Bäcker/in Testbericht

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Erfahrungsbericht von Donline

Du musst mit den Augen klauen

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Lang, lang ist es her, dass ich mich entschlossen habe diesen Beruf zu erlernen. Vor fast 16 Jahren bewarb ich mich, weil ich keine Lust hatte weiter zur Schule zu gehen und es auch nicht einfacher wurde einen Ausbildungsplatz zu bekommen, als Bäcker in einem Lebensmittelunternehmen.

Ich höre jetzt schon einige rufen „Bäcker, wie kann man denn Bäcker werden?“ Leider ein Phänomen, welches ich häufiger zu spüren bekommen habe. Also wer sich diesen Beruf aussucht muss darauf gefasst sein, dass er nicht gerade den größten Respekt erntet.
Was das Bild des Bäckers so furchtbar schlecht macht weiß ich nicht genau, aber es gibt einige die glauben, dass es sehr einfach ist diesen Beruf auszuüben und darum die geistigen Fähigkeiten nicht besonders hoch sein müssen. Leider trägt die Innung und das Umfeld des Bäckerhandwerks, also die Bäckereien und ihre Besitzer nicht dazu bei diesem Image entgegen zu treten.

Wie sieht das Leben eines Bäckerlehrlings aus?
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a) Die Ausbildung (Praxis)


Im Normalfall dauert die Ausbildung zum Bäckergesellen 3 Jahre. In dieser Zeit lernte ich in erster Linie wie Brot und Brötchen gebacken werden. Dazu kommen Kleingebäcke (Plunder und Blätterteig) oder aber auch Torten. Auch in die Kunst des Marzipanmodellierens habe ich Einblick nehmen können obwohl das mehr in den Konditorenbereich geht und zugegeben einiges an Fingerfertigkeit erfordert.

Mein erster Arbeitstag begann um 7 Uhr, was für Bäckereiverhältnisse sehr spät ist.
Wer sich diesen Beruf aussucht muss mit Zeiten zwischen 3 und 4 Uhr leben, in denen er aufstehen bzw. in der Backstube stehen muss.

Meine ersten Aufgaben waren Bleche reinigen, Ofen ausfegen, Tisch abräumen, spülen, Pflaumen entkernen und ähnliches. Also Handlanger arbeiten, auf die die Gesellen keine Lust hatten. Verständlich, dass das nicht war was ich mir vorgestellt hatte. Aber da muss man durch. Recht schnell wurde ich aber dann in Dinge unterwiesen, die besser waren. So durfte ich Berliner mit Marmelade füllen oder Plunderteilchen mit Zuckerguss, richtig nenne wir das Fondant, bestreichen.
Die ersten Versuche ein Brot zu formen (aufmachen) oder den Teig, den man mühevoll aus der Maschine gewuchtet hatte, in Stücke zu teilen und einen Klumpen von 1700 Gramm rund zu bekommen scheiterten kläglich. Das sah sehr viel einfacher aus als es war. Der Teig machte nie was er sollte. Aber davon ließ ich mich ja nicht entmutigen, auch wenn mein Meister so Sätze wie „Auf dem Brot kannst Du ja bis nach Münster reiten“ oder „so schief kann ja kein Bulle p*****“ von sich gab.

Ja es herrschte zuweilen ein rauer Ton, aber an sich hatten wir ein gutes Verhältnis.

Auch das Eintouren von Blätterteig (so nennt man die Verarbeitung, damit dieser 144 Schichten bekommt) war so ein Problem. Die Ausrollmaschine war nicht meine beste Freundin, aber auch das klappte irgendwann.

Ich hatte Glück, dass wir viele Gesellen hatten und dementsprechend die Zeit war auch mal etwas erklärt zu bekommen. Mein Meister hatte da auch einen guten Spruch, der ihm wie ich glaubte auch wenig Mühe kostete. „Du musst mit den Augen klauen“ hieß seine Devise. Also immer schön hingucken und sich alle merken was man sieht. Aber auch für Fragen war er meistens, wenn nicht gerade Freitag war, immer da.

Wie in jedem Job gab es bei mir auch Tage wo ich am liebsten das Handtuch geschmissen hätte, aber wer aufgibt hat schon verloren.

Zur praktischen Ausbildung gehörte auch das
Führen eines Berichtheftes. Dieses Buch sollte eigentlich die Tätigkeiten der Lehrlinge wiedergeben. Allerdings ist dies ein dunkles Kapitel einiger Azubis. So wurde es sehr vernachlässigt und wie lästige Hausarbeiten aufgeschoben bis zum Schluss. Aber vor jeder Prüfung muss es den Prüfern vorgelegt und vom Ausbilder gezeichnet worden sein. Bester Spruch aus einem dieser Bücher, vom Meister unterzeichnet war folgender (er kann ihn nicht gelesen haben):

Zitat: \"Und dann hatten wir kein Mehl mehr und haben Karten gespielt.\"


b) Die Ausbildung (Theorie)

Wie in allen Handwerklichen Berufen ist der Besuch einer Berufschule Pflicht.
Einmal die Woche ging es dafür in die BS nach Ahaus.
Bei den ersten Besuchen hatte ich den Eindruck die wollten uns dort für dumm verkaufen. So gehörten die Grundrechenarten zur Einführung in den Mathematikunterricht. Also nicht stutzig werden, aber das musste wirklich sein, denn ich hätte nie gedacht wie schlecht ausgebildet man aus einer Schule entlassen werden konnte. Einige wenige (das sind die, die zum schlechten Bild des Bäckers beitragen) meiner Klassenkameraden machten wirklich diesen Eindruck als ob sie eine Schule nur vom Hörensagen kannten.

