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Erfahrungsbericht von NavySeall

Der Richtige Umgang Mit Aktien

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Vorwort

Bei der Investition in Unternehmen hängt der Erfolg des Investments von vielen Faktoren ab. So bringt das Investment in das solideste und profitabelste Unternehmen nichts, wenn man dafür einen zu hohen Preis bezahlt. Andererseits hat man nichts von der günstigsten Aktie, wenn das Unternehmen dahinter unwirtschaftlich ist.
Die Bewertung des Preises für ein Unternehmen, oder eine Aktie des Unternehmens ermittelt man, indem man ausbilanzierte und geschätzte Daten, etwa Gewinn, Buchwert, Gewinnwachstum, Umsatz etc. in Relation zur Marktkapitalisierung stellt. Kein Mensch erwartet von einem Kleinanleger eine umfassende Analyse zu einem Unternehmen zu erstellen, aber ich möchte euch hier einen Weg zeigen, wie ihr ein Unternehmen grob auf Herz und Nieren prüfen könnt.


Was brauche ich dafür


Möchtet ihr euer Geld in Aktien eines potentiellen Unternehmens investieren, so benötigt ihr für einen Überblick den Geschäftsbericht. Dazu geht ihr auf die Internetseite des Unternehmens, sucht den Punkt "Investor Relations" und ladet dort den aktuellsten Geschäftsbericht runter. Geschäftsberichte erscheinen ein paar Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres. Für die Firmen, deren Geschäftsjahr zum 31. Dezember enden, was bei den meisten der Fall ist, erscheinen die Berichte also etwa im März/April.
Bei großen Konsumunternehmen muss man mitunter erst ein bisschen nach der Investor Relations Abteilung suchen, immerhin wollen die meisten Aufrufer der Seite Infos zu den Produkten und keine langweiligen Finanzzahlen ;) In dem Fall findet ihr die entsprechende Seite meistens über einen kleinen Link unten oder oben.
Außerdem braucht ihr einen Taschenrechner.


Teil 1: Bilanzanalyse


Worauf teste ich das Unternehmen jetzt?

Um den "Gesundheitszustand" eines Unternehmens festzustellen, werden wir Kennzahlen errechnen. Die Kennzahlen, die wir errechnen werden, geben uns über 2 Dinge Auskunft: Erstens: Die finanzielle Stabilität. Hier erfahren wir, wir stabil die Finanzierungslage eines Unternehmens ist, also ob es vor Schulden fast zusammenbricht oder stabil auf eigenen Füßen steht. Hierzu ermitteln wir die Eigenkapitalquote und die rechnerische Entschuldungsdauer.Zweitens: Die Rentabilität / Rendite des Unternehmens. Eigentlich selbsterklärend. Je höher die Rentabilität eines Unternehmens ist, desto weniger Geld, muss für einen bestimmten Gewinn umgesetzt werden oder desto weniger Kapital muss man bilden, je nachdem woran wir die Rentabilität messen. Ist die Rentabilität eines Konkurrenzunternehmens zum Beispiel höher, kann es seine Preise senken und trotzdem noch profitabel bleiben während unser Unternehmen dann vielleicht in die Verlustzone rutscht und aus dem Markt gedrängt wird. In unserem Fall werden wir 2 Kennzahlen ermitteln: Die Gesamtkapitalrendite und die Umsatzrendite auf Basis des Cash-Flows


Puh, ziemlich kompliziert!


Wer sich das erste mal damit beschäftigt ist sicherlich etwas verwirrt, aber ich verspreche euch, es ist einfacher als man denkt, lasst euch von den Begriffen nicht abschrecken. Wer nicht bereit ist, sich damit auseinander zu setzen, der sollte auch nicht in Aktien investieren bzw. beschweren, wenn er es doch macht und auf die Schnauze fällt.


Wie kriegen wir die Zahlen jetzt raus?


Wir ermitteln die Kennziffern, indem wir ein paar Zahlen aus dem Geschäftsbericht nehmen und sie in Relation zueinander setzen. Damit das nicht zu viel mühe macht, können wir sie in vorgegebene Felder auf der Internetseite von Professor Kralicek eingeben, einem Unternehmensberater, der diese Berechnungen extra für unerfahrene Anleger aufgebaut hat. Dazu gehen wir auf die Seite

http://www.kralicek.at/index.php?gr=-301

Man kann alles natürlich auch ohne die Seite ausrechnen, die Formeln sind dort angegeben. Aber so ist es für den Anfang erst einmal so simpel wie möglich gehalten.
Wie wir sehen sollen wir 8 Zahlen eingeben.


