Pro:
dramaturgisch ausgezeichnet gemacht
Kontra:
inhaltlich abstoßend, Komik hat für mich nicht funktioniert
Empfehlung:
Nein
Episodenfilme sind offenbar in, und auch bei mir ist schon wieder einer an der Reihe, nämlich „11:14“, ein Independent Film von 2003, der 2005 auch in unsere Kinos kam.
Kleine Info voraus: Ich weiß, dass dieser Film bei der vielen Leuten überwiegend gut und sehr gut abgeschnitten hat, und ich möchte bestimmt niemanden beleidigen, der ihn toll fand – aber da ich immer noch froh bin, dass ich zuletzt zum Frühstück was gegessen habe, fällt meine Bewertung nicht so toll aus.
Bei mir ist einfach die „Comedy“, von der in anderen Berichten so begeistert geschrieben steht, nicht angekommen. Ich schätze, sie ist untergegangen in meiner Abscheu vor dem, was ich zu sehen bekommen habe. Dabei habe ich immer gedacht, dass ich durchaus einen Sinn für makabren Humor habe, „Silentium“ finde ich zum Beispiel toll, aber „11:14“ hat für mich zumindest als Comedy nicht funktioniert.
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Die Story:
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1. Es ist 11:13pm. Jack ist nachts im Auto auf dem Heimweg. Er telefoniert über Handy, und getrunken hat er auch schon einiges. 11:14pm - plötzlich knallt’s. Als Jack nachschaut, stellt er fest, dass vor seinem Auto ein Toter liegt. Norma, die Fahrerin eines vorbeikommenden Autos ruft die Polizei – wegen eines Wildunfalls, wie sie annimmt. Jack versteckt die Leiche im Kofferraum. Als der herbeigerufene Polizist die Leiche findet, gerät Jack in Panik und flüchtet. Er gerät zu Normas Haus. Die hat gerade erfahren, dass ihre einzige Tochter bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Doch der Tote vor Jacks Wagen war ein Mann ...
2. Es ist 11:09pm. Eddie, Mark und Tim sind unterwegs in einem Van. Sie bewerfen andere Autos mit Obst, saufen und machen Blödsinn. Eddie pinkelt während der Fahrt aus der Schiebetür des Vans. 11:14pm – plötzlich knallt’s. Die drei haben ein Mädchen überfahren. Dann wird auf sie geschossen. Sie hauen ab. Beim Aufprall hat sich allerdings Eddie den Penis in der Schiebetür amputiert. Tim geht zurück und nimmt den Sanitätern den Penis wieder ab. Mark will nicht in den Knast, sie sprechen ihre Storys ab und zwingen auch Eddie zum Lügen, bevor sie ihn ins Krankenhaus bringen.
3. Es ist 11:04pm. Frank macht einen Spaziergang mit seinem Hund, über den Friedhof. Dabei findet er zunächst einen Toten, der vom steinernen Kopf einer Statue erschlagen wurde. Daneben findet er den Schlüssel seiner Tochter Cheri. Er glaubt, Cheri habe ihn in Notwehr getötet. Da er nicht will, dass sie dafür bestraft wird, nimmt er den Toten mit. 11:14pm – Frank wirft den Toten von einer Brücke, die über eine weitere Straße führt. Unten fährt gerade ein Auto vorbei ... Franks Hund verschleppt das Hemd, mit dem Frank den Kopf des Toten bedeckt hatte. Frank jagt es ihm wieder ab. Als er das Hemd endlich vernichtet hat, wird er von seiner Frau Norma aufgegabelt, der er nichts davon erzählt. Als sie zu Hause ankommen, klingelt das Telefon, und ein Rettungswagen hält vor ihrem Haus.
4. Es ist 10:59pm. Duffy versucht, seine Kollegin Buzzy zu überreden, einen Überfall auf den Laden zu faken, in dem sie beide arbeiten, denn er braucht Geld für seine Freundin Cheri, die schwanger ist und abtreiben möchte. Zunächst weigert sich Buzzy. Cheri unterbricht die Diskussion und versucht, Duffy im Hinterzimmer zu verführen. Buzzy spielt solange mit seinem Revolver, den er liegen gelassen hat. Dabei löst sich ein Schuss. Cheri geht wieder. Jetzt ist Buzzy doch bereit, an dem gefakten Überfall teilzunehmen. Auf seiner Flucht nach dem gefakten Überfall sieht er Cheri wieder. Cheri kommt über die Straße auf ihn zu. 11:14pm – ihr Handy klingelt. Ein Van rast heran und überfährt sie. Duffy schießt auf den Van. Er wird verhaftet, ebenso Buzzy, die umkippt, als sie ihn identifizieren soll.
