Halle Testbericht

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Erfahrungsbericht von SabineG1959

An der Saale hellem Strande ...

Pro:

schöne und interessante Stadt mit liebenswerten Einwohnern, angemesssene Preise ... :)

Kontra:

zur Zeit eine einzige Baustelle, Straßenbahnfahren ist ein Abenteuer für sich ...

Empfehlung:

Ja

... stehen Burgen stolz und kühn ... außerdem gibt es viele schöne Städte dort wie z.B. Schwarzenbachm Hof, Halle, Naumburg ...

Wie gehabt komme ich also wieder am Hauptbahnhof in Halle an. Der Bahnhof ist sehr schön geworden. Es gibt einen langen Gang zu einem Nebenausgang, wo man schräg gegenüber gleich die Post findet.

Der Haupteingang befindet sich an der modernen Bahnhofshalle, in der sich auch einige Geschäfte und Einkehrmöglichkeiten befinden, u.a. Lebensmittel, Eis, Ansichtskarten gibt es zu kaufen. In beiden Richtungen geht es zu den Gleisen, die sich praktisch V-förmig in Halle aus verschiedenen Richtungen treffen, wobei die Bahnhofshalle sich praktisch zwischen den Schenkeln des V befindet.

Wenn man den Bahnhof verlässt, egal durch welchen der beiden Ausgänge, steht man auf einer riesigen Baustelle. Irgendwie scheint der ganze Osten eine einzige Baustelle zu sein … andererseits hat nicht nur Dresden – ich erwähnte es in einem meiner letzten Berichte – im Jahre 2006 Jubiläum (800jähriges), sondern auch Halle das 1.200jährige, und so geben sich zumindest diese beiden Städte große Mühe, nächstes Jahr auch wirklich schön zu sein …

Wie gesagt: nach Verlassen des Bahnhofs muss man auf dem Weg zur Innenstadt durch eine riesige Baustelle, durch die aber gut geführt wird. Der Weg ist „malerisch“ - *g* - an der Decke eines überdachten oder unterirdischen Teils hängen noch abgerissene Lampen und Kabel, man kann an der Seite nach unten gucken und erkennen, wie dort eine U- oder Straßenbahntrasse gebaut wird – jedenfalls vor ein paar Wochen noch. Baustellen haben es ja so an sich, dass sie laufend die Gegend verändern, und alles nach ein paar Tagen wieder ganz anders aussieht. Ich war jedenfalls nur ein paar Stunden in Halle.

Wenn man es denn geschafft hat und in der Fußgängerzone ankommt, wird man belohnt von einer schönen Kulisse mit vielen alten Häusern, in denen im Erdgeschoss günstige Geschäfte ohne Ende sind, ein wahres Einkaufsparadies für Schnäppchenjäger!

Die erste Sehenswürdigkeit, auf die man trifft, ist ein Turm, der wie ein Burgturm oder ähnliches aussieht. Wie ich im Laufe des Tages erfuhr, ist dies der Leipziger Turm, der noch zur alten Stadtmauer gehört. Er steht nur noch deshalb dort, weil den Stadtvätern beim Abriss der Stadtmauer am Ende das Geld für den Abriss des letzten Turmes ausging.

Wie so viele andere Stadtmauern wurde auch diese im 19.(?) Jahrhundert abgerissen und an der Stelle der alten Mauer eine Ringstraße angelegt.

Türme und Tore etc. waren ursprünglich benannt nach den Orten, zu denen sie führten bzw. auf die sie hinwiesen.

Nach dem Überqueren der Straße, die also Teil des Rings ist, und einem Stückchen Fußgängerzone landet man dann endlich im Zentrum auf dem Marktplatz, der ebenfalls eine einzige Baustelle ist.

Ein paar Schritte nach links befindet sich die Touristeninformation, wo man einen 90-minütigen Stadtrundgang buchen kann. Dieser kostet 4,50 Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Nachdem das gleiche Vergnügen in Dresden, von wo aus ich nach Halle gefahren bin, für 12 Euro ohne jedwede Ermäßigung zu haben ist, schlug ich also sofort zu und vertrieb mir die Teit bis zum Beginn des Rundgangs nebenan bei Tchibo mit Kartenschreiben und einer Tasse Kaffee – wie üblich – am Stehtisch, von dem man einen Blick sowohl auf die Touristinfo als auch auf das Händeldenkmal und die Marktkirche hat – und die Geschäfte, Rathaus, Straßenbahn, Baustelle etc. ….

