Pro:
Sehr intensives und modernes Studium; gute Struktur und Organisation; faire Stundenpläne und gute Klausurverteilung
Kontra:
sehr VWL-lastig; teilweise schlechte Dozenten, die nur \\\"ablesen\\\" statt eine Vorlesung zu halten
Empfehlung:
Ja
VWA Leipzig: Wirtschafts-Betriebswirt(in)
In diesem Testbericht möchte ich Euch die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (kurz: VWA) in Leipzig etwas näher bringen - speziell den Studiengang "Betriebswirt(in) - Wirtschaftsdiplom". Bevor man sich übereifrig schnell für ein berufsbegleitendes Studium an sonstwelchen Instituten entscheidet, muss man sich als Interessent natürlich im Voraus ordentlich belesen - und in diesem Fall beleuchte ich euch die VWA aus der Sicht des Abendstudenten:
Wer oder was ist die VWA?
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Die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie ist keine Universität in dem Sinne, viel eher trifft der Begriff der "Abendschule" auf das von der Industrie- und Handelskammer und der Kommune geförderte Unternehmen, welches in vielen deutschen Großstädten ansässig ist (nahezu 20). Die VWA ist u. a. Auffangbecken für diejenigen Studenten, die zwar berufstätig sind, aber sich dennoch gern fortbilden möchten - schließlich lockt ja am Ende einer Studienrichtung (z.b. Betriebswirt) ein Abschluß mit Diplom.
Aber natürlich können auch Arbeitslose, Freiberufler - also eigentlich fast jeder ein Studium oder eine Fortbildung an der VWA beginnen. Fast? Ja, man braucht für einen zu belegenden Studiengang entweder das Abitur oder eine abgeschlossene Berufsausbildung als Zugangsvoraussetzung.
Die VWA bietet zusätzlich für Verwaltungs-Auszubildende im Öffentlichen Dienst (meist Stadtverwaltungen mit hohen Azubi-Zahlen) die Vorbereitung zu den schriftlichen und mündlichen Abschlußprüfungen an - welche wiederum von der IHK oder dem Regierungspräsidium getätigt werden - und so schließt sich der Kreis ;o)
Von VWA zu VWA unterschiedlich sind die angebotenen Studiengänge. Für Leipzig ist derzeit nur der Studiengang zum Verwaltungs- oder Wirtschaftsbetriebswirt möglich - zusätzlich wird letzterer in einer Abiturienten-Version angeboten (sogenannter Abiturientenjahrgang). Für die kommenden Jahre ist zusätzlich der/die Wirtschaftsinformatiker/in vorgesehen und auch der Studiengang des Rechtsökonoms. Alles in allem ein breites Feld, welches man natürlich online stets verfolgen kann. Für den Fall der VWA Leipzig haltet Ihr Euch hier auf dem Laufenden: www.vwa-leipzig.de
Von Seiten der Studienverantwortlichen der VWA kann man ein entgegenkommendes und faires Verhalten verzeichnen. Studienbetreuer und das Sekretariat der VWA Leipzig sind sehr freundlich, lassen gern mit sich reden und sind ein guter Ansprechpartner bei Problemen.
Das Studium zum/zur Betriebswirt/in:
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"Vorsprung durch Wissen bringt Aufstieg" - so einer der Slogans, mit der die VWA wirbt. In der Tat - und das kann ich nach 3 absolvierten Semestern sagen - ist das Abend- und Wochenendstudium nicht nur sehr lohnenswert, nein es ist auch sehr straff und für meine Begriffe sogar noch straffer als manches Leistungskursfach zu Abitur-Schulzeiten...
Nur wie stellt man sich ein Abendstudium überhaupt vor?
Vorlesungen bzw. Veranstaltungen finden an der VWA Leipzig wöchtenlich 3 x statt. Von Jahr zu Jahr unterschiedlich starten die Studenten entweder Dienstag/Donnerstag/Samstag oder Mittwoch/Freitag/Samstag in ihre Semester. Die Vorlesungen unterhalb der Woche beginnen 17.30 Uhr und enden nach zwischendrin 15 Minuten Pause im Schnitt 20.15 Uhr (auch wenn auf dem Semesterplan 20.45 Uhr angegeben ist - aber solange hat bis dato kein Dozent durchgezogen!).
