Pro:
Spannend, nie langweilig. Prima Filmmusik, tolle Schauspieler
Kontra:
Schiesst manchmal übers Ziel hinaus und ist etwas überladen
Empfehlung:
Ja
Mein nächster Testbericht handelt von dem Film Stalingrad.
Stalingrad - der Name einer Stadt an der Wolga, benannt nach dem russischen Diktator Joseph Stalin. Heute heißt die Stadt Wolgograd. Ihre Geschichte konnte der Namenswechsel aber nicht vergessen machen. Während des Russlandfeldzuges fand hier eine der grausamsten Schlachten des 2. Weltkrieges statt. Doch grausame Schlachten gab es auch im ersten Weltkrieg in den Schützengräben Belgiens und Frankreichs. Auch hier starben zehntausende junge Menschen auf brutalste Art und Weise. Warum ist Stalingrad so ein starkes Symbol für den Wahnsinn des Krieges geworden. Ich denke, es könnte daran liegen, dass Stalingrad gleichzeitig die erste substanzielle Niederlage der Wehrmacht im 2. Weltkrieg darstellte. Sie ging einher mit der Vernichtung eines 250000 Mann starken, deutschen Armeeverbandes. Auf der Gegnerseite starben vermutlich über 1 Millionen Menschen. Stalingrad war auch ein klares Zeichen für den völligen Wahnsinn Adolf Hitlers und die Unfähigkeit der deutschen Generalität, sich über ihn hinwegzusetzen. So ging die 6. Armee ins Verderben, ohne dass irgendjemand etwas dagegen unternahm. Durch den harten Winter und den Hunger bekam diese Schlacht noch unmenschlichere Züge. Die Schlacht von Stalingrad läutete auch die endgültige Wende an der Ostfront und somit des ganzen Krieges ein. In der deutschen las auch in der sowjetischen Propaganda bekam die Schlacht um Stalingrad schnell den Charakter einer Entscheidungsschlacht verpasst. Strategisch war Stalingrad völlig wertlos und nicht umsonst fragte man sich, ob die Stadt für Hitler nur deshalb wichtig war, weil sie Stalins Namen trug und somit ein Symbol für den Kampf Hitler gegen Stalin wurde. Versucht man sich heute vorzustellen, unter welchen Verhältnissen die Soldaten (laut Augenzeugenberichten) dort gelebt haben und gestorben sind, so entziehen sich die Umstände jeder Vorstellungskraft. Ich jedenfalls bin froh, dass ich nie einen Krieg erlebt habe.
Im Jahre 1993 wagte sich Joseph Vilsmaier, ein in München geborener Regisseur, welcher vorher durch Filme wie Herbstmilch und Rama Dama in Erscheinung getreten war, daran, diesem Stoff ein filmisches Denkmal zu setzen. Die Schauspieler seines Films waren damals nicht sonderlich bekannt (Dominique Horwitz, Thomas Kretschmann (genau, der Kapitän aus King Kong), Sebastian Rudolph, Jochen Nickel (spielte Amon Goeths Chauffeur in Schindlers Liste) und Dana Vavrova, um nur einige zu nennen), aber durch die Bank sehr gut besetzt.
---Inhalt---
Rohleder, Reisser und Kameraden sind Mitglieder des deutschen Afrikakorps und auf Fronturlaub in Italien. Hier kann man es sich gut gehen lassen. Bei einem Battalionsapell, bei dem sie gleich mal demonstrieren können, dass sie keine perfekten deutschen Landser sind, erfahren sie, dass sie nicht mehr nach Nordafrika versetzt werden. Das neue Ziel liegt im Osten. Begleitet von südländischer Musik verlässt man per Eisenbahn das schöne Italien und nach der Durchquerung eines Tunnels kommt ein Schnitt und man befindet sich in den weiten Russlands. Nach schier endloser Fahrt lernt man das Ziel der Reise kennen. Stalingrad. Zunächst sind die deutschen guter Dinge. Es ist mitten im Sommer, die Wehrmacht ist siegreich und man plant die Stadt schnell genommen zu haben. Doch mit der Zeit bemerken die Soldaten, dass dies kein schnelles Gefecht wird. Um jeden Meter wird hart gekämpft, die Verluste sind immens und die Moral beginnt schnell zu sinken. Dann wird es langsam Winter und die Soldaten sind immer noch in der Stadt, die jetzt aber quasi nur noch aus Ruinen besteht. Zu alledem befindet dich unter der Stadt ein weitreichendes Kanalisationssystem, durch das sich Freund und Feind unabhängig von Frontlinien bewegen können. Als die Situation immer schlimmer wird, beschließen Reisser und ein zwei andere Soldaten zu fliehen. Rohleder kann seinem eigenen Kadavergehorsam nicht entkommen und bleibt in der Stadt. Am Ende sterben aber alle Protagonisten des Films.
---Die Wertung---
Der Film beginnt ungemein Stimmungsvoll und der Schnitt zwischen Italien und Russland ist wirklich gut gelungen. Vilsmaier macht aber auch einige Fehler, die ihm auch später von den Kritikern nicht verziehen wurden. So sind die Soldaten doch erstaunlich intellektuell. Man bekommt häufig den Eindruck, die Soldaten fanden den Krieg von Anfang an schlecht und nur die Offiziere sind an der Situation schuld. Die Realität sah wohl anders aus. Auch versucht er möglichst jede Niedertracht deutscher Soldaten und Offiziere in diesen Film ein zu bauen. So darf das Erschießungskommando genauso wenig fehlen wie der sadistische SS-Offizier. Auch die menschenverachtende Verbandsplatzsituation wird thematisiert.
Aber, ich finde den Film trotzdem gut. Auch wenn die zweite Hälfte des Films den roten Faden verliert und plötzlich Charaktere auftauchen, die im ganzen Film noch nicht vorhanden waren, ohne zu erklären, wer sie eigentlich sind. Auch wenn Vilsmaier recht stoisch alle Unmenschlichkeiten der Schlacht abarbeitet, so können die Schauspieler trotzdem voll überzeugen. Die wenigen, drastischen Gewaltszenen führen einem den Schrecken des Krieges wirksam vor Augen. Was etwas stört, insbesondere nach der umstrittenen Wehrmachtsaustellung, ist, dass Vilsmaier versucht eine klare Trennung zwischen den bösen SS-Leuten und den guten Wehrmachtsangehörigen zu schaffen. Das war nicht so, Punkt.
Die zweite Hälfte des Films mag zwar etwas wirr und zusammengestückelt wirken, aber ich denke, dass kann man als athmosphärisches Hilfsmittel betrachten, denn weniger chaotisch wird die Situation für viele Frontsoldaten nicht gewesen sein.
---Fazit---
Alles in allem ein gelungener, wenn auch typisch deutscher Film sehr kopflastiger, Antikriegsfilm, der zwar nicht die niederschmetternde Brutalität eines James Ryan bietet, aber durchaus seine Momente hat. Vielleicht hat Vilsmaier sich an dem Thema verhoben, aber schlecht ist der Film deshalb auf keinen Fall. Sollte man gesehen haben.
Fazit: Sollte man gesehen haben weiterlesen schließen
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