Wake up and Die Testbericht

Wake-up-and-die
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  durchschnittlich
  • Romantik:  sehr niedrig
  • Humor:  kein Humor
  • Spannung:  spannend

Erfahrungsbericht von Hindenbook

Zweite, dritte etc. Chance für Mordopfer

3
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  durchschnittlich
  • Romantik:  sehr niedrig
  • Humor:  kein Humor
  • Spannung:  spannend
  • Altersgruppe:  ab 18 Jahren
  • Meinung bezieht sich auf:  DVD-Version

Pro:

Vielversprechende Ausgangsidee.
Gute Darstellerleistungen.

Kontra:

Schwächen in der Story-Entwicklung.
Unentschlossenheit in Sachen Auflösung.

Empfehlung:

Ja

Einleitung

Camila gerät in die Fänge eines Serienkillers, wird umgebracht - und erwacht: Die Mordnacht wiederholt sich ständig, während die immer aufs Neue sterbende Camila lernt, sich auf die Attacken ihres Gegners vorzubereiten … - Die interessante Ausgangsidee leidet unter ständigen Wiederholungen und zunehmender Unlogik, ist aber spannend und gut besetzt: durchaus unterhaltend.

Weitere Erfahrungen & Fazit

Das geschieht:

Camila erwacht frühmorgens im Bett eines fremden Mannes: Hinter liegt ein One-Night-Stand, an den sie sich partout nicht erinnern kann. Während sie Darío noch verlegen beichtet, dass ihr ein solches Verhalten normalerweise fremd ist, beginnt dieser erneut mit dem Liebesspiel - und erdrosselt Camila.

Sie stirbt qualvoll - und erwacht: im Bett ihres Mörders, der seine Tat noch nicht begangen hat. Camila fragt sich zu lange, ob sie einen besonders bösen Albtraum gehabt hat, denn schon wieder schreitet Darío zur Tat. Camila ist tot - und gleich darauf wieder an genannter Stelle. So wird es ihr noch oft ergehen, denn sie ist in die Gewalt eines ebenso verrückten wie vorsichtigen Serienkillers geraten, der schon sehr lange seiner Passion nachgeht.

Camila plant ihre Flucht notgedrungen nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Da sie nicht vergisst, was sie während einer ‚Schleife‘ erlebt hat, kann sie Informationen sammeln. Doch Darío hat sein Haus in eine Falle verwandelt. Wieder und wieder kommt er Camila auf die Schliche und tötet sie.

Irgendwann wechselt Camila die Taktik. Mit Flucht oder Gewalt kommt sie ihrem Peiniger nicht bei. Also sucht sie nach seiner Achillesferse - und wird fündig: Darío war und ist ein Muttersöhnchen, der als Kind geschlagen, gedemütigt und verspottet wurde. Den Hass auf die Mutter übertrug er auf alle Frauen, die er seither stellvertretend für seine Leiden büßen lässt.

Mit diesem Wissen beginnt Camila ihr Psychospiel. In der Tat lässt die Erwähnung der Mutter Daríos Selbstkontrolle bröckeln. Er beginnt in seiner Wachsamkeit nachzulassen. Gleichzeitig wird sein Verhalten immer irrationaler und gefährlicher. Zudem ist Camila noch immer nicht klar, wie irrsinnig Darío wirklich ist. Erst die Begegnung mit seiner Mutter und der Blick in ihren Schrank sorgt für schreckliche Gewissheit …

Zeitschleifen-Kammerspiel mit tödlichem Finale

Die zur Idee umformulierte Frage ist ebenso simpel wie verheißungsvoll: Wie entkommt man nackt und waffenlos einem starken, rücksichtslosen, in jeder Hinsicht überlegenen Mörder, der auch noch den Heimvorteil geltend machen kann? Normalerweise gibt es keine Chance, zumal wertvolle Zeit verstreicht, bis sich das Opfer seiner Situation klargeworden ist. Zwar erwacht Camila nicht in Ketten und in einem staubigen Keller, sondern in einem warmen Bett. Die ungläubige Überraschung bleibt. So kommt es, wie es kommen muss: Camila stirbt.

Jetzt mischt sich Regisseur, Drehbuchautor (und Cutter) Miguel Urrutia ein und die Karten neu. Camila kehrt ins Leben zurück. Ist es ein Fluch oder eine Gunst? Diese Frage bleibt unbeantwortet. Weder Camila noch wir, das Publikum, wissen, wieso Camila ‚wiedergeboren‘ wird oder warum dies nur Minuten vor ihrem neuerlichen Ende geschieht. Ein freundliches Schicksal hätte sie bereits am Vorabend zurückkehren lassen.