Samstags beginnen die Vorlesungen 08:30 Uhr und wohl dem der Kommilitonen auf der Bankreihe sitzen hat, die sich um den morgendlichen Kaffee kümmern. Auch wenn man hier nicht mehr in der Schule ist und die Vorlesungen auch keine Zwangsveranstaltungen sind, muss man sich dennoch öfters arg zusammenreißen, den Worten des Dozenten zu folgen - denn hier und da erwischt man sehr trockene und schläfrige Themen. Aber ob Zahlen oder Statistiken, ob Formeln oder Definitionen - in allen Vorlesungen wird man fit für die Prüfung und nicht zuletzt fit für den eigenen späteren Werdegang gemacht.
Nur was macht den Unterschied zur normalen Schule?
Anwesenheitspflicht besteht an der VWA nicht - d.h. mit anderen Worten man kann kommen und gehen wann man möchte, es steht jedem frei die Vorlesungen überhaupt zu besuchen. Wichtig sind letztlich nur die Klausurscheine (1 bestandene Klausur = 1 Klausurschein = Zugangsvoraussetzung für die Abschlußprüfungen).
Auch die Klausuren sind natürlich freiwillig - aber dazu mehr bei meinem Unterpunkt "Klausuren"!
Ebenso anders - im Vergleich zu Schulzeiten - ist die Mitarbeit. Die Dozenten tragen ihren Stoff vor, wie es der Name sagt "Vorlesung". Nur selten werden Freiwillige in den Reihen nach Antworten befragt - aber da ist jeder Lehrkörper verschieden.
Umso mehr man sich selber in die Materie des Betriebswirtes vertieft, um so schneller erkennt man die Puzzle-Teilchen, die eine jede Fachrichtung mit sich bringt. Wirtschaftsmathematik ist gut in der Volkswirtschaft anzuwenden, Mikro- und Makroökonomie findet man später in Außenwirtschaft oder Wirtschaftspolitik wieder, rechtliche Dinge wie das Grundgesetz begegnet einem u. a. in Finanzwissenschaften wieder - und so weiter!
Wie aus meinen letzten Zeilen zu lesen ist, gibt es jede Menge Einzelfachrichtungen die Euch im Laufe der insgesamt 6 Semester (3 Jahre) begegnen - hier nochmal im Einzelnen:
Betriebswirtschaft: Einführung BWL, Buchführung und Bilanzierung, Kosten- und Leistungsrechnung, Controlling, Investition, Finanzierung, Absatzwirtschaft, Personalwirtschaft, Unternehmensführung, Produktionswirtschaft, Steuerlehre, Wirtschaftsmathematik
Volkwirtschaft: Mikroökonomie/Makroökonomie, Konjunktur/ Wachstum, Geld/Währung/Inflation, Finanzwissenschaften, Außenwirtschaft, Wirtschaftspolitik
Rechtswissenschaften: Bürgerliches Recht (BGB I, II, III), Handelsrecht, Arbeitsrecht, Staatsrecht/Europarecht/Allgemeines Verwaltungsrecht
Insgesamt werden in den 6 Semestern ca 1080 akademische Stunden den zukünftigen Betriebswirten vermittelt. Diese Zahl kann natürlich nach oben oder unten schwanken - die Semesterpläne sind auch oft sehr variabel, d. h. es kann auch schon mal vorkommen, dass außerplanmäßige Vorlesungen an verschiedenen Wochentagen durchgeführt werden - auch weil Dozenten kurzfristig ausfallen können und die Vorlesungen natürlich nachgeholt werden müssen.
Die Dozenten sind meist unterschiedlicher Herkunft. Einerseits Doktoren und Professoren, die meist an der Universität Leipzig oder anderer Uni´s oder TU´s unterrichten, andererseits (frei-)berufliche Fachleute - insgesamt ein guter Mix, aber teils auch eher unkompetente Dozenten, die es nicht verstehen den Stoff verständlich rüber zu bringen. Hat man hier entweder Rentner, die nach ihrer Zeit als früherer Professor noch ein paar Stunden unterrichten möchten oder spezielle Rechtsanwälte als Dozenten, dann merkt man schon häufig gehörige Unterschiede in Verständnis der Materie und im Umgang mit den Studenten. Vieles lässt hier - gerade aber auf Strecken der Betriebswirtschaft (und das ist eben das A und O) - noch sehr zu wünschen übrig.