Wo kriegen wir die Zahlen her?


Wir öffnen den Geschäftsbericht und suchen uns den Finanzabschluss raus. Dieser Befindet sich immer im hinteren Teil des Geschäftsberichtes und ist meist mit einer anderen Hintergrundfarbe schattiert. Hier werfen wir zunächst einen Blick in die Bilanz. Die erste Kennzahl, die wir brauchen sind die flüssigen Mittel. Diese finden wir in der Aktiva unter "kurzfristige Vermögenswerte". Die flüssigen Mittel können auch "Zahlungsmittel" "Barmittel" "Kassenposition" und ähnlich heißen. Wir tragen diesen Wert dann auf die Seite ein. Der nächste Punkt auf der Seite von Prof. Kralicek heißt "Vorräte" Diesen Punkt können wir überspringen, er ist nicht weiter relevant. Wir tragen trotzdem eine 0 ein, damit die Seite nicht meckert, dass wir etwas vergessen hätten.
Nun sollen wir das Eigenkapital eintragen. Dazu gehen wir in die Passiva der Bilanz und suchen es uns heraus. Das Eigenkapital ergibt zusammen mit kurzfristigen Verbindlichkeiten und langfristigen Verbindlichkeiten die Bilanzsumme.
Nach dem Eigenkapital will die Seite von uns das Fremdkapital, dazu subtrahieren wir einfach von der Bilanzsumme, ganz unten das Eigenkapital. Wir können auch wahlweise die langfristigen Verbindlichkeiten mit den kurzfristigen addieren, es kommt das selbe raus.

Nun sollen wir die Betriebsleistung angeben. Dazu müssen wir in die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Die befindet sich direkt bei der Bilanz, entweder davor oder danach. Ganz oben befinden sich die Umsatzerlöse. Wir gehen hier mal von Umsatz = Betriebsleistung aus, es gibt kleine Unterschiede, doch die sollen nicht Gegenstand dieser Übersicht sein. Den Umsatz schreiben wir also in das entsprechende Kästchen auf der Seite.
Jetzt kommen die Fremdkapitalzinsen dran. Diese Position ist recht vernachlässigbar. Man findet sie in der Gewinn und Verlustrechnung vor dem "Ergebnis gewöhnlicher Geschäftstätigkeit". In manchen Finanzabschlüssen sind sie ausgewiesen, in manchen muss man sie sich aus dem Anhang suchen, weil nur das komplette Finanzergebnis ausgewiesen wird. Wenn ihr sie nicht findet - nicht schlimm, einfach eine null eintragen.
Jetzt fehlt noch der Cash-Flow und das Ergebnis gewöhnlicher Geschäftstätigkeit.
Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Abkürzung EGT) ist der Gewinn vor Steuern des Unternehmens. Den findet ihr recht weit unten in der Gewinn- und Verlustrechnung. Jetzt brauchen wir noch den Cash-Flow. Dazu nehmen wir das EGT, das wir gerade eingetippt haben und addieren die Abschreibungen hinzu. Die Abschreibungen sind entweder weiter oben in der Gewinn- und Verlustrechnung, und/oder in der Konzernkapitalflussrechnung, die sich im Geschäftsbericht nach der Bilanz und der GuV befindet.
Nun sollten wir alle Zahlen für einen groben Überblick beisammen haben und drücken auf weiter. Die Seite spuckt uns jetzt 4 Kennziffern aus und bewertet sie nach einem Schulnotensystem:

-----Eigenkapitalquote
Die Eigenkapitalquote gibt Auskunft darüber, wie hoch das Unternehmen verschuldet ist. Hier genügt nach dem Schulnotensystem von Prof. Kralicek eine Eigenkapitalanteil von 30 % am Gesamtkapital für eine 1. Eine Firma, die nur 10 % Eigenkapital hat kann natürlich auch profitabel arbeiten, doch sollte die Rendite, mit der sie das Kapital anlegt unter dem Zinssatz fallen, den die für das Geld bezahlt (negativer Leverage-Effekt genannt) bricht sie darunter schneller zusammen als eine Firma mit gesunder Eigenkapitalbasis von über 30 %.

