Agnetha Fältskog - A Testbericht

Man erwartet es von mir wahrscheinlich, zähle ich doch zu den bekennendsten Liebhabern der vier Schweden überhaupt, schon zu Zeiten, als dieses Eingeständnis absolut obsolet war. Sie waren die fröhliche Band, welche „ernsthaften“ Musikern entgegen traten in einer Zeit, als DEMO oder U2 die Charts bestimmten.

Also sei eigens für sie ein neuer Bericht formuliert, zelebriert…..

Natürlich geht es um „A“ – Agnetha Fältskogs neues Album. Sie war stets der ultimative „Po“ bei ihren Konzerten, ein Hingucker vor dem Herrn. Mit glasklarer Stimme, die nahezu alle ABBA-Songs dominiert. Überirdisch rein und hinreißend für jene, die sich von der wohlgeformten Rückseite besagter Protagonistin ablenken ließen. Formidable Ergänzung dessen, was Björn (Ulvaeus) und Benny (Andersson) für sie, ihre eigene Band, komponierten. Das hatte Magie, Magic, das war Einzigartigkeit, das war unvergleichlich und hart am Rand zum musikalisch Überirdischen.

Worin auch das Problem von Agnethas neuer CD „A“ liegt (Fazit vorweg genommen): Sie erfüllt die Erwartungen nicht, welche man an ABBA hat, ist aber vollkommen OK für jene, die ihrer Stimme lauschen wollen und sie vermissen.

+++Hintergrund

Zu ABBA muss ich nicht viel sagen, Agnetha Fältskog war eines der beiden „A’s“ im Bandnamen, prägte Lieder wie „The day before you came“ (m. E. der meist unterschätzte Song ever), „The winner takes it all“, „Dancing Queen“ etc. „. ABBA gewann den Grand Prix de la Eurovision, wie er damals noch hieß, mit „Waterloo“. Darauf folgte eine beispiellose Karriere, bis heute verkaufen sie nach den Beatles die mit Abstand meisten CD’s weltweit.

Neun Alben (dazu ungezählte „Best Of“) wurden veröffentlicht, die den Reifeprozess der Band bis heute widerspiegeln: Die Songs wurden immer anspruchsvoller. Häufig wird kolportiert, es gäbe ein ausproduziertes Album namens „Opus ten“, das Björn und Benny nicht frei geben, im „Giftschrank“ verwahren. Habe davon unfertig produzierte Songs vor Jahren unter der Hand zugespielt bekommen, es ist typisch ABBA – wäre ein Knaller geworden!

Björn Ulvaeus und Benny Andersson produzieren heute Musicals (darunter "Chess" - "One Night in Bangkok" daraus kennt so ziemlich jeder), sie gehen eigene musikalische Wege. Dazu „Mamma Mia“, erfolgreich mit Meryl Streep, Pierce Brosnan und der zauberhaften Amanda Seyfried in Hollywood verfilmt, mögen als Beispiele genügen.

Sowohl Agnetha Fältskog als auch Annafrid Lyngstad starteten diverse Soloprojekte, mit durchwachsenem Erfolg. Weil zum Berichtsgegenstand passend, zähle ich die Solo-Alben von Agnetha auf:

- "Wrap your arms around me" (1983), - "Eyes of a woman (1985), - "I stand alone" (1987), - "My colouring book" (2005)

+++Die CD "A"– Titelauflistung

- The One Who Loves You Now - When You Really Loved Someone - Perfume In The Breeze - I Was A Flower - I Should ve Followed You Home - Past Forever- Dance Your Pain Away - Bubble - Back On Your Radio - I Keep Them On The Floor Beside My Bed

+++Die Einzelkritik

- The One Who Loves You Now - Klangvollem, Pianodominierten Intro folgt Agnetha. Die Musik plätschert vor sich hin, sie führt die Melodie, welche im Grunde nicht außergewöhnlich ist. Gleich zu Anfang denkt man: Was hätte ABBA daraus gemacht! Dennoch gefällig und schön, einprägsamer Refrain.

- When You Really Loved Someone - Finde ich persönlich schwach. Die Produktion versucht, per Sythesizer-Programmierung Aktualität einzuhauchen. Dünn, bis dürftig. Agnetha ist hörenswert, wie immer. Bei ABBA hätte es dieser Song auf keine Single-B-Seite geschafft.

