The Royal Tenenbaums (DVD) Testbericht

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ab 6,63
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  durchschnittlich
  • Anspruch:  durchschnittlich
  • Romantik:  durchschnittlich
  • Humor:  durchschnittlich
  • Spannung:  durchschnittlich

Erfahrungsbericht von T-Shirt

Die Puzzleteile passen nicht

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Was ist ärgerlicher als ein Puzzle, bei dem einzelne Teile nicht hineinpassen oder sogar komplett fehlen? Ein solches Puzzle hat nun Hollywood in unsere Kinos exportiert: „The Royal Tenenbaums“ heißt dieses Puzzle, bei dem die Einzelteile sehr hübsch aussehen ... nur leider passen sie nicht zusammen oder werden nicht vernünftg zusammengefügt.

Der Film dreht sich um die wohlhabende Sippe von Mr. Royal Tenenbaum (Gene Hackman), der, von Ehefrau und Kindern verstoßen, in einem New Yorker Luxushotel lebt. Als dem alternden Familienoberhaupt das Geld ausgeht, nistet er sich unter dem Vorwand, todkrank zu sein, wieder bei seiner Familie ein – doch dort stößt er auf eine Mauer der Ablehnung. Seine Ex-Frau, die Archäologin Etheline (Anjelica Houston), lässt sich gerade auf eine neue Beziehung ein, und seine Kinder werfen ihm vor, eine große Mitschuld an ihrem kollektiven Scheitern zu haben:

In jungen Jahren waren die Sprösslinge allesamt kleine Genies: Chas (Ben Stiller) war bereits als Zwölfjähriger ein begabter Finanzjongleur, Richie (Luke Wilson) wuchs früh zu einem Weltklasse-Tennisspieler heran und die adoptierte Margo (Gwyneth Paltrow) war eine hoffnungsvolle Schriftstellerin. Doch aus allen wurden im Laufe der Jahre mehr oder minder verkrachte Existenzen mit äußerst merkwürdigen Macken und Neurosen – Macken und Neurosen, die sie mit Genuss ausleben.

Regisseur und Autor Wes Anderson entwirft hier wunderbar skurille Figuren: Margo verbringt ihre Tage damit, sich stundenlang im Bad einzuschließen und heimlich zu rauchen. Richie schließlich verschwendet seine Zeit nach dem jähen Ende der einst hoffnungsvollen Tennis-Karriere auf einem abgetakelten Hochsee-Dampfer und rennt mit Sonnebrille, Vollbart und einem 80er-Jahre-Stirnband durch die Botanik. Chas läuft gemeinsam mit seinen beiden Söhnen ausschließlich in roten Adidas-Trainingsanzügen rum (außer bei einer Beerdigung, wo spontan auf schwarze Trainingsanzüge zurückgegriffen wird) - ein herrliches Bild! Diese Ansammlung von Neurosen böte das Potenzial für einen extrem lustigen Film – doch leider wird das Potenzial nicht genutzt.

Die einzelnen Figuren bleiben merkwürdig seelenlos und ihre Geschichte wird nur höchst unzulänglich erzählt. Nie wird klar, warum Chas ausschließlich Trainingsanzüge trägt, warum Margot chronisch abwesend und schlecht gelaunt ist oder warum Richie in oben erwähntem peinlichen Outfit herumläuft.

Dieser Missstand fällt auch deshalb besonders deutlich auf, weil der Film zunächst mehrfach in die Kindheit der drei Geschwister zurückblendet und vorgibt, etwas über die Entwicklung dieser Personen zu erzählen. Aber dieses Versprechen wird nie gehalten, die möglicherweise entscheidenden Wendepunkte in ihrem Leben werden bestenfalls angedeutet oder bleiben komplett außen vor. Das würde bei einer Psycho-Studie sicherlich mehr stören als bei einer Komödie – aber dadurch, dass diese ganzen Macken nie wirklich erklärt werden, wirken sie einfach lieblos „hingerotzt“ und büßen dadurch einen Großteil ihrer Komik ein.