Dann wäre freilich diese Geschichte nicht zustande gekommen. Man muss davon ausgehen, dass genau dies den Handlungsverlauf diktiert, der vor allem in der zweiten Hälfte unter Logikschwächen leidet oder besser: zu leiden scheint. Um aus der Idee einen Film zu formen, der anderthalb Stunden spannend unterhält, muss und darf Urrutia Camila den gesunden Menschenverstand ausschalten. Er hat sich mit seinem Konzept einerseits eine Herausforderung und andererseits eine Falle gestellt: Konsequent durchdacht und gehandelt liegt die Lösung des Problems recht nahe.

Urrutia folgt dem selbst eine Weile: Da Camila mit einem Neustart ihres Lebens rechnen darf, kann sie sich einerseits unbesorgt umbringen lassen, während sie andererseits die Frist bis zum Tod dazu nutzt, Informationen zu sammeln und Fluchtwege auszuprobieren. Was nicht klappt, kann verworfen werden. Irgendwann dürfte Camila obsiegen.

Der Zwang zur Variation

Dummerweise ist Konsequenz nicht zwangsläufig unterhaltsam. Schon die Szene des morgendlichen Erwachens scheint sich viel zu oft zu wiederholen. Deshalb muss Urrutia der Handlung neue Impulse geben. Das sorgt für die schon angesprochene Irrationalität: Camila wechselt nach jedem Erwachen die Taktik. Natürlich stolpert sie auf diese Weise in neue Sackgassen, selbstverständlich folgt dem der Tod durch Daríos Hand, der - auch das dürfte dem angeblichen Publikumsgeschmack geschuldet sein - jedes Mal an Brutalität zunimmt.

Zudem weicht Urrutia das Konzept in der zweiten Hälfte auf. Sobald Camila das Mordzimmer verlassen hat, beginnt der genreübliche Irrgang durch ein großes, einsames, unheimliches Haus mit vielen düsteren Zimmern. Hinter jeder Ecke könnte Darío lauern, und oft genug ist dem auch so.

Ein echter Ausfall stellt Camilas Gang in Mutter Schlafzimmer dar. Diesem Szenario hat Alfred Hitchcock 1960 mit „Psycho“ den Garaus gemacht: Besser geht es einfach nicht, wie Urrutia unfreiwillig beweist. Zudem fragt man sich, wieso er so nah an der Vorlage geblieben ist. Sind diese Szenen als Hommage gedacht? Ansonsten sorgen sie für altbackenen Buh!-Grusel, den Urrutia bisher sorgfältig zu meiden wusste.

Ebenfalls rätselhaft bleiben die Zwischensequenzen: Zwischen Tod und Erwachen reist Camila durch ein Zwischenreich, in dem sie blitzartige Vorgriffe auf die nächste ‚Schleife‘ erlebt. Diese Episoden bleiben für das eigentliche Geschehen bedeutungslos. Sollte in diesem Jenseits-Winkel derjenige hausen, der Camila die Wiederkehr ermöglicht, bleibt seine Identität buchstäblich im Dunkel.

Kein Winkel zum Verstecken

„Wake Up and Die“ - der Filmtitel lautet im Original wesentlich zutreffender und weniger marktschreierisch „Rückkehr zum Tod“ - ist ein Kammerspiel. Nur zwei Figuren treten auf, und die Kulisse beschränkt sich lange auf ein karg eingerichtetes Zimmer. Urrutia dürfte aus der (Finanz-) Not eine Tugend gemacht haben. Sein karges Budget hat er auf jeden Fall optimal eingesetzt. Filmhandwerklich ist „Wake Up and Die“ ein gelungenes Werk.

Dem Schöpfer könnte man hin und wieder ein wenig zu viel Experimentierfreude am falschen Ort vorwerden: Kameramann Alejandro Ardila liebt Filter, die dem Bild Farbe und Licht entziehen, ihm harte Kontraste verleihen oder es anderweitig verfremden. Das sind grundsätzlich filmische Stilmittel, die hier jedoch eher willkürlich zum Einsatz kommen. Der Score ist ebenfalls ehrgeizig aber akustisch anstrengend. Alejandro Jaramillo betrachtet die Verzerrung als Mittel, die Handlung spannungsförderlich zu untermalen. Tatsächlich zerrt seine Musik an den Nerven der Zuschauer, was jedoch reiner Selbstzweck bleibt.