- Perfume In The Breeze - Zart-leichtes Klavier-Intro, sofort setzt Agnetha ein. Man fühlt sich wohl aufgenommen in die Musik, verinnerlicht sie. Klang- und kraftvoll. Die Melodie entwickelt sich und wird von A’s Stimme getragen. Musik ordnet sich unter, das Arrangement ist hörenswert, einer der besseren Songs. Anspieltipp!

- I Was A Flower - Das ist Agnetha, an ABBA freilich reicht auch diese Produktion nicht heran. Man hat sich Mühe gegeben. Zarter Eingangsmelodie folgt ihr Sopran, man lässt ihm Raum, das Arrangement versteckt sich gleichsam hinter der Stimme. Gut!

- I Should ve Followed You Home - dieses Duetts hätte es nicht bedurft. Garry Barlow im „Wettkampf“ mit dieser Stimme geht gar nicht. Er muss versagen, egal was die Produktionstechnik zur Aufbesserung seiner Stimme hergibt. Verzichtbar!

- Past Forever- Dance Your Pain Away - ..davon bleibt nichts im Gedächtnis. Dance-Nummer, ohne jeglichen Erinnerungswert. Lieblos produziert – braucht kein Mensch und n’ ABBA-Fan gleich gar nicht! Miserabel!

- Bubble - Ein kleiner, schöner Song, der völlig auf Agnethas Stimmvermögen hin produziert wurde. Und nix falsch gemacht hat. Mein Favorit!

- Back On Your Radio - Hierzu verbietet sich jeder Kommentar – ist ein abgrundtief unzureichender Song. Das Musikalische erinnert an heutige Synthesizer-Produktionen, nichts Eigenständiges. Eine Jagd nach dem Zeitgeschmack...

- I Keep Them On The Floor Beside My Bed - Im letzten Lied darf sie endlich wieder sie selbst sein - endlich!!! Kann man zuhören, die Melodie fasziniert, ihre Stimme adelt das Ganze!

+++Mein Fazit Selbst wenn es kaum jemand weiß, Agnetha Fältskog hat verschiedene Solo-Projekte veröffentlicht (siehe oben). Unmittelbar nach ABBA, in den Jahren danach. Vier Alben stehen zur Diskussion. Der Höhepunkt war „My colouring book“ (hier von mir gleichfalls rezensiert; zusammengefasst: um Längen unverwechselbarer als „A&ldquo Auch ihre anderen drei Alben hatten "ABBA-Charakter", beherbergten musikalische "Edelsteine", die zu Unrecht unbekannt blieben.

Das neue Album gefällt mir nicht wirklich, es wird sicher jeden erfreuen, der sich an ABBA seinerzeit delektierte, weil Agnetha nun mal deren einzigartige Stimme war und in dieser Hinsicht nichts schuldig bleibt.

Mit der CD "A" als Geschenk kann man wenig falsch machen bei Fans von ABBA, dennoch: es sind nicht die vier Schweden und werden es nie mehr sein.... Als ultimatives, eigenständiges Solo-Album von Agnetha empfehle ich mit Nachdruck die bereits beschriebene CD "My colouring book". Hier tritt ihre Sehnsucht, ihr Schmerz, ihr Zerbrechen am Erfolg, der Versuch einer Verarbeitung dessen musikalisch am deutlichsten zu Tage.

Gleichwohl hat Agnetha, die Stille, Feine, Menschliche jederzeit eine Chance verdient. Bin glücklich, dieses Album von ihr in meinem Besitz zu wissen und empfehle dessen Kauf mit vier Sternen...

+++Standards


Der Preis bei Amazon kurz nach Erscheinen lag bei etwas um 14 Euro, angemessen, wie ich finde. Hätte auch mehr bezahlt :-) Das Cover zeigt eine hinreißende "A", an der das Alter dank Fotoshop doch bissi vorbeigegangen zu sein scheint. Das Booklet wartet mit den Songtexten auf und einem Bild in der Mitte, welches ihre Verlorenheit, ihr vermutetes einsames Gefühlsleben zeigt: Große, repräsentative Bühne (Rotningholm Theater Stockholm) in Pastell-Tönen, die Göttin selbst beansprucht den kleinsten Raum.

Danke für Lesungen, Kommis, Bewertungen,
Nintscho