-----Schuldentilgungsdauer in Jahren
Dies ist eine rein theoretische Zahl und wird deswegen auch rechnerische Entschuldungsdauer genannt. Sie gibt Auskunft darüber, wie lange es hypothetisch dauern würde, die Schulden des Unternehmens mit den Geldmitteln zu begleichen, die dem Unternehmen pro Jahr zufließen (Cash-Flow) Für unter 3 Jahre wird dem Unternehmen eine 1 gegeben, danach staffelweise schlechtere Noten.

-----Gesamtkapitalrentabilität
Die erste Rentabilitätskennzahl. Hier erfahren wird wie profitabel das Unternehmen arbeitet. Konkreter: Wie viel € verdient das Unternehmen vor Steuern, pro 100 € die es zur Verfügung hat (Eigen- und Fremdkapital). Für einen Wert von 15 % gibt es eine 1.

-----Cash-Flow in % der Betriebsleistung
Ebenfalls eine Rentabilitätskennzahl die darüber informiert, wie profitabel das Unternehmen ist. Hier erfahren wir, wie viel € das Unternehmen vor Steuern verdient (ohne davon etwas für Abschreibungen auszugeben) für jede 100 € die es umsetzt. Für mehr als 10 % verteilt die Rechnung ein "sehr gut".

Aus den Einzelnoten wird nun der Durchschnitt gebildet um eine Gesamtbenotung des Unternehmens zu erhalten.


Wichtige Anmerkungen


Das System ist nur eine grobe Übersicht für Leute, die sich nicht so gut in der Materie auskennen. Es ist auf Sicherheit basiert, das heißt, es würde euch eher dazu raten eine Aktie nicht zu kaufen als eine riskante Aktie zu kaufen. Unternehmen, die Verluste machen oder viele Schulden haben, fallen bei dem Test durch, aber natürlich kann man durch die Investition in solche Unternehmen auch Geld verdienen. Besonders wichtig: Der Test ist für Unternehmen im produzierendem Gewerbe gedacht. Banken, Versicherungen, Beteiligungsgesellschaften etc. können nach diesen Maßstäben kaum bewertet werden. Außerdem hängen Renditen oft von der Branche ab. So drücken einfache Markteintrittsbarrieren und viele Konkurrenten auf die Rendite des Unternehmens. Ihr könnt den Test also benutzen um die Stärke verschiedener Unternehmen in der selben Branche zu vergleichen oder um zu sehen wie margenstark eine Branche ist.


Also kaufe ich jetzt Unternehmen, die ein gutes Ergebnis erhalten


Nein. Dieser Test gibt Auskunft darüber wie gesund ein Unternehmen ist. Aber es heißt noch lange nicht, dass das Unternehmen auch preiswert ist. Ich hab nichts von einem Unternehmen, dass gut finanziert ist und hochprofitabel arbeitet aber sehr teuer ist. So simpel es klingt, man verdient an der Börse Geld indem man Unternehmen günstig kauft und teuer verkauft. Will man in ein Unternehmen investieren, sollte es sowohl stabil & profitabel als auch preiswert sein . Wie wir heraus bekommen ob ein Unternehmen "stabil" ist, haben wir gerade durchgekaut. Wie wir ermitteln, ob es günstig ist, dazu schauen wir uns Ansätze weiter unten im 2. Teil an.


Anmerkungen für Fortgeschrittene


Für diejenigen unter euch, die sich mit dem oben besprochenen sicher im Umgang fühlen noch ein paar Anmerkungen:
Oben wurde der Einfachheit halber Betriebsleistung mit Umsatz gleichgesetzt. Die Betriebsleistung enthält neben dem Umsatz auch Erlöse aus aktivierten Eigenleistungen und Bestandsveränderungen, sowie sonstige betriebliche Leistungen.. Sind im Finanzabschluss diese Positionen einzeln ausgewiesen, so rechnen wir aktivierte Eigenleistungen, Bestandsveränderungen und sonstigen betrieblichen Leistungen noch zum Umsatz bevor wir die Zahl in den Test einzutragen.
Der Cash-Flow wird einfachheitshalber mit dem Vorsteuergewinn und den Abschreibungen gebildet. Die Cash-Flow Berechnung ist komplexer und richtet sich auch nach dem Aufstellungsverfahren der GuV. Wer es im oben besprochenen Test genauer machen will, sollte noch die Veränderung der Rückstellungen hinzuaddieren / subtrahieren., welche in der Konzernkapitalflussrechnung ausgewiesen ist.
Wer noch mehr ausrechnen will, kann sich im Internet auch noch zu weiteren Zahlen informieren. Liquidität I., II. und III. Grades oder die Working Capital Ratio sind Beispiele für weitere Kennzahlen der finanziellen Lage, Eigenkapitalrendite und Umsatzrendite wären weitere Rentabilitätskennzahlen. Das Notensystem oben reicht für einen groben Überblick aber erst mal.