Die Touristeninformation befindet sich in einem Kaufhaus aus den 20er Jahren. Von außen ist es ein ziemlich hässliches, zweckdienliches Gebäude mit langweiliger Fassade und großen Fenstern. Aber wenn man zur Türe herein kommt, dann verschlägt es einem fast den Atem: so ein schönes Interieur! Es sieht edel aus, es gibt eine große Freitreppe und eine riesige Halle, wo sich heute Prospekte etc. befinden mit Veranstaltungshinweisen usw.

Um 14.00 Uhr ging’s dann los: am Händeldenkmal vorbei zur Kirche. Diese Kirche ist ein Unikum oder Unikat – passt beides. Sie hat vier Türme, die stilistisch irgendwie nicht zusammen passen. Das rührt daher, dass an dieser Stelle ursprünglich zwei Kirchen hintereinander standen, die im Zuge der Reformation bis auf die Türme abgerissen und dann als eine einzige Kirche wieder aufgebaut worden sind, wobei die Türme auch noch ein Stück höher gebaut worden sind, was man auch an den verschiedenen Farben, Strukturen, Steinen der aufgesetzten Teile gut erkennen kann.

Das Besondere einer protestantischen Kirche ist, dass ihr der Chor fehlt – was ich vorher auch noch nicht wusste.

Man kann die Türme der Kirche besteigen und die Kirche von innen besichtigen, wenn man den Weg zum Eingang, der sich vom Händeldenkmal aus gesehen, auf der linken Seite befindet. Inder Kirche werden u.a. auch Ansichtskarten von der Kirche verkauft. Eine davon zeigt einen alten Kupferstich mit den beiden ursprünglichen Kirchen und dem Campanile davor, das auch heute noch dort steht.

Ein Campanile ist ein frei stehender Glockenturm, der also nie zu einer der beiden Kirchen als Anbau gehörte. Die Idee dazu stammte aus Italien und hatte ein Italienreisender von dort mitgebracht.

Unsere Stadtführerin schilderte uns die Einwohner von Halle als ein aufmüpfiges Volk, das ständig im Clinch lag mit dem Bischofssitz in Magdeburg und sich von dort bevormundet fühlte. Eine gute Gelegenheit, diese Bevormundung loszuwerden, war eben die absage an den katholischen Glauben und das Bekenntnis zu Marti Luthers Reformation. Aber wie das Schicksal so spielt: nun gehören beide Städte zu Sachsen-Anhalt, und Magdeburg ist schon wieder die Hauptstadt …

Der Name Halle hat mit Hall=Salz zu tun, erlangte also Reichtum durch Salzgewinnung und –verkauf. Diejenigen, die das Salz gewannen, heißen Halloren. Zu diesen gibt es auch viele Sagen und Geschichten, was aber hier zu weit führen würde. Es gibt eine ehemalige Saline mit einem Museum am anderen Saaleufer, wo ich aber nicht gewesen bin.

Von der Marktkirche aus ist es nicht weit zum Händelhaus, also dem Haus, in dem Händel seine Kindheit und Jugend verbracht hat. Georg Friedrich Händel lebte von 1685 bis 1759 und war ein großer Komponist der Barockzeit. Er lernte das Orgelspiel in der Marktkirche und landete nach Anstellungen in Hamburg und Hannover in London, wo er seine großen Opern und Oratorien komponierte und dort in der Westminster Abbey auf eigenen Wunsch beerdigt wurde. Von ihm ist z.B. der berühmte „Messias“ mit dem noch berühmteren „Halleluja“.

Nach der Stadtführung nahm ich mir die Zeit, das Händel-Haus in Ruhe zu besichtigen. Es gibt dort verschiedene Ausstellungen und eine feste Ausstellung über sein Leben und Werk. Die Räume sind ausgestattet mit Bildern, Noten, Briefen etc aus dem Leben Händels und seines Umfeldes. An den Wänden hängen jeweils große Tafeln mit Erläuterungen, und man wird in chronologischer Reihenfolge unfehlbar durch die Räume geleitet. Es gibt einen Führer mit diesen neumodischen Telefonen, was ich aber nicht genutzt habe und deshalb auch nicht sagen kann, was das kostet. Der Eintritt ist ansonsten kostenlos.

Öffnungszeiten:

täglich 9.30 - 17.30 Uhr
Donnerstags 9.30 - 19.00 Uhr

Adresse: Große Nikolai Str. 5, 06108 Halle/Saale

Weitere Informationen gibt es unter http://www.haendelhaus.de


Weiter ging es Richtung Saale. Die Saale ist in Halle kein einfacher Fluss, der durch die Stadt fließt, sie ist hier weit verzweigt und hat viele Inseln. An einem schmalen Seitenarm der Saale stehen die neue Residenz, der Dom und die Moritzburg gleich nebeneinander fast am Ufer.