Glück hatte Urrutia mit seinen beiden Hauptdarstellern. Nicht nur die ständige Präsenz stellte hohe Anforderungen. Sowohl Andrea Montenegro als auch Luis Fernando Bohórquez mussten der recht komplexen Zeitschleifen-Handlung gerecht werden. Vor allem Bohórquez, der als Darío ohne Erkenntnisgewinn in jede Schleife rutscht, musste dem Geschehen ein Gerüst geben, auf dem Montenegro als Camila ihr Handeln aufbauen konnte.

Zudem spielen beide Darsteller fast ständig nackt, was nie problemlos bleibt: Die Handlung erklärt und fordert die Nacktheit, was die Schauspielarbeit inmitten eines kopfstarken und bekleideten Teams keineswegs erleichtert. In den USA könnte ein Film wie dieser nicht entstehen; hier würde viel Zeit darüber vergehen, bis sich die Darsteller jeweils mumiendicht und zensurfreundlich in ihre Bettdecken eingewickelt hätten. Diesem Eiertanz muss sich Urrutia nicht unterwerfen.

Eine Schleife hat kein Ende

Montenegro und Bohórquez leisten Beachtliches, können aber die finale Ratlosigkeit des Drehbuchautors nicht überspielen. Wie sollte Urrutia seine Geschichte auflösen? Die simple Flucht Camilas konnte nicht die Lösung sein. Also versucht Urrutia es mit einem Paradigmenwechsel: Plötzlich gewinnt Camila Geschmack am Morden. Dafür gibt es keine schlüssige Begründung.

Dieses ‚Ende‘ erklärt erst recht nicht, wieso die Schleife plötzlich endet und Camilas Leben seine chronologische Fortsetzung findet. Nicht immer bilden offene Fragen ein Feststellungsmerkmal für Filmkunst. In diesem Fall bricht die Handlung schlicht ab.

„Wake Up and Die“ ist nicht der ganz schlechte Film, zu dem ihn die meisten Kritiker abstempelten. Die Idee ist gut, die Umsetzung spannend, die Darsteller fähig: Der Zuschauer will wissen, wie die Geschichte ausgeht. Dass er gerade in diesem Punkt im Stich gelassen wird, ist schade, verdirbt aber nicht die positiven Aspekte eines Films, der zumindest phasenweise verdeutlicht, dass „Horror“ ruhig mysteriös sein darf und nicht blutig sein muss.

Daten

Originaltitel: Volver a morir (Kolumbien/USA 2011)
Regie, Drehbuch u. Schnitt: Miguel Urrutia
Kamera: Alejandro Ardila
Musik: Alejandro Jaramillo
Darsteller: Andrea Montenegro (Camila), Luis Fernando Bohórquez (Darío)
Label/Vertrieb: Sunfilm Entertainment (www.tiberiusfilm.de)
Erscheinungsdatum: 05.09.2013
EAN: 4041658227032 (DVD)/4041658297035 (Blu-ray)
Bildformat: 16 : 9 (1,78 : 1, anamorph)
Audio: DTS 5.1 (Deutsch), Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Spanisch)
Untertitel: keine
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 81 min. (Blu-ray: 84 min.)
FSK: 18

DVD-Features

Extras gibt es bis auf zwei Trailer zum Hauptfilm (und die übliche Werbung) nicht, Dabei wäre es interessant zu erfahren, warum und wie diese ungewöhnliche Zusammenarbeit zwischen USA und Kolumbien realisiert wurde.

Die „FSK-18“-Einstufung bezieht sich übrigens auf die aufgespielten Werbetrailer. „Wake Up and Die“ selbst ist; zu Recht - frei ab 16 Jahren. Hier setzt das Label offensichtlich auf einen behaupteten ‚Erwachsenenbonus‘, was durch den Cover-Aufdruck „uncut“ noch verstärkt wird: Rosstäuscherei!

Es gibt diese (spanischsprachige) Website: www.volveramorir.com
Außerdem existiert eine Facebook-Seite: https://es-es.facebook.com/Volver.a.Morir


(Copyright 04.12.2014/Dr. Michael Drewniok)

Dieser Text erscheint auch auf anderen Websites meiner Wahl; er wird durch meinen Namen identifiziert und bleibt dadurch – hoffentlich – auch für Faker-Sheriffs als mein geistiges Eigentum erkennbar, mit dem ich AGB-konform umgehen darf wie es mir beliebt. M. D.

7 Bewertungen, 2 Kommentare

  • anonym

    05.12.2014, 07:22 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Danke für den Bericht und herzliche Grüße aus Köln! Ich freue mich über Gegenlesungen.

  • Arus1693

    05.12.2014, 06:58 Uhr von Arus1693
    Bewertung: besonders wertvoll

    LG aus Linz