Teil 2: Preisbewertung


Wann ist eine Aktie teuer, wann ist sie billig? Um dies herauszufinden setzt man den Preis für eine Aktie in Relation zu verschiedenen Werten des Unternehmens. Beschäftigen wir uns einfach mal mit folgenden, gängigsten Kennzahlen:
Kennzahlen


-----KGV
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis setzt den Gewinn, den das Unternehmen erwirtschaftet (nach Steuern) in Relation zum Aktienkurs. Dazu dividiert man einfach den Aktienkurs durch den Gewinn pro Aktie. Den Gewinn pro Aktie errechnet man, indem man den Netto-Gewinn des Unternehmens (in der GuV, s. o.) durch die Anzahl der Aktien (im Anhang des Finanzabschlusses unter Erläuterungen zur Gewinn pro Aktie und/oder im Geschäftsbericht unter "Aktie").
Beispiel: Im Finanzabschluss der NavySeall-AG steht, die Aktie hat einen Gewinn von 5,4 Mio € gemacht. Außerdem steht im Geschäftsbericht weiter vorne in dem Teil, indem auf die Entwicklung der Aktie im Geschäftsjahr eingegangen wird, die AG hätte 3,6 Mio Aktien. Der Gewinn pro Aktie beträgt also 5,4 Mio / 3,6 Mio = 1,5 €.
Schau ich ins Internet, so erfahre ich, dass die AG bei 17,54 € notiert. Das KGV beträgt also in diesem Fall 17,54 € / 1,5 € = 11,7.
Generell gilt, dass Aktien mit einem KGV bis etwa 12 günstig sind. Ein KGV von 12 bis vielleicht 14, 15 neutral und darüber hinaus teuer.
Man muss aber auch weitere Maßstäbe hinzuziehen um zu verstehen warum ein KGV evtl. so niedrig oder so hoch ist. Hab ich beispielsweise ein Unternehmen mit einem KGV von 10, von dem ich ausgehen kann, dass es die nächsten zehn Jahre den gleichen Gewinn machen wird, so wird es bei gleich bleibender Bewertung durch die Börse in 10 Jahren doppelt soviel Wert sein, wie heute (ohne Reinvestition der Gewinn). Hat ein zweites Unternehmen aber eine Gewinnsteigerung von 5 % pro Jahr macht es nach zehn Jahren bereits 60 % mehr Gewinn als zu Beginn der zehn Jahre. Dadurch ist die Wertsteigerung natürlich höher als im ersten Beispiel, und das Unternehmen hat wahrscheinlich ein höheres KGV als das erste. Trotzdem ist das höhere KGV nicht teurer als das der ersten Firma, immerhin kann man mit steigenden Gewinnen rechnen.
Aus diesem Grund haben auch ganze Branchen verschiedene Bewertungen. Während Unternehmen der Solar-Branche bei den KGVs so zwischen 25 und 40 rangieren, weil hier von wachsenden Gewinnen in der Zukunft ausgegangen wird, werden beispielsweise Stahlunternehmen mit niedrigen KGVs bewertet, weil eine Stagnation der Gewinne oder evtl. sogar Rückgänge erwartet werden.
Mehr zur Relation zwischen KGV und Gewinnwachstum jetzt im nächsten Punkt:


-----PEG
PEG ist die Abkürzung für Price-Earning to Growth-Ratio, auf Deutsch etwa "Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis". Es wird gebildet indem man das oben besprochene KGV durch das Gewinnwachstum teilt. Eine Firma, die ein KGV von 10 hat und ihre Gewinne um 10 % steigern kann, hat ein PEG von 1. Ein PEG von unter 1,3 bis etwa 1,5 ist als günstig zu betrachten. Knackpunkt dieser Kennzahl ist allerdings das Gewinnwachstum. Dazu mehr unten im Punkt "Fair-Value-Berechnung". Mit Hilfe des PEGs lassen sich abnormal teure KGVs von Aktien mit hohem Gewinnwachstum rechtfertigen. Damit steigt jedoch das Risiko und davon möchte ich mich auch ausdrücklich distanzieren.