Auf dem Weg dorthin kamen wir an einem wunderschön bemalten Haus vorbei, über das ich im Internet so schnell keine näheren Informationen finden konnte. Leider habe ich ein schlechtes Namensgedächtnis und weiß den Namen des bekannten Künstlers aus Halle nicht mehr, der dieses Haus immer wieder neu gestaltet. Er malt falsche Fenster mit Szenen aus der Stadtgeschichte, falsche Erker etc. Das Haus war früher ein Puff, schon zu geschichtlichen Zeiten. Und hier fanden denn auch die Dramen statt, die dort dargestellt werden, dass eine von vielen vornehmen Herren begehrte Dame des horizontalen Gewerbes sich nicht für den dicken und eher hässlichen Kirchenfürsten sondern für einen gut aussehenden und wohl ebenso reichen Kaufmann entschieden hatte, was sie am Ende – wenn ich mich recht erinnere – mit dem Leben bezahlt hat. (Sorry: eine ähnliche Geschichte gibt es in Dresden, und da landete die junge Dame in einem Gefängnisturm, den sie auch nach ihrer Begnadigung nicht mehr verlassen wollte …) Irgendwie war das alles ziemlich viel, was in den letzten Wochen und Monaten so auf mich eingestürzt ist, und ich habe mir leider keine Stichpunkte gemacht, damit ich Euch alles wirklich bis ins kleinste Detail richtig wieder gebe.

Das komplizierteste kommt aber noch: die Verbindungen ins erzbischöfliche Magdeburg …

Die eben erwähnte neue Residenz wurde 1531 von Kardinal Albrecht erbaut. Schon 1520 gründete er als „Bollwerk“ gegen Luthers Reformation eine katholische Universität in Halle, das Neue Stift.

Der Dom neben der Residenz ist in Wirklichkeit kein Dom. Sein Name rührt daher, dass er ursprünglich zu einem Dominikanerkloster gegenüber gehörte, also die Abkürzung von Dominikanerkirche ist. Kardinal Albrecht störte sich wenig an den Besitzverhältnissen, vertrieb die Dominikaner, „kassierte“ den Dom für sich und seine Residenz ein. Da der alte Dom aus dem Jahre 1271 nicht seinen Vorstellungen von Pracht und Schönheit entsprach, ließ er die kleinen Dachgiebelchen ans Dach anbauen. Noch eine Besonderheit: dieser Dom hat keinen Turm.

Den Dom konnte ich leider nicht von innen ansehen, da dieser erst einen Tag später anlässlich der jährlich stattfindenden Händel-Festspiele zu betreten war.

Noch ein paar Schritte weiter den Berg hinauf steht also die bereits erwähnte Moritzburg, die im 15. Jahrhundert erbaut wurde und von 1514 bis 1541 von Kardinal Albrecht als Wohnung genutzt wurde. Ein weiterer berühmter Bewohner war Lionel Feyninger, der dort seine Halle-Bilder schuf.

Noch vor dem Kardinal lebte dort ein Wettinerkönig oder –fürst, der sehr viel angst vor seinen Untertanen in Halle hatte und sich dort regelrecht in der Burg/dem Schlösschen verbarrikadierte, wodurch er sich erst recht den Unmut der halleschen Bevölkerung zuzog. Von Kardinal Albrecht soll dann die vorsichtige Öffnung der Burg in Richtung sein Volk erfolgt sein und die Brücke über den Wassergraben in Richtung Stadt gebaut worden sein.

Zu Kardinal Albrecht wäre noch zu sagen, dass der Vater Georg Friedrich Händels sein Leibarzt war und das Haus, in dem später sein berühmter Sohn geboren wurde, extra dort gekauft hat, wo er es nicht weit bis zu seinem Patienten hatte.

Heute wird das Gebäude der Moritzburg für verschiedene Museen und Ausstellungen genutzt. Und wenn ich es richtig in Erinnerung habe, befindet sich innerhalb der Burgmauern hier die kleine Kapelle, die Maria Magdalena gewidmet ist. Dort habe mich eine Weile hin gesetzt. Im ersten Augenblick war es stockdunkel, aber als meine Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, sah ich eine schöne kleine Kirche, in der jemand Orgel übte, die einen sehr schönen Klang hat.

