Edel & Starck Testbericht

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Summe aller Bewertungen
  • Unterhaltungswert:  sehr gut
  • Informationsgehalt:  gut
  • Präsentation:  sehr gut
  • Spaß:  sehr viel
  • Spannung:  viel
  • Romantik:  sehr viel

Erfahrungsbericht von emmtie

Idee ist geklaut, aber trotzdem sehr gut

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Eine Fernsehserie um eine Anwaltskanzlei mit etwas skurrilen Fällen? Natürlich denkt man dabei sofort an „Ally McBeal“. Als ich Anfang 2002 las, das SAT.1 eine solche Fernsehserie plant, erwartete ich einen billigen Abklatsch der US-Serie oder sogar noch schlimmer: Eine 1:1-Kopie der Serie mit deutschen Schauspielern. Schließlich hat vor nicht all zu langer Zeit gerade SAT.1 den absurden Versuch unternommen, „Fawlty Towers“, ein der genialsten Comedy-Serien aller Zeiten mit dem unvergleichlichen John Cleese von den Monty Pythons von 1975, in einer Neuauflage mit absolut identischen Folgen mit Jochen Busse zu zeigen.

Aber aufgrund der Tatsache, das mit Christoph M. Ohrt einer meiner Lieblingsschauspieler in dieser neuen Serie, die den Titel „Edel & Starck“ trägt, eine Hauptrolle spielt, habe ich mir, trotz aller Bedenken den Pilotfilm angeschaut und bin dann an der Serie „hängengeblieben“.


Handlungsgrundstruktur:
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Felix Edel, Mitte 40, sehr von sich eingenommen und Anwalt mit einer eigenen Kanzlei in Berlin trifft auf die junge Anwältin Sandra Starck, Ende 20, als diese versucht, ihm einen Klienten abspenstig zu machen. Durch allerlei Verwicklungen in der Pilotfolge kommt es an deren Ende dazu, das Felix Edel mehr oder weniger widerwillig Sandra Starck als Partnerin in seiner Kanzlei aufnimmt.

Das es bei einer solchen Ausgangslage immer wieder zu Streitigkeiten kommt, ist zu erwarten. Als schlichtendes Element gibt es in der Kanzlei die Sekretärin Biene, die immer wieder zwischen den Beiden vermittelt und die Wogen glättet.

In jeder Folge bilden zwei bis drei Rechtsfälle, die in der Regel ohne Handlungszusammenhang mit vorherigen Folgen sind, die jeweilige Grundlage der Plänkeleien der beiden Anwälte.


Meinung:
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Und wie ich es geahnt habe: An allen Ecken dieser Serie erahnt man Ally McBeal. Angefangen an der jeweils passenden Musik-Untermalung, die u.a. auch den im Original häufig verwendeten Barry White gerne und häufig einsetzt (aber zu meiner Freude auch Van Morrison gerne verwendet), über die Personen-Konstellationen (die Anwältin wohnt z.B. mit einer Staatsanwältin in einer WG), bis hin zu Skurrilität einiger Fälle ist vieles sehr, sehr ähnlich.

Aber trotzdem haben es die deutschen Fernsehmacher geschafft, bei aller Ähnlichkeit und nicht zu leugnendem Vorbildcharakter, doch eine eigenständige Serie zu schaffen. Unter anderem wurde auf die neurotischen Wesenszüge der amerikanischen Titelfigur fast völlig verzichtet und die Anzahl der ständig wiederkehrende Charaktere reduziert. „Edel & Starck“ lebt viel mehr von dem Spannungsverhältnis der beiden Hauptpersonen.

Auf der eine Seite ein von sich selbst überzeugter, durchaus als chauvinistisch zu bezeichnender Anwalt, auf der anderen Seite eine junge Anwältin, die aber genügend Mumm hat, ihm Kontra zu geben. Diese Situation, gepaart mit amüsanten Fällen und schrägen Nebendarstellern, im Hintergrund natürlich immer gewürzt mit dem erotischen Kribbeln, das üblicherweise bei solchen Streitkonstellationen in Filmen oder Serien eingebaut wird, haben in der ersten Staffel zumindest meiner Meinung nach überzeugt. Gerade die Verbalduelle und das gegenseitige Belauern, Taxieren und Berechnen der beiden Hauptdarsteller hat mich so manches mal an die amerikanischen Screw-Ball-Komödien mit Paaren wie Spencer Tracy/Kathrin Hepburn oder Doris Day/Rock Hudson erinnert, auch wenn die natürlich dann doch in einer anderen Liga spielen. Aber der wesentliche Grund für diesen Vergleich ist die Tatsache, das die Gags zumeist auf Wortwitz, Schlagfertigkeit und erotischen Anspielungen beruhen und nicht, wie es gerade in vielen anderen deutschen Comedy-Serien üblich ist, auf „Brechstangen-Humor“ simpelster Strickart, Slapstick und ziemlich eindeutig zweideutigen Witzen unter der Gürtellinie.