-----KUV
Wird auf die selbe Art und Weise berechnet wie das KGV, nur statt dem Gewinn nimmt man hier dem Umsatz. Ein KUV von 1 oder darunter ist günstig, bis vor 2 neutral und darüber eher teuer. Diese Kennzahl kann man auch auf Unternehmen anwenden, die Verluste schreiben oder nahe der Gewinnzone sind.


-----KCV
Wieder das gleiche wie das KGV, nur anstatt des Gewinns mit dem Cash-Flow des Unternehmens. Wie das KGV ist auch diese Kennzahl branchenabhängig, nicht nur wegen des Gewinnwachstums, sondern auch wegen unterschiedlich hohem Abschreibungsbedarf von Branchen. Ich messe dem KCV keinen besonders großen Wert bei, deswegen verzichte ich auch auf die genauere Erläuterung.


-----KBV
Das Kurs-Buchwert-Verhältnis. Hier geht es um den Buchwert einer Aktie, sprich den Betrag, den ich kriegen würde wenn ich alles zu Geld machen würde, was das Unternehmen besitzt. Notiert das Unternehmen also unter seinem Buchwert könnte ich es theoretisch kaufen, alle Maschinen und Grundstücke verkaufen, und würde mit Gewinn aus der Sache rausgehen.
Einfachheitshalber kann man für die Berechnung des KBV das Eigenkapital pro Aktie nehmen (Eigenkapital in der Passiva der Bilanz). Eine richtige Bewertung findet zwar abzüglich einiger Sachen ab, aber ich möchte nicht, dass das ganze zu kompliziert wird.
Ein KBV von unter 2 ist in etwa als günstig anzusehen.

Achtung, man darf niemals in die Arroganz verfallen besonders klüger als der Markt sein zu können. Preiswerte Kennzahlen, also ein KGV im einstelligen Bereich, ein KUV unter 1, ein PEG unter 1,3 und ein KBV von nahe 1 haben oft ihre Gründe. Man muss abschätzen ob es sich um eine Untertreibung des Marktes handelt oder ob Faktoren, die ich u.U. nicht kenne bereits eingepreist sind. So wäre die Deutsche Telekom beispielsweise gemessen an ihrem KBV relativ günstig, doch in diesem Fall stellt sich die Frage, wie hoch die immateriellen Vermögenswerte wie die UMTS Lizenzen zu bewerten sind. Auch das günstigste KBV nützt nichts, wenn in der Bilanz Lizenzen mit Milliarden ausgewiesen sind, die nichts mehr Wert sind.


-----Dividendenrendite
Ein interessanter Punkt. Der typische deutsche Kleinanleger ist ja verliebt in seine Dividende. Nicht zuletzt deswegen möchte ich auch ein paar Takte dazu sagen.
Man muss zunächst zwischen Unternehmen unterscheiden. Sagen wir mal Unternehmen Alpha ist ein Handyhersteller aus Europa und entdeckt gerade wachsende Märkte für sich. Osteuropa, China, vor allem Afrika bieten hohe Absatzmöglichkeiten und Alpha möchte hierhin expandieren. Das geht aber nur, wenn die Eigentümer, also die Aktionäre, auch den Gewinn aus dem letzten Jahr freigeben. Die Aktionäre rechnen also nach. Da Alpha seine Handys billig herstellen kann und in Europa durch den Markennamen viel Geld dafür verlangen kann, liegt die Eigenkapitalrendite bei 30 %. In den neuen Märkten lassen sich nicht so hohe Preise erzielen, was auf die Rendite drückt, aber trotzdem beträgt die Eigenkapitalrendite immer noch 15 %. Lassen die Aktionäre ihr Geld also im Unternehmen, kann Alpha es also mittelfristig und zusätzlich mit Fremdkapital ausgerüstet, zu 15 % reinvestieren. Zahlen sich die Aktionäre den Gewinn als Dividende aus, müssen sie erst mal zusehen wie sie mit dem Bargeld 15 % bekommen. Mehr noch, sie zahlen darauf 15, 20 oder mehr Prozent Steuern. Ein Kluger Investor akzeptiert hier also eine Dividendenrendite von 0 % für das Unternehmen.

