Das Lächeln der Fortuna (Taschenbuch) / Rebecca Gablé Testbericht

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Erfahrungsbericht von nebelkraehe
Das Rad der Fortuna dreht sich unablässig
Pro:
ergreifend, spannend bis in die letzte Seite, lehrreich
Kontra:
nur Kleinigkeiten
Empfehlung:
Ja
Wieder einmal ein Fundstück aus dem Keller, von meiner Mutter. Ich bin so froh, das meine Mutter und ich in etwa den gleichen Lesegeschmack hatten. Nachdem irischen Krimi „Die Tote im Klosterbrunnen“ wollte ich mal wieder richtig ins pure Mittelalter voller Ritter und Schlachten tauchen. Interessant fand ich das Buch übrigens auch, weil es im Hundertjährigen Krieg spielt – bisher hatte ich darüber nur aus französischer Sicht gelesen („Das Mädchen Jeanne d’Arc“) und war interessiert, wie das wohl aus englischer Sicht klingen mochte.
Als ich das Buch neugierig durchblätterte, schreckte ich ein bisschen zurück. Ich habe eine zwar eine andere Ausgabe von dem Buch (mit einem schönen Ritterbild vorne) als hier angegeben, doch das ist ca. 6 ½ cm dick, besitzt hauchdünne Blätter und eine recht kleine Schrift. Aber das stört mich nicht, ich sehe es als Herausforderung an, und außerdem kommt man bei dicken Büchern nicht so schnell ans Ende – ein langes Lesevergnügen. Wer nicht auf dicke Wälzer steht, muss hier nicht weiterlesen, denn dann ist das Buch nichts für ihn.
Insgesamt habe ich für die 1200 Seiten etwa eine Woche gebraucht. Tja, durch die Ferien hat man viel Zeit zum Lesen ;).
Der Inhalt
Das Buch umfasst die fünfzigjährige Lebensgeschichte von Robin, dem Sohn des Earl of Waringham. Er verliert zunächst alles, aber bekommt später mehr, als er erwartet hatte.
England, 1360: Der zwölfjährige Robert, genannt Robin, reißt nach dem Tod von seinem Vater, dem ehemaligen Earl of Waringham, aus der verhassten Klosterschule aus und lässt dabei seine Freunde Lionel und Oswin zurück, die aber später noch einmal im Buch auftauchen werden.
Robins Vater wurde im hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich als Hochverräter angeklagt, doch bevor man ihn hinrichten konnte, erhängte er sich in seiner Zelle. Der König sah den Selbstmord als Eingeständnis des Hochverrates an und folglich verlor der rechtmäßige Erbe von Waringham, Robin, das Land und den Titel. Seine ganze Familie ist tot, nur noch seine Schwester Agnes lebt in einem Kloster.
Robin kehrt nach Waringham zurück und wird wegen seinem erstaunlichen Talent im Umgang mit Pferden von dem gutmütigen Conrad aufgenommen und arbeitet nun als Stallknecht. Er findet neue Freunde, zum Beispiel Isaac, doch er macht sich auch Feinde, zum Beispiel der aggressive Vorarbeiter Stephen, der Robins Vater gehasst hatte und nun auch dem Sohn die Hölle heiß macht.
Bald zieht der neue Earl of Waringham mit seiner Familie, der Lady Matilda und ihrem heimtückischen Sohn Mortimer, auf die Burg. Der Earl, Geoffrey, ist zu Robin recht freundlich und erzählt im auch die Wahrheit über das Schicksal seines Vaters: Er fiel einer hinterlistigen Intrige des Schwarzen Prinzens zum Opfer und wurde so zu Unrecht zum Hochverrat verurteilt. Er erhängte sich außerdem nicht selber in der Zelle, jemand „half“ im dabei.
Mortimer, der Sohn, ist allerdings ganz anders: Er ist grausam, machthungrig, heimtückisch und schikaniert Robin und seine Freunde, wo er nur kann. So kommt es, das sie sich mehr hassen als alles andere auf der Welt.
Als Maria, die Frau von Conrad, in den Wehen liegt, trifft Robins Schwester Agnes ein. Agnes gelingt es, die Frau und das Kind zu retten, und lebt fortan als Hebamme und Heilerin in Waringham.
Im Sommer 1366 besucht Mortimers Cousine, Alice Perrers, die Burg und sofort verliebt Robin sich in das schöne Mädchen. Mit 15 Jahren treffen sie sich bereits regelmäßig in einem abgelegenen Platz im Wald. Doch Alice muss bald zurückkehren, da sie eine Hofdame der Königin ist – doch Robin erfährt später, das dies nicht die ganze Wahrheit ist und in Wirklichkeit sie wegen einem anderen Mann zurückkehrt.
Schließlich stirbt Geoffrey und ganz Waringham zittert vor Mortimer, der die Nachfolge antreten wird und jeder weiß, dass Mortimer mit Grausamkeit regieren wird. Robin und Agnes erben ein paar Schmuckstücke ihrer Mutter, ein Schwert und die Familienbibel.
