Heaven Testbericht
Erfahrungsbericht von suppengirl
Schuld und Sühne
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
Story
*****
Die Engländerin Philippa Paccard lebt und unterrichtet in Italien. Sie muss miterleben wie mehrere ihrer Schüler und schließlich auch ihr Mann an Drogen sterben. Philippa kennt den Dealer Marco Vendice, den sie für die Vorfälle verantwortlich macht. Nachdem die Polizei auf ihre zahlreichen Meldungen und Hinweise keinerlei Reaktion zeigt, nimmt sie die Sache selbst in die Hand: Sie deponiert eine Zeitbombe im Abfalleimer in Vendices Büro, lockt seine Sekretärin aus dem Gebäude und bekennt sich telefonisch bei der Polizei zu dem Anschlag, noch bevor die Bombe zündet. Trotz ihrer präzisen Planung scheitert ihr Versuch Gesetz zu spielen: Eine Putzfrau entleert den Abfall und besteigt damit einen Aufzug, in dem sich ein Vater mit seinen beiden kleinen Töchtern befindet. Als die Bombe explodiert stürzt der Aufzug in die Tiefe und reißt die vier unschuldigen Personen in den Tod.
Philippa lässt sich ohne Widerstand von der Polizei festnehmen. Als sie jedoch erfährt, dass nicht Vendice, sondern vier unschuldige Menschen ihrem Anschlag zum Opfer gefallen sind, erleidet sie einen Zusammenbruch. Sie will die Schuld auf sich nehmen und dafür büßen. Jedoch nicht bevor sie ihren eigentlichen Plan vollendet hat. Der junge Polizist Filippo, der bei den Verhören als Dolmetscher dient und sich in Philippa verliebt hat, verhilft ihr zu Flucht...
Darsteller
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Cate Blanchett ist den meisten derzeit wohl durch ihre Rolle als Elfe in „Der Herr der Ringe“ ein Begriff. Zuvor glänzte die wandlungsfähige Australierin schon in Filmen wie „Elizabeth“ oder „Banditen“.
Auch ohne entsprechendes Make Up und Kostüm wirkt sie in „Heaven“ für mich noch viel elfenhafter als in „Der Herr der Ringe“. Unglaublich zerbrechlich und doch zielstrebig und innerlich abgehärtet stellt sie die Frau überzeugend dar, die mit ihrem Leben schon vor dem Verbrechen abgeschlossen hat, da sie sich dazu entschieden hat, ihr eigenes Leben für das der zukünftigen Opfer des Dealers zu opfern.
Giovanni Ribisi – der trotz seines Namens kein Italiener ist – kannte ich persönlich bisher hauptsächlich in seiner Rolle als Phoebes nicht besonders hellen Bruder Frank in der Serie „Friends“. Ich war gespannt auf ihn, denn wie immer war es schwierig, sich jemanden, den man nur in komischen Rollen kennt, in einem Drama vorzustellen. Aber der junge Mann hat mich durchwegs überzeugt und nun kann ich ihn mir kaum noch in der „Friends“-Umgebung vorstellen.
Regie
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Tom Tykwer ist der vielversprechendste und mit erfolgreichste deutsche Regisseur der letzten Jahre. Sein Überraschungserfolg „Winterschläfer“, den ich damals eher zufällig im Kino gesehen habe, und „Lola rennt“, der auch in den USA großen Erfolg hatte (zumindest für einen ausländischen Film), gehören meines Erachtens zum Besten, was der deutsche Film hervorgebracht hat. Keine verkrampften Komödien, keine verschachtelten Kunstfilme, sondern mutige, innovative, künstlerische, aber doch unterhaltsame Filme sind sein Metier.
„Heaven“ ist sein erster internationaler Film nach einem Buch von Krzysztof Kieslowski (dem Regisseur der „Drei Farben“-Trilogie) und Krzysztof Piesiewicz. Produziert wurde der Film von Anthony Minghella, dem Regisseur von „Der englische Patient“.