So skurill wie die Figuren sind auch einige Ideen von Wes Anderson. Da gibt es zum Beispiel eine Horde von Dalmatiner-Mäuse, die Chas in seiner Kindheit gezüchtet hat und die noch immer ständig kreuz und quer durchs Tenenbaum-Domizil rasen. Doch wie so vieles in diesem Film wirkt auch dies unausgegoren, nicht wirklich ausgearbeitet, und nie richtig zu Ende gedacht. Man sieht die Dalmatiner-Maus durchs Bild laufen und denkt sich „Na gut“; man kann im besten Fall müde darüber schmunzeln, aber lachen beim besten Willen nicht – in dieser Form ist das einfach nicht komisch. Da wurde ein guter Running Gag leichtfertig verschenkt – und derartige Beispiele gibt es in dem Film zahllose.

Zudem wirkt der Streifen immer wieder lieblos zusammengeschustert. Viel zu oft drängt sich der Eindruck auf, das Drehbuch sei nur der Kitt, der die zahlreichen verrückten Ideen mühsam zusammenhalten soll; das ist, als ob man mit dem Vorschlaghammer an einem Puzzle arbeitet – frei nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht. Das könnte man den „Royal Tenenbaums“ verzeihen, wenn die mühsam zusammengeschusterten Ideen amüsant umgesetzt und die Figuren liebevoll ausgearbeitet wären oder wenn die Pointen zünden würden. Doch all diese Anforderungen werden leider nur gelegentlich erfüllt.

Auch der Soundtrack ist so ein Puzzleteil, das überhaupt nicht in den Film passt. Da sind wunderbare Songs von den Stones, den Ramones oder von Simon & Garfunkel zu hören - wunderbare Songs, die aber dummerweise an völlig beliebig ausgewählten Stellen absolut unmotiviert eingespielt werden. Und daran, dass mit gutem Ausgangsmaterial fahrlässig umgegangen wird – und das gilt bei weitem nicht nur für den Soundtrack – daran krankt der ganze Film.

Ohne Zweifel gibt es großartige Szenen. Zu den absoluten Highlights gehört die Sequenz, als Opa Royal T. mit seinen beiden Enkeln durch die Stadt tollt, sie auf die Cartbahn und zu illegalen Hundekämpfen führt und trotz seines hohen Alters selber wieder zum Kind wird. Auch eine gute Prise Dialog-Witz lugt immer wieder mal hervor: Zum Beispiel als Margo ihrem Vater vorwirft: „Du kennst noch nicht mal meinen zweiten Vornamen.“ „Das ist eine Fangfrage – du hast keinen zweiten Vornamen.“ „Helen.“

Gwyneth Paltrow als Margot bleibt aber ebenso blass wie Bill Murray („Und täglich grüßt das Murmeltier“) als ihr Ehemann. Bei der mageren Rolle, die ihm hier aufgedrückt wurde, ist das aber auch kein Wunder. In großartiger Form zeigt sich hingegen Gene Hackmann, der sichtlichen Spaß an der Rolle des schleimigen und sozial inkompetenten Familienoberhauptes hat.

Der großartige Gene Hackmann, die überdrehten Neurosen und Skurrilitäten sowie die ordentlichen humoristischen Ansätze reißen eine ganze Menge raus, aber bei weitem nicht alles. Zu viel bleibt bei den „Royal Tenenbaums“ nur Stückwerk – ein unfertiges und unvollständiges Puzzle eben. Deshalb der Ratschlag: Kauft Euch statt der Kinokarte lieber ein ordentliches 1000-Teile-Puzzle und wartet, bis der Film im Fernsehen kommt – das reicht. Geld für die Kinokarte muss hier wirklich nicht ausgegeben werden.

24 Bewertungen, 1 Kommentar

  • Mesalina

    01.05.2002, 21:28 Uhr von Mesalina
    Bewertung: sehr hilfreich

    Werde deinen Rat berücksichtigen und warten, bis der Film im TV läuft. Aber dann werde ich ihn mir doch anschauen, denn jetzt bin ich neugierig... CU Mesalina