Nach einem schweren Streit mit Stephen entschließt sich Robin wieder zu fliehen. Zusammen mit seinem treuen Freund Leofric, der taubstumm ist, allerdings Lippen lesen kann, flüchtet er Richtung Küste. Als sie rasten, begegnen sie gerade Mortimer, der dem Prinzen eine Nachricht überbringen muss. Nach einem heftigen Schwertkampf wird der Earl schwer verletzt und Robin gibt sich kurzerhand als Mortimer, dem Earl of Waringham, aus.
Er überbringt dem Schwarzen Prinz eine Nachricht, die Mortimer überbringen hätte sollen und genießt das Leben als Earl. Irgendwann fliegt seine Tarnung auf, doch er hat sich mächtige Freunde gemacht, die ihm helfen und so begibt er sich als Buße auf die Suche nach seinem Todfeind, den er in Dover abgesetzt hat und danach verschwunden ist.
Robin war ein enterbter Stallknecht, doch er erreicht mehr, als er zu Träumen zu wagte. An der Seite von dem Duke of Lancaster, dem mächtigsten Sohn des Königs, erlebt er Feldzüge, Triumphe und Intrigen. Er bekommt ein Lehen, eröffnet eine eigene Pferdezucht, heiratet die schöne Joanna und bekommt Kinder.
Doch das Rad der Fortuna dreht sich, und so kommt es, das ein unfähiger König auf den Thron von England sitzt und Robins Feind, Mortimer, ein Freund des Königs, macht ihm das Leben schwer. Doch Seite an Seite mit dem Duke of Lancaster, seiner Familie und Freunden gelingt es ihm immer, aus jeder so misslich scheinenden Lage zu entkommen.
Die Autorin
Rebecca Gablé studierte Literaturwissenschaft, Sprachgeschichte und Mediävistik, anschließend war sie in Düsseldort Dozentin für mittelalterliche englische Literatur. Heute lebt sie in einer kleinen Stadt im Niederrhein und arbeitet als freie Autorin und Übersetzerin.
Die Personen
In dem Buch tauchen viele Personen auf, wodurch man schnell den Überblick verlieren kann, doch dank der Aufstellung der wichtigsten Figuren am Anfang des Buches hat man eine gute Übersicht.
Robert Fitz-Gervais & seine Familie
Robert, genannt Robin, ist der Sohn von dem Earl of Waringham, welcher allerdings als Hochverräter angeklagt wurde. Er ist, wie es sich für die Hauptperson in einem Buch gehört, tapfer, mutig, klug, liebevoll, pferdeverückt, verständnisvoll, ehrlich, gerecht und etwas einfältig, und für Lancaster „das Gewissen“. Auch als er selber Earl von einem beachtlichen Lehen wird, vergisst ihr nie das Leben als Stallknecht und ist immer freundlich zu den Bauern und setzt sich auch für diese ein. Er ist immer an der Seite von dem Duke of Lancaster, später auch von dem Sohn Henry, und kommt wegen der Treue zu Lacanster den Tod öfters ganz nahe.
Seine erste Frau, die schöne Joanna, wurde gezwungen, Robin zu heiraten und weigert sich zunächst mit ihm das Bett zu teilen, seine spätere, zweite Frau ist mit einer Person verheiratet, die Robin gar nicht mag.
Eine Rolle im Buch spielen eigentlich nur drei seiner Kinder, und zwar Anne, die ihrer Tante Agnes gleicht und auch die adlige Gemeinschaft meidet, Edward, ein später angesehener und zugleich sehr frommer Ritter und Raymond, der sich gleich dreimal eingesperrt in einem Kerker einfinden muss.
Mortimer & seine Familie
So gut wie jedes Buch hat einen Bösewicht, hier ist es Mortimer. Er ist grausam, unbarmherzig, machthungrig und ihm ist jedes Mittel recht, um seinen Widersachern den Gar auszumachen. Er beeinflusst König Richard, wodurch Robin sogar als Hochverräter angeklagt wird und mit seinem Sohn in den Kerker muss.
Mortimer heiratet nach dem Tod seiner ersten Frau die schöne Lady Blanche und bekommt einen Sohn, den er auch Mortimer nennt.
Agnes
Agnes ist Robins Schwester und spielt zwischendurch mal eine größere, mal eine kleinere Rolle. Sie ist die „gute Seele“ von Waringham und besitzt ein beachtliches Wissen über Kräuter und Heilkunst. Sie ist ein wenig rebellisch und liebt ihr einfaches Leben, in adligen Kreisen fühlt sie sich unwohl. Agnes ist die einzige, die Mortimer versteht und verspricht seiner totkranken Mutter, auf den Todfeind ihres Bruders aufzupassen, obwohl sie von ihm vergewaltigt wurde. Später heiratet sie einen Freund von Robin.