Tykwer bleibt trotz Internationalität Gott sei Dank seiner Linie treu. Er hat nicht versucht – wie so viele viel versprechende deutsche Regisseure vor ihm – einen publikumswirksamen Massenreißer zu fabrizieren, sondern erzählt noch immer mit viel Liebe zum Detail und mit wenig Effekthascherei.
Umsetzung
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„Heaven“ bietet eine Geschichte, in der eigentlich nicht viel passiert. Der Handlungsstrang ist klar, es stellen sich kaum Fragen und so baut sich auch wenig von dem auf, was allgemein als „Spannung“ bekannt ist. Statt dessen widmet der Regisseur den beiden Hauptcharakteren viel Zeit.
Gesprochen wird in dem Film nicht viel, die Darsteller arbeiten und „erzählen“ mit Mimik und Gestik aber viel mehr, als es Worte tun könnten. Auch auf Filmmusik wurde weitgehend verzichtet, höchstens zaghafte Klavierklänge oder dezente Streicher sind von Zeit zu Zeit zu vernehmen.
Der erste und der zweite Teil des Films bieten eine Optik, die gegensätzlicher kaum sein könnte: Zuerst die beklemmende Enge der Großstadt und des Polizeigebäudes, dann – als die Beiden sich auf der Flucht befinden – wunderschöne Landschaftsaufnahmen. Beklemmend bleibt die Atmosphäre aber auch dann.
Fazit
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„Heaven“ ist ein Film, bei dem ich es niemandem verübeln würde, wenn er gähnend das Kino verließe, denn er bietet alles andere als spannende Unterhaltung. Ich persönlich aber liebe das „stille“ Kino – wenn ich dazu in der Stimmung bin. Nun, so ganz war das wohl heute nicht der Fall. Gegähnt habe ich nicht. Aber irgendwie war mir „Heaven“ trotzdem etwas zu still, zu ereignislos und schlicht zu lang. Mir war nie so ganz klar, auf welches Ziel das Handeln der Personen letztendlich hinauslaufen soll. Und eigentlich ist es mir noch immer nicht klar. Ich habe die Aufnahmen genossen und mit den Hauptdarstellern gefühlt. Aber... ich weiß auch nicht, mir ist selbst nicht ganz klar, warum ich nicht vollends begeistert bin. Vielleicht lag es wirklich nur daran, dass ich nicht in der richtigen Stimmung war.
Obwohl oder vielleicht gerade weil ich meine Kritik nicht fest machen und verbalisieren kann, möchte ich jedem, der von Kino mehr erwartet als Special Effects, Action und namhafte Hollywood-Größen, empfehlen, sich „Heaven“ anzusehen. Nicht zuletzt deshalb, weil der Film ein erneuter Beweis dafür ist, dass deutsche Regisseure in der Lage sind, große Filme zu drehen, wenn man sie nur lässt...
© Suppengirl, 26.03.2002
26 Bewertungen, 4 Kommentare
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03.07.2002, 08:51 Uhr von anonym
Bewertung: sehr hilfreich"Heaven" ist tatsächlich schwer zu verkraften, oder: nicht einfach zu verstehen, oder: man fragt sich, was es soll, oder: was passiert eigentlich zwischen den beiden, oder: ... Trotzdem hat mich der Film tief berührt, weil er meinem Gef
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06.04.2002, 23:12 Uhr von Ritzilein
Bewertung: sehr hilfreichOhh da sieht man mal wieder, dass es mit dem deutschen Film bergauf geht. Liebe Grüße, Bianca
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27.03.2002, 01:39 Uhr von zettikonfetti
Bewertung: sehr hilfreichAuch ein Filmfreak wie zettikonfetti hat se nicht alle gesehen und auch nicht alle sofort und auch nicht alle peu a peu...mal schauen...der zettikonfetti
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27.03.2002, 01:29 Uhr von Mummy
Bewertung: sehr hilfreichSo sollte eine Filmkritik sein! Weiter so!
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