Unternehmen Bravo hingegen ist ein kleines Unternehmen in den USA, das - sagen wir mal Tische herstellt. Der Markt ist voll von solchen Unternehmen und es gibt auch nirgendwo anders einen Markt wo man Tische absetzen kann. Man hat hier also keinen Investitionsbedarf. Die Eigenkapitalrendite liegt zwar auch bei 15 %, aber es würde keinen Sinn machen mehr Geld in das Unternehmen zu pumpen. Die Marktanteile sind seit Jahren fest und neue Produktionsanlagen, mehr Werbung oder sonst was würde nicht helfen mehr zu verkaufen. Würde das Geld im Unternehmen bleiben könnte man damit nichts anfangen und die Eigenkapitalrendite würde vielleicht auf 10 oder 8 % sinken. Die Aktionäre denken sich natürlich, da kann ich das Geld lieber woanders besser anlegen und lassen sich den Jahresgewinn zum größten Teil auszahlen. Da keine Gewinnsteigerung zu erwarten ist, ist die Aktie auch nicht besonders teuer und hat zum Beispiel nur ein KGV von 10. Die Anleger lassen sich 70 % des Gewinns als Dividende auszahlen und stecken den Rest in die Gewinnrücklage. Wir sehen, Unternehmen Bravo hat eine Dividendenrendite von 7 %, und Unternehmen Alpha von 0%. Beide Renditen sind völlig verschieden, aber individuell in Ordnung und zum Wohle des Unternehmens.
Neben der Reinvestition und der Dividendenausschüttung gäbe es noch die Möglichkeit eines Aktienrückkaufprogramms. In diesem Fall kauft das Unternehmen einfach mit dem Betrag der "ausgeschüttet" werden soll Aktien, und zieht sie ein. Dadurch erhöht sich der anteilige Wert meiner Aktien am Unternehmen um den Betrag, den ich sonst als Dividende erhalten hätte. Der Nachteil ist, dass dies nicht wirklich sichtbar ist. Man weiß dass seine Aktie zum Beispiel 2 € mehr wert ist, als letztes Jahr, weil diese 2 € "ausgeschüttet" wurden, aber man hat es nicht so deutlich, als wenn man Dividende bar auf die Hand bekommt. Der Vorteil ist aber, dass man darauf keine Steuern zahlt. In Deutschland nimmt der Aspekt durch die Abgeltungssteuer aber ab. Beim Verkauf der Aktien muss man schließlich früher oder später dann sowieso Steuern zahlen.
Traurig ist aber, dass der typisch deutsche Kleinanleger jedes Jahr unbedingt einen "Vertrauensbeweis" braucht, anstatt das Geld im Unternehmen zu lassen, wenn es damit besser wirtschaften kann. Und wenn man so wenig Vertrauen in ein Unternehmen hat, dass man ihm nicht zutraut den vollen Gewinn zu reinvestieren sollte man gar nicht erst Aktien davon kaufen.
Jeder sollte also individuell prüfen ob die Dividendenpolitik des Unternehmens gut oder schlecht ist.


Fair-Value-Berechnung


Hierunter versteht man die Berechnung des fairen Wertes einer Aktie, in dem man verschiedene Faktoren in eine Formel einträgt. Notiert die Aktie abzüglich einer Sicherheitsmarge unter dem Wert, kann man investieren. Ich halte von solchen Formeln eigentlich gar nichts, denn was man für solch eine Formel braucht - in diesem Fall die Formel von Benjamin Graham - sind neben Gewinn pro Aktie, und Rendite sicherer Anleihen vor allem das geschätzte Gewinnwachstum für die nächsten 7 Jahre. Kein Mensch auf der Welt kann voraussagen, um wie viel Prozent pro Jahr sich die Gewinne eines Unternehmens von heute bis 2015 steigern werden. Die Formel dient also eher für eine hypothetische Schätzung; ich will sie hier dennoch nicht unerwähnt lassen.