Isaac
Isaac, der Bastard. Er ist der Sohn einer Küchenmagd aus dem Hause Waringham und da er seinen Vater nicht kennt ist er womöglich der Halbbruder von Robin und Agnes, in die er auch lange Zeit verliebt ist. Er besitzt überhaupt keinen Ehrgeiz, teilt Robins Vorliebe für Pferde und bringt mit seiner Art in das Buch viel Humor.
John of Gaunt, Duke of Lancaster & seine Familie
Lancaster ist der mächtigste Sohn des Königs, allerdings nicht sein Thronfolger. Er greift auch nie nach der englischen Krone, er möchte nur das beste für England. Er ist ein sehr guter Freund von Robin, obwohl die beiden sich in einigen Sachen nie einig werden. Oft genug hat Lancaster seine Macht oder seinen Reichtum ausgenutzt, um Robin oder seine Freunde zu helfen.
Der Sohn von Lancaster, Henry, ist ein Musterkind, der allerdings ein paar Selbstzweifel hat. Er ist eng befreundet mit Robins Kindern und kommt später zu ungeahnter Macht. Henry hat übrigens auch einen Sohn, Henry.
Meine Meinung
Ich habe das Buch förmlich verschlungen. Ob es an den Sommerferien und der damit verbundenen Langeweile oder an dem Buch lag, weiß ich nicht genau.
Auf jeden Fall ist der Roman großartig. Man erfährt nebenbei viel über die Geschichte und die historischen Persönlichkeiten Englands. Robin stürzt sich unablässig von der einen Schwierigkeit in die anderen, so landet er z.B. am Galgen, wird bei einem Aufstand halb tot geprügelt oder zusammen mit seinem Sohn in einen Kerker eingesperrt, wo man die Beiden verhungern lassen will. Stets zur Seite sind im seine Freunde, ob adlige Ritter oder einfache Bauernleute.
Der Autorin gelingt es den Leser bis ans Ende des Ritterepos zu fesseln, der Schreibstil ist einfach und so kann man das Buch problemlos lesen. Das einzige, was ich zu beklagen habe, ist, dass das Buch durchaus spannender hätte sein können und – wie es nun mal bei einem solchen Buch ist – es manche Stellen gibt, die langweiliger sind als die anderen.
Was ich hier noch kurz anmerken möchte: Die Autorin vermischt in dem Buch historische Persönlichkeiten wie Lancaster, Alice Perres, die Könige und Geoffrey Chaucer mit erfundenen Personen wie Robin oder Mortimer. Am Anfang, wo die wichtigsten Figuren aufgelistet sind, ist markiert, ob es sich ob eine historische Persönlichkeit handelt oder nicht.
Wer sich eine eigene Meinung über das gigantische Buch machen möchte, muss es selber lesen. Ich empfehle es jedem, der sich für Ritter, England oder das Mittelalter interessiert.
Mich hat das Buch überzeugt, ich konnte es bis zur letzten Seite nicht weglegen. Es hätten ruhig 1200 Seiten mehr sein können.
Tschau, eure nebelkraehe,
die sich durch 1200 geschlagen hat.
57 Bewertungen, 12 Kommentare
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10.03.2011, 12:21 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreichLiebe Grüße Edith und Claus
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29.05.2010, 10:45 Uhr von XXLALF
Bewertung: sehr hilfreichund ein wunderschönes wochenende
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07.05.2010, 00:54 Uhr von misscindy
Bewertung: sehr hilfreichEin sehr schöner Bericht, lg Sylvia
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06.05.2010, 22:34 Uhr von fantagirlie
Bewertung: sehr hilfreichIch wünsche Dir auch heute wieder eine sonnige Restwoche und einen nicht so stressiges Donnerstag. Danke im übrigen, für deine letzten Gegenlesungen - hat mich sehr gefreut
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21.01.2007, 13:39 Uhr von hjid55
Bewertung: sehr hilfreichsh & lg sarah
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25.10.2006, 23:52 Uhr von Gozo-Bernie
Bewertung: sehr hilfreichJetzt hab ich schon zum dritten Mal in deinem Profil auf das Geburtsdatum geschaut!
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06.05.2006, 22:33 Uhr von schnekuesschen
Bewertung: sehr hilfreichKlasse Bericht....LG Sandy :-))))
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06.05.2006, 22:30 Uhr von Mogry1987
Bewertung: sehr hilfreichSehr hilfreich =)
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02.05.2006, 00:21 Uhr von morla
Bewertung: sehr hilfreichsehr hilfreich
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07.04.2006, 21:11 Uhr von Venezianerin_2005
Bewertung: sehr hilfreichKlasse <br/>SH + LG <br/>Ina :-))
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25.03.2006, 22:47 Uhr von kakaue
Bewertung: sehr hilfreichsh lg chris
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18.03.2006, 13:09 Uhr von Ilka123
Bewertung: sehr hilfreichlg, Ilka123 <br/>:-))
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