Und genau das ist ein Minuspunkt - denn leider wird der Fachbereich Volkswirtschaftslehre an der VWA Leipzig sehr intensiv gelehrt: hier hat man Professoren die nicht nur ihr Handwerk verstehen, sondern auch Professoren die an Universitäten und sonstigen Einrichtungen einen hervorragenden Ruf genießen - dementsprechend auch das für einen Abendstudenten sehr sehr straffe Niveau.
Jeder Student bekommt während seiner Studienzeit einen Studentenausweis ausgehändigt, der pro Semester abgestempelt wird. Wenn man sich geschickt anstellt, bekommt man damit sogar in öffentlichen Einrichtungen die Ermäßigung eines Studenten gestattet. Warum schreibe ich das? Weil viele Unternehmen (wie auch die in Leipzig ansässigen Leipziger Verkehrsbetriebe) einen Abendstudenten nicht als Studenten betrachten sondern als Berufstätigen der Geld verdient und damit keiner Ermäßigung würdig scheint.
Klausuren:
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Zu jedem abgeschlossenen Fachgebiet wird eine Klausur geschrieben. Fairerweise wird es über die Semester hin gut verteilt - so schreibt man bespielweise im ersten Semester 4 Klausuren, im zweiten Semester 5 und so weiter (alle Klausuren jeweils 90 Minuten) - insgesamt 25 Klausuren (zzgl. der abschließenden Prüfungen).
Die Klausurergebnisse kann man online verfolgen. Nach gut 6 Wochen hat der jeweilige Dozent die Klausuren bewertet, zur VWA zurück gegeben und von dort aus wird veranlasst, dass die Ergebnisse für jeden Studenten im Internet sichtbar werden. Dazu muss man sich lediglich auf www.vwa-leipzig.de mit seiner Matrikelnummer und Passwort einloggen und hat dann im Service-Bereich eine gute Übersicht über alle Resultate, zusätzlich aber auch Zugriff auf weitere Vorlesungsmaterialien und Semesterpläne.
Verfügt man nicht über einen Internetzugang bzw. möchte man sich seine Fehler nochmal anschauen, so kann man mit dem Sekretariat der VWA einen Termin vereinbaren um die Klausuren zu besichtigen. Dazu bekommt man entweder ein sonniges Plätzchen direkt im Sekretariat oder einen seperaten Raum zur Verfügung gestellt - jedoch unter Aufsicht einer Verantwortlichen, damit man weder manipulieren noch kopieren kann (ggf. für nachfolgende Jahrgänge).
Zugangsvoraussetzung für die Abschlußprüfungen sind die Klausurscheine (wie oben schon beschrieben), also 1 bestandene Klausur = 1 Schein. Das teilt sich letztlich wie folgt auf:
BWL: 12 Klausuren gesamt/6 müssen bestanden werden
VWL: 4/2
Recht: 6/3
Prüfungen / Abschluss:
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Und damit wären wir auch schon im 5. und 6. Semester angekommen. Ab dem 5. Semester muss jeder Student ein Wahlpflichtfach belegen. Man hat die Wahl zwischen Marketing, Personalwirtschaft, Finanzwissenschaften oder Controlling.
Zusätzlich muss eine Hausarbeit im vorgenannten Wahlpflichtfach angefertigt werden. (= Diplomarbeit). Diese wird von den Lehrkräften bewertet und fließt in das Endergebnis entscheidend mit ein.
Doch allein damit hat man sein Diplom nicht bestanden, folglich kommen zu jedem Fachbereich (BWL, VWL, Recht) noch eine Abschlussarbeit schriftlich hinzu und zu jedem dieser Bereiche gehört eine 45 minütige mündliche Prüfung (inkl. Vorbereitungszeit).
Als erfolgreicher Absolvent verlässt man die VWA mit der Bezeichnung "Betriebswirt/in (VWA)".
Kosten:
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Es fallen pro Studiengang natürlich diverse Gebühren an. Für gut 450,- EUR bekommt man den Lehrstoff für 1 Semester (6 Monate) vermittelt. Dies auf 6 Semester hochgerechnet, zuzüglich Aufnahmegebühr (50,- EUR), Prüfungsgebühr (350,- EUR) und den Skriptgebühren (25,- EUR pro Semester), kommt man auf rund 3.000,- EUR. Das klingt natürlich saftig, aber lässt sich andererseits auch über die Einkommenssteuer als Werbungskosten absetzen.