5. Es ist 10:54pm. Cheri hat ihren beiden Freunden erzählt, jedem für sich, erzählt, sie sei von ihnen schwanger, und Geld für eine Abtreibung von ihnen verlangt. Da ihr Vater, Frank, zu Hause ist und Aaron nicht mag (schließlich hat der Cheri schon einmal geschlagen), will sie mit Aaron auf dem Friedhof schlafen. Als die beiden heftig dabei sind, löst sich der Kopf der Figur, unter der sie liegen, und zerschmettert Aarons Kopf. In der ersten Panik verliert Cheri ihre Schlüssel. Sie will die Sache Duffy in die Schuhe schieben. Dazu geht sie zu ihm in den Laden, entwendet seine Bowlingkugel. Doch als sie damit zum Friedhof zurückkommt, ist Aarons Leiche nicht mehr da. Sie telefoniert, da entdeckt Duffy sie. Sie unterbricht das Telefonat, geht über die Straße auf ihn zu. 11:14pm – ihr Handy klingelt. Ein Van rast heran und überfährt sie.
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Anmerkungen zum Film:
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Fangen wir mit dem Positiven an:
Bei Episodenfilmen kommt es darauf an, dass die einzelnen Episoden so perfekt miteinander verflochten werden, dass sowohl logisch wie dramaturgisch keinerlei Fehler und Lücken entstehen. Ziemlich häufig geht das schief – aber nicht bei diesem Film:
Die fünf Episoden sind perfekt miteinander verflochten. Was erst wie ein relativ normaler Unfall aussieht, wirft schon bald einige Fragen auf, von denen sich von Episode zu Episode mehr aufklären, aber auch immer wieder neue aufgeworfen werden. Selbst in der letzten Episode, vor der ich eigentlich dachte, dass ich mir jetzt die ganze Geschichte zusammenreimen kann, folgen noch neue Infos und ein überzeugendes Ende, das die Geschichte abrundet, indem es die letzte Episode wieder mit der ersten verknüpft.
Es bleiben auch kaum lose Fäden. Eigentlich ist mir nur eine einzige Sache aufgefallen: Mir ist nicht klar, wer Cheri um 11:14 auf ihrem Handy anruft. Ich habe danach gesucht, aber ich finde niemanden, der diesen Anruf tätigt. Jedenfalls wäre es für mich noch überzeugender, wenn auch dieser Anruf vorher schon einmal vorgekommen wäre. (Sollte das doch irgendwo im Film vorkommen, wäre ich für eine Antwort per Kommentar oder Gästebuch dankbar!)
Wie ihr schon an den einzelnen Episoden sehen könnt, wird die Geschichte eigentlich rückwärts erzählt: Die erste Episode beginnt praktisch direkt vor dem Unfall, aber jede weitere Episode setzt ein paar Minuten früher ein. Auch das kann Schwierigkeiten für den Spannungsaufbau eines Films mit sich bringen – aber auch das tut es in diesem Film nicht.
In diesem Zusammenhang finde ich es auch sehr überzeugend, dass jede einzelne Episode nur maximal 20 Minuten vor 11:14 beginnt und nur wenig darüber hinaus geht (wie lange – in realer Zeit – die Episoden über 11:14 noch hinausgehen, wird nicht explizit gezeigt, aber es ist nie besonders lange).
Positiv sind auch die Leistungen aller beteiligter Schauspieler zu bewerten. Besonders möchte ich auf die beiden bekanntesten Schauspieler des Films eingehen:
Da ist einmal Hilary Swank, die mit „Boys don’t cry“ und „Million Dollar Baby“ schon zweimal den Oscar als beste Hauptdarstellerin gewonnen hat. Sie spielt auch in „11:14“ wieder einmal großartig (und nebenbei mit viel Mut zur Hässlichkeit, was bei schönen Frauen ja nicht selbstverständlich ist, schon gar nicht in Hollywood), und sie beweist wieder einmal ihre Vorliebe für schwierige Stoffe.
