen möglichen Täter in den Fokus rücken ~ wohlweislich dergestalt, dass „Der Sarg“ keinesfalls überladen oder künstlich aufgebauscht wirkt.

Weitere Spannung geht meines Empfindens nach von den wechselnden Blickwinkeln aus. Während das Buch vorrangig in der neutralen Erzählperspektive verfasst wurde, gestattet Arno Strobel dem Leser die Teilnahme an dem täterseitigen Tun wie auch Denkweise. Ebenso lernt man bereits früh die Figur der Britta kennen, dessen Bedeutung jedoch ebenfalls so lange rätselhaft bleibt, bis zu guter Letzt alles einen Sinn ergibt.
So flüssig, spannend und schlüssig sich „Der Sarg“ insgesamt lesen lässt, ist es ebenfalls Fakt, dass die meinige Theorie rund um die „Auflösung“ recht früh in mir keimte, spätestens auf der ungefähren 249ten Seite unumstößlich feststand und ich somit auf der 326ten Seite keinerlei Überraschung verspürte. Einerseits erfreulich, somit den sämtlichen literarischen Beteiligten einen Schritt voraus zu sein ~ andererseits verfehlt „Der Sarg“ bei mir persönlich somit den ultimativen Wow-Effekt, den der Thriller gewisserweise für andere Leser parat halten dürfte.

Dessen ungeachtet kam für mich zu keiner Stelle das Gefühl der Langatmigkeit auf, wenngleich ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass manche Verhaltensweisen unnötig verkompliziert dargestellt wurden. Mag sein, dass all dies ebenfalls „im echten Leben“ genauso hätte vonstatten gehen können ~ in Buchform hingegen bedarf es zweifellos einer hohen Aufmerksamkeitsspanne, um die jeweiligen Bezüge zueinander noch allesamt im Kopfe zu haben, wenn sich erneut alles dreht, wendet, als gegenteilig herausstellt und / oder wiederum jemand beichtet, aus ebenfalls komplexen Gründen heraus zuvor nicht ganz bei der Wahrheit geblieben zu sein.
Insgesamt betrachtet sagt mir „Der Sarg“ nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass mein spezielles Interessengebiet thematisiert wurde, inständig zu; kommt jedoch an die immense Spannung wie Genialität des später erschienenen Werks „Das Rachespiel“ nicht heran. Meiner Vermutung nach werden manche Leser überdies die Erläuterung rund um die Täterfigur womöglich übertrieben, an den Haaren herbeigezogen oder schlichtweg als unglaubwürdig befinden. Ich, die ich durchaus mit der Vorstellung konform gehe, dass die „Offenbarung“ in „Der Sarg“ vollends authentisch sein könnte, störe mich indes eher an der Schnelligkeit dessen, in der zu guter Letzt sämtliche Details bzgl. der verantwortlichen Hauptperson herausgefunden werden sollen.

Das explizite „wie, wer und zu welchem Zeitpunkt von wem“ des umfangreichen „Geständnisses“ lässt Arno Strobel außerhalb der niedergeschriebenen Zeilen geschehen und für den Buchinhaber somit nur schwerlich nachvollziehbar. Gewissermaßen tat der Autor vermutlich gut daran, um auf den ohnehin oft nur mühsam verdaulichen, mithin ausufernden Erklärungsmonolog zu verzichten. Was nicht bedeuten soll, dass ein solcher Monolog in „Der Sarg“ keinen Platz fand.
So oder so:
Wesentliche Mankos weist „Der Sarg“ meines Erachtens wie Empfindens nach keineswegs auf, gestaltet sich vielmehr von Anfang bis Ende reiz- wie wirkungsvoll und erhält somit von mir de facto eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

11 Bewertungen, 4 Kommentare

  • Modelunatic

    22.08.2014, 23:54 Uhr von Modelunatic
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH & liebe Grüße :)

  • diecordu

    09.08.2014, 15:57 Uhr von diecordu
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klingt schon etwas gruselig... Viele Grüße!

  • monagirl

    11.04.2014, 12:43 Uhr von monagirl
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße. MONA.

  • bella.17@live.de

    11.04.2014, 11:27 Uhr von [email protected]
    Bewertung: sehr hilfreich

    Gruß. Annabelle