Wenn man Glück und den richtigen Arbeitgeber hat so kann einem die Höhe der Semestergebühren vollkommen egal sein, denn sowohl Unternehmen des Öffentlichen Dienstes wie auch Dienstleistungssektoren á la Krankenkassen unterstützen den Student in voller Höhe der Studiengebühren - lediglich die Skriptgebühren von 25 EUR muss man selber tragen.
Die Studiengebühren sind jedoch von VWA zu VWA verschieden. Auch hierzu kann man sich unter www.vwa.de informieren - wenn man nicht gerade an der VWA Leipzig studieren möchte.
Eigene Einschätzung/Wertung:
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Aus eigenem Wissen kann ich sagen, dass sich Qualität und Preis von Stadt zu Stadt und von Bundesland zu Bundesland gravierend unterscheiden. Ich möchte keine VWA schlecht reden, aber so hört man dass z. B. die VWA München ein weitaus niedrigeres Level verfolgt als die VWA in Leipzig. Während hierzulande straff angezogen wird, die hochdotiertesten Professoren unterrichten kann man in München ein Semester (Stand 2004) für rund 200 Euro belegen (weniger als die Hälfte im Vergleich zu Leipzig) und bekommt dort vielleicht gerade einmal ein Drittel des Wissensstandes vermittelt, welcher hier wiederum zur Tagesordnung gehört.
Im aktuellen Jahrgang studiere ich derzeit mit rund 80 Kommilitonen. Viele kommen aus den unterschiedlichsten Zweigen der Industrie und Wirtschaft - auch ein sehr großer Altersunterschied bewegt sich hier auf der Schulbank. Die Bankreihen sind sehr vorteilhaft aufgestellt - so besteht eine Bankreihe aus 10 Sitzplätzen, durch einen Gang in der Mitte geteilt. Dies völlig anders als man vielleicht jegliche Hörsäle der Universitäten im Hinterkopf haben mag.
Ich für meinen Teil kann das Studium an der VWA Leipzig uneingeschränkt weiterempfehlen, aber wenn möglich auf dieser Grundlage: Sucht euch einen Teilzeitjob, oder einen bei dem Ihr auch mal durchatmen könnt - meldet euch dann für ein Studiengang an (Beginn nur einmal jährlich - entweder September oder Oktober) und findet euch langsam in die Materie rein. Schnell werdet Ihr erkennen, dass ein Vollzeitjob UND das Studium nebenbei sehr häufig die Freizeit komplett aus eurem Kalender streicht.
Durch meinen 20-Stunden-Job im öffentlichen Dienst kann ich mich - neben sämtlichen Hobbyaktivitäten - sehr gut auf das Studium konzentrieren, auch wenn in den nun kommenden Tagen und Wochen noch 4 Klausuren anstehen und damit sowohl Weihnachts- und Silvesterfeieraktivitäten etwas kürzer treten müssen!
Was aber noch wichtig zu wissen ist: Der Diplom-Abschluss hat ganz gewiss nicht den Stellenwertes eines Uni- oder HTWK-Diplom´s. Daher steht in der Klammer hinter Betriebswirt/in nicht "(FH)" oder ähnliches. Ein jeder Personalchef muss aber hier abwägen: Möchte er einerseits einen hochqualifizierten Studenten, der noch keine bzw. kaum praktische Erfahrungen hatte oder möchte er einen fleißigen und motivierten Abendstudenten, der berufsbegleitend über 3 Jahre nach der täglichen Arbeit und in der Freizeit seine Belastbarkeit bewiesen hat? Ihr könnt aus meinen Zeilen heraus lesen: das eine als auch das andere bringt Pluspunkte mit sich ...
Sicher kann man noch viel viel mehr erzählen und gewiss war mein Testbericht noch nicht alles - aber dann würde ich wahrscheinlich in 2 Wochen noch schreiben. Wem ich dennoch mit meinen Zeilen etwas Aufmerksamkeit und Interesse schenken konnte, dem empfehle ich den Internetauftritt der VWA Leipzig (www.vwa-leipzig.de) zu nutzen oder per Post (VWA Leipzig, 04315 Leipzig, Bogislawstraße 18) Informationen anzufordern. Natürlich habt Ihr bis zum nächsten Semesterstart noch ein wenig Zeit .. ca. September/Oktober 2005 geht´s wieder los!
Viel Spaß und allen Bald-Studierenden: Viel Glück! weiterlesen schließen
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