Fairer Wert der Aktie = EPS * (8,5 + (2 * EGe)) * (4,4 / Rendite d. 30-jähr. US-Bonds)

EPS ist der Gewinn pro Aktie (Earnings per Share); EGe ist das erwartete Gewinnwachstum.
Wie man sieht, wird am Ende der Wert durch einen Faktor noch leicht erhöht bzw. verringert, je nachdem ob man für sichere Anleihen zur Zeit mehr oder weniger als 4,4 % bekommt. Das hat den Hintergrund, dass Anleihen als Konkurrenz zu Aktien durch steigende Zinsen Liquidität aus dem Aktienmarkt abschöpfen und die inneren Werte der Aktien senken. So sah es jedenfalls Benjamin Graham.
Beispiel:
Die Deutsche Telekom hat für 2007 einen Gewinn von 0,69 € pro Aktie ausgewiesen. Das bedeutet, wer davon überzeugt ist, dass dieser Gewinn bis 2015 etwa 5 % per annum steigt, der sieht den fairen Wert der T-Aktie bei 12,82 € (Die Rendite 30jähriger US-Bonds liegt im Moment bei 4,38 %). Das hieße die Telekom befindet sich bei einem Kurs von 11,17 € etwa 14 % unter ihrem fairen Wert, was nicht besonders viel ist. Jemand der also davon überzeugt ist, der Gewinn würde p. a. um 5 % steigen würde nicht die Telekomaktie kaufen da der Abschlag relativ gering ist.
Naja, was ich von alldem halte, hab ich ja geschrieben. Aus dem Grund steh ich auch dem PEG kritisch gegenüber.


Schlusswort


Tja, das ist ein grober Überblick wie man Geld in Aktien anlegen sollte. Ich sage bewusst anlegen, weil man mit Aktien natürlich auch spekulieren kann. Aber dieser Text soll hauptsächlich als Aufforderung für Ungeübte verstanden werden, sein Geld nicht leichtfertig in irgendwas anzulegen oder blind dem Bankberater zu glauben. Dafür arbeitet man ja wohl zu hart für sein Geld. Ich kann keinem Versprechen, dass es 100% sicher ist, Geld in Unternehmen zu investieren, die man so "überprüft", 100%ige Sicherheit gibt es an der Börse bei Aktien nicht. Aber wer die Ratschläge befolgt kann zumindest seine Wahrscheinlichkeit stark erhöhen nicht auf die Schnauze zu fallen. So kann man auch Eigenverantwortung übernehmen und muss sich dann nicht ständig beschweren dann Bank-"Berater" unzuverlässig mit seinem Geld umgegangen sind. Es ist euer Geld, und dafür tragt ihr die Verantwortung. Einem echten Berater könnte man vertrauen, aber heutzutage gibt es in einer Bank nur Verkäufer, keine Berater. Wenn euch ein "Berater" in einer Bank einen Fonds verkaufen will, dann macht er das aus den gleichen Gründen wie der Gebrauchtwagenhändler, der seine Kisten loswerden muss.
Wenn ich sehe was andere hier bei Yopi zu "Tipps und Tricks bei Aktien" geschrieben habe, kann mir direkt übel werden. Aber daran zeigt sich wie leicht Menschen jemandem hinterher rennen, der "So werdet ihr reich" schreit. Natürlich kann man mit Aktien viel Geld verdienen. Aber es gehört viel Arbeit dazu um den Markt zu schlagen. Glaubt keinen, der sagt "Ich zeig dir in 5 Minuten wie man an der Börse Geld macht". Und wenn solch ein Pfosten bei Yopi einen Bericht mit den Worten aufmacht, dann sollten die, die wissen wovon ich spreche, auch den Mut haben eine knallharte Bewertung abzugeben. Denn Geld ist eine ernste Sache und entweder ich weiß wovon ich rede oder ich lass es ganz sein.