Die Stadtführung lotste uns noch zur Universität von Halle, wo es auch ein archäologisches Museum gibt. Auf dem Platz vor dem Hauptgebäude der Universität gibt es ijm boden eine Galerie von großen Namen der Stadt, die abends beleuchtet wird, also es stehen dort in einer Linie die Namen auf dem Boden, keine Statuen oder so.

Da ich pünktlich wieder am Bahnhof sein musste, habe ich es nicht geschafft, mir noch viel mehr von der Stadt anzugucken, die mir sehr gut gefallen hat.

Auf dem Rückweg zum Marktplatz kam ich noch hinter der Marktkirche vorbei, wo es einen schönen Brunnen gibt, der auch die Verhältnisse oben erwähnter Dame zu den diversen hohen und erlauchten Herren zum Thema hat und allein deshalb schon sehenswert ist.

Des weiteren sei noch zu erwähnen, dass am Marktplatz früher ein altes und sehenswertes Rathaus stand, das leider im letzten Krieg zerstört worden ist. Dadurch kam dann ein Bau zur Geltung, der vorher im Hinterhof stand und die Erweiterung des zu klein gewordenen Rathauses war. Vor diesem Gebäude steht jetzt noch eine kleine Plastik des alten Rathauses. Da das Rathaus nicht mehr existiert, heißt dieses Gebäude nun Stadthaus.

Nun also zurück zum HBF. Es ist zu warm und auch viel zu spät, um den ganzen Weg zu Fuß zu gehen, und da der ganze Platz voller Straßenbahnhaltestellen ist, ist es ja logisch, mit der Bahn zum Zug zu fahren … Oje! Erstmal rausfinden, welche Bahn überhaupt zum Bahnhof fährt. Gesagt – getan – es stehen ja genug Leute da zum fragen,. Und wie schön! Die Bahn kommt auch gerade um die Ecke, enthält einen Fahrkartenautomaten – klasse! Aber dieser nimmt nur Geldkarte – und die habe ich nicht! Da ich nicht wegen Schwarzfahren erwischt werden will, springe ich die nächste Haltestelle gleich wieder raus, aber da gibt es gar nix zum Fahrkartenkaufen … Eine ältere Dame hat das alles mitbekommen und klärt mich nun auf, dass ich beim Fahrer einen Fahrschein erhalte, der dann aber statt 1,50 Euro 2,20 Euro kostet … immerhin besser als gar nix, und ich muss mich langsam beeilen …

An der Haltestelle steht ein Haus, in dem wohl Ringelnatz mal logiert hat. Den Spruch von ihm, der dort auf einer Tafel außen angeschlagen steht, habe ich leider vergessen, obwohl ich mich bemüht habe, ihn auswendig zu lernen … für Euch :)

Den Zug habe ich dann mit Ach und Krach erwischt!

Ich finde, dass Halle seinem schlechten Ruf als hässliche Stadt überhaupt nicht gerecht wird. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und viele schöne Ecken gesehen. Burg Giebichenstein wäre noch einen Besuch wert gewesen, aber die Burg liegt für die kurze Zeit, die ich zur Verfügung hatte, einfach zu weit außerhalb. Ich werde bestimmt noch einmal nach Halle fahren und dort eine Schiffstour auf der Saale machen.

Besonders gut gefallen hat mir die Art und Weise, wie die Stadtführerin die Bewohner von Halle dargestellt hat.

Die Innenstadt fand ich ein wenig überlaufen, die Preise – außer den Straßenbahnfahrerzuschlag bei der Fahrkarte – sehr erholsam nach dem Touristennepp in Dresden.

Alles in allem würde ich sagen: Halle ist eine Reise wert, und ein paar Tage sollte man sich schon Zeit nehmen, um alles Sehenswerte zu sehen.

Ich freue mich wieder auf Eure Kommentare und eventuellen Korrekturen bei den Dingen, die ich nicht mehr so 100% in Erinnerung hatte. Ich habe fast alles aus dem Kopf wieder erzählt und nur auf der Homepage von Halle (www.halle.de) einige Daten und genaue Namen nachgesehen.

Alles Liebe von Sabine :)


für ciao und yopi geschrieben

19 Bewertungen, 3 Kommentare

  • Baby1

    31.10.2005, 01:54 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Anita

  • DerPrinz

    07.07.2005, 16:43 Uhr von DerPrinz
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein toller Bericht über eine Stadt, die gelegentlich unterschätzt wird:-)

  • Travelwriter

    01.07.2005, 15:57 Uhr von Travelwriter
    Bewertung: sehr hilfreich

    Der Aufschlaf bei der Fahrkarte ist aber wirklich außergewöhnlich groß! lg Andreas