Und dann ist auch Patrick Swayze bemerkenswert. Diejenigen von euch, die in meinem Alter oder älter sind, kennen ihn bestimmt als „Schönling“ aus den 80er Jahren, z.B. aus „Fackeln im Sturm“ oder „Dirty Dancing“. Inzwischen hat er sich in einen bemerkenswerten Charakterdarsteller verwandelt, der zwar nicht mehr so gut aussieht wie vor 20 Jahren, dafür aber richtig gut spielen gelernt hat!
Größere Probleme habe ich mit den Figuren und ihrer Motivation:
Fast alle Figuren des Films sind mir unsympathisch oder gleichgültig.
Es ist bekannt, dass die Figur Buzzy ursprünglich als Mann konzipiert war. Als Hilary Swank das Drehbuch las, fühlte sie sich aber gerade von dieser Figur angezogen und konnte den Autor und Regisseur davon überzeugen, sie für sie umzuschreiben. Nun, das kann ich gut verstehen: Buzzy ist eigentlich die einzige Figur, die ein wenig Menschlichkeit zeigt! Sie will unbedingt ihren Job behalten, weil sie eine kranke Schwester unterstützen muss, und ihretwegen lässt sie sich schließlich auch auf den gefakten Überfall ein. Doch sie ist nicht kriminell – als Duffy verhaftet wird und sie selbst in Verdacht gerät, gesteht sie.
Schon bei Frank, der ja in erster Linie seine Tochter schützen will, wird es für mich schwieriger: Er will Cheri schützen, weil er glaubt, sie habe Aaron aus Notwehr getötet. Erst einmal ist das nicht unbedingt der erste Gedanke, wenn man jemanden mit dem Kopf einer Steinfigur direkt unter dieser Figur erschlagen findet. Und dann wäre es in meinen Augen selbst für einen Vater logisch, dann mit der Tochter zur Polizei zu gehen und ihre Aussage bezüglich Notwehr zu bezeugen! Es ist keine zusätzliche Gefahr oder Motivation aufgebaut, warum Frank denken müsste, dass die Polizei Cheri und ihm nicht glauben sollte. Deshalb wirkt seine Reaktion auf mich schon sehr übertrieben.
Cheri ist dann sogar einfach das Klischee-Biest, ganz extrem auf die Spitze getrieben. Weshalb sie ihren tödlichen Sexunfall mit Aaron nun unbedingt Duffy in die Schuhe schieben will, wird mir aber trotzdem nicht klar. Unfall ist Unfall, sie muss doch gar nicht solche Risiken eingehen, wie sie das in der Folge tut, um sich zu schützen!
Ähnlich bei Jack: Er denkt zunächst, er hätte einen Wildunfall, und findet dann eine Leiche mit fürchterlich eingedrücktem Schädel vor seinem Auto. Warum fragt er sich nicht eine Sekunde lang, ob er dafür überhaupt verantwortlich sein kann?
Vielleicht wären all diese Probleme nicht so gravierend, wenn ich den Film als Komödie verstehen könnte, aber da sie, wie oben schon erläutert, so einfach nicht bei mir ankommt, leidet für mich die Glaubwürdigkeit der Figuren.
Es folgen noch drei kleine Unstimmigkeiten:
Erst einmal müsste man, wenn man den Unfall von Cheri mit dem Van aus Duffys Sicht mitverfolgt (in der vierten Episode), eigentlich sehen, dass Eddie aus dem Van pinkelt. Doch im Film sieht man den auf der Seite vollständig geschlossenen Van. Na ja, kein Fehler in der Logik der Geschichte, nur einer in der Continuity des Films (hätte man eigentlich beim Schnitt merken und beheben sollen).
Zweiter Punkt: In der ersten Episode fällt Aarons Leiche ja AUF Jacks Auto. Das sollte eigentlich eine heftige Delle im Dach hinterlassen (wenn schon Jack nicht merkt, dass der Aufprall nicht frontal, sondern von oben kam). Aber das passiert nicht, und weder Jack noch der Polizist bemerkt etwas in dieser Richtung.
Und zu guter Letzt: Irgendwie ist die Episode mit Eddie für mich nicht recht stimmig. Ich meine, der Penis ist ein ziemlich gut durchblutetes Organ, man sollte also meinen, dass Eddie ziemlich schnell extrem viel Blut verlieren müsste. Wenn er daran schon nicht innerhalb kürzester Zeit verblutet, dann ist wenigstens anzunehmen, dass er ziemlich schnell das Bewusstsein verlieren sollte. Doch er hockt da, Hand im Schritt, und jammert und jammert und jammert ... (na gut, das Jammern verstehe ich wenigstens noch).