Fragen können gerne gestellt werden, und über Kritiken würde ich mich besonders freuen.
Gruß,
NavySeall

63 Bewertungen, 27 Kommentare

  • AngelikaR

    27.01.2009, 23:35 Uhr von AngelikaR
    Bewertung: sehr hilfreich

    Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich keine BW´s mehr habe. Du hättest einige verdient. LG

  • Wuschel11

    04.07.2008, 13:30 Uhr von Wuschel11
    Bewertung: besonders wertvoll

    liebe Grüße Wuschel

  • Mondlicht1957

    05.06.2008, 17:15 Uhr von Mondlicht1957
    Bewertung: besonders wertvoll

    Sehr hilfreich liebe Grüsse von Pet

  • Laranjeira

    22.05.2008, 20:05 Uhr von Laranjeira
    Bewertung: sehr hilfreich

    Habe leider kein BW mehr. L.G.Ivonne

  • ebor01

    22.05.2008, 18:24 Uhr von ebor01
    Bewertung: sehr hilfreich

    Bin auch an der Börse aktiv, sehr ausführlicher Bericht lg ebor01

  • 00flintstone

    22.05.2008, 17:00 Uhr von 00flintstone
    Bewertung: besonders wertvoll

    super Bericht...hab aber in der Vergangenheit schon ein paar Tausender durch Aktiengeschäfte verloren, für mich gilt....Finger weg...trotzdem BH Bericht....schönen Tag wünsch ich Dir noch

  • modliszka

    21.05.2008, 13:14 Uhr von modliszka
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg von modliszka

  • sindimindi

    21.05.2008, 02:26 Uhr von sindimindi
    Bewertung: besonders wertvoll

    Insgesamt ein sehr gut recherchierter Beitrag, der auch von Erfahrungen geprägt sein dürfte.Ganz so normativ sollte man KGVs aber nicht sehen.Prognosen sind meist das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Ein Patentrezept gibt es nicht. LG, Roland

  • Gina87

    20.05.2008, 09:50 Uhr von Gina87
    Bewertung: besonders wertvoll

    lg

  • MasterSirTobi

    19.05.2008, 21:51 Uhr von MasterSirTobi
    Bewertung: sehr hilfreich

    Hat mir geholfen der Bericht. SH und LG

  • anonym

    19.05.2008, 21:11 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Hab leider kein bw mehr sorry

  • tratschtante

    19.05.2008, 18:14 Uhr von tratschtante
    Bewertung: sehr hilfreich

    super Bericht,... lg

  • fashionista93

    19.05.2008, 17:31 Uhr von fashionista93
    Bewertung: besonders wertvoll

    wow! lg

  • may786

    19.05.2008, 16:29 Uhr von may786
    Bewertung: besonders wertvoll

    Klasse!Guter Bericht! LG und eine streßfreie Woche wünsche ich.

  • creedy18

    19.05.2008, 10:10 Uhr von creedy18
    Bewertung: besonders wertvoll

    feiner Bericht LG Andrea

  • Jerry525

    19.05.2008, 00:09 Uhr von Jerry525
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße an dich sh Jerry

  • kleinezb

    18.05.2008, 23:53 Uhr von kleinezb
    Bewertung: sehr hilfreich

    Owei, das ist alles ein bisschen zu kompliziert für mich ;)

  • morla

    18.05.2008, 22:37 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg............ petra

  • bigmama

    18.05.2008, 22:35 Uhr von bigmama
    Bewertung: besonders wertvoll

    LG Anett und einen schönen Abend

  • Bunny84

    18.05.2008, 22:23 Uhr von Bunny84
    Bewertung: sehr hilfreich

    Einen schönen Sonntag und liebe Grüße wünsche ich dir.

  • Tutule

    18.05.2008, 22:23 Uhr von Tutule
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr schöner Bericht.LG

  • anonym

    18.05.2008, 22:18 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    ich wünsche dir einen schönen tag.

  • frankensteins

    18.05.2008, 21:48 Uhr von frankensteins
    Bewertung: besonders wertvoll

    super toll und gut beschrieben, da bleibt wohl keine Frage offen lg

  • syl_md

    18.05.2008, 21:22 Uhr von syl_md
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh, liebe Grüße und ein schönen Abend wünscht Sylvia/ Würde mich über eine Gegenlesung sehr freuen

  • payback123

    18.05.2008, 21:13 Uhr von payback123
    Bewertung: besonders wertvoll

    Liebe Grüße, Payback!

  • Tonga1

    18.05.2008, 21:03 Uhr von Tonga1
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Bericht, SH und LG Tonga1

  • alemanita

    18.05.2008, 20:23 Uhr von alemanita
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH, freue mich über Gegenlesung, LG