Weiterhin positiv aufgefallen ist mir die Tatsache, das man nicht versucht hat, die ganze Serie als eine ununterbrochenen Folge von Gags aufzubauen. Den jeweiligen Fällen, die durchaus nicht alle skurril sind, sondern durchaus ernsthaft Alltagsprobleme wie Nachbarschaftsstreit behandelt oder auch durchaus aktuellen Thematiken wie z.B. der Frage, ob nach einer Trennung eines Paares eine Frau mit dem vorher aufbewahrten Sperma des Partners befruchtet werden darf, ansprechen, wird neben dem Spaßfaktor immer genügend Raum gegeben. Es mag dabei nichts hoch-geistiges entstehen, aber eine kleine Prise Nachdenklichkeit ist doch manchmal dabei. Das auch dies durchaus als Kopie der US-Serie aufgefasst werden kann, sehe ich sehr positiv, da dieser Faktor sonst in deutschen Comedy-Serien fast nie vorkommt.

Nicht verschweigen sollte man vielleicht, das nicht nur Ally bei dieser Serie Pate gestanden hat, sondern es durchaus auch schon eine deutsche Serie gab, die mit der Juristerei als Thema und einer gesunden Prise Humor als Beigabe, zu überzeugen wusste und von der ich auch einiges bei „Edel & Starck“ entdecken kann: Liebling Kreuzberg



Schauspieler:
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Christoph M. Ohrt, der den Felix Edel spielt, schätze ich schon seit seiner ersten Rolle in der ARD-Vorabendserie „Das Nest“ von 1988, die wahrscheinlich kaum jemand nioch kennt. Wobei ich ehrlich zugebe, das ich ihn gar nicht so sehr wegen seiner schauspielerischen Wandelbarkeit schätze. Vielmehr habe ich manchmal das Gefühl, das er in all seinen Rollen immer den gleichen Typ verkörpert. Sei es im genialen „Nur über meine Leiche“, in „Echte Kerle“ oder selbst, wenn auch nur ansatzweise, in den etwas schwächeren „Helicops“: Immer ist er der selbstbewusste, fast arrogante Frauenschwarm, der aber dann doch feststellen muss, dass er nicht ganz so toll ist, wie er von sich selbst denken. Und genau diesen Typus verkörpert er auch ausgezeichnet in dieser Serie.

Rebecca Immanuel, die Sandra Starck spielt, ist zwar nicht so bekannt wie ihr Gegenpart, aber lässt sich schauspielerisch keinesfalls unterkriegen. Gerade, weil beide Hauptdarsteller von der Präsenz mehr oder weniger ebenbürtig sind, überzeugt die Serie.

Auch die Nebenrollen, sei es die etwas esoterisch angehauchte Sekretärin Biene, der ständig in krumme Geschäfte verwickelte Kumpel Otto Özdemir oder immer wieder auftauchenden Personen wie Richtern, Staatsanwälten oder Freunden, sind liebevoll ausgestaltet und gut besetzt, teilweise mit bekannten Schauspielern wie z.B. Doris Kunstmann.


Fazit:
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Trotz der eindeutigen Absicht, vom Erfolg von Ally McBeal zu profitieren, ist es gelungen eine amüsante und genügend eigenständige deutsche Anwaltsserie zu schaffen, die mir sehr gut gefällt.

27 Bewertungen, 1 Kommentar

  • Jakini

    23.05.2002, 14:01 Uhr von Jakini
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich finde, mit Ally McBeal hat das nur wenig zu tun, denn die ist ja offensichtlich auf der Suche nach dem Richtigen und in dieser Serien scheint es doch heftig zwischen den beiden zu knistern, nur will es keiner von beiden wahr haben. Einzigst der Anfang,