Mein größtes Problem ist und bleibt aber, dass es mir spätestens bei der Penisgeschichte den Magen umgedreht hat. Auch Aarons eingedrückter Schädel ist nichts für zarte Gemüter. Daneben nimmt sich dann Cheris Unfall geradezu harmlos aus ...
Kleine Zwischenfrage in die Runde: Jungs, eigentlich sollte es euch doch bei Eddie erst recht so gehen, oder?
Der Film ist in Deutschland ab 16 Jahren freigegeben, was mir auch korrekt erscheint, denn er ist brutal und begibt sich in die Abgründe menschlicher Selbstsucht hinab – sicher kein Kinderfilm!
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Die DVD-Ausstattung:
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Die DVD bietet die englische Originalaudiospur sowie eine deutsche Synchronfassung. Wahlweise kann man deutsche Untertitel einblenden lassen.
Im „Setup“, wo man die Sprachen auswählen kann, findet man auch die Option, die Animation der Menüs auszuschalten – die ist zwar beim Wechsel von einem Menüpunkt zum nächsten recht ansehnlich (man „fährt“ quasi auf einer Straße zum nächsten Menüpunkt), dauert aber unnötig lange, so dass das schnell nervig wird.
„Specials“:
„Trailer/TV-Spots“:
Hier finden sich der US-Originaltrailer, zwei deutsche Kinotrailer (wobei der mit FSK 12 zwar vor Filmen mit FSK 12 laufen darf, aber 11:14 bleibt erst ab 16 freigegeben, was für mich dann die Frage aufwirft, wozu es einen FSK 12-Trailer gibt – um Teenies in den Film zu locken, die eigentlich noch nicht rein dürfen?) und zwei Fernsehspots.
„Hinter den Kulissen“:
Leider ist das kein Making Of, wie man vermuten könnte, sondern nur zusammengeschnittene Szenen von der B-Roll (das heißt eine Aufnahme von den Dreharbeiten), man sieht, wie der Regisseur den Schauspielern Anweisungen gibt, aber auch „richtige“ Szenen, nur aus einem minimal anderen Blickwinkel als im Film. Das Ganze ist unkommentiert, aber die Gespräche sind untertitelt, was natürlich, wenn es einen interessiert, toll ist, weil man so auch die genuschelten und leisen Aussagen verstehen kann. Interessant war für mich trotzdem an diesem Feature nur, den jungen (und noch viel jünger aussehenden) Regisseur und Autor in Aktion zu sehen (ja, der Typ, der aussieht wie ein Teenager, ist der Regisseur!). Insgesamt gut 14 Minuten.
„Interviews“:
Hier finden sich Interviewfetzen mit Hilary Swank, Rachael Leigh Cook. Patrick Swayze, Colin Hanks, Henry Thomas, Ben Foster und Regisseur Greg Marcks. Die Interviews sind natürlich auf Englisch, verfügen aber über deutsche Untertitel. Für Fans ist das natürlich sehenswert, allerdings sind die Ausschnitte jeweils zu kurz und zu zusammengestückelt, als dass man wirklich viel erfahren würde (Länge der Interviews zwischen knapp zwei und gut fünf Minuten). Interessant fand ich vor allem die Interviews mit Hilary Swank, die u.a. erzählt, warum sie diese Rolle annahm, und mit Greg Marcks, der einige fachlich interessante Aussagen über die Entwicklung dieses Films macht.
„weitere DVDs“:
Hier finden sich Kino- und DVD-Trailer zu „Rottweiler“, „Dumplings“, „Santa’s Slay“, „Cube Zero“, „Oldboy“, „R-Point“, „Straight into Darkness“, „Knots“, „Cowgirl“, „Evil“, „Glory Days“ und „El Lobo“ – wirklich ne merkwürdige Zusammenstellung!
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Fazit:
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Ich schwanke bei diesem Film zwischen Bewunderung für die dramaturgische Meisterleistung eines jungen Regisseurs (und Autors) bei einer wirklich anspruchsvollen Filmform und furchtbarem Ekel vor der Story selbst.
Man muss auf jeden Fall extrem makabren Humor mögen und einen starken Magen haben, um den Film zu genießen! weiterlesen schließen
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