Die wichtigsten Fächer waren aber Technologie (Theorie über die Geschichte des Backens bis hin zu allem was mit der Herstellung von Backwaren aller Art zu tun hat), Mathematik ( wie gesagt ein nicht besonders schwieriges Fach, aber wichtig, da man ständig rechnen muss und das meist im Kopf und ohne Rechner) und Wirtschaft.

Auch Deutsch, Politik, Religion und Sport waren Bestandteil dieser Ausbildung, allerdings hatten diese keinerlei Bedeutung für die Prüfung.

Dieser wöchentliche, theoretische Teil war immer eine willkommene Abwechslung, da man an diesem Tag nicht Arbeiten musste insofern man mehr als 5 Schulstunden hatte. Einige meiner Kameraden war allerdings in kleineren Betrieben beschäftigt und deren Besitzer scherten sich darum. Diese waren also zumeist seit 2 Uhr auf den Beinen. Verständlich das sie vom Unterricht ab 10 Uhr nicht mehr viel mitbekamen.

Hier ein Tipp: Wem das passiert sofort bei der Schule melden. Das ist nicht zulässig und führt für den Betrieb zu hohen Geldstrafen.


c) Überbetriebliche Unterweisung

Im zweiten und dritten Gesellenjahr hatten wir eine überbetriebliche Unterweisung in der Bäckerfachschule in Olpe. An dieser muss teilgenommen werden. Dort wird man in den traditionellen Bäckerberuf eingewiesen. Viele moderne Backstuben können es sich nicht leisten ohne Fertigmehle zu backen, da dies nicht rationell und kostendeckend ist. Dafür gibt es diese einwöchige Reise (andere Bundesländer haben ähnliche Schulen, aber ich bin in NRW und da ist es Olpe). Besonderer Vorteil war natürlich das es sich um eine Mischung aus Schule und Backstube handelt und die Arbeitszeiten dementsprechend Human. Von 8 –17 Uhr mit 2 Stunden Mittag. Einzig das viele Schreiben war ein Tortour, 40 handgeschriebene DIN A4 Seiten in 5 Tagen, bei durchschnittlich 3 Schulstunden am Tag ist schon anstrengend. Aber nebenbei ist dieses natürlich eine schöne Abwechslung und wie ich heute weiß wichtige Erfahrung, die eine Schulklasse, welche sich nur einmal die Woche sieht, enger bindet.
Abschließend wird die Woche mit einem Multiple choice Fragebogen sowie einigen Fragen die man richtig beantworten muss beendet. Die Zensuren werden einem später offiziell schriftlich überbracht und waren von einigen Lehrherren sehr wichtige Dokumente. Machte sich ja auch gut, wenn der „Stift“ zweimal mit sehr gutem Erfolg teilgenommen hatte.


d) Die Prüfungen

Neben diesen beiden kleinen Prüfungen in Olpe war da zunächst die Zwischenprüfung.
Nach der Hälfte der Lehrzeit muss man eine theoretische Prüfung in den Fächern Technologie, Mathematik und Wirtschaft hinter sich bringen. Der praktische Teil findet in einer Backstube statt. Diese werden von den jeweiligen Handwerkskammern nach Platz und natürlich Ort ausgesucht. Unsere Zwischenprüfung war nicht sonderlich anspruchsvoll und beschränkte sich eigentlich auf die Herstellung eines Brotes von Hörnchen, flechten eines Zopfes und formen von Plunder aus Mürbeteig, was unsere Fertigkeit unter beweis stellen sollte. Letztere stieß bei meinen Meister auf Unverständnis, da es ziemlich unsinnig ist aus diesem Teig ähnliche Teilchen zu formen wie aus Hefeteig.

Durchfallen gab es bei dieser Prüfung nicht. Sie wurde zwar bewertet und das Urteil hatte dem Ausbilder eventuell nicht gefallen, aber ansonsten hatte es keine Auswirkungen auf den weiteren Werdegang.

Anders natürlich die abschließenden Gesellenprüfungen, in der man per Hand einen Teig herstellen, Blätterteig ohne Ausrollmaschine eintouren und Brötchen langformen muss. Natürlich gehörte auch das Flechten eines Zopfes, die Herstellung von Teilchen aus dem Blätterteig, sowie eine Torte nach belieben zur Prüfung. Wobei die Torte ein einzelner Punkt war, der nicht so hoch bewertet wurde wie alle anderen Sachen. Hier drückten die Prufer schon mal ein Auge zu. Die Theorie ist der in der Zwischenprüfung ähnlich, aber natürlich sehr viel umfangreicher.


Das drum und dran
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Das war meine Ausbildung zum Bäcker, welche mir vor allem in der ersten Zeit nicht viel Freude gemacht hat. Mein Chef, nicht mein Meister, hat bei der Einstellung gesagt „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, womit er nicht ganz unrecht hatte. Aber das ist ja klar, alles war neu und sich herum kommandieren lassen kannte ich auch nicht. Wenn ich allerdings gehört habe wie es anderen meiner Kollegen ergangen ist, muss ich sagen, dass ich es sehr gut getroffen hatte. An die frühen Arbeitszeiten gewöhnt man sich schnell. Vor allem daran das man auch dementsprechend früh Feierabend hat.
Heute z.B. arbeite ich in einem Betrieb wo wir erst um 5.30 Uhr anfangen und dafür bin ich aber um spätestens 13 Uhr zuhause. Samstags muss ich dafür leider auch noch hin, aber auch das ist ein Punkt über den man nach 16 Jahren eher lächelt, na ja meistens wenigstens ;o)

Zu den Dingen an die man sich auch gewöhnen muss gehören natürlich der Mehlstaub, der immer und überall im Raum ist. Dieser kann zu Allergien führen und damit zum eventuellen Austritt aus diesem Beruf. Weiter Probleme können in Form von Rückenleiden auftreten, die durch zu niedrige Tische und Maschinen hervorgerufen werden. Teige haben ein ordentliches Gewicht und es ist manchmal nicht leicht so einen Brocken aus der Maschine zu bekommen.
Auch die Temperaturen in einer Backstube sind natürlich nicht immer die angenehmsten. Bei Sommerlichen Außentemperaturen können schon mal 35 Grad herrschen, am Ofen liegt dieser Wert um einige Grad höher.

Ein großer Nachteil ist die eher durchschnittliche Vergütung.
Da ich wie gesagt schon seit 13 Jahren aus der Lehre bin, weiß ich die momentanen Werte nicht, aber zu meiner Zeit betrugen sie 580 DM ( 296 € ) im ersten, 670 DM ( 342 € ) im zweiten und 820 DM ( 419 € ) im dritten Jahr. Ich schätze mal das diese Werte heute um jeweils 100 – 120 € höher liegen. Also nicht erwarten, dass man mit dem Gehalt eines Bäckers hohe Sprünge machen kann.

Aufstiegschancen hat man in diesem Beruf einige, allerdings sind diese bei der momentanen Arbeitsmarktlage natürlich auch nicht unbedingt günstig.

Man kann natürlich seinen Meister und sich somit selbstständig machen. Leider werden immer mehr kleine Betriebe geschlossen oder übernommen, sodass dieses keine wirkliche Alternative darstellt.

Eine Weiterbildung zum Lebensmitteltechniker kann man mit dieser Grundausbildung und einem Fachabitur allerdings machen. Als Meister besteht auch die Möglichkeit als Backmeister, gewissermaßen ein Vertreter für Backmittel der auch praktische Unterweisungen in Backstuben gibt, eine Anstellung zu finden. Auch eine Weiterbildung zum Berufschullehrer soll mit einem Meisterbrief möglich sein, aber damit kenne ich mich nicht so aus. Da hilft aber das Arbeitsamt.

Ich hoffe mein, doch sehr langer, Einblick in die Ausbildung zum Bäckers hat einige Fragen beantworten können.

Jedem der diesen Beruf erlernen möchte empfehle ich ein Praktikum in einer Bäckerei zu machen. Sollte es euch gefallen und ihr unterschreibt eine Vertrag, achtet genau auf alles was dort steht. Lasst euch die Arbeitszeiten genau zusagen. Vor allem kleine Betriebe sind da nicht zimperlich und machen aus der tariflichen 37,5 – 40 Stunden Woche (je nachdem wo man beschäftigt ist) eine 60 Stunden Woche ohne Ausgleich oder Zusatzvergütung. Merke umsonst kann Du überall arbeiten auch wenn es Spaß macht.

Ich kann den Beruf des Bäckers allen empfehlen, die Spaß an eigener Kreativität haben. Es ist schön frisches Brot und Gebäck zu riechen und zu fühlen. Wer zu Hause schon mal gebacken hat, weiß was ich meine, wenn ich sage mit eigenen Händen zubereitet schmeckt’s besser.



© Donline 13.08.2002 für Yopi
© Donline 12.08.2002 für Ciao

29 Bewertungen, 1 Kommentar

  • pyragoon

    04.03.2007, 11:32 Uhr von pyragoon
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh. lg mm *dreifachgrins*